DIW Econ, das Beratungsunternehmen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), hat im Auftrag des Berliner Photovoltaik-Unternehmens Enpal das Für und Wider einer nachhaltigen Lebensweise für Privathaushalte untersucht. Nachhaltig bezieht sich hierbei auf die für Strom, Wärmeversorgung und Automobil genutzten Energiequellen. Für die als „Kurzexpertise“ deklarierte, 40 Seiten umfassende Studie unter dem Titel „Günstige neue Welt? Vergleich der Energiekosten eines fossilbasierten und eines grünen Haushalts“ wurden jeweils drei Haushaltstypen der „alten Welt“ und der „neuen Welt“ betrachtet; die summierten Kosten für Anschaffung und Betrieb waren hierbei für den nachhaltig wirtschaftenden Haushalt der „neuen Welt“ stets geringer als für das konventionelle Pendant.
Zurzeit herrsche im gesellschaftlichen Diskurs in Deutschland noch „häufig die Meinung vor, dass ein nachhaltiger Lebensstil vorrangig aus Klimaschutzüberzeugungen verfolgt werde“, heißt es zur Motivation der Studie: „Aufgrund der hohen Anfangsinvestitionen wird der nachhaltige Lebensstil als die moralisch richtige, aber kostspieligere Alternative zum fossilen Lebensstil bewertet.“ Es werde häufig nicht wahrgenommen, „dass sich die Energiewende im Eigenheim auch aus finanzieller Sicht lohnen kann“.
DIW Econ erstellt deshalb eine Analyse für drei Haushaltstypen. Alle bestehen aus vier Personen in einem Einfamilienhaus und nutzen in einem durchschnittlichem Ausmaß Strom, Heizung und private Autos. Weiter heißt es zum Szenario, die Haushalte stünden „zu Beginn des Betrachtungszeitraums vor der Entscheidung, mit welchem Heizsystem sie ihre fossile Heizung austauschen. Außerdem möchten sie zwei neue Autos anschaffen.“ In der „alten Welt“ entscheiden die Haushalte sich für eine neue Gasheizung, Verbrenner-Autos und einen konventionellen Stromtarif, in der „neuen Welt“ schaffen sie eine Photovoltaik-Anlage, eine Wärmepumpe und zwei Elektroautos an und nutzen einen dynamischen Stromtarif.
Hohe Investitionen, günstiger Betrieb
Unterschiede gibt es in beiden Welten hinsichtlich Investitionsneigung und Konsummuster: Haushaltstyp 1 ist hier eher unterdurchschnittlich und entscheidet sich in der „alten Welt“ zum Beispiel für zwei Kleinwagen und eine eher preiswerte Gasheizung, in der „neuen Welt“ für eine kleine Photovoltaik-Anlage, einen kleinen Stromspeicher, eine kostengünstige Wärmepumpe und zwei Elektro-Kleinwagen. Haushaltstyp 2 entspricht dem Durchschnitt, Typ 3 entscheidet sich für jeweils überdurchschnittlich teure Varianten.
Für alle drei Typen sind in der „alten Welt“ die Investitionskosten sehr viel geringer, sie reichen bei Haushaltstyp 1 von 138.000 bis 154.000 Euro und bei Haushaltstyp 3 von 256.000 bis 284.000 Euro. In der neuen Welt stehen hier 235.000 bis 272.000 Euro beziehungsweise 367.000 bis 420.000 Euro. Gegenläufig fällt der Vergleich hingegen bei den für Brennstoff, Wartung und Reparaturen anfallenden laufenden Kosten aus, sie sind bei den auf Elektrizität setzenden, nachhaltigen Haushalten durchweg sehr viel geringer. In der Summe von Investition und laufenden Kosten ergeben sich über einen Zeitraum von 25 Jahren für die „neue Welt“ stets erhebliche Vorteile. Bei dem ehesten dem statistischen Durchschnitt entsprechenden Haushaltstyp 2 sind es durchschnittlich 104.000 Euro Einsparung.
