Seit Monaten fordert die Industrie eine Entlastung bei den Strompreisen. Angeblich seien diese in Deutschland im internationalen Vergleich zu hoch, so dass eine Abwanderung der Industrien ins Ausland drohe. Eine Senkung der Industriestrompreise mit steuerlichen Subventionen sei daher nötig. Jetzt hat die FDP-Bundestagsfraktion einen bemerkenswert guten Vorschlag gemacht: Die private Lieferung (Power Purchase Agreements, PPA) von Ökostrom soll von allen Steuern und Abgaben befreit werden, damit Unternehmen so billigen Strom geliefert bekommen.
Industriestrompreise waren und sind im internationalen Vergleich wettbewerbsfähig
Die Warnungen aus der Wirtschaft sind nichts Neues. Regelmäßig kommen solche massiven Forderungen, bei näherem Hinsehen sind sie meist überzogen.
Schon 2012 hatte der BDI („Bundesverband der Deutschen Industrie e. V.“ vor einer Überlastung der Unternehmen gewarnt und gefordert, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien als angeblicher Strompreistreiber gebremst werden müsste, um so die Strompreise zu senken. Bereits damals waren die Argumente der Industrie falsch. Die Strompreise in Deutschland waren im internationalen Vergleich durchaus wettbewerbsfähig. Ab 2013 führten die Angriffe – unter anderem des BDI – zum Zusammenbruch des Ausbaus der Erneuerbaren Energien und der Solarindustrie in Deutschland.
Auch heute ist das Jammern der Industrie nicht gerechtfertigt. Eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zeigt, dass die deutschen Unternehmensstrompreise im europäischen Mittelfeld liegen und die große Mehrheit der Unternehmen durch den Strompreis nur wenig belastet sind.
Subventionierte Industriestrompreise sind schädlich fürs Klima und bremsen den Ausbau des Ökostroms
Die Union, die Grünen und die SPD befürworten die Subventionierung des Strompreises für energieintensive Unternehmen mit Steuergeldern, um ihn zu senken. Dies hätte zur Folge, dass weitere Milliarden Steuergelder ausgegeben werden, um die Strompreise zu reduzieren. Diese Preise werden jedoch hauptsächlich von den hohen Erdgaspreisen bestimmt. Wenn aber der Strompreis pauschal subventioniert wird, wird die klimaschädliche Erdgasverstromung weiterhin geschützt und so der Umstieg auf erneuerbare Energien geschwächt.
Mit gutem Grunde sind Kanzler Scholz, Teile der Grünen und die FDP gegen einen staatlich subventionierten Industriestrompreis. Scholz verwies darauf, dass es die eigentliche Aufgabe sei, den Strompreis strukturell zu senken. Hierbei unterstrich er vor allem die Notwendigkeit des Ausbaus kostengünstiger Ökostrom-Erzeugung.
Damit hat er völlig recht. Nur erneuerbare Energien sind aufgrund fehlender Brennstoffkosten in der Lage, sehr kostengünstigen Strom zu liefern. Doch um sicherzustellen, dass sich diese Kosteneinsparung durch erneuerbare Energien auch tatsächlich im Strompreis niederschlägt, muss der teure Erdgasstrom eben durch sie ersetzt werden.
Der FDP-Vorschlag wird den Ökostromausbau beschleunigen und so gleichzeitig Strom zu günstigen Preisen bringen
Laut dem FDP-Vorschlag soll ein Industriebetrieb einen PPA mit einem Erneuerbaren-Anlagenbetreiber abschließen können, bei dem der Strombezug wie selbst erzeugter und verbrauchter Strom behandelt wird. So wären diese privaten Stromlieferungen von allen Abgaben und Steuern befreit.
Dies würde einen äußerst günstigen Strompreis für die Industrie schaffen, da die Stromerzeugung aus Sonne und Wind heutzutage die kostengünstigste Form der Stromerzeugung darstellt – wesentlich billiger als Strom aus Erdgas, Kohle oder Atomkraft, wie kürzlich von der US-Investmentbank Lazard erneut analysiert wurde.
