Ein Dorf in Gallien, nein, bei Göttingen: Die Gemeinde Jühnde, rund 20 Kilometer südwestlich der niedersächsischen Metropole, hat als erstes Dorf in Deutschland seine Energieversorgung selbst in die Hand genommen. 2004 gründeten seine Bürger eine Genossenschaft, um eine Biogasanlage zu gründen. Heute beziehen fast drei Viertel der 780 Einwohner Strom und Wärme aus dem Blockheizkraftwerk.
Aber Jühnde will dabei nicht stehen bleiben: In Kürze beginnen die Bauarbeiten für einen Forschungspark, in dem neuartige Systeme für Strom aus Sonnenlicht erprobt werden sollen. „Wir haben die Investition in die Biogasanlage erfolgreich umgesetzt, mit einem fantastischen Rückhalt in der Bevölkerung“, sagt Eckhard Fangmeier, Vorstand und Sprecher der Betreibergenossenschaft der Biogasanlage. „Jetzt wollen wir ein Informationszentrum für die erneuerbaren Energien schlechthin werden.“ Partner der Genossenschaft ist die Firma Pairan, die im nahen Göttingen ihr Stammwerk hat. Pairan will in Jühnde seine Nachführsysteme testen. „Wir haben mit der Gemeinde einen Vertrag geschlossen, dass wir auf dem Gelände der Biogasanlage ein Forschungszentrum für Photovoltaik aufbauen“, bestätigt Volkmar Frankenstein, Marketingchef von Pairan. „Bis Ende März wollen wir in Jühnde unseren Gerätepark aufbauen.“ An den Versuchen sind auch Forscher der Universität Göttingen beteiligt.
Vier Stationen geplant
Rund 100.000 Euro investiert Pairan in die Solaranlagen. Das Unternehmen errichtet auf insgesamt rund 600 Quadratmetern vier verschiedene Teststationen, die sich nach dem Sonnenstand ausrichten. Auf dem zweiachsig nachgeführten System Pesos SF 18 werden 20 Quadratmeter kristalline Sharp-Module mit 162 Watt Leistung je Modul installiert. Daneben steht ein Pesos SF 40 mit 42 Quadratmetern Sharp-Modulen und ein SF 80 mit 85 Quadratmetern Modulfläche. „Außerdem erproben wir später ein Nachführsystem SFC 30 für Konzentratorzellen aus Silizium, wie sie von der Firma Concentrix entwickelt wurden, einer Ausgründung aus dem Fraunhofer-Institut für solare Energiesysteme in Freiburg“, erläutert Frankenstein. Bei Konzentratorzellen sind sogenannte Fresnel-Linsen vorgeschaltet, die das Licht aus einem weiten Umkreis scharf bündeln. Dadurch erhöht sich die Energiedichte auf der Zelle, die Stromausbeute ist deutlich höher als bei herkömmlichen Modulen. Das Nachführsystem SFC 30 arbeitet mit einer Genauigkeit von deutlich unter einem Grad, sowohl im Azimut- als auch im Elevationsbereich. Die Konzeption der Pesos SFC 30 ist identisch mit den anderen Systemen der Pesos-Serie.
Der Solarpark wird eine Gesamtstromleistung von 23 Kilowatt bereitstellen, aller dings nicht mit kontinuierlicher Stromeinspeisung, denn die Versuchsanlagen werden gelegentlich auch abgeschaltet. „Den erzeugten Solarstrom speisen wir ins öffentliche Netz ein“, erklärt Eckhard Fangmeier von der Jühnder Genossenschaft. „Wir behalten die Einspeisevergütung, dafür stellen wir Pairan das Grundstück zur Verfügung und die Technik zur Einspeisung des Solarstroms ins Netz, also den Messpunkt und den Zähler. Das ist für beide eine Win-Win-Situation: Der Solarpark liegt keine Stunde vom Parian-Stammwerk in Göttingen entfernt. Und wir in Jühnde können einmal mehr zeigen, was mit erneuerbaren Energien alles möglich ist.“
Jühnde war weltweit das erste Dorf, dass sich aus einer Biogasanlage mit angeschlossenem Blockheizkraftwerk selbst versorgte. Die Anlage läuft seit 2005. Die Investition von rund 5,3 Millionen Euro hat sich gelohnt, denn die Anlage läuft stabil, der Umsatz mit Strom aus der Ein speisevergütung und aus dem Wärmeverkauf an die Jühnder Haushalte bringt im Jahr rund eine Million Euro ein. Täglich schluckt der Fermenter 32 Tonnen Pflanzenmaterial und 29 Kubikmeter Gülle. Das Gärgas, das im Wesentlichen aus dem energiereichen Methan besteht, treibt ein Blockheizkraftwerk, das Strom und Wärme zugleich erzeugt, mit einer Leistung von 176 Kilowatt.
Möglich wurde dieses Projekt durch die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes im Jahr 2004. Die garantierte Einspeisevergütung für Strom aus Biogasanlagen erlaubte die mittelfristige Refinanzierung: Die Jühnder Anlage erzeugt jährlich rund 3,8 Millionen Kilowattstunden Strom, die in das Netz des regionalen Versorgers eingespeist werden. Diese Menge war 2005 durch das EEG rund 660.000 Euro wert. Pro Jahr spart die Anlage rund 300.000 Liter Heizöl ein, ersetzt sie durch klimaneutrale Brennstoffe.
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