Haushaltseinigung birgt Brisanz für Energiemarkt und EEG

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Auf den letzten Drücker vor der Sommerpause haben sich die Koalitionsparteien der Bundesregierung auf einen Haushalt für das kommende Jahr verständigt. Gleichzeitig einigten sie sich auf eine „Wachstumsinitiative – neue wirtschaftliche Dynamik für Deutschland“. Auf 31 Seiten werden Maßnahmen zusammengetragen, die bei soliden Staatsfinanzen die Wirtschaft wieder ankurbeln sollen. Punkt V in dem Dokument ist mit „Leistungsfähiger Energiemarkt für die Wirtschaft von morgen“ überschrieben und umfasst zwölf Bereiche, in denen die Bundesregierung Maßnahmen plant, darunter auch gravierende Änderungen für die Förderung von erneuerbaren Energien.

„Die deutsche Wirtschaft braucht große Mengen günstiger erneuerbarer Energie, noch mehr Marktteilnehmer sollen von günstigen Strompreisen bei viel Wind und Sonne profitieren, die Netzkosten sollen gesenkt, die Netzentgelte stabilisiert, Wasserstoffinfrastruktur aufgebaut werden“, heißt es zu den anstehenden Herausforderungen. Um diesen zu begegnen, soll ein verlässlicher Investitionsrahmen geschaffen, mehr Flexibilität ermöglicht, die Kosten für den Netzausbau gesenkt sowie Planungs- und Investitionssicherheit geschaffen werden. Alle Maßnahmen sollen dazu führen, dass sich die bereits entfachte Dynamik bei der Energiewende noch stärker entfalten kann, heißt es in dem Papier.

Ein Punkt in der Liste betrifft das Potenzial der Stromspeicher, das stärker genutzt werden soll. Dazu heißt es: „Die Bundesregierung wird daher die Rahmenbedingungen für die Nutzung von Stromspeichern so optimieren, dass sich die Ausbaudynamik noch verstärkt und die vielfältigen Funktionen von Stromspeichern sowohl für den Strommarkt als auch das Stromnetz optimal genutzt werden können. Unverzerrte Preissignale, zeitvariable regionale Netzentgelte und eine optimierte Integration von EE-Anlagen spielen hier eine wichtige Rolle.“ Dabei soll auch die Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung auf Speicherprojekte ausgedehnt werden. „Darüber hinaus werden Speicher über den technologieneutralen Kapazitätsmarkt zusätzlich angereizt.“

Zudem will die Bundesregierung ein neues Marktdesign für Kraftwerke, wobei Erneuerbare und Flexibilität priorisiert werden. Alles soll darauf ausgerichtet werden, bis 2030 einen Anteil von mindestens 80 Prozent Erneuerbaren an der Stromversorgung zu erreichen.

Mit dem Ende der Kohleverstromung läuft Erneuerbaren-Förderung aus

Dabei geht es auch um Änderungen im EEG. „Mit dem Ende der Kohleverstromung wird die Förderung der Erneuerbaren Energien (EE) auslaufen. Der Ausbau neuer EE soll auf Investitionskostenförderung umgestellt werden (eigener Kapazitätsmechanismus), insbesondere um Preissignale verzerrungsfrei wirken zu lassen“, heißt es in der Initiative. Diese und andere Instrumente will die Bundesregierung „rasch  im Reallabore-Gesetz im Markt testen“. Ziel sei, die hohe Ausbaudynamik beizubehalten und die im EEG verankerten Ziele zu erreichen.

„Perspektivisch werden EE keine Förderung mehr erhalten, sobald der Strommarkt ausreichend flexibel ist und ausreichend Speicher zur Verfügung stehen“, heißt es weiter. Doch es sind auch kurzfristige Maßnahmen zwischen SPD, Grünen und FDP vereinbart worden. So soll bereits ab dem 1. Januar 2025 die Förderung für Neuanlagen bei negativen Preisen grundsätzlich ausgesetzt werden. Ausgenommen seien kleine Anlagen, wobei zunächst keine weitere Leistungsangabe enthalten ist.

