Schwäbische Sonnenfänger

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Noch ist es nur ein Prototyp auf dem Bayer & Raach-Firmengelände auf der Schwäbischen Alb, doch das tut der beeindruckenden Konstruktion keinen Abbruch: Auf der Garage thront ein kompletter, drehbarer Dachstuhl mit monierten PV-Modulen, der sich nach der Sonne ausrichtet. Der so genannte Sonnenfänger entstand im vergangenen Jahr. Er ist eine Konstruktion, bei der die Zusammenarbeit zwischen Elektriker und Zimmermann besonders deutlich wird.
„Durch diese Bauweise kombinieren wir die Dachmontage mit der höheren Einspeisevergütung und der größeren Effizienz durch die Sonnennachführung“, erläutert Raach die Grundidee. Durch das Nachführsystem wird eine Ertragssteigerung von bis zu 30 Prozent gegenüber der südlich ausgerichteten statischen Montage erreicht. Doch Raach gibt sich pragmatisch: „Der Sonnenfänger wird wohl eher ein Nischenprodukt blei ben. Nicht viele haben den Platz dafür.“ Dabei ist er anpassungsfähig. Der Prototyp ist nur ein Ausführungsbeispiel.
Das Grundlegende ist die Drehkonstruktion. Auf einem stählernen Drehkranz, der von einem Motor über ein Stahlseilsystem bewegt wird, sind acht Laufböcke montiert. Darauf können die unterschiedlichsten Dachkonstruktionen aufgesetzt werden. Die Fläche für die Photovoltaikmodule ist also in Größe und Neigung variabel. Die Sonnennachführung übernimmt eine Steuersoftware. Eine Garage, die sich selbst refinanziert. Und eine Idee, die aus langjähriger Beschäftigung mit dem Thema Photovoltaik entstand.

Echter Pioniergeist

Als Elektromeister Gerald Raach 1996 die erste PV-Anlage auf dem Dach seines eigenen Hauses installierte, wurde er belächelt. Solarmodule gehörten noch nicht zum gewohnten Bild. Außerdem sah die Kosten-Nutzen-Rechnung für solche Anlagen ungünstig aus. Aber der heute 42-Jährige setzte auf Sonnenstrom – aus Begeisterung für die Technik, aber auch aus wachsendem Bewusstsein für die Notwendigkeit des Klimaschutzes. „Mit 3,3 Kilowatt war sie sogar größer als die damalige Versuchsanlage der EnBW“, unterstreicht Raach seinen Pioniergeist.
In dem heute 49-jährigen Zimmermeister Florian Bayer fand er bald einen gleichgesinnten Partner. Zwei Kompetenzen, die sich ideal ergänzten. Bayer mit seinem Zimmereigeschäft übernahm die Montage der PV-Anlagen auf den Dächern. Raach mit seinen Elektrikern erledigte Planung, Installation und Anschluss.
Den ersten großen Anschub in Sachen PV gab das 100.000 Dächer-Programm, durch das von 2001 bis 2003 bundesweit 300 Megawatt Solarstromleistung gefördert wurden. Florian Bayer und Gerald Raach beschlossen in dieser Zeit, sich mit einer eigenen „Task-Force“ gemeinsam dem Thema Photovoltaik zu widmen. 2002 wurde die Bayer & Raach GmbH – Erneuerbare Energiesysteme gegründet. Jetzt konnten sie von der Planung bis zur Abnahme einer PV-Anlage alles aus einer Hand anbieten. Und die Bilanz bisher kann sich sehen lassen. Der Handwerksbetrieb hat seitdem 15 Megawatt Solarstromleistung installiert – davon allein fünf Megawatt in 2007.

Bauherren knausern

„90 Prozent der Installationen sind Anlagen auf Bestandsgebäuden“, berichtet Raach. Den Grund hierfür sieht der Elektromeister darin, dass Bauherren bei Neubauten in der Regel kein Budget für eine PV-Anlage einplanen. Der überwiegende Teil der Kunden sind Privatleute. Daneben werden Architekten, Landwirte und Großkunden, beispielsweise Unternehmen und Investoren, versorgt.
Doch Bayer & Raach treiben auch eigene Projekte voran. Seit 2003 mieten sie Dach flächen an und betreiben dort PV-Anlagen oder verkaufen sie. Jüngst konnte eine 500-Kilowatt-Anlage im benachbarten Ertingen erfolgreich an Investoren verkauft werden.