Gleichzeitig würde dies den klimaschützenden Ausbau der erneuerbare Energien massiv beschleunigen – angetrieben durch die Wirtschaft.
FDP-Vorschlag sollte auch auf Strombezug für alle aus örtlichem Ökostrom erweitert werden
Neben den steuer- und abgabefreien PPA für die Industrie sollte allen Stromkunden (nicht nur Unternehmen) im Umkreis von fünf Kilometerm eine Direktstromlieferung ebenfalls steuer- und abgabenfrei gewährt werden. Dies würde die Widerstände vor Ort gegen Wind- und Photovoltaik-Parks oder Biogasanlagen weitgehend eindämmen. Insbesondere die Anwohner in der Nähe eines Windrads oder Solarparks würden von einem erheblich billigeren Strompreis profitieren, was die Akzeptanz stark erhöhen würde.
Die vollständige Abschaffung aller Abgaben und Steuern auf Ökostrom für Unternehmen und für Anwohner von Ökostromanlagen sollte die Ampelkoalition noch in die bald beginnenden Bundestagsberatungen zum Solarpaket einbringen und entsprechend am Jahresende beschließen. Dann könnte 2024 zum großen Jahr des Ökostromausbaus in Deutschland werden.
— Der Autor Hans-Josef Fell ist Präsident der Energy Watch Group. Er war 1998 bis 2013 Bundestagsabgeordneter für Bündnis/Die Grünen und ist Mit-Autor des Entwurfs des Erneuerbare-Energien-Gesetzes von 2000. https://hans-josef-fell.de/ —
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Zitat aus dem Artikel.
Mit gutem Grunde sind Kanzler Scholz, Teile der Grünen und die FDP gegen einen staatlich subventionierten Industriestrompreis. Scholz verwies darauf, dass es die eigentliche Aufgabe sei, den Strompreis strukturell zu senken. Hierbei unterstrich er vor allem die Notwendigkeit des Ausbaus kostengünstiger Ökostrom-Erzeugung.
Damit hat er völlig recht. Nur Erneuerbare Energien sind aufgrund fehlender Brennstoffkosten in der Lage, sehr kostengünstigen Strom zu liefern. Doch um sicherzustellen, dass sich diese Kosteneinsparung durch Erneuerbare Energien auch tatsächlich im Strompreis niederschlägt, muss der teure Erdgasstrom eben durch sie ersetzt werden. Zitat Ende.
Auch ich kann dem Kanzler nur zustimmen. Denn das ist ja hier seitenlang mein Thema. Aber auf die Lösung ist er leider auch noch nicht gekommen. Denn wenn der kostengünstige Ökostrom die Kosten tatsächlich senken soll, muss er auch da verbraucht werden wo die Preise entstehen, nämlich in den Bilanzkreisen der
Versorger. Denn nur dort wirkt der Merit Order Effekt, und lässt die teuren Gaskraftwerke nicht mehr zum Zuge kommen. Solange der Ökostrom als Überschuss an der Börse verramscht wird, wie das gegenwärtig der Fall ist, kann er in den Bilanzkreisen nicht die Nachfrage von N1 auf N2 senken, und infolge dessen den Preis von P1 auf P2 drücken.
Wer noch nicht weiß was „P und N“ bedeutet, lese meine folgenden Kommentare
https://www.pv-magazine.de/2023/01/04/co%e2%82%82-emissionen-2022-in-deutschland-kaum-gesunken/
Besonders den vom 06. Jan. um 21.49 Uhr, da ist alles erklärt.
