„Eyond“ klingt nicht nur nach „beyond“, was auf Englisch „darüber hinaus“ bedeutet, sondern hebt tatsächlich, nach dem O-Ton von The Mobility House, „das intelligente Laden für Elektroautofahrer auf eine nächste Stufe“. Nutzer können die App im Apple App Store oder im Google Play Store herunterladen. Nach der Installation muss man sie mit seinem Elektroauto verbinden. Über diese Verbindung steuert sie die Ladevorgänge an einer heimischen Wallbox. Wann immer „intelligentes Laden“ möglich ist, spart man zehn Cent pro Kilowattstunde im Vergleich zum zertifizierten Ökostromtarif von The Mobility House. Voraussetzung ist, dass man diesen Ökostromtarif für den gesamten Haushaltsstrom bucht, der bei Stichproben in Vergleichsportalen auf dem Niveau der Ökostromtarife anderer Anbieter liegt.
In der App lässt sich zum einen eingeben, welche Minimumladung ein Auto für spontane Fahrten immer vorhalten soll. Bis zu dieser Schwelle wird sofort nach dem Einstecken geladen. Wenn man aber zum Beispiel abends parkt und eingibt, dass man erst am nächsten Morgen um 8 Uhr eine bestimmte Strecke fahren will, ermöglicht der Ladevorgang Flexibilität. Dadurch steht mehr Zeit zur Verfügung als bei voller Ladeleistung notwendig wäre. Diese Flexibilität nutzt die App, um Vorteile am Energiemarkt zu generieren. Das bezeichnet The Mobility House als intelligentes Laden, für das die Nutzer per monatlichem Bonus vergütet werden.
Im Hintergrund aggregiert das System, an das die App angebunden ist, die angeschlossenen Elektroautos. Das System steuert automatisch, dass nicht alle beteiligten Autos gleichzeitig laden, sondern teilweise auch zeitversetzt und zu jeweils zu Zeiten, zu denen der Strom am günstigsten ist. Dabei werden die Abfahrtzeiten berücksichtigt, die die Nutzer eingeben.
Die nächste Stufe der Flexibilitätsvermarktung
Das Angebot hebt sich von dem anderer Stromanbieter ab, die ebenfalls dynamische Tarife nutzbar machen. Die meisten Anbieter dürften dabei nämlich nur den Day-Ahead-Markt an der Strombörse berücksichtigen. Jeweils mittags um 12:00 Uhr am Vortag wird in einer Auktion für alle viertelstündigen Zeitfensteram des nächsten Tages festgelegt, was der Strom jeweils kostet, je nach prognostizierter Erzeugung und prognostiziertem Verbrauch. The Mobility House berücksichtigt nicht nur diesen Day-Ahead-Markt, sondern auch den kurzfristigeren Intraday-Markt. Weichen nämlich Erzeugung und Verbrauch im Laufe eines Tages von den Vortagsprognosen am Day-Ahead-Markt ab, muss bis direkt vor jedem Viertelstunden-Zeitfenster nachgehandelt werden. Passt ein Stromhändler seine Erzeugung oder seinen Verbrauch dann an, kann er damit Geld verdienen.
Das hat nicht nur einen Preiseffekt. „Wenn eine Viertelstunde günstiger wird, wird sie auch grüner“, sagt Marcus Fendt, Geschäftsführer von The Mobility House in Deutschland. Denn dadurch wird unter Umständen verhindert, dass die besodner teueren Gaskraftwerke hochgefahren werden. Umgekehrt kann ein Stromüberangebot, zum Beispiel durch mehr Windkraft am frühen Morgen, den Stom günstig machen und für die Elektroautos genutzt werden. „Das Elektroauto wird den Energiemarkt positiv beeinflussen“, so der Geschäftsführer.
Die Zeit für solch einen Tarif sei jetzt reif, sagt Fendt weiter. Es gibt jetzt Smart Meter, die dafür nötig sind, es gibt die dynamischen Stromtarife und die Erlöspotenziale für Batteriespeicher in der Flexibilitätsvermarktung sind in den vergangenen Jahren gewachsen. Die Intraday-Vermarktung ist bereits seit einiger Zeit für stationäre Batteriespeicher ein großes Thema. „Eyond“ erschließt sie nun auch für die Fahrzeugbatterien.
