Die anhaltend milden Witterungsbedingungen im vergangenen Monat spielten eine entscheidende Rolle bei der Stabilisierung der Energieaussichten für Europa, insbesondere während der temporären Herausforderungen aufgrund des Anstiegs der Brennstoff- und Kohlepreise. Außergewöhnlich warme Temperaturen, in bestimmten Fällen sogar mit Rekordwerten, ließen die Energienachfrage auf das im Vergleichszeitraum 2023 verzeichnete Niveau fallen. Besonders bemerkenswert ist, dass die deutsche Energienachfrage noch unter die Tiefststände des vergangenen Jahres sank, was auf weiterhin verhaltene makroökonomische Aussichten hindeutet.
Auf der Versorgungsseite kam es zu einer umfangreichen Erzeugung erneuerbarer Energien – einschließlich der intermittierenden Photovoltaik- und Windproduktion sowie der jederzeit verfügbaren Wasserkraft. Dies führte zu mehreren Spitzenzeiten mit Null- oder Negativpreisen während der letzten Tage des Monats. Die spanischen Strompreise am Spotmarkt fielen erstmalig in den negativen Bereich, da die Wasserkrafterzeugung hoch war, die Speicherbestände weit über dem saisonbedingt üblichen Niveau lagen und die Nachfrage während der Osterferien gering war.
Auch die frühe Schneeschmelze in Frankreich förderte die Produktion aus Wasserkraft und sorgte dafür, dass sie am oberen Ende der Produktionsspanne 2019 bis 2023 rangierte. Die stabile Leistung der Kernkraft deckte über 80 Prozent der Binnennachfrage und steigerte die Nettoexporte nach Deutschland, Belgien und Großbritannien auf ein Rekordniveau für dieses Jahreszeit. Insbesondere im Fall von Großbritannien erleichterte die wieder eingeführte Kohleprämie und die hohe Verfügbarkeit von Verbindungsleitungen – einschließlich der jüngst in Betrieb genommenen «Viking Link» – die Umlenkung der Ströme vom Kontinent und aus Skandinavien nach Grossbritannien.
Vor dem Hintergrund des jüngsten Überangebots am französischen Markt fuhr die Kernkraftflotte ihre Produktion flexibel herunter und drosselte sie in bestimmten Fällen um 13 Gigawatt innerhalb eines einzigen Tages. Auslöser für diese proaktive Anpassung waren die zahlreichen Zeiten mit Negativpreisen, die die wirtschaftliche Tragfähigkeit untergruben. Zudem kam es zu Wochenbeginn in zwei französischen Nuklearreaktoren zu Modulationsunterbrechungen; ein strategischer Schritt, um in Anbetracht des Niedrigpreis-Umfelds Brennstoff zu sparen.
Auf den Brennstoffmärkten verzeichneten die Gaspreise im vergangenen Monat einen zunehmenden Anstieg, gefolgt von einer Stabilisierungsphase, die durch Hinweise auf einen wachsenden Wettbewerb für LNG gefördert wurde. So kam es in Asien zu einem kräftigen Kaufinteresse, ausgelöst durch erhebliche Rabatte auf an Öl gebundene Abschlüsse. Dadurch konnte Europa seinen deutlichen Speicherüberschuss nur durch Frachtumleitungen mindern. Russlands Strategie, die Speicherinfrastruktur der Ukraine ins Visier zu nehmen, schränkte die Möglichkeit, europäisches Gas dort zu lagern, ein, während die erheblichen Schäden an der ukrainischen Energieinfrastruktur dazu führten, dass die Stromflüsse aus Osteuropa in die Ukraine umgelenkt wurden.
Auch die Kohlepreise folgten einem Aufwärtstrend, befördert durch den Brückeneinsturz in Baltimore, USA, der sich erheblich auf die Kohleverschiffung auswirkte. Gleichzeitig erholten sich die Emissionsberechtigungen (EUAs) von ihrem niedrigen Niveau; dies ist vermutlich auf die prognostizierte angespannte Lage im späteren Verlauf dieser Handelsphase zurückzuführen. Zudem könnte die jüngste Ankündigung der EU-Kommission, die Gesamtemissionen im Europäischen-Emissionshandels-Sektor im vergangenen Jahr auf rund 212 Megatonnen zu senken, vorübergehend die getrübte Stimmung verstärken. Langfristig soll dieses Problem jedoch durch Interventionen der Marktstabilitätsreserve gelöst werden.
— Der Autor Andy Sommer ist seit 1992 als Analyst in der Energiebranche aktiv und bewertet seit 2008 für Axpo die globalen Märkte. Seit einigen Jahren führt er das Team „Fundamental Analysis & Modeling“, mit dem er für interne und externe Kunden Einschätzungen zu den Energiemärkten in Europa und weltweit erstellt. Das Team konnte mit seinen Services im Jahr 2021 den Energy Risk Award für „Research in European Power“ gewinnen. www.axpo.com —
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Wow, wird es schon zum Problem stilisiert, wenn wir weniger fossile Brennstoffe verbrauchen, hier spezifisch Kohle?
Immerhin wird gelobt, wenn die Kernkraft doch einmal stabile Leistung erbringt.
„Vor dem Hintergrund des jüngsten Überangebots am französischen Markt fuhr die Kernkraftflotte ihre Produktion flexibel herunter und drosselte sie in bestimmten Fällen um 13 Gigawatt innerhalb eines einzigen Tages.“
Warum wird nicht mal erwähnt, wie genau die französische Kernkraft ihren Elektrizitätsproduktion schnell senkt? Immerhin lässt sich ja die Kernreaktion so schnell nicht drosseln (siehe Chernobyl, siehe Fukushima, siehe jedes andere Kernkraftwerk). Was genau passiert noch einmal mit diesen enormen Mengen an nuklearer Wärmeenergie, wenn diese nicht in in Dampfturbinen (verlustbehaftet) umgewandelt wird?