Die Aussage, das durch Wind und Sonne der Strompreis für die Verbraucher sinkt hören wir nun seit Jahren von den Befürwortern der grünen Energie und ich kann diese offensichtliche Lüge nicht mehr hören. Fakt ist und war, das der Strompreis seit Jahren steigt. Solange der Strom an der Börse gehandelt wird und an Gas oder andere Erzeuger gekoppelt ist, ist da nix günstig. Wenn man liest das der Strom in Deutschland fast 50% durch erneuerbare erzeugt wird, dann frage ich mich WO ist bitte der billige Strom? Die einzigen die davon profitieren sind die Eigennutzer und die Börsianer sowie die Stromkonzerne. Die Aussage das der Strom für Verbraucher in Deutschland billiger wird wenn wir mehr erneuerbare Energien haben ist, zumindest in der jetzigen Strombörsensituation, schlicht und ergreifend : EINE LÜGE.
@ Peter.
Bevor Sie so fahrlässig mit dem Begriff Lüge umgehen, sollten Sie sich erst mal Schlau machen, damit Sie überhaupt wissen von was Sie reden. Lesen Sie meine folgenden Kommentare
https://www.pv-magazine.de/2023/01/04/co%e2%82%82-emissionen-2022-in-deutschland-kaum-gesunken/
besonders den vom 06 Jan. um 21.49 Uhr. Da ist deutlich gemacht, weshalb bei uns der Preis P1 nicht auf P2 sinken kann, obwohl wir immer mehr billigen Ökostrom im Mix haben.
Wenn noch Info. Bedarf besteht, können Sie sich ja melden.
Zur Erinnerung, Sonne und Wind schicken keine „Rohstoffrechnungen“. Wenn die richtig integriert werden, kann der Strom gar nicht teurer werden.
Wenn Sie meinen obigen Kommentar gelesen hätten, wäre Ihr Kommentar wahrscheinlich anderes ausgefallen.
Leider wird auch hier viel mit Halbwahrheiten argumentiert, und Halbwahrheiten werden von denen, die sie nicht durchschauen, als Lüge wahrgenommen. Die Halbwahrheit von Herrn Fell: Wenn ein Verbraucher bereit ist, NUR dann Strom zur Verfügung zu haben, wenn sein zugeordneter Erzeuger in 5 km Umkreis liefern kann, dann geht das auch so billig. Ein bißchen Netz- und Abrechnungskosten müssten noch dazukommen, aber das ist dann nicht mehr schlimm. Bei weitem nicht so teuer, wie die allgemeine Netzumlage für die, die JEDERZEIT Strom in anständiger Qualität haben wollen. Dass Herr Fell wortlos darüber hinweggeht, dass Strombezug ausschließlich aus der Nachbarschaft auch erhebliche Einschränkungen bei der Versorgungssicherheit bedeutet, würde ich als Halbwahrheit bezeichnen.
Um jederzeit erneuerbaren Strom in gewohnter Zuverlässigkeit beziehen zu können, braucht es ein größeres Netz (europaweite Vernetzung) und Ersatzquellen, wenn dann immer noch nciht genug erneuerbarer Strom produziert wird. Bisher sind diese Ersatzquellen Kohle- und Gaskraftwerke. Die sind im Betrieb teurer geworden, weil die Rohstoffe teuerer geworden sind, und weil sie wegen der häufiger werdenden Leistungsreduzierungen, weil die Erneuerbaren mit ihrem Einspeisevorrang genug Strom produzieren, weniger Zeiten haben, in denen sie Deckungsbeiträge zu ihren Investitions- und Vorhaltekosten erwirtschaften können. Ein Teil der Vorhaltekosten wird in die Netzumlage gesteckt. Die sollte jemand, der explizit ausschließt, von diesen Dreckschleudern Strom beziehen zu wollen, auch nicht bezahlen müssen. Allerdings ist die Anzahl der Strombezieher, die alleine aus Erneuerbaren Stromquellen in gewohnter Versorgungssicherheit beliefert werden können, begrenzt, ich würde mal schätzen auf ca. 10% der Verbraucher. Die müssen dann noch Verträge mit Biogas- und Wasserkraftanlagen machen, die jederzeit Strom liefern können. Die Industrie in Deutschland verbraucht aber 3/4tel des Stroms. Das ist also auch keine Lösung für die breite Masse.
