Die Lage für die europäische Solarindustrie scheint sehr ernst. Dies haben Meldungen der vergangenen Wochen immer wieder gezeigt. Am Montag legten nun der europäische Photovoltaik-Verband Solarpower Europe und die Vereinigung ESMC nach und wandten sich mit dringenden Schreiben an die EU-Kommission. Sie fordern schnelle Maßnahmen, um die Solarindustrie in Europa zu erhalten und vor einer zweiten Insolvenzwelle zu bewahren.
Doch zunächst zurück zu den Zahlen. Nach Angaben von Solarpower Europe sind die Modulpreise in den vergangenen Monaten um mehr als 25 Prozent gesunken. Sie haben demnach einen Rekordtiefstand von weniger als 15 Eurocent pro Watt für Niedrigkosten-Produkte gesunken. Damit sei sogar die Preisschwelle der Vor-Corona-Jahre mittlerweile nach unten durchbrochen, was gerade europäische Photovoltaik-Hersteller vor massive Probleme stellt. Die rekordtiefen Preise für Photovoltaik-Importe könnten die offenen strategischen Autonomieziele der EU gefährden, warnt Solarpower Europe in einem Schreiben an die Europäische Kommission. „Während Preisrückgänge normalerweise willkommene Nachrichten sind, haben sie, wenn sie unkontrolliert bleiben, ernsthafte Auswirkungen auf unsere offene strategische Autonomie“, erklärt Walburga Hemetsberger, Vorsitzende von Solarpower Europe. Kurzfristig stellt dies bereits eine echte Herausforderung für die heimische Wettbewerbsfähigkeit und die Renaissance der EU-Photovoltaik-Produktion dar.“
Aus Sicht des Verbands herrscht aktuell ein „perfekter Sturm“ der Marktkräfte: Die Kombination aus starken globalen Nachfragesignalen und hartem Wettbewerb zwischen den chinesischen Photovoltaik-Anbietern hat zu erheblichen Neuinvestitionen entlang der Lieferketten geführt. Von rund 600 Gigawatt an Produktionskapazitäten weltweit ist die Rede. Das daraus resultierende Überangebot hat zu einem raschen Preisverfall bei Rohstoffen wie Silizium und in der Lieferkette bis hin zu Modulen, Wechselrichtern und Batterien geführt, wie es von Solarpower Europe heißt. Die Konsequenz aus den stark gefallen Modulpreisen sei, dass die europäischen Hersteller ihre Produkte nur schwer absetzen könnten und eine neuerliche Insolvenzwelle drohe. So habe kürzlich der norwegische Ingothersteller Norwegian Crystals bereits Konkurs anmelden müssen.
Auch ESMC berichtet auf Basis einer Befragung von 15 Photovoltaik-Herstellern in Europa, dass die Produktionsleistung von Solarmodulen bis Ende August von neun auf ein Gigawatt im Jahresvergleich gesunken sei. Solarpower Europe verweist darauf, dass sich die Lage für die Hersteller noch durch eine leichte, vorübergehende Verlangsamung des europäischen Photovoltaik-Marktes im dritten Quartal verschärfe. Diese wiederum hänge mit der Inflation und zunehmenden Engpässen bei Netzanschlüssen und Projektgenehmigungen.
Solarpower Europe wendet sich daher mit einem Schreiben an die EU-Kommission und fordert eine schnelle Unterstützung für die Solarindustrie. Konkret geht es um Maßnahmen, wie einen schnelle Notaufkauf von Modulbeständen europäischer Photovoltaik-Hersteller. Ähnliches hatte letzte Woche auch bereits das sächsische Energieministerium angeregt, um die heimischen Hersteller zu stützen. Solarpower Europe fordert weiterhin die Einrichtung einer Bank für Photovoltaik-Hersteller auf EU-Ebene, die Behebung der Unzulänglichkeiten des Vorübergehenden Übergangs- und Krisenrahmens (TCTF) für staatliche Beihilfen, insbesondere Punkt 86, eine Beschleunigung der Verabschiedung des Net Zero Industry Act, einschließlich strenger Nachhaltigkeits- und Belastbarkeitskriterien in spezifischen Auktionen sowie die Förderung der beabsichtigten Wirkung der EU-Zwangsarbeitsverordnung durch Unterstützung der Solar Stewardship Initiative (SSI). Außerdem sollte eine Zusammenarbeit zwischen den Förderprogrammen der EU-Mitgliedsstaaten ermöglicht werden und es sollte zum Ausgleich des Überangebots eine weitere Steigerung der Photovoltaik-Nachfrage in Europa angestrebt werden, etwa durch die europäische Richtlinie über die Gesamteffizienz von Gebäuden.
