EU-Rechnungshof fordert Realitätscheck bei der Wasserstoffstrategie

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Die Europäische Kommission habe sich ein zu ehrgeiziges Ziel für den Import und die Produktion von jährlich 20 Millionen Tonnen grünem Wasserstoff ab 2030 gesteckt. Der Vorwurf des EU-Rechnungshofes lautet, dass das Ziel nicht auf Grundlage einer soliden Analyse, sondern politischem Willen festgelegt wurde. Ob das Ziel eingehalten werden kann, sei somit unklar. In der EU sollen 40 Gigawatt Elektrolyseur-Projekte zu zehn Millionen Tonnen grünem Wasserstoff pro Jahr führen. Nochmals die gleiche Menge soll importiert werden. Der Analyse nach würden jedoch bei der aktuellen Anreizpolitik bislang nicht einmal 10 Millionen Tonnen grüner Wasserstoff bis 2030 in der EU produziert und importiert.

Ein Grund dafür sei, dass die Mitgliedstaaten die Ziele unterschiedlich stark ambitioniert umsetzen. Die Abstimmung von nationalen Interessen und der Industrie durch die Kommission habe nicht gut funktioniert. Es hätten nicht „alle Parteien an einem Strang gezogen“, wie es wörtlich in der Stellungnahme des Rechnungshofes heißt. Der anfängliche Hochlauf der Wasserstoff-Industrie verlief bisher „holprig“, wie es weiter heißt.

Es gebe seitens der Kommission keinen Überblick darüber, welche Fördermittel notwendig wären, um eine Wasserstoff-Industrie in diesem Maße aufzubauen, geschweige denn einen Überblick über die verfügbaren Mittel. Für den Förderzeitraum von 2021 bis 2027 schätzen die Prüfer die EU-Fördermittel auf 18,8 Milliarden Euro, die über zahlreiche Programme verstreut seien. Das mache es auch für die Unternehmen schwer, einen Überblick darüber zu erhalten, welche Fördermöglichkeiten es gibt. Der Anreizeffekt bleibe damit möglicherweise unter den Erwartungen. Trotz der hohen Summen sei nicht gewährleistet, dass die Potenziale zur Erzeugung von Wasserstoff voll ausgenutzt werden, um Wasserstoff innerhalb der EU zu produzieren und in die Länder mit schwer dekarbonisierbaren Industrien zu transportieren.

„Die Industriepolitik der EU beim erneuerbaren Wasserstoff muss einem Realitätscheck unterzogen werden“, so Stef Blok, das für die Prüfung zuständige Mitglied des Rechnungshofes. „Die EU sollte über den strategischen Weg zur CO₂-Neutralität entscheiden, ohne die Wettbewerbssituation ihrer Schlüsselindustrien zu beeinträchtigen oder neue strategische Abhängigkeiten zu schaffen.“

Der Rechnungshof empfiehlt eine Revision der Wasserstoffstrategie. Die EU-Kommission solle dabei im Detail klären, welche präzisen Marktanreize notwendig sind. Außerdem solle die EU für sich klären, welche Teile der Wertschöpfungskette zwangsläufig gefördert werden müssen, um die knappen Fördermittel gezielter zu verteilen. Zusätzlich empfiehlt der Rechnungshof geopolitische Betrachtungen, um zukünftige Abhängigkeiten zu vermeiden. Konkret heißt das, dass die EU klären solle, welche Teile der Wasserstoff-Wertschöpfung vor dem Hintergrund zukünftiger Abhängigkeiten in der heimischen Industrie stattfinden sollen – und zu welchem Preis.

Des Weiteren empfiehlt der Rechnungshof, dass die Kommission Teilziele festlegen soll, deren Umsetzung überwacht und ausgewertet wird. Außerdem schlägt der Rechnungshof vor, dass die Kommission zunächst verlässliche Daten zur nationalen Finanzierung von Wasserstoff-Projekten bei den Mitgliedstaaten abfragt.

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