Alterung mit Überraschungen

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Wenn man vom Aussehen auf die Qualität schließen könnte, hätte Daniela Dirnberger leichtes Spiel gehabt. Die Anlagen, die die Wissenschaftlerin vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE während des Otti-Dünnschichtforums Anfang Februar in Würzburg auf die Leinwand projizieren ließ, waren jedenfalls sehr schön anzusehen. Doch ob die Module wirklich 20 Jahre bringen, was sie versprechen, ist Stoff für langwierige Forschungsvorhaben. Es ist die Gretchenfrage, die jeder, der eine Anlage baut, gerne beantwortet hätte. Sie gilt beson-ders für die Module aus einer der drei Dünnschichttechnologien.
Dabei geht es nicht um die Anfangsdegression von rund 20 Prozent, die in den ersten Betriebsmonaten bei Silizium-Dünnschichtmodulen üblich ist und die in der Leistungsangabe des Moduls bereits berücksichtigt wird. Es geht um das Altern über einen längeren Zeitraum. Dirnberger und ihre Kollegen nutzten Daten von acht Anlagen, die zwischen drei und fünfzehn Jahren alt sind. Sie hat unter anderem die Einstrahlung, den Strom und die Spannung im Gleichstromkreis, die Wechselstromleistung und die Modultemperatur analysiert.

Unterschiede bei der Degradation

Ein Ergebnis überrascht besonders. Die drei Anlagen mit Cadmiumtellurid-Modulen büßten pro Jahr zwischen 0,5 und 1,5 Prozent ihrer anfänglichen Leistung ein. „Wir halten unsere Datenbank aber nicht für groß genug, um daraus allgemeine Aussagen zu Cadmiumtellurid-Modulen zu ziehen“, schreibt Daniela Dirnberger dazu. Das gilt auch für die Ergebnisse bei anderen Modultypen, die teilweise deutlich besser waren. Eine Anlage aus Tandemzellen aus amorphem Silizium zeigte genauso wenig Degradationseffekte wie eine Anlage aus mikromorphen Modulen. Eine andere Anlage aus amorphem Silizium degradierte leicht. Auch wenn die Zahl der untersuchten Module zu klein für allgemeine Aussagen zur Alterung ist, ist ein Schluss möglich: Es gibt bessere und schlechtere Module, unabhängig von der Technologie.
Die Frage ist also, wie man die Spreu vom Weizen trennen und Module testen kann, ohne fünf Jahre oder länger zu warten, bis man die Effekte in realen Anlagen gut messen kann. Einer der Gründe für die Degradation liegt in einer Spannung, die je nach Wechselrichtertyp und Erdung der Anlage zwischen den Modulanschlüssen und dem Modulrahmen liegt (siehe photovoltaik06/2008). Dieter Geyer vom Zentrum für Sonnenenergie und Wasserstoffforschung Baden-Württemberg (ZSW) hat deshalb in Labortests eine Spannung von 1.000 Volt zwischen Solarmodulanschlüssen und Rahmen angelegt und sie gleichzeitig 100, 200 und 300 Stunden einem Feuchte-Hitze-Test unterzogen. Das ist ein „Belastungsfaktor, der nach den existierenden Standards nicht getestet wird“, schreibt er im Tagungsband.

Beschleunigte Korrosion

Allerdings beschleunigt er damit nicht nur die Alterung durch Korrosion. „Verschiedene Module zeigen nicht die gleichen Degradationseffekte, und sie sind auch nicht gleich für eine spezifische Technologie“, so Geyer. Seine Tests zeigen, dass die Alterung mehr vom Modulbau als von der verwendeten Dünnschichttechnologie abhängt. Glaslose Module schneiden besser ab als solche mit Glas. Auch die Degradationseffekte selber sind unterschiedlich. Bei den Silizium-Dünnschichtmodulen reduziert sichtbare Korrosion die Leistung, bei den CIS- und Cadmiumtellurid-Modulen ist der Effekt nicht optisch sichtbar. Um die Degradationseffekte zu sehen, muss man schon sehr genau messen. In der Praxis fallen sie kaum auf. Phoenix Solar betreibt seit 2004 Solarparks mit Cadmiumtellurid-Modulen. „Wir haben keine Degradation gesehen“, sagt Vorstand Manfred Bächler. Die Erträge schwanken von einem Jahr zum anderen um rund zwei Prozent. Da müssen noch einige Jahre vergehen, bis er die 0,5 Prozent Degradation, wenn es sie denn gibt, diagnostizieren könnte.
Allerdings gibt es auch eine Möglichkeit, Degradation positiv zu nutzen. Diego Fischer von Flexcell fokussiert dazu auf anderen Aspekt. Silizium-Dünnschichtmodule altern besonders in den ersten drei Monaten nach Inbetriebnahme um bis zu 20 Prozent, vermutlich da im Material eingeschlossene Wasserstoffatome die Halbleiterschicht stören. Aber Hitze ab zirka 60 Grad repariert diese Störungen teilweise wieder. Um das Phänomen statistisch zu erfasssen, hat Fischer die Abhängigkeit des Ertrags über der Tagesspitzentemperatur analysiert. Pro Grad Anstieg werden die Module rund ein Prozent besser. Trotzdem rechnen Planer bei Ertragsprognosen damit, dass die Anlagen wie die aus anderen Modultypen mit zunehmender Temperatur schlechter arbeiten, und zwar um 0,2 Prozent. Den Effekt gibt es zwar, aber da der positive Effekt viel größer ist, täuscht diese Berechnung. Unterm Strich arbeiten Dünnschichtzellen mit jedem Grad höherer Tagesspitzentemperatur mit einem 0,75 Prozent besseren Wirkunsgrad. „Wenn man das berücksichtigt, lassen sich Dünnschichtanlagen besser planen“, sagt Fischer. Außerdem sind sie dadurch effizienter, als ihnen nachgesagt wird. Das Verhältnis installierte Leistung zu Ertrag ist besser als bei anderen Modultypen.
Das hängt natürlich vom Ort ab, an dem die Module aufgestellt werden, und davon, wie sie montiert werden. Siliziumdünnschicht mag es heiß. „Wenn man die Module so montiert, dass sie nicht hinterlüftet werden, kann der Ertrag bis zu zehn Prozent steigen“, sagt Fischer. Allerdings beruht diese Zahl auf nicht sehr systematischen Erfahrungen mit den Flexcell-Modulen, die direkt auf die Dachbahnen geklebt werden, so dass die Hinterlüftung automatisch entfällt. „Man muss den Effekt besser untersuchen, um ihn quantitativ richtig zu beschreiben.“ Auch die 0,75 Prozent Verbesserung, die er pro Grad Tagesspitzentemperatur errechnet hat, sind nur geschätzt.
Willy Ernst von Centrosolar hat deshalb verglichen, wie hoch die Erträge bei zwei verschieden montierten Modulen sind.
Die nicht hinterlüftete Variante erbrachte bei Schwachlicht einen deutlich höheren Ertrag. Es geht also in Zukunft darum, zumindest diese Art der Degradation positiv zu nutzen.

