In der Photovoltaik sind nicht so sehr die Arbeitskosten entscheidend, sondern es geht in erster Linie um Qualität. Jeder Fingerabdruck, jede nicht 100-prozentig intakte Zelle ist ein Problem. Darum werden auch in Indien und China trotz niedriger Lohnkosten Roboter eingesetzt. Denn wenn Arbeiter die hauchdünnen Zellen in die Hand nehmen und die dann zerbrechen, schießen die Kosten in die Höhe. Zudem ist Silizium ein teures Material. Da zahlen sich Investitionen in Automatisierungskonzepte schnell aus.
„Die Vorteile von robotergestützten Produktionsprozessen liegen in den höheren Belastungsmöglichkeiten und der Möglichkeit, etablierte Technik aus der Automobilindustrie in der Photovoltaik-Industrietechnik einzusetzen“, sagt Janina Broscheit, Pressesprecherin von Ersol. Das Unternehmen setzt sowohl im Dünnschicht- als auch im kristallinen Bereich Roboter ein. Bei der Dünnschichtmodul-Produktion dient die Robotik zur automatischen Be- und Entladung von Kassetten im Frontendbereich und zur Beschickung bei Vakuum- und Laserstrukturierungsmaschinen. „Hier nutzen wir Roboter aus Gründen der Anforderungen an einen Reinraum. Bei der robotergestützten Produktion gibt es das Problem der Staub- und Partikelbildung nicht“, erläutert Broscheit. Auch im kristallinen Bereich, wenn es um das Beladen von Graphitbooten im Produktionsprozess geht, werden bei Ersol Roboter eingesetzt. Der Vorteil liegt dabei darin, dass ein Roboter mehrere Wafer gleichzeitig greifen kann und über eine hohe Wiederholungsrate beim Be- und Entladen der bruchanfälligen Wafer verfügt. „Was unsere Anforderungen an die Roboter im Dünnschichtbereich anbelangt, so müssen die Geräte über eine gute Positioniergenauigkeit verfügen. Auch im kristallinen Bereich ist eine hohe Positioniergenauigkeit bei schnellen Bewegungsabläufen erforderlich“, sagt Broscheit.
Inzwischen gibt es eine ganze Reihe von Firmen, die die dafür nötigen Roboter und Automatisierungsanlagen herstellen. Eine davon ist Reis Robotics aus Obernburg im äußersten Nordwesten Bayerns.
„Unsere Firma ist, was die Herstellung von Industrierobotern anbelangt, zu 50 Prozent auf die Bedürfnisse der Solarindustrie ausgerichtet“, sagt Eberhard Kroth, Geschäftsführer für Technik bei Reis Robotics.
Reis ist seit 2004 in der Photovoltaik tätig und hat im Wesentlichen zwei Grundtypen von Robotern anzubieten: Knickarmroboter und Linearroboter. Beide in den Leistungsklassen zwischen sechs und 600 Kilogramm. Knickarmroboter haben einen Greifarm und diverse Gelenke, mit denen der Roboter rotatorische Bewegungen ausführt. Diese Modelle eignen sich vor allem für den Einsatz in Bereichen, in denen komplexe Bewegungsabläufe gefragt sind. Wenn es beispielsweise bei der Modulherstellung darum geht, ein Botylband um eine Laminatplatte zu legen. Denn dabei muss die Platte im Raum in verschiedene Richtungen bewegt werden. Linearsysteme hingegen können nur in drei Richtungen bewegt werden und lassen sich zudem auch nicht kippen. Sie verfügen über mindestens drei lineare Achsen, die zu 90 Grad angeordnet sind. Ein Vorteil, den diese Systeme bieten, ist, dass sich die Linearachsen verlängern lassen. Linearroboter sind vor allem dann gefragt, wenn es darum geht, in der Zell- oder Modulherstellung Elemente des fertigen Produktes, wie Wafer oder Strings, in eine für den jeweiligen Fertigungsschritt erforderliche Lage zu bringen oder weiterzutransportieren.
