Im August 2023 sind die durchschnittlichen Preise für Strom am Terminmarkt der EEX weitgehend konstant geblieben. Auf dieser Basis lag das gemittelte Terminpreisniveau für Strom als Benchmark für unseren PPA-Price-Tracker im August 2023 bei rund 102 Euro pro Megawattstunde für den 10-jährigen Betrachtungshorizont mit PPA-Start im Monat September.
Die von Enervis für den August 2023 berechneten Preise für einen 10-jährigen Photovoltaik-PPA unter Berücksichtigung der Abschläge für die Profilwertigkeit, der Abwicklungs- und Risikokosten sowie der Erlöse für Herkunftsnachweise liegen bei rund 62 bis 76 Euro pro Megawattstunde. Generell ist seit mehreren Monaten ein stabiles PPA-Preisniveau zu beobachten. Bemerkenswert ist, dass das mittlere PPA-Preislevel von 69 Euro pro Megawattstunde gegenwärtig sogar etwa 4 Euro über den durchschnittlichen, mengengewichteten Zuschlagswerten der letzten EEG-Ausschreibung für PV-Freiflächenprojekte im Juli liegt. Langfristige Power Purchase Agreements stehen daher auch für förderfähige Photovoltaik-Projekte als Option bereit. Durch einen Zuschlag in der EEG-Ausschreibung sind die Erlöse allerdings für 20 Jahre abgesichert. Die sehr hohe Wettbewerbsintensität im ersten Segment könnte dennoch zu einer neuen Dynamik im PPA-Markt führen.
— Der Autor Christian Schock ist Consultant bei der energiewirtschaftlichen Beratung Enervis und hier für PV und Wind relevante Themen zuständig. Seine Expertise reicht vom systematischen Vergleich von Preisen und Verträgen von Power Purchase Agreements, Direktvermarktungsverträgen bis hin zum Monitoring marktseitiger und regulatorischer Entwicklungen im deutschen Photovoltaik- und Wind-Markt.—
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„Langfristige Power Purchase Agreements stehen daher auch für förderfähige Photovoltaik-Projekte als Option bereit. Durch einen Zuschlag in der EEG-Ausschreibung sind die Erlöse allerdings für 20 Jahre abgesichert.“ Und da liegt der Hase im Pfeffer. Wer seinen Strom über PPA verkauft, muss eigentlich mehr erlösen als derjenige , der mit einer 20 Jahre Einspeisegarantie kalkulieren kann. Das PPA ist eine Wette darauf, dass auch in 10 Jahren die Strompreise noch so hoch sind, wie heute. Konkurrieren müssen die PPAs dann aber mit Altanlagen, die nach 20 Jahren abgeschrieben sind und nur noch ihre (geringen) laufenden Kosten erbringen müssen, und mit dem Strom aller Anlagen, die in den nächsten 10 Jahren noch gebaut werden. Nur bei PV werden das (bis 2033) etwa 200 GW sein. Wetten hat neben seinem Unterhaltungswert für den Kapitalgeber aber vor allem eine Folge: Erhöhtes Risiko bedeutet auch höhere Kosten. PPAs, die nur 10 Jahre eine Preisgarantie haben, müssen also höhere Erlöse erzielen, am besten soviel höher, dass sie bereits nach 10 Jahren abgeschrieben sind. Sonst sind zahlreiche Pleiten vorprogrammiert.
Wir haben in Deutschland einen hohen Anspruch an die Versorgungssicherheit. Um diese zu gewährleisten, brauchen wir immer ein gewisses Maß an Überkapazität, die bei Netzausfällen oder ungewöhnlichen Wetterlagen bereitsteht. Im Normalfall machen solche Überkapazitäten aber an einem freien Markt die Preise kaputt. Der freie Markt wird sich in seinen Kapazitäten also immer etwas unter dem Niveau einpendeln, das man für die hohe Versorgungssicherheit benötigen würde. Was dann passiert, sieht man gerade auf dem Wohnungsmarkt: Aus den schlechten Kunden wird mit überhöhten Preisen der letzte Cent herausgequetscht, diese Menschen fühlen sich (zu Recht!) vom Staat verlassen und wählen am rechten und linken Rand.
Das wirtschaftlich und politisch erfolgreiche Betriebsmodell muss also gewährleisten, dass einerseits die Produzenten ihr Auskommen haben, andererseits die Versorgung auch in den selteneren Stresssituationen gesichert ist. In meinen Augen kann das nur die Finanzierung über Garantieeinnahmen gewährleisten, die so lange bezahlt werden, bis die Anlagen abgeschrieben sind. Für den „freien Markt“ bleiben dann die abgeschriebenen Anlagen. Der „Garantiemarkt“ verkleinert sich um das Volumen dieses freien Marktes. Über das Mengenverhältnis entscheidet die Haltbarkeit der abgeschriebenen Anlagen. Die werden dann nicht vor der Zeit entsorgt, wenn der Weiterbetrieb ähnlich attraktiv ist wie die Neuerrichtung mit Garantiepreis. So weit sind wir aber noch lange nicht. Wir werden uns diesem Punkt nähern, wenn die Anlagen, die zwischen 2009 und 2012 errichtet wurden, das Ende der Garantiezeit erreichen.
