Endlich: „Solarpaket 1“ verabschiedet

Hans-Josef Fell

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Die rasant fortscheitende Aufheizung der Erde erfordert einen stark beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien. Daher sind die Verhandlungen im Bundestag zum „Solarpaket 1“ viel zu lange hinausgezögert worden.

Am vorletzten Freitag wurde das Solarpaket sowohl im Bundestag als auch im Bundesrat endlich verabschiedet. Es bringt substanzielle Verbesserungen für den Ausbau der Solarenergie und beschleunigt auch die Genehmigungsverfahren für Windkraftanlagen.

Die langen Verzögerungen bis zur Verabschiedung lassen sich wohl auf die unterschiedlichen Interessen der drei Ampelkoalitionspartner zurückführen. Insbesondere die FDP ist bekannt für ihre bremsende Haltung. Auf ihrem jüngsten Parteitag hat sie sogar die Beendigung jeglicher Förderung erneuerbarer Energien beschlossen.

Was das bedeuten würde, lässt sich allein anhand des „Solarpaket 1“ ablesen: Dieses würde dann gar nicht mehr existieren. Nach den abstrusen Vorstellungen der FDP würde das EEG insgesamt abgeschafft werden, mit allen Konsequenzen, dass kaum noch jemand in erneuerbare Energien investieren würde, da der ordnende und fördernde Rechtsrahmen einfach nicht mehr existieren würde. Klimaschutz ade.

Es ist daher gut, dass die FDP ihre Anti-erneuerbare-Energien-Ideologie beiseite geschoben hat und dem Solarpaket ebenso zugestimmt hat wie die SPD und die Grünen.

Substanzielle Verbesserungen im „Solarpaket 1“

Das „Solarpaket 1“ verdeutlicht den Wert einer grünen Regierungsbeteiligung. Unter den 16 Jahren der Merkelregierungen mit CDU/CSU, FDP und SPD gab es keine substanziellen Verbesserungen in den EEG-Novellen. Stattdessen erlebten wir massive Verschlechterungen mit drastischen Einbrüchen im jährlichen Ausbau und der Behinderung von Bürgerenergien.

Dies hat sich nun mit dem „Solarpaket 1“ in einigen wichtigen Bereichen geändert: Größere Photovoltaik-Dachanlagen, zum Beispiel auf Gewerbedächern, werden besser gefördert. Für Balkonmodule gibt es zahlreiche wichtige bürokratische Erleichterungen. Dadurch erhalten Mieter eine verbesserte Teilhabemöglichkeit, insbesondere da sie bisher kaum persönlich erzeugten Solarstrom nutzen konnten, weil sie nicht über die Dachflächen verfügten. Dies war bisher nur Vermietern möglich, die jedoch aufgrund fehlender Anreize zögerten. Im Gegenteil, die Hürden, den Solarstrom an Mieter weiterzugeben, waren bisher kaum zu überwinden. Mit dem „Solarpaket 1“ können Vermieter nun Solaranlagen installieren und den Strom kostengünstig an ihre Mieter weitergeben, ohne den Verpflichtungen eines Energieversorgers unterliegen zu müssen. Dies ist ein bedeutender Durchbruch, der zu einem deutlichen Ausbau im bisher vernachlässigten Mieterbereich führen wird und gleichzeitig einen wichtigen Schritt zum Energy Sharing darstellt. Für Freiflächenanlagen wurden Biodiversitätskriterien festgelegt, was zu einer Erhöhung der Artenvielfalt auf Photovoltaik-Freiflächen führen wird.

Insgesamt zeichnet sich das „Solarpaket 1“ durch einen schrittweisen, aber dringend notwendigen Abbau vieler bürokratischer Hemmnisse aus. Besonders hervorgetan hat sich hierbei die Berichterstatterin MdB Katrin Uhlig von Bündnis 90/Die Grünen. Bei zahlreichen Veranstaltungen vor Ort hörte sie den Betroffenen zu, erstellte umfangreiche Listen der bürokratischen Hemmnisse und arbeitete gemeinsam mit Kollegen anderer Fraktionen daran, diese in endlosen Verhandlungsrunden zu beseitigen.

Es würde den Rahmen dieses Newsletters völlig sprengen, auch nur einige davon herauszuheben. Daher kann ich nur auf den Text der beschlossenen Änderungsanträge zum Regierungsentwurf hinweisen, wohlwissend, dass er für Laien nicht wirklich leicht lesbar ist. Jedoch lässt sich in der Begründung vieles davon nachvollziehen und vielleicht findet man darin auch Lösungen für individuelle Probleme.

