Ein von der Clearingstelle EEG/KWKG mit Beteiligung mehrerer Verbände und Institutionen durchgeführter Runder Tisch hat eine Auslegungshilfe zu Paragraph 6 EEG veröffentlicht. Der Paragraph regelt in der aktuellen Fassung des Gesetzes (EEG 2023) die finanzielle Beteiligung von Kommunen an den Erlösen von Windkraft an Land und Freiflächen-Photovoltaik; für Windkraft gab es eine solche Möglichkeit auch schon vorher. Unterzeichner der Auslegungshilfe sind der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE), der Bundesverband Windenergie, die Deutsche Energie-Agentur (Dena), der Deutsche Städte- und Gemeindebund sowie die Fachagentur Wind- und Solarenergie.
Die auf zwölf Seiten formulierten Empfehlungen sind formaljuristisch genau dies: Empfehlungen, also nicht rechtsverbindlich. In der bisherigen Praxis haben sich die Auslegungshilfen aber als recht stabile Leitplanke erwiesen, wenn es um unklare oder strittige Formulierungen im EEG (oder im KWKG, dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz) ging. Und die Frage der Beteiligung von Standortgemeinden an den Erlösen der Wind- und Photovoltaik-Projekte auf ihrem Grund und Boden ist zwar zumindest für Nicht-Juristen reichlich kompliziert, gleichzeitig aber von großem allgemeinem Interesse.
Das Prinzip ist dabei noch recht einfach: Die Gemeinden können, eine entsprechende Vereinbarung vorausgesetzt, bis zu 0,2 Cent je Kilowattstunde vom Erlös einer Anlage abbekommen. Bei Windkraft gilt dies auch für „fiktive Strommengen“ – also Energiemengen, die der Anlagenbetreiber vergütet bekam, obwohl sie wegen technischer Gründe, Abregelungen oder anderer Maßnahmen der Netzbetreiber nicht erzeugt wurden. Sofern eine erzeugte Kilowattstunde gemäß EEG vergütet wurde, kann der Anlagenbetreiber sich die an die Kommune gezahlten Beträge vom Netzbetreiber erstatten lassen. Erhält er keine Vergütung, gibt es auch keine Erstattung. Dies ist etwa für Zeiten der Fall, in denen bei der Direktvermarktung wegen negativer Börsenstrompreise keine Marktprämie gezahlt wird; ebenso wenn die Strompreise (beziehungsweise die Vermarktungserlöse) oberhalb der für eine Anlage gesetzlich garantierten Vergütung lagen und auch dann, wenn die Anlage in der so genannten sonstigen Direktvermarktung war. Generell gilt der Erstattungsanspruch nach Paragraph 6 nur für EEG-Anlagen, also nicht für anderweitig – etwa über Stromabnahmeverträge – vermarktete Projekte.
Eingeführt wurde die Regelung auch deshalb, damit Projektierer den Gemeindevertretern eine Beteiligung überhaupt anbieten dürfen; ohne gesetzliche Grundlage könnte dies sonst schnell in die Grauzone zur Korruption geraten. Der Paragraph besagt deshalb, dass die besagten 0,2 Cent je Kilowattstunde angeboten werden „dürfen“ – nicht „müssen“.
Die in der nun erschienenen Auslegungshilfe behandelten Unklarheiten betreffen zunächst einmal die Anwendung auf Bestandsanlagen, die bereits vor dem Inkrafttreten des EEG 2023 am Netz waren. Der Runde Tisch gelangte zu der Auffassung, dass Paragraf 6 EEG 2023 seit dem 1. Januar 2023 für alle Windkraft- und Photovoltaik-Freiflächenanlagen gilt, die vor dem Stichtag 1. Januar 2021 entweder in Betrieb gegangen sind oder für die bis zu diesem Datum ein „anzulegender Wert“ in einem Zuschlagsverfahren (Ausschreibung) ermittelt wurde oder die als „Pilotwindenergieanlagen“ festgestellt worden sind. Wichtig ist das „oder“ – es muss demnach nur eine der drei Bedingungen erfüllt sein.
