Sie haben einen Wallbox-Benchmark erstellt und unter anderem zehn Wallboxen im Labor getestet. Was sind die relevantesten Unterschiede?
Im ersten Quartal 2023 haben wir den ersten P3-Wallbox-Benchmark mit Schwerpunkt „Home Charging“ im P3 Energy Lab in Osnabrück durchgeführt. Dabei haben wir verschiedene Bereiche untersucht über Installation, Konfiguration bis hin zu Laden im Betrieb. Wir unterscheiden bei der Auswertung im Bereich Installation die Montagearbeitsschritte und die Inbetriebnahme. Bei der Montage sehen wir mehr und mehr den Versuch, Systeme so zu konstruieren, dass sie schnell und intuitiv möglich ist. Intuitiv bedeutet zum Beispiel, dass man nicht ständig in das Handbuch schauen muss. Im Markt gibt es einen Trend zu einem mehrstufigen Installationskonzept. Man hat eine Montageplatte, darauf verschraubt man die Elektronikeinheit, oder man muss sie sogar nur festklicken, und im letzten Schritt setzt man das Gehäuse darauf. Erste Anbieter im Markt machen das schon sehr gut und es gibt sehr positive Resonanz von Installateuren. Unser Idealbild ist, dass man nur noch die Montageplatte an der Wand verschraubt und bei den weiteren Schritten zu Click-in-Systemen übergeht. So wie es beispielsweise Zaptec und EVBox heute mit ihren aktuellen Produkten machen.
Kann man quantifizieren, wie lange man braucht, um so eine Wallbox im Vergleich zu einer schwieriger zu montierenden Wallbox zu installieren?
Das hängt immer davon ab, ob der Installateur die Box schon kennt oder nicht. Bei intuitiven Konzepten sollte der Installateur, auch wenn er die Box nicht kennt, trotzdem innerhalb von wenigen Minuten, nachdem die Bohrungen in der Wand gesetzt sind, die Montage abschließen können.
Gibt es noch weitere relevante Unterschiede für Installateure?
Im zweiten untersuchten Feld: der Inbetriebnahme. Wir sehen einen Trend in Richtung software-basierte Inbetriebnahme-Apps, die den Installateur sehr leicht und intuitiv durchführen und ihm eine Guideline mitgeben: Erst muss man Leistungsgrenzen einstellen, dann Kommunikationsschnittstellen und Protokolle parametrieren und so weiter. Entweder die App dient nur als Guideline oder man kann über die App Konfigurationswerte gleich an die Wallbox übermitteln. Die ersten Anbieter kommen jetzt mit solchen Installations-Apps.
Noch sind sie eher die Ausnahme?
Ein Großteil der Wallboxen der neuen Generation, die OCPP-Schnittstellen haben und zuletzt auf den Markt gekommen sind, bieten das an. Bei den älteren Generationen tritt dies nur vereinzelt auf. Die Funktion ist im Übrigen nicht nur für Home-Charging interessant, sondern beispielsweise auch für Firmenparkplätze oder Tiefgaragenstellplätze. Da müssen viele Wallboxen gleichzeitig installiert werden und es hilft umso mehr, wenn man Konfigurationen nicht direkt lokal an der Wallbox, sondern über eine digitale Schnittstelle über die Cloud vornehmen kann.
pv magazine Marktübersicht Wallboxen und Ladesäulen
Dieses Interview ist Teil des Schwerpunktes Wallboxen und Ladesäulen der pv magazine Magazinausgabe November 2023. Dort finden Sie auf 27 Seiten Informationen zu aktuellen Produktenticklungen (mit Überblickstabelle zur Marktübersicht), zum Aufbau von Ladeinfrastruktur im Gewerbe und zum Stand des bidirektionalen Ladens. Zum Shop
Die Produktdatenbank der pv magazine Marktübersicht Wallboxen und Ladesäulen finden Sie hier
Bei einer Wallbox in Ihrem Benchmark muss man erst mal einen Zugang anfordern. Das sind die Kleinigkeiten, die vermutlich Zeit kosten.
Absolut, ja. Dann ist man auf einen Dritten angewiesen, in dem Fall den Support. Da kann es mitunter dann auch dauern, bis die Zugänge freigeschaltet sind. Bei uns ist es ein kritischer Erfolgsfaktor, dass man dem Installateur alle Fähigkeiten mit an die Hand gibt, um selbstständig vorgehen zu können.
Nach der Installation und Inbetriebnahme kommt die Nutzung. Funktionieren alle getesteten Wallboxen reibungslos?