Ich empfehle allen Lesern, einen Blick auf diesen Änderungsantrag zu werfen. Er ist ein Beispiel für die große Komplexität solcher Gesetzesänderungen, bei denen um jedes Wort aus verschiedenen politischen Richtungen gekämpft wird. Diese Komplexität eines Gesetzgebungsverfahrens entgeht den politischen Laien häufig, insbesondere denen aus der AfD-Szene, die oft nur oberflächliche und meist unberechtigte Kritik üben, aber solche umfangreichen Gesetzesänderungen nicht beherrschen könnten.

Wer sich kurz und prägnant über die wichtigsten Änderungen des EEG im Solarpaket 1 informieren möchte, dem empfehle ich die Kurzübersicht des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klima (BMWK) unter der Leitung von Minister Robert Habeck.

Flugwindanlagen und Agri-PV erhalten eigene Fördersätze

Bedeutsam ist, dass im „Solarpaket 1“ auch endlich wieder wichtige Innovationsförderungen enthalten sind. Flugwindanlagen, auch bekannt als Höhenwindkraftwerke, die Strom mithilfe großer Lenkdrachen an Seilen erzeugen, erhalten bis zu einem Ausbau von 50 Megawatt einen eigenen Vergütungssatz. Dies könnte zu einem technologischen Durchbruch führen, was angesichts des großen Potenzials der Flugwindanlagen eine bedeutende Chance darstellt. Ich habe mich ebenfalls für einen eigenen Vergütungssatz für Höhenwindkraftwerke im Rahmen der EEG-Novellen eingesetzt.

Allerdings werden Agri-Photovoltaik-Anlagen nur über das Ausschreibungssystem gefördert, weshalb sie aufgrund von Ausbaubeschränkungen und hoher Bürokratie ihr volles Potenzial nur teilweise entfalten können.

Noch viele weiter große Aufgaben zum Ausbau der erneuerbare Energien zu erledigen

Nun ist natürlich das „Solarpaket 1“ nicht die gesetzgeberische Vollendung für den notwendigen steilen Ausbau der erneuerbare Energien. Es gibt noch weitere große Defizite. Das Solarpaket allein reicht nicht aus, um den Ausbau erneuerbarer Energien auf das erforderliche Niveau zu bringen, das zur Erreichung des Regierungsziels von 80 Prozent Ökostrom bis 2030 notwendig ist. Dabei ist bereits dieses Ziel aus Klimaschutzgründen zu moderat, da eine schnelle Beendigung aller Emissionen erforderlich ist, was bedeutet, dass bis 2030 bereits 100 Prozent erneuerbare Energien erreicht werden sollten.

Technisch und ökonomisch ist dies nach wie vor machbar, allerdings erfordert es gleichzeitig gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Beschleunigungen.

Bioenergie, Wasserkraft, Geothermie und Innovationen benötigen dringend auch verbesserte EEG-Unterstützung

Das große politische Manko des „Solarpaket 1“ war von Anfang an, dass es sich ausschließlich auf den wichtigen und natürlich bedeutenden Solarbereich konzentrierte. Bioenergie, Wasserkraft und Geothermie spielen weiterhin zu Unrecht eine untergeordnete Rolle im politischen und medialen Bereich. Ein Vorschlag, der von dem vom Grünen geführten BMWK in die Verhandlungen der Ampel-Fraktionen eingebracht wurde, war eine deutliche Verbesserung des Flexbonus für Biogasanlagen. Leider fand dieser keine Zustimmung, obwohl er die bestehenden Biogasanlagen in Richtung Flexibilität hätte führen können. Das bedeutet, dass Biogasanlagen nicht mehr nur im Sommer, wenn viel Solarstrom vorhanden ist, sondern vor allem im Winter Strom und Wärme produzieren könnten. Die Flexibilisierung der Biogasanlagen hätte sogar genug winterlichen Spitzenlaststrom erzeugen können, um den geplanten Neubau von Erdgaskraftwerken überflüssig zu machen.

Das „Solarpaket 2“ sollte daher auch diese und andere wichtige Verbesserungen berücksichtigen. Dazu gehört auch die Modernisierung und der Neubau von naturverträglichen, fischfreundlichen Wasserkraftanlagen, die ein hohes unerschlossenes Modernisierungs- und Ausbaupotenzial haben, wie eine kürzlich durchgeführte Studie der EWG aufzeigte.

Auch die geothermische Stromerzeugung sollte besser gefördert werden, ebenso wie viele andere Innovationen wie beispielsweise Flussströmungskraftwerke oder Wellenkraftwerke im Meer.

