Ganz Europa ist im EM-Fieber, das merkte man auch auf der The smarter E in München, innerhalb der Photovoltaik-Branche immer noch besser bekannt als intersolar, die nun ein Teil der Gesamtkonzeption darstellt. Dieser Ausstellungsbereich für alle Anbieter von Solartechnologien belegte mit 10 Hallen aber auch den größten Teil des insgesamt 18 Hallen fassenden ausgebuchten Messegeländes in München-Riem. Insgesamt wird die Veranstaltung als die größte und umfangreichste Solarmesse dieser Reihe bezeichnet, die es bislang gegeben hat.
Die Stimmung in München war sehr gut und die meisten Hallen trotz der durch die parallel stattfindende UEFA-Fußball-Europameisterschaft – kurz EM – völlig überteuerten Hotelzimmer auch sehr gut besucht. Wir Aussteller sind daher im Großen und Ganzen sehr zufrieden mit dem Verlauf der dreitägigen Messe. Am allgegenwärtigen Fußball kam man in diesem Jahr allerdings nicht vorbei. Keine Standparty, auf der nicht zumindest in einer Ecke ein Monitor mit den EM-Partien lief. Insbesondere am Mittwoch wurden alle Veranstaltungen rund um das um 18 Uhr beginnende Spiel Deutschland gegen Ungarn geplant und durchgeführt. Networking und Public Viewing bildeten eine perfekte Symbiose.
Die gute Stimmung während und nach der Fachmesse täuscht allerdings ein wenig über die gewaltigen Herausforderungen hinweg, mit denen wir aktuell in der Photovoltaik-Branche zu kämpfen haben und die uns noch erwarten. Einerseits hat die Nachfrage in diesem Jahr noch nicht wieder richtig angezogen – im Gegenteil. Die Installationszahlen des Vormonats zeigen zumindest in Deutschland wieder eher nach unten. So erwartet auch kein Akteur innerhalb der Branche, den ich in letzter Zeit gesprochen habe, dass wir in diesem Jahr an die hohen Installationszahlen des vergangenen Jahres anknüpfen können.
Die etwas flaue Nachfrage zeichnet sich auch bei der Modulpreisentwicklung ab. Statt der erwarteten Stagnation gaben die Preise allgemein wieder etwas nach – erkennbar beim Preispunkt für Mainstream-Module, welcher im Wesentlichen die zunehmend abzuwertenden Lagerbestände mit Perc-Produkten abbildet. Aber auch die Marktpreise für Topcon-Module, hier im Wesentlichen dem Bereich ‚High Efficiency‘ zugeordnet, erfuhren eine leichte Korrektur nach unten. Diese liegt momentan aber noch unterhalb der Wahrnehmungsgrenze im Preisindex, vor allem nach der starken Bewegung im letzten Monat. Das zeigt aber das immer noch existierende Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage.
Trotz entgegengesetzter Bemühungen der Hersteller drücken immer noch mehr Module – auch neuester Bauart und Technologie – in den europäischen Markt als momentan aufgenommen werden können. Dies liegt nach Ansicht einiger Analysten auch daran, dass vor allem Produkte aus China in manchen Märkten gar nicht mehr oder zumindest nicht zu auskömmlichen Preisen abgesetzt werden können. In den heimischen asiatischen Märkten, wo üblicherweise sehr große Mengen in Multimegawatt-Installationen verschwinden, werden oft nur noch lächerlich geringe Verkaufspreise erzielt. Dass dort überhaupt noch Ware abgesetzt wird, dient offenbar vor allem dem Abbau der Überkapazitäten und der Lagerbereinigung, um die finanziellen Verluste gering zu halten. Man erwartet demzufolge, dass einige große Hersteller von zuvor angekündigten Kapazitätserweiterungsplänen zurücktreten und viele kleinere Player in nächster Zeit verschwinden.
Bei Wechselrichtern und Speichersystemen sieht es nicht viel besser aus. Auch hier gibt es eine unüberschaubare Flut an Herstellern, gerade auch aus dem asiatischen Raum. Das manifestierte sich auch auf der Smarter E, wo etliche Hallen fast ausschließlich von chinesischen Firmen belegt waren und man sich an Chinatown-Viertel mancher Großstädte erinnert fühlte. Der Messeveranstalter gibt auch an, dass chinesische Anbieter in diesem Jahr den weitaus größten Anteil aller Nationalitäten ausmachten. Bei ihnen gab es vor allem Kleinwechselrichter und Speichersysteme zu besichtigen, aber auch der Gewerbe- und der Großanlagenbereich werden mittlerweile gut mit chinesischen Produkten aller Couleur bedient.
Commercial and Industrial (C&I) scheint in diesem Jahr auch ein besonderer Trend zu sein – viele Aussteller hatten dazu Lösungen im Programm, von den passenden Produkten über die Planung bis hin zum Bau und zu Vermarktungskonzepten für die erzeugte Energie. Tatsächlich sehe auch ich bei Gewerbeanlagen noch ein gigantisches Potenzial und kann nur jedem versierten Installateur und Planer raten, sich rechtzeitig mit der Materie vertraut zu machen. Bedarfsgerechte Deckung des Energiebedarfs bei Gewerbe- und Industriebetrieben unter Einbeziehung von geeigneten Speicherlösungen mag etwas komplexer sein als die Errichtung der klassischen Photovoltaik-Kleinanlage, aber die Marktdurchdringung entsprechender Konzepte ist noch gering und die Differenzierungsmöglichkeiten gegenüber dem Wettbewerb daher groß.
Herstellerseitig werden dafür eine Reihe von Hilfestellungen gegeben – neben einer immer umfangreicheren Produktpalette bieten fast alle bekannteren Produzenten auch Seminare zum Thema C&I und sogar Planungsunterstützung an. Noch dazu wurde bereits vor der Messe und flankierend zur EM eine wahre Lawine an Sonderaktionen, vor allem im Wechselrichter- und Speicherbereich, losgetreten. Fast jeder Anbieter hat Verlosungen, Rabatt- und Bonusaktionen oder Rückvergütungsmaßnahmen im Programm, um den Verkauf anzukurbeln. Wenn jetzt auch noch nach und nach alle Verbesserungen aus dem „Solarpaket 1“ in Deutschland greifen, bin ich sehr zuversichtlich, dass der Zubau von Photovoltaik-Anlagen mit oder ohne Energiespeichersystemen in allen Marktsegmenten in der zweiten Jahreshälfte wieder deutlich Fahrt aufnimmt.
Übersicht der nach Technologie unterschiedenen Preispunkte im Juni 2024 inklusive der Veränderungen zum Vormonat (Stand 24.06.2024):
— Der Autor Martin Schachinger ist studierter Elektroingenieur und seit 30 Jahren im Bereich Photovoltaik und regenerative Energien aktiv. 2004 machte er sich selbständig und gründete die international bekannte Online-Handelsplattform pvXchange.com, über die Großhändler, Installateure und Servicefirmen neben Standardkomponenten für Neuinstallationen auch Solarmodule und Wechselrichter beziehen können, welche nicht mehr hergestellt werden, die aber für die Instandsetzung defekter Photovoltaik-Anlagen dringend benötigt werden. —
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