Roboter werden in der PV-Industrie bei der Montage von Modulrahmen und zum Löten von Elektroanschlussboxen verwendet. Außerdem können sie Tape- oder Dichtmittel auftragen, eine Folie oder Matrix legen oder Querverbindungen löten. Die Vorteile, die ein Unternehmen durch den Einsatz von Robotern im Produktionsprozess hat, liegen für Kroth auf der Hand: „Die Produktionskosten werden deutlich geringer, da ein robotergestützter Produktionsprozess einen Drei-Schicht-Betrieb ermöglicht.“
Pick 'n‘ Place mit Stabkinematiken
Für die Zukunft plant Reis, seine Produktpalette weiter auszubauen. So sind beispielsweise im Bereich des Laserlötens von Strings, also mehrerer in Reihe geschalteter Solarzellen eines Moduls, einige Prozessoptimierungen vorgesehen. Hier gilt es, Stringreihen mit elektrisch leitenden Bändchen zu verbinden und miteinander zu verlöten. Derzeit hat die Firma für diesen Prozess einen Linearroboter anzubieten, der einen Laserlötkopf führt und damit die Verschaltung der Strings durchführt.
Etwas jüngeren Datums ist das Engagement der 110-jährigen Traditionsfirma Kuka Systems auf dem Gebiet der Photovoltaik. Seit 35 Jahren bauen die Augsburger Roboter, vor allem für den Automobilbau. Im Juni 2006 hat Kuka damit begonnen, das neue Geschäftsfeld Solartechnik aufzubauen. Heute bietet Kuka nicht nur Automatisierungskonzepte für Waferfertigung, sondern auch für das Handling und die Weiterverarbeitung von Solarzellen. In der Modulproduktion sind die Greifer unter anderem beim Glashandling im Einsatz, außerdem beim Folien-Layup, Qualitätstests, beim Querverlöten oder Rahmen.
Dabei sind die vom Automobilbau bekannten Roboter-Fertigungsinseln durchaus auch für den Einsatz in der Solarindustrie geeignet. Eine solche Anlage vermag bei Höchstgeschwindigkeit zehn Tonnen Glas pro Stunde sicher und genau zu bewegen.
Neu im Portfolio sind zwei verschiedene Stringermaschinen für Solarzellen. Diese Geräte ermöglichen es, das Verlöten der Strings komplett zu automatisieren.
Auch der Thalheimer Solarzellenhersteller Q-Cells hat den Produktionsprozess mittlerweile weitestgehend automatisiert. „Wir setzen Knickarmroboter zum Beladen von Batch-Öfen ein. Delta-Kinematiken dienen zum Beladen von Nassbanken, und für die Sortierung von Zellen nutzen wir Pick-and-Place-Systeme“, berichtet Ingo Neulist, Mitarbeiter in der Abteilung Technologie bei Q-Cells.
Pick-and-Place-Systeme dienen generell der automatischen Beschickung von Anlagen. Delta-Kinematiken gehören wie der Flex Picker von ABB und der Quattro von Adept zu den Stab- oder Parallelkinematiken. Ihre besonderen Merkmale sind hohe Verfahrensgeschwindigkeiten und enorme Beschleunigungen.
Über insgesamt vier für die Solarindustrie geeignete Robotertypen verfügt die Firma Adept. Dabei handelt es sich um Linearachs- und Sechs-Achs-Roboter, Horizontalschwenkarmroboter und Parallelkinematiken. Ein Beispiel für eine Parallelkinematik ist der „Adept Quattro“. Er verfügt über ein Vier-Arm-Design und erreicht so eine hohe Geschwindigkeit und Beschleunigung auch bei hohen Traglasten. Der Roboter wurde speziell für die High-Speed-Verpackung und das Materialhandling entwickelt. Trotz dieses vielseitigen Angebots ist das Tätigkeitsfeld der Roboter von Adept im Bereich der Solarindustrie sehr eingeschränkt: „Unsere Roboter sind vor allem dann für einen Einsatz in der Solarindustrie geeignet, wenn es um Transportaufgaben geht“, sagt Rüdiger Winter, Vertriebsleiter für Europa bei Adept.
