Einige Blöcke mit orangefarbenen Linien, ein Block mit grünen Linien, alles schön gerade und rechtwinklig, wie das in Schaltplänen eben so üblich ist. Obwohl man bei der Verschaltung komplexer Überwachungsanlagen von Photovoltaikanlagen ein großes Durcheinander erwarten könnte, sieht Martin Sauters Diagramm des Anlagenüberwachungsystems PVGuards ziemlich übersichtlich aus. Der Experte für Monitoringsysteme und geschäftsführende Gesellschafter der Firma Skytron gewann damit sogar letztes Jahr den Award auf der Intersolar. Es geht ihm darum, wie man die Kommunikation zwischen den Anlagen in den Griff bekommt. Das stellt Ingenieure heutzutage vor eine größere Herausforderung.
Denn was der Turmbau zu Babel zwischen den Menschen angerichtet haben soll, schaffte mehrere tausend Jahre später die rasante Entwicklung der Elektronik auf der Ebene der Maschinenkommunikation. Im Laufe der letzten Jahre haben sich auch dort Sprachen entwickelt, die so verschieden sind, dass – übertragen auf den menschlichen Bereich – die Bandbreite von der gesprochenen Sprache bis zur Gestensprache reicht. Im Klartext: Nicht einmal das Medium ist immer gleich. Einige Geräte nutzen Glasfaser mit der Ethernet-Technologie, die man – allerdings am Ende über Kupferleitungen – vom heimischen Computernetzwerkanschluss kennt. Andere nutzen etwa die Technologie des seriellen Anschlusses vergleichbar RS 232, an den sich vielleicht Computerpioniere erinnern, die damit früher Mäuse und Modems angeschlossen haben, bevor am PC der USB-Anschluss die Technik weitgehend abgelöst hat.
Deshalb verwundert es nicht, dass hinter den Kulissen Firmen darum ringen, ihre Geräte möglichst kompatibel zu machen oder gar Standards durchzusetzen (siehe photovoltaik10/2008, Seite 76).
Der PVGuard zeigt eine der Möglichkeiten auf, wie es gehen könnte (siehe Grafik). Aus einer Wechselrichterstation gehen zwei orange Verbindungen in Richtung Module, genauer gesagt zu den Generatoranschlusskästen. Daran hängen je nach Modultechnik acht bis 127 Sensoren. „Wir erfassen einzelne Stromsignale, Spannung, Einstrahlung, Temperaturen und Windgeschwindigkeit“, sagt Sauter. Die orange Farbe steht für die erste der drei Kommunikationsebenen des Diagramms, den sogenannten CAN-Bus, über den die Informationen zur Wechselrichterstation geleitet werden. Auf der anderen Seite gehen grüne Verbindungen in den Wechselrichter hinein. Sie stehen für die zweite Ebene, die über Ethernet läuft. Darüber tauschen die zahlreichen Wechselrichterstationen eines Kraftwerks die Daten aus. „Dabei geht es darum, die Funktion zu überwachen und eine plausible Aussage über das Verhalten der Gesamtanlage und das Verhalten der Wechselrichter auszugeben“, sagt Sauter. Über den Vergleich der Umweltdaten und der elektrischen Größen sollen die einzelnen Stationen in ihrem Betriebs- und Ertragsverhalten bewertet werden.
Leiden an der Realität
Zum großen Leid des Experten entsprechen die einzelnen Geräte aber nicht immer dem Kommunikationskonzept, mit dem er die Anlagenüberwachung plant. Sauter, dessen Firma in den letzten vier Jahren Anlagen mit zusammen 400 Megawatt Leistung betreut hat, erläutert das an einem typischen größeren Photovoltaikkraftwerk. Es hat fünfzehn 1,3 Megawatt starke Wechselrichterstationen, die jeweils eine Mittelspannungsstation zur Netzeinspeisung haben. Ein Drittel hat eine Ethernet-Schnittstelle, zwei Drittel haben eine RS-485-Schnittstelle, das ist eine weitere Variante des seriellen Anschlusses, der dem besagten RS 323 ähnlich ist. Ethernet und RS 458, das ist ein Unterschied im Medium, ein „physikalischer“ Unterschied. Aber auch die Sprache, die die Geräte sprechen, ist nicht die gleiche. Damit ist unter anderem die unterschiedliche Benennung von technischen Größen gemeint. „Deshalb müssen Sie für eine vereinheitlichte Darstellung und vereinheitlichte Interpretation der gemessenen Werte einen hohen Aufwand treiben“, sagt Sauter. Auf dem Bildschirm sollen die wichtigen Größen nämlich unabhängig vom verwendeten Gerät dem Betriebsführer in gleicher Form erscheinen. Das führt dazu, dass die Ingenieure zurzeit etliche Schnittstellenwandlermodule einplanen müssen, die – in diesem Fall – den gesamten Datenverkehr auf CAN-Bus übersetzen.