Zusammendfassend kann man sagen: Erneuerbare+Erdgaskraftwerke können nicht billiger sein als das bisherige Energiesystem, es sei denn, man würde den Fossilen noch ihre externen Kosten (Mülldeponie Atmosphäre für CO2) zurechnen. Das wurde aber in der Vergangenheit nicht gemacht, deshalb waren die Fossilen billiger.
Wenn die Kohle- und Erdgaskraftwerke abgeschaltet sind, müssen sie durch Speicher ersetzt werden. Z.T. können das Batteriespeicher sein, die untertägigen Ausgleich von Angebot und Nachfrage gewährleisten. Für längerfristige Lücken in der Erzeugung wird man Wasserstoffgas-Kraftwerke brauchen. Die werden auch teurer sein, als heutige Gaskraftwerke.
Also: Billiger wird es nicht werden. Wenn man berücksichtigt, dass die Fossilnutzung allerdings erhebliche Kosten in die Zukunft verschoben hat, sieht die Rechnung anders aus. Dann sind die Erneuerbaren günstiger. Wir vererben unseren Nachkommen erhebliche Sachwerte in Form von Produktivkapital (incl. immaterieller Werte wie Patenten, wissenschaftliche Erkenntnisse), Immobilien und Wertgegenständen. Wir vererben ihnen aber auch Lasten in Form von Nuklearmüll und CO2 in der Atmosphäre. Anständigerweise sollte die Summe für unsere Nachkommen nicht negativ werden. Zur Zeit scheint sie das aber zu sein. Wir haben also eine Ehrenpflicht, diese Bilanz zu verbessern.
@Peter
vergessen Sie bitte den Einwandt von Herrn Diehl; Ihr Statement halte ich für goldrichtigg!
Ja, die Preise sind deutlich angestiegen! Insgesammt und im Speziellen; auch ohne Rechnungsstellung von Sonne, Mond und ich weiß nicht was!
Entgegen aller Beteuerrungen haben Interesssensvertreter der bisherigen Energielieferanten einern ausgezeichneten Zugang zu der Meinungsbildung unserer Abgeordneten!!
Eine Preisbildung um die 8 cnt/kwh plus „Aufschlag notwendiger kaufmännscher Elemente“ scheint in absehbarer Zukunft als unabsehbar.
– Wer der Entscheider hätte auch ein Interresse der artigem niedrigem und durchschabarem Preisniveau?
Wenn hier nicht langsam mal was in Richtung Darlegung der Einzelfaktoren der Strompreisfindung passiert, werde ich auch bald Anhänger der AFD werden, die zwar alles an Unzulänglichkeiten anprangert aber leider keinerlei Gegenvorschläge zur Abhilfe mitteilt.
Peter! Bitte weiter so!
Thomas I schreibt.
@Peter
vergessen Sie bitte den Einwandt von Herrn Diehl; Ihr Statement halte ich für goldrichtigg!
Ja, die Preise sind deutlich angestiegen!
@ Thomas I
Diese Empfehlung an den Peter entspricht aber keiner seriösen Diskussionskultur.
Dem Peter wäre bestimmt weiter geholfen, wenn Sie ihm erklären könnten, was an dem Einwand vom Herrn Diehl „falsch“ ist.
Auf diese Aussage kann man kommen, wenn man die Begriffe „Preis“ und „Kosten“ nach fossiler Manier definiert -> „Nach mir die Sintflut“.
Solange das fossile Spiel weiter betrieben wird, vergleichen Sie hier Äpfel mit Birnen, während ein paar Familien und korrupte Beamte gar nicht mehr wissen , wo sie noch mit dem ganzen Geld bleiben sollen.