Analoge Bedingungen gelten nach Auffassung des Runden Tisches auch für den Zeitraum nach dem 31. Dezember 2020 und vor dem 1. Januar 2023, hier aber bei Windkraft bereits ab einer Leistung von 750 Kilowatt (statt 1 Megawatt).
Hinsichtlich der zeitlichen Vorgaben kam der Runde Tisch zu der Auffassung, dass – vereinfacht formuliert – die Anlagenbetreiber keine Vorschüsse an die Kommunen zahlen dürfen. Jede Zahlung habe für eine Strommenge zu erfolgen, „die bereits erzeugt worden ist“. Der hierbei zu vereinbarende Turnus kann indes monatlich sein, mehrere Monate oder auch mehrere Jahre umfassen. Hinsichtlich des Erstattungsanspruchs der Anlagenbetreiber an die Netzbetreiber besteht dieser nur für das jeweilige Vorjahr, wobei sich dies nur auf den Zeitpunkt der Zahlungen an die Kommunen bezieht. Unerheblich ist hingegen – wichtig für Bestandsanlagen – der Zeitpunkt, zu dem die betreffenden Strommengen eingespeist wurden. Für die Verjährung der Ansprüche von Anlagenbetreibern an Netzbetreiber gelten dem Runden Tisch zufolge die allgemeinen zivilrechtlichen Bestimmungen. Die regelmäßige Frist beträgt somit drei Jahre.
Nur für Windkraft relevant sind die Empfehlungen des Runden Tisches zum Radius um eine Anlage herum, in dem eine kommunale Beteiligung gewährt werden kann (2,5 Kilometer um den Mittelpunkt der jeweiligen Anlage) sowie zur Erstattung von Zahlungen für fiktive Strommengen – diese Frage lässt der Runde Tisch „ausdrücklich offen und begrüßt eine gesetzgeberische Klarstellung“.
pv magazine hat Paragraph 6 EEG im Februar ausführlich in einem Webinar behandelt, die Aufzeichnung steht weiterhin zur Verfügung. Neben der EEG-Regelung haben verschiedene Bundesländer auch eigene Vorschriften zur kommunalen Beteiligung erlassen, etwa Sachsen, Brandenburg oder Niedersachsen.
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Nach meiner Kenntnis gilt der Paragraph 6 EEG durchaus auch für PPA-Anlagen außerhalb des EEG. Kommunen dürfen also durchaus mit bis zu 0,2 Cent/kWh „Kommunalbeteiligung“ an PPA-Projekten beteiligt werden. Im Unterschied zu EEG-Projekten bekommt der PPA-Solarparkbetreiber jedoch nichts vom Netzbetreiber zurückerstattet, sondern muss es selbst bezahlen bzw. eigenständig aus dem PPA-Projekt wirtschaftlich darstellen können.
Danke für den Hinweis, das ist auch unserer Kenntnis nach korrekt. Die betreffende Formulierung „Generell gilt der Paragraph 6 nur für EEG-Anlagen“ müsste deshalb lauten: „Generell gilt der Erstattungsanspruch nach Paragraph 6 nur für EEG-Anlagen“. Wir haben dies entsprechend geändert.
Das sind doch peanuts im Vergleich zu dem was die Eigentümer der Grundstücke als Pacht haben können.
450.000€/Jahr pro Windrad beispielsweise in der Wetterau:
https://www.fnp.de/lokales/wetteraukreis/rosbach/windpark-winterstein-naechster-zuschlag-fuer-abo-wind-92398494.html
Vermutlich bezieht sich die Regelung, die im Artikel beschrieben ist, auf Kommunen, die nicht Eigentümer der Grundstücke sind auf denen die Windräder stehen.
Bei solchen Margen wie in der Wetterau sollten die Grundstückseigentümer auch etwas an die Kommunen zahlen müssen in deren Gemarkung die Windräder stehen.