Das kostet nicht nur heute Geld, sondern kann auch noch ein Problem in der Zukunft nach sich ziehen. Wenn nach zehn bis 15 Jahren ein Defekt auftritt, benötigt der Betreiber ein kompatibles Ersatzteil. „Es gibt sehr viele Firmen, die Wandlermodule bauen und Software dafür schreiben.“ Dafür ist die Dokumentation zu aufwändig. „Über einen Zeitraum von 20 Jahren Leute zu haben, die sich damit auskennen und wissen, wo man eine bestimmte Baugruppe nachbestellen kann, ist für den Projektierer ein enormes Problem“, sagt Sauter.
Auch bei der dritten Kommunikationsebene – in der Grafik blau – gibt es noch keinen einheitlichen Standard. Darüber kommuniziert die Anlage mit einem übergeordneten Verwaltungszentrum, das mehrere hundert Kraftwerke betreut, oder direkt mit den Elektrizitätsversorgern. „Auch da gibt es eine Vielzahl an Protokollen. Als Beispiel: XML, OPC, Soap. Das sind alles übliche Datenaustauschprotokolle“, sagt Sauter. Interessant wird das auch im Zusammenhang mit der neuen Mittelspannungsrichtlinie, die schrittweise bis Mitte nächsten Jahres in Kraft tritt und noch mehr Kommunikation mit den Elektrizitätsversorgern fordert, um das gewünschte Lastmanagement zu realisieren.
Damit die Gerätekommunikation in Zukunft besser wird, hat sich eine Gruppe zusammengefunden, die die Standardisierung vorantreibt. Dazu muss man sich zunächst auf Standards einigen. Sauter hält zum Beispiel das weit verbreitete Ethernet als Sprache nicht immer für geeignet. „Ethernet hat bei einer größeren Anzahl von Teilnehmern unter Umständen ein Problem.“ Das hängt davon ab, wie die Anlage aufgeteilt ist. Wenn man viele Strangwechselrichter statt weniger Zentralwechselrichter verwendet, könne es sein, „dass die Kommunikation bei einer bestimmten Buslast nicht mehr sauber funktioniert“. Besser seien zwei vom CiA (siehe Kasten) entwickelte Alternativen: der CAN-Bus als Medium der in der Grafik orange gekennzeichneten Feldbus-Verbindungen und Canopen-Protokoll als Sprache, von Experten DS 437-1 genannt. Und zwischen den Datenloggerstationen in den Wechselrichternhäuschen käme dann doch wieder das Ethernet mit ins Spiel, allerdings nur als Medium, die Sprache wäre die des CAN-Buses. Experten bezeichnen das als CAN-Bus via TCP/IP (Kürzel: DS 439). Das Ethernet als Medium soll nicht vollständig verschwinden, da es für längere Distanzen besser ist, weil es auch über Glasfaser funktioniert.
Durchbruch erwartet
Allerdings ist der Weg zu den einheitlichen Standards zäh. In der Vergangenheit erklärten etliche Wechselrichterhersteller zwar ihre prinzipielle Bereitschaft mitzumachen, ließen es aber an konkreten Aktionen fehlen. Jetzt schöpft Sauter wieder Hoffnung, da eventuell eine kritische Masse an Produzenten mitmacht. „Wir sprechen derzeit mit fünf Herstellern, die das Vorhaben unterstützen“, sagt er. Dazu beteiligt sich die Hälfte der in Deutschland rund zwölf großen Projektierer. „Wenn wir die Projektierer dazu kriegen, dann haben wir es – glaube ich – geschafft.“ Bezogen auf die Hardwareseite der Kommunikation könnten – so schätzt er grob ab – rund fünf Prozent Kosten eingespart werden.
Vorteile hätten nach Ansicht von Sauter nicht nur Planer großer Anlagen. Auch wer viele kleine Anlagen baut, könnte sich bei einem einheitlichen Standard sicher sein, dass Geräte zusammenarbeiten, wenn er auf einen neuen Wechselrichtertyp oder Datenloggertyp umsteigt.
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