Grundsätzlich funktionieren sie schon gut und reibungslos. Die Endkunden-Apps sollen dem Kunden die Möglichkeit geben, den Betriebszustand der Wallbox zu überwachen und zu steuern. Er soll den Ladevorgang über seine App verfolgen können und sehen, wie viel wird geladen, mit welcher Leistung und mit welchem Ladestrom. Man kann Ladepläne generieren: Wann soll der Vorgang starten? Wann soll er stoppen? Das funktioniert gut. Auch diese Apps funktionieren über eine Cloud und regeln die Wallbox über die OCPP-Funktionalitäten aus der Ferne. Die Unterschiede waren bei den getesteten Boxen gering.
Sind auch die Funktionalitäten der Endkunden-Apps ähnlich?
Unterschiede gibt es bei energieoptimierten Ladediensten und beim intelligenten Laden. Zum Beispiel bei den Schnittstellen für solaroptimiertes Laden. Die Entwicklung dahin startet jetzt. Im Wallbox-Benchmark lag der Fokus nicht primär auf dem Thema Smart Charging. Es gibt einige wenige Apps, die das schon umsetzen und wo man auch die Möglichkeit hat, Wetterdaten in den Ladeplan mit einzubeziehen.
Dabei gibt es unterschiedliche Perspektiven, insbesondere beim Anspruch der zentralen Steuerungshoheit im Lade- und Energieökosystem mit Elektrofahrzeug, Wallbox und Energiemanagementsystem.
Für solaroptimiertes Laden gibt es mehrere Möglichkeiten. Die eine Möglichkeit ist eine Schnittstelle zu dem Energiemanagement der Photovoltaikanlage, dem man die Steuerung des solaroptimierten Ladens überlässt. Die zweite Möglichkeit ist, dass die Wallbox oder deren App das selbst steuern. Die dritte Möglichkeit ist, dass der Autohersteller das über seine App regelt. Haben Sie eine Präferenz?
Beim intelligenten Laden, dem Smart Charging, treffen mehrere Industrien und Marktteilnehmer aufeinander, die im Bereich solaroptimiertes Heimladen Produktlösungen anbieten und sich im Markt positionieren. Dabei gibt es unterschiedliche Perspektiven, insbesondere beim Anspruch der zentralen Steuerungshoheit im Lade- und Energieökosystem mit Elektrofahrzeug, Wallbox und Energiemanagementsystem. Eine Tendenz, in die eine oder andere Richtung ist, hier momentan nicht zu erkennen. Entscheidend für uns ist die Interoperabilität und damit die Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit der solaroptimierten Ladefunktionen.
Zurück zur Technik. Nehmen wir die Wallboxen, die von den Herstellern der Speichersysteme mitangeboten werden. Die haben oft keine OCPP-Schnittstelle, sondern kommunizieren über Modbus mit dem Energiemanagement. Halten Sie eine OCPP-Schnittstelle trotzdem für wünschenswert?
Das OCPP, also Open Charge Point Protocol, ist ursprünglich entwickelt worden, um beim öffentlichen Laden abrechnen zu können. Damit lassen sich die typischen Informationen zu einem Ladevorgang übertragen: Wann wurde gestartet, wann wurde gestoppt, wie viel Energie ist geflossen und die ID des Kunden, der sich authentifiziert hat. Das ist im Heimbereich nicht zwingend erforderlich. Wir empfehlen die Schnittstelle trotzdem auch im Heimbereich, da man dann die Möglichkeit hat, dem Nutzer die Remote-Control-Funktionen zur Verfügung zu stellen und als Hersteller eine Diagnose durchführen kann. Auch für Firmware-Updates ist sie sinnvoll.
Hier ist es aus unserer Sicht wichtig, Synergien in der Technik zu schaffen und auf De-facto-Standards im Markt zu setzen wie zum Beispiel OCPP.
Wenn der Hersteller die Funktionalitäten auf andere Art schafft, zum Beispiel über eine proprietäre Kommunikation via Modbus oder über EEBus, dann kann ein Endkunde doch auch zufrieden sein, oder?
Aus Endkundenperspektive ist die Art der genutzten Kommunikationsprotokolle zweitrangig, von Bedeutung ist vielmehr die zuverlässige Funktionsbereitstellung. Aus Herstellerperspektive ist es jedoch so, dass Wallboxen angeboten werden, die nicht nur einen Anwendungsfall bedienen, sondern neben dem Heimbereich beispielsweise auch den Flottenbereich. Hier ist es aus unserer Sicht wichtig, Synergien in der Technik zu schaffen und auf De-facto-Standards im Markt zu setzen wie zum Beispiel OCPP. Beim Anwendungsfall Heimladen kann beispielsweise das Firmenwagenladen für zu Hause dazukommen, wo man über OCPP in Kombination mit OCMF (Open Charge Metering Format) die Abrechnung sauber abbilden kann.