Dünnschicht aufs Eigenheim

Das Otti-Dünnschichtforum hatte letztes Jahr 300 Besucher, dieses Jahr nur 190. Ist das der Niedergang der Dünnschicht?

Das zeigt eher den Status von Photovoltaik-Industrie und Wirtschaft im Krisenjahr insgesamt. Ich sehe weiterhin gute Chancen für die Dünnschichtfirmen, wenn sie die richtigen Produkte auf den Markt bringen und neue Märkte erschließen.

Welche sind das?

Mit der Dünnschichttechnologie kann man zum Beispiel semitransparente Module und flexible Solarmodule herstellen – und damit ästhetisch ansprechende Produkte für Gebäude und Fassaden. Man muss vom Baustoff Solarzelle sprechen, nicht mehr einfach Solarmodule aufs Dach legen. Es gibt zwar erste Produkte, aber diese Märkte sind nicht erschlossen.

Hat Dünnschicht auch eine Chance, auf die Dächer von kleinen Häusern zu kommen?

Ja, aber man muss nicht die klassische Aufdachanlage, sondern ein Solardach verkaufen. Wenn ich mein Dach komplett mit Solarmodulen decke, interessiert mich, was die pro Quadratmeter kosten, und nicht nur pro Wattpeak Leistung. Wenn man günstig ein ästhetisches, dichtes, wärmeisoliertes Dach bekommt, das dann als Add-on auch noch Strom produziert, dann hat Dünnschicht dort sicher ein großes Marktpotenzial.

Gibt es solche Produkte schon?

Es gibt zwar einzelne Anwendungen, aber nicht als Standard. Deshalb sind die Preise auch noch zu hoch. Das liegt nicht nur an den Modulen, sondern an den anderen notwendigen Techniken.
Jetzt hat die Krise die Dünnschichtbranche aber in einer schwierigen Phase erwischt. Viele Firmen wollten letztes Jahr ihre Produktion hochfahren. Hat das trotzdem funktioniert?
Das ist für die einzelnen Firmen ganz verschieden. Die Dünnschichtfirmen, die schon länger im Markt sind, können die Kostenvorteile der Dünnschicht sogar ausspielen. Ich nenne nur die Firma First Solar, die sich ja in dieser Situation zum Weltmarktführer für Photovoltaik entwickelt hat. Das geht meines Erachtens auch mit den anderen Dünnschichttechnologien. Andererseits ist es richtig, dass die Situation für Neueinsteiger nicht einfach ist. Da ist jetzt einiges an Kreativität gefordert, neue Märkte zu erschließen und diese neuen Produktionslinien doch noch schneller, als es die Businesspläne ursprünglich vorsahen, auf niedrige Kosten zu trimmen.

Sehen Sie in dieser Richtung Erfolge?

Auf der Tagung hat Würth Solar gezeigt, dass man Wirkungsgrade von fast 13 Prozent bereits in der Produktion mit der CIS-Technik erreicht. Man kommt also nahe an das multikristalline Silizium heran. Auch bei der mikromorphen Technologie wurden sehr gute Wirkungsgrade von den Firmen Inventux und Bosch Solar Energy mit Siliziumdünnschicht auf der Tagung kommuniziert. Werte, die bisher erst nur im Labor demonstriert wurden.

Was ist das Besondere, wenn Firmen in der Produktion bei einzelnen Siliziummodulen einen Wirkungsgrad von 10,5 Prozent erreichen?

Zur Abscheidung der Schichten nutzt man Plasmaprozesse, die früher in Laboranlagen auf kleiner Fläche angewendet wurden. Das Besondere ist, dass man nun auch auf großen Flächen von 1,4 Quadratmetern die Laborergebnisse reproduziert. Das ist der erste Schritt, den man erreichen muss auf dem Weg zu einer Markenfertigung. Das stimmt positiv für die Zukunft.

Das Gespräch führte Michael Fuhs.                                                                                                             

Die Langversion des Interviews können Sie im Internet lesen unter
www.photovoltaik.eu

Wissenschaftlicher Leiter der Otti-Tagung, Bernd Rech vom Helmholtz-Zentrum für Materialien und Energie.

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