Man bezahlt den Reichtum der anderen, schadet sich und seiner Umwelt unmittelbar selbst und meckert auch noch darüber. Das einzige Wort, das mir dazu einfällt, ist „klinisch geisteskrank“. Das betrifft uns leider als Spezies.
JCW schreibt.
Zusammendfassend kann man sagen: Erneuerbare+Erdgaskraftwerke können nicht billiger sein als das bisherige Energiesystem, es sei denn, man würde den Fossilen noch ihre externen Kosten (Mülldeponie Atmosphäre für CO2) zurechnen.
@ JCW
Doch das geht auch ohne deren externe Kosten. Man muss nur Mengenlehre und Logistik in der Rechnung vereinen, und schon hat man die teuren Erdgaskraftwerke draußen, und der Strom ist billiger. Ich möchte mich nicht mit fremden Federn schmücken in dem ich zugebe, dass ich das folgende fiktive Beispiel irgendwo abgeschrieben habe.
Zitat:..
1) ohne EEG-Strom: Es werden in einer Mittagsstunde an der Börse 100 kWh zu je 0,25€/kWh gehandelt. Das macht eine Gesamtpreis von 25,00€
2) mit EEG-Strom: Es werden 15 kWh nach EEG für durchschnittlich 0,30€/kWh eingespeist und an der Börse die restlichen 85kWh für nur noch 0,20€/kWh.
Der EEG-Strom kostet 4,50€, der an der Börse 17,00€, macht zusammen 21,50€, also 3,50€ weniger als ohne EEG-Strom! Obwohl der doch teurer ist…
Der Merit Order Effekt durch Sonne und Wind lässt grüßen.
Bitte die billigste Stromart nicht unterschlagen, nämlich den der nix kostet: den Eingesparten, also den Nichtverbrauchten. Hier vermute ich riesige Einsparpotentiale, die dann über die geringere Nachfrage auch den „Reststrompreis“ senken dürfte.
Dafür haben wir ja Gas-Robert. Sicher gibt es schlussendlich dafür eine ganz einfache Lösung mit LNG oder Pipelines!?
Sowohl ‚Peter ‚ als auch H.Diehl haben m.E. partiell recht. Entgegen vieler hier früher geäußerter Meinungen halte auch ich die Börse für die Hauptursache des Preis-Übels. Börsen hatten in der Wirtschaft auf Dauer immer einen preissteigernden Effekt, ganz gleich auf welchem Gebiet. Solange es Leute und Firmen mit großem finanziellen Background gibt, die vor allem mit hohen Preisen Geld verdienen, wird nach den Gesetzen des freien Marktes der Preis auf Dauer nicht nachgeben. Das ganze Energie- und Klimaschlamassel haben wir ja nur der freien Spekulationswirtschaft zu verdanken. Also: Vegesellschaften des Energiebereichs , handelt es sich dabei doch um allgemeine Daseinsvorsorge!
Wenn es um effizienten Ressourceneinsatz geht, kann eine vernünftig konstruierte Börse schon gute Dienste leisten: Mit Hilfe des Merit-Order-Prinzips wird gewährleistet, dass zunächst die günstigsten Erzeuger zum Zuge kommen, die teuersten nur, wenn es gar nicht anders geht.
Aber überfrachten Sie die Börse nicht mit Ansprüchen:
Was man nicht glauben sollte: Dass mit der Strombörse ein Ausgleich von Angebot und Nachfrage bewirkt wird. Am Aktienmarkt funktioniert das – dort gibt es aber auch das Merit-Order-Prinzip nicht, und die Nachfrage ist elastisch, d.h. sie reagiert auf den Preis. Die meisten Verbraucher merken nichts vom Börsenpreis, entsprechend ist ihre Nachfrage nicht elastisch. Das ist auch (Stichwort: Daseinsvorsorge) gar nicht erwünscht. Die Verbraucher sollen Strom zur Verfügung haben, wenn sie ihn brauchen, und nicht darüber nachdenken müssen, wann sie eine bestimmte Tätigkeit erledigen können, weil erst dann der erforderliche Strom zur Verfügung stehen wird.