Gibt es große Unterschiede zwischen den verschiedenen OCPP-Versionen 2.0.1 und 1.6?
Inzwischen ist im öffentlichen Raum die Version OCPP 1.6 der De-facto-Standard. Gleiches gilt für den Betrieb von Wallboxen im semi-öffentlichen oder privaten Bereich. Jetzt steht der Sprung auf die Version OCPP 2.0.1 bevor. Diese Weiterentwicklung ist der Thematik geschuldet, dass jetzt neue Anwendungen kommen wie intelligentes Laden, Plug and Charge und bidirektionales Laden. Dabei ist OCPP 2.0.1 der technische Counterpart zur ISO 15118 (-2) für die Umsetzung intelligenter Ladefunktionen. Später, wenn es wie in der ISO 15118-20 um das bidirektionale Laden geht, die Version 2.1. Konkret bietet die Version OCPP 2.0.1 unter anderem Verbesserungen im Bereich Cybersecurity, zum Beispiel bei der TLS-Verschlüsselung der Kommunikation. Das Protokoll unterstützt aber auch tarif- und kostenbasiertes Laden im Bereich Smart Charging und beschreibt damit Marktanforderungen detaillierter als die Version 1.6. Für Schnellladestationen ist beispielsweise interessant, dass sich damit einzelne Ladestationskomponenten wie Power-Module oder Kühlsysteme überwachen lassen und es nicht mehr nur eine Systemebene gibt.
Smart Charging, also dass man den Energiefluss über das Backend steuern kann, funktioniert ja auch schon mit der Version OCPP 1.6.
Teilweise. In der Version 1.6 gibt es Basisfunktionalitäten für Smart Charging. Mit wachsenden Marktanforderungen bietet die Version 2.0.1 nun erweiterte Funktionalitäten. Es lassen sich beispielsweise externe Zähler und Energiemanagementsysteme abbilden.
Man hört das öfter: Selbst wenn die OCPP 1.6 Smart Charging, wie wir sie in der Marktübersicht nennen, umgesetzt ist, funktioniert diese Funktionalität nicht immer. Ist die Vorstellung, mit der Version 2.0.1 die Sicherheit zu haben, dass es wirklich klappt?
Die Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit von realen Smart-Charging-Anwendungen ist stark von der Beschaffenheit von Wallbox und Energiemanagementsystem abhängig. Dabei bietet OCPP 2.0.1 den technischen Rahmen, um die Kommunikation von Smart Charging, relevanten Datenpunkten und Steuerungsbefehlen zu realisieren. OCPP 2.0.1 fokussiert hier spezifische Anwendungsfälle aus dem Heimbereich im Vergleich zu OCPP 1.6.
Die Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit von realen Smart-Charging-Anwendungen ist stark von der Beschaffenheit von Wallbox und Energiemanagementsystem abhängig.
Smart Charging heißt, man kann den Ladestrom steuern. Gibt es relevante Unterschiede in der Regelgüte, gerade im Hinblick auf die verschiedenen Möglichkeiten, die Steuerung umzusetzen?
Dieser Frage widmen wir uns im ersten P3-Energiemanagementsystem-Benchmark, den wir aktuell vorbereiten. Neben der relevanten Frage, wie bei solaroptimiertem Laden der Überschuss bestimmt wird, sehen wir in der Technik zwei Möglichkeiten. Einmal über die IEC 61851, die sogenannte Low-Level-Kommunikation zwischen Fahrzeug und Ladestation, die eine Pulsweitenmodulation nutzt, oder eben über die ISO-Kommunikation, das ist eine High-Level-Kommunikation. Bei der ersten gibt es eine Einschränkung im Wertebereich für die einstellbaren Ladeströme, weil man dort Mindestladeströme nur pro Phase einstellen kann. Diese liegen bei sechs Ampere. Dadurch wird bei dreiphasigem Laden bei Photovoltaikleistungen kleiner als 4,14 Kilowatt das Überschussladen schwierig.
Dann benötigt man die berühmte Phasenumschaltung, die wir in der Marktübersicht auch abfragen und über die wir viel berichtet haben.
Genau. Mit der ISO 15118 kann man die zulässigen Ladeströme pro Phase regulieren, sofern die Wallbox-Hardware und das Relais dazu in der Lage sind.
Das geht dann auch in kleineren Schrittweiten als ein Ampere, was 220 Watt pro Phase entspricht, so dass genauer geregelt werden kann?
So die Theorie. Wir erhoffen uns dazu Erkenntnisse aus dem P3-EMS-Benchmark, um dies für die Praxis zu validieren. Wir möchten im Energiemanagement-Benchmark prüfen, in welchen Schritten man bei welchen Photovoltaikleistungen regeln kann. Wir werden dazu unterschiedliche Wetterprofile mit verschiedenen Sonnenstunden und Wetterbedingungen simulieren.