Alles aus einer Hand

Wert wird darauf gelegt, den kompletten Projektverlauf aus einer Hand anbieten zu können. Von der Planung über die Ausführung bis zur Abnahme sind nur eigene Montagetrupps am Werk. „Diese Konstellation bietet große Vorteile bei Koordination und Timing“, ist Raach überzeugt. „Es ist vor allem kundenfreundlich. Der Bauherr hat einen Ansprechpartner für alle Anliegen.“
Damit die Kunden auch wirklich von Anfang an aus dem eigenen Betrieb betreut werden können, wurden zwei Mitarbeiter zu Energieberatern ausgebildet. Bei der neuen Gesetzeslage in Bund und Ländern eine sinnvolle Investition. Die Energieberatung ist für den Kunden umsonst – sofern sich ein Folgeauftrag daraus ergibt. Dann nämlich werden die Kosten auf den Auftrag angerechnet.
Heute, elf Jahre nach dem Bau der ersten Anlage von Gerald Raach, steht auf der grünen Wiese bei Zwiefalten-Gauingen die neue 2.000 Quadratmeter große Firmenzentrale. Über 30 Mitarbeiter beschäftigt Bayer & Raach mittlerweile. Und wie es sich gehört, wird das gesamte Gebäude ausschließlich mit erneuerbaren Energien versorgt.
Auf dem Hallendach sind ca. 1.200 Quadratmeter PV-Module mit insgesamt 155 Kilowatt Leistung installiert. An einem kalten Wintervormittag wie heute sind sie noch mit Schnee bedeckt. Kris talline und amorphe Module neun verschiedener Hersteller teilen sich das Firmendach. Von Aleo und Conergy über Solarfabrik und Solarworld bis Suntechpower und Sunpower, es fehlt keiner der namhaften Anbieter.
Im Untergeschoss laufen alle Leitungen zusammen – eine Wand voller Wechselrichter. Zum Einsatz kommt ein Modell von Kaco, damit die Erträge der verschiedenen Module auch vergleichbar sind. „Es ist uns wichtig, die technischen Werte der Module selbst zu testen und zu überwachen. So können wir dem Kunden das richtige Produkt für seine Bedürfnisse anbieten“, betont der Elektromeister. Dazu gehört auch, dass die Mitarbeiter konsequent im eigenen Haus oder bei den Herstellern geschult werden und das Programm des Unternehmens 2005 erweitert wurde. Die steigende Nachfrage nach solarthermischen Anlagen gab den Anstoß, dass seither auch Heizsysteme im Angebot sind. Raach machte eigens dafür eine Zusatzausbildung im Bereich Heizung/Sanitär und es wurde noch ein Heizungsbau-Meister eingestellt.

Viva Italia!

Mittlerweile expandiert der Handwerksbetrieb auch im Ausland. Seit 2005 gibt es eine Tochtergesellschaft in Spanien. Allerdings ist der spanische Markt laut Raach noch etwas zäh. Die Konzentration liegt in dem Land eher auf Großprojekten wie Solarparks als auf privaten PV-Anlagen. Auch die bürokratischen Hürden seien in Spanien recht hoch.
Erfolg versprechender scheint Italien zu sein, wo Bayer und Raach seit Mitte 2006 aktiv sind – bald auch mit einer Tochtergesellschaft. Ein eigener Vertriebsmitarbeiter baut die Kontakte zu Projektentwicklern auf. In Italien geht der Weg nur über behördliche Genehmigungen und Projektierer, unabhängig von der Größe der PV-Anlage. Schwerpunkt der Tätigkeit ist im Moment noch die Toskana und das Gebiet um Rom. Doch die Chancen, sich auf ganz Italien auszuweiten, stehen gut. Denn die Schwaben haben die exklusiven Vertriebsrechte für die „Sunmachine“, ein mit Holzpellets betriebenes Mikroblockheizkraftwerk, auf dem italienischen Markt. Raach erhofft sich hierdurch auch positive Synergieeffekte für die Solarstromsparte.
„Wir verfolgen die Entwicklungen und reagieren entsprechend darauf. Ziel ist es, die Qualität des Angebotes so hoch wie möglich zu halten“, sagt der Elektromeister. Dass der Handwerksbetrieb diesem Anspruch gerecht wird, zeigt die Resonanz. Große Hersteller wie Sunpower aus dem kalifornischen Silicon-Valley kommen auf die Schwäbische Alb und werben um Bayer & Raach als Vertriebspartner. Auch die baden-württembergische Umweltministerin Tanja Gönner war schon zweimal in Zwiefalten-Gauingen zu Besuch.
Die Schwaben wollen die Qualität ihrer Arbeit auch nachhaltig dokumentiert wissen. Das Verfahren zur Zertifizierung nach der ISO 9000 läuft und soll im kommenden Jahr abgeschlossen sein.

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