Ein Mittel, um auskömmliche Preise für die Erzeuger zu erzielen, war die Börse auch nie, weil der Preis für Strom aus den teuersten Kraftwerken nur deren laufende Brennstoffkosten abdeckt. Ein Kraftwerk muss aber auch seine Investitionskosten erwirtschaften können. Um das zu erreichen, muss man die Vermarktung über die Börse gedanklich und wirtschaftlich von der Bezahlung der Stromerzeuger trennen. So wie die Verbraucher ein Recht auf einen guten Strom zu bezahlbaren Preisen haben, so müssen auch die Erzeuger für ihre Qualitätslieferung ein Recht auf auskömmliche Kostenerstattung haben. Eine sehr gute Variante zur Vermittlung zwischen Börsenerlösen und Kostenerstattung ist das EEG-Konto. Das sollte man noch ausbauen, für alle Kraftwerksarten.
Für die „billigeren“ Kraftwerke hatte die Börse zur Folge, dass sie oft nur ihre laufenden Kosten erlösen können, wenn sie nach Merit-Order die teuersten sind, die gerade noch zum Zuge kommen. Wenn aber noch teurere Kraftwerke den Preis bestimmen, können sie plötzlich wesentlich höhere Erlöse erzielen, die gar nichts mit ihren eigenen Kosten zu tun haben. Diese Erlöse können je nachdem, wie hoch sie sind, und wie lange der Zeitraum ist, höher oder niedriger als ihre eigenen Gesamtkosten (neben den laufenden noch die Investitionskosten) sein. Das ist im wesentlichen Glückssache. In einem stabilen Markt würden die billigen Kraftwerke, die ihre Investitionskosten nicht abgedeckt bekommen, mit der Zeit ausscheiden. Damit steigt der Zeitanteil, in dem teurere Kraftwerke den Preis bestimmen, und damit kommen sie dann in den Bereich, wo ihre Kosten gerade gedeckt sind. Die teuersten Kraftwerke kommen nie in diesen Bereich. Sie müssen versuchen, die Bundesnetzagentur damit zu erpressen, dass sie ausscheiden, wenn es nicht noch zusätzliches Geld aus irgendwelchen Reserveumlagen gibt. Das wird ihnen dann auch gewährt.
Gerade in der Zeit hoher Gaspreise 2022 konnten die Erneuerbaren, die zur Direktvermarktung verpflichtet sind, nach Merit-Order hohe unerwartete Gewinne einfahren. Wegen der Direktvermarktung durften sie diese Gewinne auch in die eigene Tasche stecken, statt sie, wie die Kleinerzeuger, an das EEG-Konto abzugeben. Das ist sicher ein Konstruktionsfehler. Die Konstrukteure hatten nicht gedacht, dass eine Situation wie 2022 je eintreten könne. Aber das ist nicht die Schuld der Börse, sondern geht auf den Fehler zurück, dass die großen Erneuerbaren zwar das Recht haben, einen Ausgleich aus dem EEG-Konto zu beziehen, wenn der Börsenpreis nicht auskömmlich ist, aber nicht die Pflicht, dem EEG-Konto etwas zurückzugeben, wenn er mehr als auskömmlich ist. Bei den Kleinen funktioniert das wunderbar. Diese Regelung sollte für die Großen auch gelten.