Die Innovationsdefizite in Deutschland werden in der Zeitschrift „Bild der Wissenschaft“, Ausgabe April 2024, unter der Überschrift „Verpasste Chancen der Energiewende“ sehr gut beschrieben. Bereits ab 2004 wollten wir unter der rot-grünen Regierung viele der dort genannten Technologien mit eigenen Vergütungssätzen fördern. Doch mit dem Regierungswechsel zur Kanzlerschaft von Merkel gab es bei der Innovationsentwicklung so gut wie keine Fortschritte mehr. Die Förderung beschränkte sich dann im Wesentlichen auf Solar- und Windstrom, bei denen es seitdem erhebliche Fortschritte gab, jedoch nicht bei Fluss- und Meeresströmungs-, Wellen-, Gezeiten-, Höhenwind- oder Salzgradientenkraftwerken sowie einigen anderen Technologien.

Große zentrale Gesetzesentwürfe wie Abschaffung der Ausschreibungen oder Einführung Energy Sharing fehlen immer noch

So wichtig die Detailarbeit ist, die mit dem Solarpaket teilweise gelungen ist, so sehr fehlen in der politischen Agenda immer noch Vorschläge für große politische Linien zum Ausbau der erneuerbaren Energien.

Die unter der Regierungszeit Merkels vollzogene Umstellung der einst im EEG 2000 festgelegten gesetzlich garantierten Einspeisevergütungen auf staatlich organisierte Ausschreibungen war eine der entscheidenden Maßnahmen, die den massiven Einbruch des jährlichen Ausbaus bei Photovoltaik, Windkraft, Biogas und auch der Bürgerenergiebeteiligungen bewirkte. Eine ernsthafte Debatte, diesen gravierenden Fehler zu korrigieren, gibt es weiterhin nicht im politischen Berlin oder in Brüssel.

Die Ergebnisse der letzten Photovoltaik-Ausschreibungen zeigen erneut, wie verheerend bremsend die staatlichen Ausschreibungen wirken. Es wurden 4100 Megawatt beantragt, jedoch erhielten nur 2234 Megawatt einen Zuschlag. Das bedeutet, dass fast 2000 Megawatt und fast die Hälfte der beantragten Projekte nicht zum Zuge kommen. Die Ausschreibungen verhindern also erneut den Bau von fertigen, genehmigten und baureifen Anlagen in einer enormen Größenordnung.

Diese Beispiele zeigen, dass die Ampelkoalition immer noch große Aufgaben vor sich hat, um weitere Erleichterungen und Innovationen voranzubringen.

Solarpark Bundorf zeigt, wie man Sektorenkopplung umfassend schon heute umsetzen kann

Es gibt viele Initiativen in Deutschland, die nicht auf bessere Förderbedingungen warten, sondern engagiert und innovativ hervorragende Projekte unter den bestehenden Gesetzesbedingungen verwirklichen.

Ein besonderes Beispiel wurde in meiner fränkischen Heimat in Bundorf im Landkreis Hassberge verwirklicht.

Mit 125 Megawatt Leistung wurde dort eine der größten Freiflächenanlagen Deutschlands von einer Genossenschaft und Maxsolar mit großer Unterstützung der örtlichen Bevölkerung gebaut. Der Solarstrom wird nicht nur ins Netz eingespeist, sondern versorgt auch zwei große Luftwärmepumpen für die neue Heizzentrale in der ländlichen Gemeinde. Über ein neues Nahwärmenetz werden das Rathaus, der Kindergarten, das Bürgerhaus und private Hausbesitzer mit solarer Wärme versorgt. In den dunklen und kalten Wintermonaten wird zusätzlich ein Hackschnitzelheizkessel eingesetzt. Neue Ladestationen bringen den Solarstrom auch in die E-Autos der Gemeindebewohner.

Es handelt sich dabei vermutlich um das größte Projekt in Deutschland, bei dem Photovoltaik-Strom mit Heizung und Mobilität verbunden wird. Tausende Kommunen in Deutschland und anderen Ländern könnten dem Beispiel Bundorf folgen und sich über genossenschaftliche Bürgerbeteiligungen selbstständig und unabhängig von teurem Erdöl, Erdgas und Kohlestrom versorgen, unabhängig von den aktuellen gesetzlichen Rahmenbedingungen.

— Der Autor Hans-Josef Fell ist Präsident der Energy Watch Group. Er war 1998-2013 MdB für Bündnis/Die Grünen und ist Mit-Autor des Entwurfs des Erneuerbare-Energien-Gesetzes von 2000. http://hans-josef-fell.de

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