„Zunächst geschieht das unidirektional“, so Fendt. Das ist allerdings nur eine Vorbereitung für den nächsten Schritt: Nächstes Jahr will The Mobility House auch bidirektionale Laden für die Vermarktung der Elektroautos am Energiemarkt nutzbar machen. Der Ladelösungsanbieter, der auch das Lade- und Energiemanagementsystem Chargepilot anbietet, hat in der Vergangenheit bereits etliche Tests zu der Flexibilitätsvermarktung von Elektoautos durchgeführt und gilt als Vorreiter in dem Feld.
250 Euro im Jahr ohne Komfortverlust
Das Potenzial der Elektroautos, das Stromnetz durch solch eine Vermarktung zu stabilisieren, ist dabei groß. Die meisten Autos stehen 23 Stunden am Tag still und in dieser Zeit können sie dafür genutzt werden. Schon mit dem unidirektionalen Angebot hält Heiko Bayer, Chief Product Officer bei The Mobility House, es für realistisch, 2500 Kilowattstunden pro Jahr intelligent zu laden und damit 250 Euro Gutschrift zu erwirtschaften. Wenn das bidirektionale Laden integriert ist, dürfte es noch einmal deutlich mehr sein.
Die Gutschrift sei außerdem ohne Komfortverlust möglich. Nach den Analysen von The Mobility House gibt es viele Nutzer, die sich nicht mit sich stündlich ändernden Strompreisen beschäftigen wollen, sondern denen „Convenience“, also Bequemlichkeit, wichtig sei. Das ist einer der Gründe dafür, dass sich das Unternehmen für ein automatisiertes System entschieden habe, bei dem Nutzer nur ihre Abfahrtzeiten einstellen müssen. Außerdem sei es für die Kunden risikolos. Wo man bei manchen dynamischen Tarifen eben nicht nur günstige Zeiten, sondern auch sehr teure Zeiten hat und die Stromrechnung hoch werden kann, liegen die Kosten mit „Eyond“ im schlechtesten Fall auf der Höhe des Basisstrompreises, der im Rahmen der Kosten anderer Ökostromanbieter liege.
Solaroptimiertes Laden möglich
Wenn ein Haushalt eine Photovoltaik-Anlage hat und eigenerzeugten Solarstrom nutzen will, was noch größere Ersparnisse bringt als die Flexibilitätsvermarktung, ist das auch möglich. Im Modus „PV Optimierung“ setzt die App solaroptimiertes Laden ein. Da sie derzeit keinen Zugriff auf die Haushaltsdaten zur Solarstromerzeugung hat, nutzt sie Wetterdaten, um die Ladeleistung festzulegen. Das dürfte nicht ganz so genau sein, ist aber nach Einschätzung von Bayer ein guter Kompromiss. „Im Sommer kann man beispielsweise Photovoltaik optimiert laden, im Winter marktorientiert“, sagt er.
„Eyond“ kann jetzt mit dem Stromtarif von The Mobility House gebucht werden. Es wird die App in Zukunft aber auch als White-Label-Produkt bei anderen Anbietern geben, die dabei ihre Stromtarife hinterlegen. Das können zum Beispiel Energieversorger oder Autohersteller sein.
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Puh… wenige Autos mit denen es klappt, smartmeter muss da sein und am Ende des Tages ist es nur die Weitergabe des flexiblen Strompreises soweit man erkennt. Da scheint mir Tibber deutlich weiter zu sein. Das klappt reibungslos…
Vielen Dank für Ihren Kommentar. Ich möchte die Angebote von Tibber und The Mobility House gar nicht gegeneinander ausspielen – beide tragen durch innovative Modelle dazu bei, Flexibitlitäten für ein stabiles erneuerbares Stromnetz zu erschließen. Welche der Modelle am Ende am meisten ökonomischen Profit verprechen, ist auch nur schwer einzuschätzen. Das hängt viel vom Verbraucherverhalten ab. Aber bezüglich der Smart Meter gibt es meines Wissens ja keine Unterschiede. Sobald man zeitabhängige Tarife nutzten will, benötigt man doch Smart Meter.
Genau beim Smartmeter liegen die Unterschiede: mit dem Pulse hat Tibber das Thema genial und günstigst abgewickelt.
