Die Prognosen über die Entwicklung eines Käufermarkts in der Photovoltaik haben sich bestätigt: Die Modulpreise sinken und Lieferengpässe sind passe. Viele Endkunden warten derzeit auf noch weiter fallende Preise, wie eine aktuelle Branchenumfrage zum Modulmarkt der photovoltaik ergab. Die Auswertung können Sie in unserem nächsten Heft nachlesen, das am 5. Februar erscheint. Im Folgenden lesen Sie ein Interview mit Matthias Fawer von der Schweizer Bank Sarasin zu diesem Thema.
Im Jahr 2009 sollen die Modulpreise sinken. Geschieht das wirklich? Wie entwickeln sich die Preise in der Wertschöpfungskette – bei Zellen, Wafern und Modulen?
Die Modulpreise sinken bereits. Wir haben mit Erstaunen festgestellt, wie schnell sich die Preissenkungen schon auf die gesamte Wertschöpfungskette ausgewirkt haben. Die Modulpreise kommen runter. Die Modulhersteller wiederum sagen den Zellenherstellen: ‚Hört mal, wir bekommen weniger für die Module, jetzt müssen wir auch die Zellen günstiger bekommen.’ Man hat eigentlich immer gedacht, es gäbe da eine relativ lange Zeitverzögerung, da es ja auch Langzeitverträge usw. gibt. Jetzt hat man doch an den Neuigkeiten von Q-Cells und LDK gesehen, dass das Ganze relativ schnell neu verhandelt wird, selbst wenn solche Langzeitverträge bestehen.
Es heißt, dass bei vielen Herstellern die Lager übervoll sind?
Es kommen zwei Dinge zusammen: Der schleppende Absatz trifft auf erhöhte Produktionskapazitäten. Da wurde in den letzten Jahren ja enorm investiert. Man sitzt nun auf Lagern und mancher Modulhersteller sagt zu den Zellherstellern: ‚Ich kann nicht so viele Zellen nehmen, ich bringe das nicht unter. Können wir über Mengen und Preise neu verhandeln?’ Alles geht also relativ schnell die Wertschöpfungskette hoch, sogar bis zum Polysilizium. Dort war bekannt, dass attraktive Margen vorhanden waren, welche nun schnell runterkommen.
Welche Rolle spielt die Überproduktion für den spanischen Markt?
Es ist sicher ein kritischer Punkt, dass es jetzt in Spanien diese Deckelung von 500 Megawatt gibt. Dieser Markt wird dadurch in diesem Jahr sehr viel kleiner sein. Für 2008 gehen wir von mehr als einem Gigawatt aus, dieses Jahr wird dieser Markt also nur noch halb so groß sein. Das bedeutet, dass der Rest anderswo verbaut werden muss. Das wird nicht so einfach sein, gerade im Zusammenhang mit der Kreditkrise und der Rezession, die nicht spurlos an der Solarindustrie vorbeigehen.
Wer wird davon besonders betroffen sein?
Die Kreditkrise betrifft natürlich speziell große Projekte wie Freiflächenanlagen. Es wird schwieriger werden, sie überhaupt zu finanzieren. Und wenn, dann eben nur zu teureren Konditionen und mit mehr Eigenkapital. Die Module und Anlagen werden zukünftig nicht wie in der Vergangenheit ohne großes Zutun einfach verbaut werden, sondern die Unternehmen müssen auch im Bereich Marketing und Projektierung selber anpacken.
Das bedeutet, dass es im Interesse der ganzen Branche ist, jetzt aufeinander einzugehen, damit keiner zu starke Konsequenzen zu tragen hat?
Absolut! Ich meine, es hilft der Polysiliziumindustrie am Anfang der Wertschöpfungskette auch nicht, auf ihren hohen Margen sitzen zu bleiben, wenn die Module dann zu teuer sind und nirgends installiert werden! Es sitzen alle im selben Boot und müssen von ihren Margen runterkommen, damit sich dann Angebot und Nachfrage wieder bei einem bestimmten Preis finden.
Welches ist der Hauptmotor dieser Entwicklung?