Die Firma ABB hat sich ebenso schon seit einiger Zeit auf die Bedürfnisse der Solarindustrie eingestellt. Die Roboter von ABB sind auch in Reinraumausführung für den Dünnschichtbereich verfügbar. Die Reinraumroboter von ABB genügen aufgrund ihrer Konzeption den Anforderungen eines Reinraums: Statt einer einfachen Lackierung haben sie drei Lackschichten – Grundierung, Klarlack und Weißlack. Schrauben und Inspektionszugänge werden vor der Lackierung mit Kunststoffhülsen abgedeckt, nach dem Lackieren entfernt und zum Teil mit neuen Abdeckhülsen geschützt. Alle Stellen der Roboter, die potenziell Verschmutzung erzeugen könnten, werden mit Metallplatten verschlossen.
Was den Einsatz von Robotern zu Montagezwecken in der Modulfertigung anbelangt, wären hier insbesondere drei Typen von ABB zu nennen. Der IRB 4400 ist mit seinem Sauggreifer dafür geeignet, Glasscheiben zum Aufbau von Modulen zu entnehmen. Ein IRB 1600 kann bei der Querverschaltung der Strings und zum Verlöten und automatischen Kontaktieren der Module eingesetzt werden. Mit einem IRB 6600 lassen sich überstehende Kanten eines Moduls abschneiden, und er ist dafür geeignet, Modulrahmen zu pressen. An Produktneuheiten hat die Firma derzeit das „Flex-Picker-System-Solar“ zu bieten, das für Be-, Entlade- und Umsetzprozesse in einer automatisierten Produktionslinie für Solarzellen entwickelt wurde. Neu ist ebenfalls der Flex Picker IRB 360, der das Herzstück dieser Zelle darstellt, aber auch separat eingesetzt werden kann. Wegen seiner hohen Geschwindigkeit (110 Picks pro Minute) eignet sich der Nachfolger des IRB 340 vor allem für die Handhabung von Wafern und Solarzellen. Dies gilt insbesondere dann, wenn es um Sortieraufgaben, Be- und Entladeprozesse geht. Gegenüber dem Vorgängermodell unterscheidet sich der Flex Picker IRB 360 dadurch, dass er eine 50 Prozent höhere Nutzlast hat – insgesamt ein Kilogramm.
Auch die Firma Schiller Automation ist eine wichtige Adresse, wenn es um speziell auf die Bedürfnisse der Solarindustrie zugeschnittene Roboterapplikationen geht. Das Unternehmen selbst gehört nicht zu den originären Roboterherstellern, sondern baut seit etwa sechs Jahren Automatisierungssysteme für Anwendungen in der Solarindustrie. Dabei bezieht Schiller Automation die entsprechenden Roboter von der Firma ABB.
Eine spezielle Eigenentwicklung zur Handhabung von Glassubstraten bei der Herstellung von Dünnschicht-Solarzellen stellt der Proload TF dar. Dabei handelt es sich um einen Handhabungsroboter, der sowohl über Linear-, Parallel- als auch Rotationskinematiken verfügt. Mit dem Proload TF ist es möglich, die Bearbeitung eines Glassubtrats in unterschiedlichen Prozessfolgen automatisiert durchzuführen. Die Aufgaben des Roboters bestehen darin, das Glassubstrat zu transportieren, Prozessanlagen damit zu be- und entladen und das Substrat bei entsprechenden Produktionsvorgängen zu zentrieren. Der Proload TF kann beim Be- und Entladen auch mit dem von Schiller entwickelten Line Controller eingesetzt werden. Bei dem Line Controller handelt es sich um eine intelligente Datenbank. Sie gibt dem Substrat die Route vor und weiß ständig, wo sich das Substrat gerade befindet. Mit dem Line Controller lässt sich die Abfolge der Prozesse vorab festlegen. Die jeweiligen Handlingroboter kommunizieren mit dieser Datenbank und erhalten von ihr die Aufgaben, die jeweils abzuarbeiten sind.