„Erhebliche Unsicherheiten“
Das Grundproblem der Analyse ist schon an den teils erheblichen Schwankungen für ein und dieselbe Haushaltskategorie ersichtlich. „Das für die Analysen verwendete Modell“, heißt es in der Studie, „beruht auf statischen Annahmen über aktuelle Preise und deren Entwicklung“ – und die ist nun einmal schwer vorherzusagen. Der Gaspreis für die „alte Welt“ liegt beispielsweise schon zu Beginn des Betrachtungszeitraums, also jetzt, zwischen 6 und 12,3 Cent je Kilowattstunde, weist also gut 100 Prozent Spannweite auf. Seine weitere Entwicklung ist stark vom CO2-Preis abhängig, der zum Ende des Betrachtungszeitraums. Je nach Prognose, irgendwo zwischen 230 und 650 Euro je Tonne liegen könnte.
Das Modell selbst geht von 230 Euro aus, also einer im Vergleich deutlich zu Gunsten der „alten Welt“ gewählten Annahme. Die Studie bildet nämlich keine dynamischen Preisentwicklungen ab, sondern schreibt lediglich auf Basis von heute Inflation und Realpreissteigerungen fort. Andererseits fallen die Annahmen bisweilen auch zu Gunsten der „neuen Welt“ aus, wenn etwa – nur ein willkürlich gewähltes Beispiel – einer Photovoltaik-Anlage eine Betriebsdauer von 25 bis 30 Jahren ohne Reparaturen oder Austausch zuerkannt wird. Für moderne Solarmodule ist das realistisch, als statistisches Mittel für die Lebenserwartung von Wechselrichtern aber zu optimistisch. Unterm Strich bleibt, neben dem hinlänglich bekannten Klimaschutz- Argument, die bekannte Regel, wonach künftige Preissteigerungen bei fossilen Brennstoffen am besten beherrschbar sind, wenn man keine fossilen Brennstoffe benötigt.
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Das ist jetzt aber überraschend! Hätte ich gar nicht gedacht.
ab „im Auftrag es Unternehmens Enpal“ habe ich gar nicht mehr weitergelesen
Ehrlicherweise weiß ich nicht was die Leute für diese Unsummen kaufen sollen – 2 Kleinwagen und eine Gasheizung für 150.000€??? Oder schaffen sie das komplett kreditfinanziert an? Bei 10% Zinsen?
Das habe ich im ersten Moment auch gedacht, da die Annahmen leider sehr leicht missverständlich beschrieben wurden.
„Zu Beginn des Betrachungszeitraums werden zwei Kleinwagen beschafft“. Allerdings handelt es sich um einen Betrachtungszeitraum von 25 Jahren. Demnach werden diese vermutlich mindestens ein bis zwei mal ausgetauscht und wir reden dann in Summe von 5-6 Kleinwagen. Wenn man dann noch eine moderate Inflation einberechnet, dann sind die Annahmen vermutlich realistisch.
Persönlich betrachte ich das Thema Nachhaltigkeit auch als Risikovorsorge. Wenn es einem in der aktuellen Lebenssituation wirtschaftlich gut geht kann man statt langfristig sinnlosen „Luxuskonsum“ durch Investments seine langfristigen Kosten senken. – Stichwort Wirtschaftskrise/Altersvorsorge.
Wie viele, die ein Luxusauto fahren, fragen trotzdem bei jeglichem nachhaltigen Invest, ob er sich „rechnet“. Da müssten eigentlich alle Dacia fahren. Das muss natürlich jeder selber wissen, aber für mich ist alleine die Tatsache, dass ich mehr Strom produziere als ich verbrauche etwas, dass mich erfreut. Mehr als das Röhren eines V8…
Eine interessante Analyse, die aber m. E. einen hier nicht aufgeworfenen Kardinal-Fehler hat:
Es werden weder Zinsen (ob nun Haben- oder Kredit-) berücksichtigt noch zukünftige Zahlungsströme abdiskontiert. Es wird also so getan, als gäbe es keine Zinsen!
Dann wundert es mich nicht, dass man Geld sparen kann, wenn man anfangs viel mehr Geld investiert!