Es sind sicherlich verschieden Aspekte, die mehr oder weniger zeitgleich zu wirken beginnen. Zum einen sicherlich die Anpassungen der Förderung in Spanien und auch Deutschland, wo es zwar keine Deckelung, aber eine stärkere Degression gibt. Dass das Auswirkungen auf die Preise haben muss, ist allen bewusst. Das hat sich jetzt mit der jetzigen Kreditkrise noch verstärkt und die Projektfinanzierung erschwert. Als dritter Punkt kommt noch die Rezession hinzu. Sie wirkt sich vor allem auf die Konsumenten, die Eigenheimbesitzer aus, die es sich momentan sehr gut überlegen, ob sie sich jetzt eine Photovoltaik-Anlage auf das Dach montieren lassen wollen.
Es heißt, dass mittlerweile mehr Silizium zur Verfügung steht. Ist das wahr?
Das ist ja immer relativ zu sehen. Man hat immer gesagt, dass Polysilizium noch eine Weile eng und knapp bleiben wird, weil einfach von gewissen Wachstumsraten des gesamten Marktes ausgegangen wurde. Aber bei tieferer Nachfrage könnte schon in diesem Jahr genügend Silizium vorhanden sein. Wir haben unsere Prognose beim Marktwachstum, sprich neu installierter Photovoltaik-Leistung, von 70 Prozent in 2008 auf rund 15 bis 20 Prozent für dieses Jahr gesenkt. Das ist natürlich ein drastischer Einbruch. Ich denke, dass dadurch genügend Polysilizium und für die anderen Zwischenstufen sogar wachsende Überkapazitäten vorhanden sind. Ob nun die Produktionskapazitäten voll ausgenützt werden, ist fraglich. Wir haben momentan im Markt sehr viel Unsicherheit.
Wie wirken sich die Preise auf die Endkonsumenten aus?
Das hat natürlich einen psychologischen Effekt, wenn Sie als Endkonsument wissen, dass die Preise im Markt sinken, stellen sie sich die Frage: ‚Kauf ich noch im Januar, oder warte ich, bis die Preise noch weiter sinken? Dasselbe gilt für die Modulhersteller, die auf günstigere Einkaufspreise spekulieren, weil die Zellenhersteller unter Druck geraten. Irgendwo muss aber der Boden wieder gefunden werden.
Wird sich das Gleichgewicht in den ersten Monaten des Jahres einpendeln?
Davon gehen wir aus. Der Winter ist eh’ nicht die Hochzeit für Photovoltaik-Installationen. Es ist die Zeit, in der verhandelt wird. Ich denke, es geht jetzt wirklich um die Frage, wer wie tief mit den Preisen heruntergehen kann. Ganz klar werden gewisse Firmen darunter leiden! Und ob das alle überleben werden, bezweifle ich.
Wem räumen Sie große Überlebenschancen ein und wem weniger große?
Wir führen in unseren Solar-Studien jeweils eine strategische Beurteilung der Photovoltaik-Unternehmen durch. Da stehen die Großen natürlich besser da, weil sie einen gewissen Cashflow erzeugen können. Das sind für uns Q-Cells und Solarworld auf der deutschen Seite, aber auch First Solar als Dünnschichtunternehmen sowie Sunpower, die in den USA nicht schlecht aufgestellt sind. Wen wir eher kritisch sehen, sind die chinesischen Unternehmen, weil sie doch relativ viel Drittmittel verwendet haben und stärker auf Bankenkredite angewiesen sind.
Wie werden die Firmen reagieren? Indem sie mit zusätzlichem finanziellen Aufwand ihre Produktionslinien optimieren? Oder durch eine optimierte Auslastung der Herstellungsverfahren?
Ich denke, da werden wir schon in der Zukunft ein paar News hören – etwa das Linien stillgelegt werden. Auch vom Abbau von Arbeitsplätzen hat man in jüngster Zeit gehört. Sie sagen es richtig: optimieren heißt eben auch wieder investieren oder über Joint-Ventures vermehrt zusammenarbeiten.
Das Gespräch führte Britta Danger.
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