Die Börse muss aber dringend reformiert werden, wenn sie weiterhin vernünftig funktionieren soll. Die Marktregeln müssen an die andere Kosten- und Erzeugungsstruktur (Flexibilität und Zuverlässigkeit) der neuen Kraftwerke angepasst werden. Die Börse, wie sie heute funktioniert mit Termingeschäften etcpp. ist noch zu 100% auf die fossil-nuklearen Kraftwerke zugeschnitten. Ein Handel konkreter Strommengen Monate und Jahre im Voraus wird nicht mehr sinnvoll sein. Nur kurzfristig lassen sich halbwegs zuverlässige Aussagen über die handelbare Menge machen. Was darüber hinaus zur Abdeckung der Last erforderlich ist, muss von den Netzbetreibern organisiert werden. Genauso muss ein Handelsregim für den Fall von Überschüssen etabliert werden, um sicherzustellen, dass immer der effizienteste Speicher für deren Verwertung zum Zuge kommt.
JCW schreibt.
Wenn es um effizienten Ressourceneinsatz geht, kann eine vernünftig konstruierte Börse schon gute Dienste leisten: Mit Hilfe des Merit-Order-Prinzips wird gewährleistet, dass zunächst die günstigsten Erzeuger zum Zuge kommen,
@ JCW
Aber nur wenn Merit Order auch richtig angewandt wird, was in unserem Versorgungssystem seit 2010 nicht mehr der Fall ist. Nur wenn die günstigsten Erzeugungen sprich die EE, auch vorrangig zum Zuge kommen, um die teuren Gaskraftwerke verdrängen zu können. Das heißt, wenn die Erneuerbaren in den Bilanzkreisen der Versorger „Physisch“ verbraucht werden. Denn dort werden am Vortagesmarkt ( Day Ahead ) nach Angebot und Nachfrage die Preise ermittelt. Nur dort drückt der Merit Order Effekt den Preis von P1 auf P2.
Siehe hier.https://www.next-kraftwerke.de/wissen/day-ahead-handel
Warum lesen Sie denn nicht mal meine folgenden Kommentare.
https://www.pv-magazine.de/2023/01/04/co%e2%82%82-emissionen-2022-in-deutschland-kaum-gesunken/
Besonders den vom 06. Jan. um 21.49 Uhr, da ist das Merit Order Prinzip deutlich gemacht.
Das würde Ihren weiteren Kommentaren, bezüglich dem Merit Order Prinzip gut tun.
Fazit.: Leider müssen seit 2010 die billigen Erneuerbaren separat am Spotmarkt der Börse quasi als Überschuss verkauft, und senken dort „Nur“ für die großen Player die Preise.
Siehe hier.https://www1.wdr.de/nachrichten/wirtschaft/rwe-gewinn-energiekrise-100.html
JCW schreibt.
So wie die Verbraucher ein Recht auf einen guten Strom zu bezahlbaren Preisen haben, so müssen auch die Erzeuger für ihre Qualitätslieferung ein Recht auf auskömmliche Kostenerstattung haben. Eine sehr gute Variante zur Vermittlung zwischen Börsenerlösen und Kostenerstattung ist das EEG-Konto. Das sollte man noch ausbauen, für alle Kraftwerksarten.
@ JCW
Da haben Sie sich mit dem EEG Konto leider noch nicht so beschäftigt, wie ich ich das tue, und es deshalb als „Nebelkerze“ bezeichne.
Das EEG Konto ist für die breite Öffentlichkeit und auch für die Politiker eine „Systemwaschmaschine“ Da wird dargestellt „Seht her so „Wenig“ bekommen wir an der Börse für den EEG Strom, und so „Viel“ müssen wir an Vergütungen bezahlen. Warum wir so wenig für den EEG Strom bekommen, darf niemand erfahren. Sie „JCW“ interessiert es ja bekanntlich auch nicht.
Dass der EEG Strom seit 2010 aus unserem Versorgungssystem raus genommen wurde und als Überschuss an der Börse verkauft werden muss, dadurch die Börsenpreise sinken, wodurch eine höhere EEG Umlage auf dem Konto eingeht, bleibt der Öffentlichkeit, und offensichtlich auch Ihnen verborgen. Es geht bei sinkenden Börsenpreisen Geld auf dem Konto ein, für das nicht ein Cent Ausgaben anfallen.
