Liebe Leserin, lieber Leser!
Stellen Sie sich vor, Ihre Sporttasche könnte Strom erzeugen, und während Sie Fußball spielen, steht die Tasche in der Sonne und lädt Ihren darin liegenden MP3-Spieler. Vielleicht können wir den MP3-Spieler oder das Handy auch bald selbst in die Sonne oder auch nur ins Licht legen, und schon laden sich deren Akkus wieder auf. Sogar Zeltdächer oder Sonnenschutzgardinen könnten in Zukunft Strom erzeugen.
Sie finden, das klingt fantastisch? Ich auch! Die organische Photovoltaik könnte all diese Visionen schon bald möglich machen. Organisch, weil auf Kohlenstoff basierend, wie alle anderen Kunststoffe um uns herum auch. Schon vor 40 Jahren entdeckten Forscher, dass solche Kunststoffe Strom erzeugen können. Inzwischen gibt es organische Solarzellen, die einen Wirkungsgrad von 6,5 Prozent haben. Nicht viel, und sehr lange halten sie auch nicht, aber dafür sind sie unschlagbar billig und sehr umweltfreundlich. Das riesengroße Potenzial der organischen Solarzellen hat jetzt auch die Bundesregierung erkannt und wird in den nächsten Jahren 360 Millionen Euro in die Erforschung dieser Energielieferanten stecken (Seite 62).
Die Chancen für billige Alternativen zu Silizium- und Dünnschichtphotovoltaik stehen durch die Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) auch in Deutschland immer besser. Zwar ist die Katastrophe ausgeblieben und die von Bundeswirtschaftsminister Michael Glos geforderten 30 Prozent Degression sind abgewendet, aber auch die acht beziehungs weise neun Prozent für Anlagen über 100 Kilowatt sind schon Herausforderung genug. Dazu kommt, dass der Fassadenbonus entfällt und voneinander unabhängige Anlagen, die gleichzeitig installiert wurden, für die Berechnung künftig zusammengefasst werden sollen. Die genauen Auswirkungen des novellierten EEG werden wir in den nächsten Ausgaben beleuchten. Ab Seite 14 zeigen wir Ihnen die ersten Reaktionen aus Politik und Branche und die wichtigsten Änderungen im EEG.
Dass die Photovoltaik trotz der für die Branche schwierigen EEG-Novelle nicht mehr aufzuhalten ist, zeigt die Ersol-Übernahme durch Bosch. Anfang Juni hat der Technologie-Konzern die Mehrheit des Erfurter Solarunternehmens erworben und damit den Startschuss für eine beginnende Konsolidierung des PV-Marktes gegeben. Gleichzeitig zeigt der Coup, dass auch die großen und etablierten Industrieunternehmen überhaupt keinen Zweifel mehr an der Energieform Photovoltaik haben. Im Gegenteil: Bosch hat sich die gut 50 Prozent Ersol fast 550 Millionen Euro kosten lassen und angekündigt, auch die verbleibenden Aktien kaufen zu wollen. Das zeigt eindruckvoll, welch große und langfristige Bedeutung die Bosch-Manager der Photovoltaik beimessen (Seite 46).
Viel Spaß beim Lesen wünscht
Karsten Schäfer
Chefredakteur
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