Und billiger als Tibber kann er es ja nur werden, wenn die Alternative den Strom unter Börsenstrompreis abgibt… das will ich haben😉
Der Unterschied zu Tibber ist, dass Tibber in den Spitzenzeiten oder bei neuerlichen Turbulenzen am Energiemarkt auch teurer werden kann. Bei diesem Angebot hier hat man eben einen maximalen Strompreis und kann sein Auto noch 10 Cent günstiger laden. Habe die App schon getestet ohne den Stromtarif zu haben. Einfach beim Heimkommen anstecken, gewünschten Ladezustand zu Zeitpunkt X einstellen und bisher wäre die Ladung über Nacht immer mit Gutschrift der Flexpoints, also 10 Cent günstiger.
So lange die Erneuerbaren nicht wieder „Physisch“ gewälzt werden, wie das bis 2010 der Fall war, das heißt die Erneuerbaren zwingend den Versorgern zugeteilt , und Kohlestrom denen angepasst werden, ist das ein Geschäftsmodell – jenseits der Energiewende – auf der Basis von Kohlestrom. Denn der nicht angepasste Kohlestrom sorgt an der Börse für Überschuss, und der wiederum zu niedrigen Preisen, zu denen dann am „Intraday“ Handel günstig eingekauft wird.
Fazit: Je mehr Kohlekraftwerke am Netz bleiben, desto mehr „Ramschware“ kommt dort an. Als „Dynamische Tarife“ schön geredet.
Es würde misch freuen, wenn einer der Protagonisten mir Daten und Fakten fundiert widersprechen könnte.
Das hört sich zwar für den monetären Betrachter gut an, ist aber für die Energiewende kontraproduktiv, so lange die Erneuerbaren nicht vorrangig „Physisch“ verbraucht werden.
Ja es stimmt Autos stehen die meiste Zeit ,aber für solche Angebote müssen die E Autos auch dann 24 h 7, 365 Tage an der Ladestation hängen ,Aussee wenn sie fahren hat daran schon jemand gedacht ? 40 Mio Ladestationen ? Totgeburt ! Das Geld sollte besser in eine moderne günstige funktionierende Mobilitäts Infrastruktur gesteckt werden . Zum Beispiel in selbst fahrende Autos die man wie ein Taxi buchen kann ,dann brauchte nicht mehr jeder ein eigenes Auto.
Meinen E-AUTO-Ladevorgang lasse ich von niemandem steuern, auch nicht von einer APP. Mein Verbrauch ist sowieso sehr gering (VW Eup) sodass sich der ‚Nervenkitzel‘ bzgl. der Reichweite nicht durch ein paar € im Monat aufwiegen lässt. Der Akku soll lange halten! Das ist mir Gewinn genug! Ansonsten bin ich wie meistens derselben Meinung wie H.Diehl: diese ‚Börsenzappelei‘ bringt die Energiewende nicht weiter!
Für diejenigen, die meine Kommentare „noch“ nicht kennen im folgenden einen so kurz wie möglichen Nachtrag, zu meinem obigen Kommentar.. Achtet in dem Artikel auf die beiden Handelsarten Day Ahead und Intraday, und googelt mal danach. Das ist ein Kontrapunkt der Energiewende. Day Ahead ist der Vortagshandel, da waren bis 2010 die Erneuerbaren „Physisch“ gesetzt, und Kohlekraftwerke konnten nur das produzieren was die Versorger für ihre Bilanzkreise noch zusätzlich nachgefragt haben. Wenn Kohlekraftwerke damals nicht anpassten, am Netz blieben, und durch den entstehenden Überschuss negative Preise verursachten, war das deren Kostenproblem. Ab 2010 hat man dahingehend geändert, dass die EE nicht mehr gesetzt sind, mit anderen Worten nicht mehr vorrangig verbraucht werden, und Kohlekraftwerke wieder schadlos drauf los produzieren können. Und genau der dadurch entstehende Überschuss, soll jetzt als dynamische Tarife verkauft werden. Energiewende, weg von der Kohle sieht anders aus. Schaden erleiden die Kohlekraftwerke auch nicht mehr, denn seit 2010 gilt, je niedriger die Börsenpreise, desto höher die EEG Umlage. Ausgeglichen wird das mit der „Nebelkerze“ EEG Konto.
Unzählige Geschäftsmodell fundieren auf diesem „Faulen Ei“ von 2010. Ich erinnere nur an den Dael RWE/EON wo sich die Gerichte so schwer tun. RWE ist nur noch Erzeuger, und hat Einfluss auf die Börsenpreise, und EON macht nur noch „Netze Handel und Vertrieb“ Mit anderen Worten handelt mit diesen günstigen Börsenpreise, die mit dem EEG Konto ausgeglichen werden.
Denkt mal drüber nach.