Noch ein Auftrag an die Politik: Im Augenblick werden sehr viele PPAs errichtet, die ihren Strom preisgünstiger verkaufen können, als er aus dem Netz zu bekommen wäre. Außerdem gibt es Firmen, die sich schlicht selbst verpflichtet haben oder einen Werbeeffekt davon versprechen, wenn sie vor der Zeit 100% CO2-frei werden. Gerade letzterer Effekt wird aber kleiner werden, je mehr auch der allgemeine Strommarkt sich den 100%-Erneuerbar nähert.
Die Politik sollte sich also rechtzeitig überlegen, wie man PPA-Anlagen, die am Ende ihrer PPA-Laufzeit in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten, auffängt, um die Reibungsversluste, die durch Pleiten entstehen, zu minimieren. Die entscheidende Aufgabe ist, es zu vehindern, dass Gewinne privatisiert, Verluste aber sozialisiert werden. Ein mögliches Modell wäre, dass eine staatliche Betriebsgesellschaft gegründet wird, die ins Trudeln geratene PPA-Anlagen ins Portfolio übernimmt. Eine solche Anlage sollte dann ihren Strom zu wirtschaftlich tragbaren Preisen ins Netz geben dürfen, bis zum Lebensalter von 20 Jahren. Danach muss die Anlage abgeschrieben sein, d.h. der Preis, zu dem sie die Gesellschaft übernommen hat, muss erwirtschaftet sein. Dann kann sie auch wieder in den freien Markt übergeben werden. Einen Teil des Wertverlustes, den die PPA-Anlage durch das Auslaufen des auskömmlichen PPAs erleidet, muss zu Lasten der Anteilsinhaber gehen. Umgekehrt bedeutet das: Der Preis, den die Betriebsgesellschaft den Anteilsinhabern zahlt, sollte nur geringfügig über dem liegen, was die Anlage wert wäre, wenn sie sich künftig auf dem freien Markt behaupten müsste, wo sie kaum mehr als ihre laufenden Kosten erwirtschaften kann, weil sie mit zahlreichen abgeschriebenen PV-Anlagen konkurrieren muss, die nach 20 Jahren EEG-Garantie auch nicht mehr als ihre Kosten einbringen müssen.
Es ist sicher nicht populär, wenn man jetzt schon die absehbare Pleite von heute gegründeten Unternehmen vorausdenkt. Aber ein Wirtschaftssystem, das Überkapazitäten vermeiden will, um den Preis eines leitungsgebundenen Gutes der Daseinsvorsorge (Strom) zu Gunsten der Verbraucher niedrig zu halten, sollte sich auch rechtzeitig überlegen, wie es Reibungsverluste durch solche Pleiten klein hält. Vielleicht liege ich auch völlig falsch, und die heute gegründeten PPA-Anlagen können für ihren Strom in 10 Jahren viel lukrativere Anschlussverträge ergattern. Aber auch heute schon eine Betriebsgesellschaft vorauszudenken, die PPAs, die das nicht schaffen, auffängt, kann ja kein Fehler sein. Das Grundkapital einer solchen Gesellschaft ist eine rentierliche Investition, weil die Stromverbraucher mit ihrer Nachfrage und Zahlungsbereitschaft die notwendige Sicherheit bieten. Der Staat kann diese Gesellschaft also so führen, dass begrenzt fachkundige Politiker (und noch begrenztere Journalisten) sie als Schattenhaushalt bezeichnen würden. Tatsächlich müsste sie so kalkulieren, dass das Grundkapital am Ende ungeschmälert an den Staat zurückfließen kann. Das ist auch ohne weiteres möglich, weil der Staat selber ja wie bei einer Steuer den Einfluß darauf hat, was die Stromverbraucher an Abgaben zu zahlen haben, damit kein Kapital verloren geht. Das einzige Problem bei solchen letztlich staatlich festgelegten Preisen ist, dass aus wahltaktischen Überlegungen und sozialer Sentimentalität von der Politik oft nicht das wirtschaftlich erforderliche gemacht wird. Dann geht die Rechnung nicht mehr auf. Das wäre dann aber wieder Politik und hätte mit Wirtschaft nichts zu tun. Um das so weit wie möglich zu begrenzen, sollte auch gleich eine Institution mitgedacht werden, die von der Politik weitgehend unabhängig, wie beispielsweise die Bundesbank ehemals bei der Währung, die Rahmenbedingungen festlegt, damit die ursprünglichen Ziele nicht verfehlt werden. Das könnte zum Beispiel eine bei der Bundesnetzagentur angesiedelte Kommission sein, in der der Staat, die Verbraucher (Haushalte, Industrie etc.), die Betriebsgesellschaft und eben die Netzagentur Stimmrechte haben. Damit sollte sich ein Ausgleich zwischen Individualinteressen und Sachzwängen erreichen lassen.
EEG Vergütung konkurriert auch mit der Inflation. Nur gut wer in der Direktvermarktung ist….