Wir werden daher zehn ausgewählte Energiemanagementsysteme testen. Wir untersuchen, mit welchen Wallboxen diese Energiemanagementsysteme kompatibel sind. Wir werden die Funktionalität für Optimierungsmöglichkeiten in Richtung Autarkie und Solarüberschussladen analysieren.
Was ist Ihnen für den geplanten Energiemanagement-Benchmark wichtig?
Das Thema Interoperabilität ist für uns entscheidend. Wir stehen jetzt vor der Herausforderung der Sektorenkopplung. Wie schafft man es, Gebäude und Energie mit der Mobilität zu vereinen? Man hat ein komplexes Ökosystem mit vielen Akteuren, unter anderem Ladestationshersteller, Fahrzeughersteller, Ladestationsbetreiber, Payment Provider und Mobility Service Provider. Im Bereich Smart Charging kommen noch Stakeholder hinzu, zum Beispiel aus der Gebäudetechnik und Energieversorger. Aus unserer Sicht ist es besonders wichtig, dass die Kette vom Fahrzeug über die verschiedenen Hardware-Bausteine (Wallbox, EMS, Wechselrichter) bis hin in die Cloud funktioniert. Es ist uns wichtig, dass das nicht nur in Silos funktioniert und sich nicht jeder sein kleines eigenes Ökosystem baut. Da möchten wir erst mal Transparenz schaffen. Wir werden daher zehn ausgewählte Energiemanagementsysteme testen. Wir untersuchen, mit welchen Wallboxen diese Energiemanagementsysteme kompatibel sind. Wir werden die Funktionalität für Optimierungsmöglichkeiten in Richtung Autarkie und Solarüberschussladen analysieren. Und wir werden uns Details anschauen, wie beispielsweise Regelgüten: In welchen Regelschritten kann dort eingespeist werden? Was sind auftretende Latenzen in der Kommunikation zwischen Energiemanagementsystem, Wallbox und Fahrzeug?
Wie haben Sie die Kriterien entwickelt, die gute Energiemanagementsysteme erfüllen sollten?
Wir haben Sie aus den Wallbox-Benchmark-Kriterien entwickelt, die man auch gut auf den Energiemanagement-Benchmark mit Schwerpunkt solaroptimiertes Laden anwenden kann. In einem ersten Testaufbau mit einem Energiemanagementsystem und zwei unterschiedlichen Wallbox-Lösungen haben wir wichtige Erkenntnisse gesammelt. Darauf aufbauend haben wir ein Testkonzept entwickelt. Wir fokussieren zum einen wieder auf den Produktlebenszyklus. Wir schauen uns die Installation an; wie lässt sich das System konfigurieren und wie lässt es sich nutzen und betreiben? Dazu gibt es die Performance-Bewertung mit Schwerpunkt solaroptimiertes Laden.
Halten Sie einen extra Energiemanager immer für sinnvoll, auch wenn ein Photovoltaik-Speichersystem bereits einen solchen integriert hat?
Es ist wichtig, zu verstehen, wie kompatibel sie mit Drittsystemen sind. Gibt es die Möglichkeit, Drittanbieter-Wallboxen zu integrieren? Was sind die Integrationshürden? Unterstützen sie De-facto-Standards, die die Interoperabilität heute und in Zukunft sicherstellen? Oder hat man ein weniger offenes Ökosystem geschaffen, das vielleicht dann nur die eigenen Wallboxen und eigenen Wechselrichter fokussiert?
Ist EEBus so gut definiert, dass beide miteinander funktionieren, wenn EEBus auf der Wallbox und auf dem Energiemanagementsystem draufsteht?
Einen gewissen Interpretationsspielraum gibt es bei allen Protokollen. Deshalb ist es wichtig, bei steigender Komplexität der Funktionen und Einführung von Protokollen wie EEBus die Test- und Absicherungsintensität deutlich zu erhöhen und dabei die Testszenarien so real wie möglich zu gestalten. So schafft man Zuverlässigkeit und Interoperabilität im Gesamtsystem über konsequentes Testen und Absicherung. Hierbei ist übrigens auch die Schnittstelle Wallbox zum Fahrzeug nicht zu vernachlässigen. Solaroptimiertes Laden muss mit allen Fahrzeugen funktionieren und auch dafür ist ein erheblicher Testaufwand erforderlich.
Wann können wir mit dem Energiemanagement-Benchmark rechnen?
Wir planen mit einer Veröffentlichung zum Beginn des zweiten Quartals 2024.
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Wann ist mit Wallboxen für Bidirektionales Laden zu rechnen und welchen technischen Ausführungen (AC, DC) und Preisen?