Verbesserte Arbeitsplatzqualität
Große Hersteller der Solarindustrie begrüßen einen fortschreitenden Automatisierungsprozess bei der Produktion von Solarzellen und -modulen sehr. „Bei Schott Solar ist die Interaktion zwischen Mensch und Roboter sehr gut aufeinander abgestimmt“, sagt Lars Waldmann, Pressesprecher von Schott Solar. „Durch den Einsatz von Robotern im Produktionsprozess hat der Mensch jetzt die Möglichkeit, sich auf Dinge zu konzentrieren, die nur vom Menschen bearbeitet werden können. Das sind beispielsweise optische Kontrollprozesse, aber auch Vorgänge im Bereich der Qualitätskontrolle.“ Das Unternehmen setzt vor allem in drei Bereichen lineare Robotersysteme und Sechs-Achs-Roboter ein. Das ist zum einen der Dünnschichtbereich, wenn es um das Glashandling und die Beschickung von Waschanlagen geht. Des Weiteren werden Roboter im Zellbereich dazu benutzt, die Zellen auf Laufbänder zu legen und die Produktionsanlagen vom Anfang bis zum Ende des Herstellungsprozesses zu befüllen.Darüber hinaus setzt Schott Solar auch bei der Modulproduktion im multikristallinen Bereich Roboter ein. „Gerade im Modulbereich gilt es, hohe Gewichte zu bewältigen. Hier setzen wir Roboter vor allem aus ergonomischen Gründen ein und auch um die Arbeitsplatzqualität zu verbessern“, sagt Waldmann. Im Zellbereich dient die Automatisierung dazu, Geschwindigkeit und Präzision zu erhöhen, und im Dünnschichtbereich würden Roboter auch sicheres Handling gewährleisten. u
Hersteller | Produkt | Achsen | Max. Traglast (kg) | Max. Reichweite (mm) | Wiederholgenauigkeit (mm) | Gewicht (kg) |
---|---|---|---|---|---|---|
Reis Robotics | RP 40 | 6 | 40/Zusatzlast: 20 | 2.800 | ± 0,5 | 1.035 |
RH 40 | 6 | 40/Zusatzlast: 20 | 1.870 | ± 0,1 | 1.050 | RL 6 |
3 | 6 | A1: 1.500 – 15.000A2: 500 – 1.000A3: 500 – 1.000 | ± 0,1 | 305 | Kuka Systems | KR 30-3 |
6 | 30/35 | 2.033 | <± 0,15 | 665 | KR 6 | 6 |
6/Zusatzlast: 10 | 1.611 | <±0,1 | 250 | KR 60-3 | 6 | 60/Zusatzlast: 35 |
2.429 | <± 0,25 | 665, 671, 679 | KR 150-2 | 6 | 150/Zusatzlast: 100 | 3.100 |
<± 0,12 | 1.245, 1.255, 1.263 | Adept | Python | 1 – 3 | 10 – 80 | 100 – 1.600 |
± 0,01 | k. A. | Cobra i600 | 4 | 5,5 | 600 | ± 0,02 |
34 | Quattro | 4 | 2 | 1.300 | ± 0,1/0,4 Grad | 91 |
Viper s850 | 6 | 5 | 850 | ± 0,03 | 29 | ABB Robotics |
IRB 4400/45 | 6 | 45 | 1.960 | 0,07 – 0,1/0,25 – 0,4 | 985 | IRB 6640-180 |
6 | 180 | 5. Achse: 2.550 | 0,07/0,70 | 1.310 – 1.405 | IRB 1600 | 6 |
4 | 1.500 | 0,05/0,25 | 250 | IRB 360 Flex Picker | 3 – 4 | 1 |
3,5 | 120 | Fanuc Robotics | R-2000 iB 125L | 6 | 125 | |
3.005 | <± 0,2 | k. A. | LR Mate 200ic | 6 | 5 | 704 |
k. A. | Stäubli Robotics | TX200 | 6 | 130 | 2.194 |
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