Ab der kommenden Heizperiode wollen Thüga, Energie Südbayern und Energienetze Bayern zehn Haushalte und einen Gewerbebetrieb in Hohenwart bei Ingolstadt testweise über ein umgewidmetes, ehemaliges Erdgasnetz für zunächst 18 Monate mit reinem Wasserstoff versorgen. Nun haben die Partner mit den vorbereitenden Arbeiten für die Einspeiseanlage begonnen. Das Pilotvorhaben namens H2Direkt ist Teil des Wasserstoff-Leitprojekts TransHyDE. Es wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.
Die Einspeiseanlage wird den Druck des Wasserstoffs reduzieren und ihn mit 250 Millibar in den entsprechenden Netzabschnitt leiten. Geliefert wird der Brennstoff per LKW-Trailer von der Westfalen AG. Die Verbraucher erhalten Brennwertthermen von Vaillant, die auf einen Betrieb mit 100 Prozent Wasserstoff ausgelegt sind.
Die vorbereitenden Aufgaben für die Einspeiseanlage übernimmt die Firma HRS Ingenieur- und Rohrleitungsbau, der Bau selbst liegt in den Händen von Pfaffinger Anlagenbau & Energietechnik. Geplant wurde sie von Energienetze Bayern und der Firma Keep it Green.
Eichamt hat Messkonzept genehmigt
Das Forschungsinstitut DVGW-EBI hat für alle im Verteilnetzbereich vorhandenen Komponenten gegeben – sie seien für reinen Wasserstoff geeignet. Das gelte auch die verbauten Komponenten in den Heizungsräumen der Haushalte. „Wir haben einkalkuliert, dass möglicherweise einzelne Komponenten wie Gasströmungswächter oder Hauseinführungsanlagen ausgetauscht werden müssen. Aber alle Bauteile sind einsatzbereit für 100 Prozent Wasserstoff“, erklärt Jonas Heilhecker, bei Energienetze Bayern für H2-Installationen in den Gebäuden zuständig. Sogar die vorhandenen volumetrischen Gaszähler seien mit Blick auf Material und Messrichtigkeit für den neuen Brennstoff geeignet. Wegen des größeren Volumenstroms von Wasserstoff würden sie trotzdem durch handelsübliche, aber größer ausgelegte Zähler ersetzt.
Das Forschungsvorhabens untersucht auch mögliche Regularien für die Messung von Wasserstoff. Ein solches von Energienetze Bayern und Thüga zusammen mit dem DVGW-EBI erstelltes Messkonzept hat das Landesamt für Maß und Gewicht (LMG) für den Feldtest freigegeben.
„Mit H2Direkt wollen wir zeigen, dass bestehende Gasverteilnetze mit reinem Wasserstoff betrieben werden können“, sagt Elke Wanke, Referentin Erneuerbare Gase bei Energienetze Bayern und Projektleiterin H2Direkt. „Unser Projekt ist in Deutschland bislang einzigartig: In Hohenwart entsteht das erste umgewidmete Gasnetz, das Haushaltskunden mit 100 Prozent Wasserstoff versorgt.“
Dieser Inhalt ist urheberrechtlich geschützt und darf nicht kopiert werden. Wenn Sie mit uns kooperieren und Inhalte von uns teilweise nutzen wollen, nehmen Sie bitte Kontakt auf: redaktion@pv-magazine.com.
Ich hoffe, dass 18 Monate Testbetrieb ausreichen, um zu beweisen, dass die Wasserstoffversprödung den Dichtungen und dem umgewidmeten Rohrleitungsnetz nichts anhaben kann.
Wenn zukünftig erst nach fünf oder sechs Jahren der Nutzung des Gasnetzes als Wasserstoffverteilnetz festgestellt wird, dass die genutzen Materialien doch stärker angegriffen werden als vermutet, ist das gesamte Netzt bereits stark geschädigt. Der Schaden wäre immens.
Eigentlich dachte ich, solche Materialtests seinen längst erfolgt, schließlich gibt es Wasserstoff ja nicht erst seit Kurzem.
Es wird hier sehr wahrscheinlich ein speziell ausgesuchtes nagelneues Rohrleitungsnetz-Segment verwendet, wie es sonst in der Praxis nicht existiert. Alle anderen gescheiterten Projekte dieser Art haben dies bisher ebenso praktiziert.
Damit wird dann (nur) bewiesen, ob es funktionieren könnte, wenn wir das gesamte Rohrleitungsnetz austauschen.
Allerdings fehlt es bisher komplett an Regelwerken und Erfahrung. Probleme sollen hier offensichtlich am lebenden Objekt identifiziert werden. Die zehn Haushalte halten lobenswerterweise her als weltweit erste Probanden und werden möglicherweise eines Tages mit Laika, Juri Gargarin und Neil Armstrong in einem Satz genannt. Oder als Versicherungsfall.