Wie viel Kontraproduktivität hinter dem EEG Konto steckt, zeigt das Folgende.
https://www.iwr-institut.de/images/seiteninhalte/presse/grafiken/strompreis_terminmarkt.png
Alleine von 2011 bis 2016 haben sich die Börsenpreise fast halbiert. Das heißt die Versorger konnten sich billiger Strom beschaffen. Und genau deswegen haben sich die Einnahmen auf dem Konto durch die EEG Umlage von 3,530 auf 6,354 Cent/kWh erhöht. Und das ohne dass die EE Erzeuger einen Cent mehr bekommen haben.
Die Vermittlung zwischen Börsenpreisen und EE Kostenerstattung, die Sie eine gute Variante nennen, bezeichnet der der Ex Chef von Fraunhofer im folgenden Video als größte Schweinerei der konventionellen Stromwirtschaft.
Siehe hier:
Fünf Kilometer sind aber für jemanden, der in der Stadt wohnt etwas knapp bemessen.
Darum fände ich es besser, man würde mittlere Netzentgelte (2022 laut BDEW 9,52 Cent / kWh) einfach durch ca. 1000 km Strecke quer durch Deutschland teilen und käme so auf 0,01 Cent / (kWh * km).
Tatsächlich könnte man sogar einen höheren Preis verlangen, damit kein Missbrauch entsteht und eine gewisse Lenkungswirkung für lokal produzierten Strom entsteht.
Zum Glück haben wir Merit Order was die Strompriese hoch hält.
Die Strompreise sind hoch dennoch wird das EEG Konto monatlich um 2 Mrd weniger.
Grüner Strom ist sau teuer.
Wir haben keine Steuerungsmöglichkeiten wann grüner Strom produziert wird.
Bedeutet Strompreis sind stark Schwankend wenn diese nach oben gehen zahlt es der Bürger sinken die Preise zahlt es der Bürger auch, weil die Betreiber eine garantierte Vergütung bekommen.
Strom zu speichern ist auch in den nächsten Jahren keine gute Idee, die Umwandlungsverluste sind zu hoch.
Man muss die Wahrheit sagen es wird Wohlstandsverlust geben und die Industrie wird abwandern.
Selbst als Grünwähler muss ich hoffen die AFD kommt an die Macht und wird dies stoppen.
Abgesehen davon, dass Ihr Trollfabrik-Arbeitgeber offenbar besser zahlt als üblich (Sie wiederholen gebetsmühlenartig immer wieder das gleiche Framing, deutlich politisch motiviert mit entsprechenden Buzzwords flankiert – ja – das fällt durchaus auf und entlarvt schnell).
Trotzdem finde ich es eine spannende Frage, was „Wohlstandsverlust“ eigentlich bedeutet.
Bedeutet das, keine 24h am Tag mehr 70° warmes Wasser im Kessel zu haben?
Keine 2x im Jahr mehr nach Mallorca?
Keine 100 km mehr sonntags bei schönem Wetter einfach so mit der Harley und den Kumpels „durch die Gegend zu eiern“?
Oder bedeutet es, nicht mehr jede Woche 1 Kilo Fleisch zu fressen, sondern vielleicht nur noch 800 Gramm? oder gar 700?
Und was genau wäre daran so schlimm, wenn das Wohlstandsverlust wäre?
Der Begriff „Wohlstandsverlust“ hat nur den Zweck „Angst und Schrecken“ zu verbreiten. Er bedeutet im Grunde gar nichts, denn er hat keine Skala.
Vor was genau soll man beim Buzzword „Wohlstandsverlust“ Angst bekommen? Mir macht das Wort ehrlich gesagt überhaupt keine Angst. Es klingt eher sehr vernünftig – denn so wie bisher (das nannte man bisher „Wachstum“ oder auch „Wohlstand“) kann es im breiten Konsens ja nicht weitergehen. Oder bestreiten Sie das (ernsthaft)?