„Dies ist eine seltene zweite Chance. Europas ursprüngliche Produktionsbasis für Solaranlagen ging vor einem Jahrzehnt verloren. Wenn wir nicht rasch und angemessen auf diese Preiskrise reagieren, droht uns eine weitere Pleitewelle und ein Fehlstart für die offene strategische Autonomie-Agenda der EU“, warnte Hemetsberger.
Und auch die Vereinigung ESMC weist auf die dramatische Lage der Hersteller hin und fordert eine rasche Unterstützung durch die EU-Kommission, etwa über das TCTF-Framework, den Net-Zero-Industrieacht oder auch schärfe Maßnahmen gegen Produkte, die auf Zwangsarbeit basieren. Ein entsprechendes Schreiben ist von etwa 40 Herstellern entlang der Photovoltaik-Wertschöpfungskette unterzeichnet sowie von den Organisationen ESMC, PV Thin und ISC Konstanz.
Nach Angaben von ESMC sind in diesem Jahr rund 120 Gigawatt an Solarmodul-Importen in Europa zu erwarten. Dies werde die Nachfrage auf dem Kontinent etwa um das Doppelte übertreffen. Die Hersteller in Europa stehen ESMC zufolge nun vor der Wahl: Weiter mit geschlossenen Produktionen und der Gefahr einer Insolvenz zu leben, oder sich in andere Regionen zu flüchten, in denen die Photovoltaik-Industrie unterstützt wird, etwa die USA mit ihrem IRA.
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Wer den Markt anders eingeschätzt hat und meint das man Module zu Preisen von 2010 verkaufen kann,hätte besser aufpassen sollen. Nach all den Desastern der Vergangenheit mit deutscher Modulproduktion kann man doch nicht nach Hilfe schreien…..dann muss man sich behaupten am Weltmarkt ,auch wenn das Stück vom Kuchen für seeehr teure Module aus der EU klein ist.
Andere Länder pumpen Milliarden in die eigene PV Produktion (Siehe USA). Das machen die nicht weil sie denken das die Module aus China so teuer sind, sondern aus strategischen Gründen. Ich halte zwar auch nichts von Subventionskriegen, aber die PV Produktion (wieder mal) vor die Wand fahren zu lassen, ist für so einen gigantischen Zukunftsmarkt, schon sehr blauäugig. Ein bisschen mehr Selbstbewusstsein würde der EU schon nicht schlecht stehen.
Die „Economy of scale“ ist ziemlich gnadenlos.
Dass sich die chin. PV-Produktion ab 2025 im Wachstum abschwächt – da würde ich heute erstmal ein großes vorsichtiges Sternchen dranhängen. Denn je nachdem, welche weiteren epochalen Ereignisse die Menschheit bis dahin noch heimsuchen und politische Konsequenzen nach sich ziehen, würde sich zumindest die Nachfrageseite eher vergrößern bzw. die Umstellung der weltweiten Energieerzeugung, die ja bereits begonnen hat, könnte sich erdrutschartig ausweiten.
Auch politische Ereignisse könnten derartiges auslösen. z.B. in Bezug auf Kasachstan / Uran.
Die dritte (manche sagen auch die vierte) industrielle Revolution kennt viele Spielfelder und alle werden früher oder später irgendwie da reingezogen.
Vorschläge zur Lösung:
1. Direktvertrieb starten (das empfehle ich auch der Automobilindustrie), dh. Marge nicht an Händler zu verlieren
2. Gerne Subventionen, dann aber die nächsten 5 Jahre keine Milliarden-Gewinne ODER Rückzahlung der Subventionen
3. Produktion skalieren, durch Innovation den Markt dominieren (beides siehe China)
4. durch Qualität und Langlebigkeit minimal höhere Preise am Markt rechtfertigen können #madeingermany #engineeredingermany
Natürlich braucht es wie in China Dierktsubventionen. Dazu müssen aber auch die hemmenden EU – Bestimmungen wegfallen, die solche verbieten. Alles, was mit Klimawandel, Energiewende zu tun hat, muss!!! subventioniert werden, denn der viel gelobte freie Markt hat bisher völlig versagt. Dazu wurden die ersten zarten Ansätze, marktwirtschaftlich ‚korrekt‘ eine private PV PRODUKTION und Speichereinbindung auf die Beine zu stellen, durch Steuerpolitk, Bürokratie, FakeNews, Lobbyismus der Energieaktiengesellschaften etc roh zerstört. Gerade durch 2 Parteien, die sich selbst ‚Wirtschaftskompetenz‘ bescheinigen, und von welchen die eine heute wieder – bremsend – an der Regierung beteiligt ist.
eigentlich ganz einfach
ich kaufe die Produkte aus EU zahle mehr und gut ist.
Wir mit unser Geiz ist geil Mentalietät machen es doch selbst kaputt.