Darüber hinaus soll die Pflicht zur Direktvermarktung ab 2025 weiter abgesenkt werden. Aktuell liegt sie bei 100 Kilowatt Leistung. In drei Jahresschritten soll sie bis auf 25 Kilowatt fallen. Parallel will die Bundesregierung auch die Schwelle für die Steuerbarkeit der Anlagen weiter absenken. Dies solle sicherstellen, dass die Preissignale bei den Anlagenbetreibern ankommen und so insbesondere in Zeiten negativer Preise Stromüberschüsse vermieden werden, die dann nicht vergütet werden.

Die Bundesregierung will auch den vereinbarten Kapazitätsmechanismus zügig voranbringen, um die Stromversorgung dauerhaft zu sichern. Geplant sind unter anderem die Ausschreibung zusätzlicher Kraftwerkskapazitäten mit zehn Gigawatt. Dabei geht es um fünf Gigawatt neue Erdgaskraftwerke und fünf Gigawatt wasserstofffähiger Gaskraftwerke. Auch die Netzkosten sollen nach dem Willen der Bundesregierung gesenkt und die Netzentgelte stabilisiert werden. Der Netzausbau soll dabei gestaffelt vollzogen werden, um Kosten zu senken. Im Fokus stünden dabei Bedarfsgerechtigkeit, Wirtschaftlichkeit und Effizienz.

BEE warnt vor Experimenten

Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) warnt in diesem Zusammenhang vor „Experimenten“. Er begrüßte, dass die Bundesregierung Flexibilität „als neue Leitwährung im Strommarkt erkannt“ habe. Es müsse nun aber auch „beherzt umgesetzt werden“, dass flexible Kraftwerke wie Batteriespeicher, Bioenergieanlagen oder Wasserkraftwerke eine neue Bedeutung als dezentrales steuerbares Back-up zu Windkraft und Photovoltaik erhalten.

Als richtig stuft es der BEE ein, die finanzielle Absicherung der Erneuerbaren über das EEG zu reformieren, warnt zugleich aber „vor einem harten Instrumentenwechsel“. Die Marktprämie habe sich etabliert. „Das Experiment eines radikalen Wechsels hin zu Investitionskostenzuschüssen birgt die Gefahr der Marktverunsicherung und Investitionszurückhaltung, die in Zeiten ehrgeiziger Ausbauziele diese massiv gefährden können“, heißt es vom Verband. Der BEE plädierte erneut für die Umstellung auf eine Mengenabsicherung statt der bisherigen Zeitförderung im EEG.

Bei der geplanten Absenkung der Direktvermarktungsschwelle auf 25 Kilowatt sieht der Verband die Herausforderung, dass Prozesse zwischen Netzbetreibern und Direktvermarktern aktuell noch nicht massentauglich seien. Der Vermarktung kleiner Strommengen stehe ein hoher Aufwand gegenüber. Allerdings habe die Regierung erkannt, dass die Prozesse zunächst massentauglich gemacht werden müssten, ehe die Direktvermarktungsschwelle abgesenkt werden könne. Andernfalls drohte die Nachfrage bei kleineren gewerblichen Photovoltaik-Anlagen ausgebremst zu werden.

Als „fatales Zeichen“ bezeichnet der BEE die geplante Abschaffung der Absicherung bei negativen Preisen für Neuanlagen ab 2025. Eine Senkung von 400 auf unter 100 Kilowatt zum 1.1.2025 sei zu kurzfristig und greife in bereits laufende Projektplanungen ein, erklärte der Verband. Auch bei der Stromsteuer hätte sich der Verband eine Ausweitung auf alle Verbraucher gewünscht, um die Sektorenkopplung schneller voranzubringen, da dies Wärmepumpen und Elektroautos attraktiver gemacht hätte. Die Absenkung der Stromsteuer auf das europäische Minimum soll nach der Einigung der Koalition für die Industrie dauerhaft bestehen bleiben, wobei der Begünstigtenkreis durch die Beihilfeleitlinien aktuell eng begrenzt ist.

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