PPA-Markt für Photovoltaik-Anlagen steht vor Veränderungen

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Janosch Abegg, Senior Originator bei Axpo
Janosch Abegg ist Senior Originator bei Axpo

Foto: Axpo

Sie haben einen ersten sogenannten Festpreis-PPA abgeschlossen, bei dem ein fixer Fahrplan ausgemacht wird. Worum geht es?

Janosch Abegg (Foto): Das heißt, dass wir mit dem Abnehmer schon heute als fixes Profil definieren, welche Menge Strom er in jeder einzelnen Stunde der in diesem Fall zehnjährigen Laufzeit von uns bekommen wird. Dieses Profil entspricht dem typischen Erzeugungsmuster einer deutschen Solaranlage, ohne dass wetterbedingte Fluktuationen wie zum Beispiel Bewölkung eine Rolle spielen. Das vereinfacht den Abschluss von PPAs für viele Industriekunden und deren Stromversorgung. Deren Vorversorger kann damit viel leichter umgehen, weil er diese Drittmengenbelieferung in den allgemeinen Versorgungsmix integrieren kann.

Die Industriebetriebe müssen sich nicht mehr mit irgendwelchen Vorhersagen und Prognosen beschäftigen?

Ja, genau, sie können viel besser planen, wann sie wie viel Strom und Herkunftsnachweise aus diesem PPA bekommen und wieviel sie also noch zusätzlich beschaffen müssen. Man kann gar nicht überschätzen, wie wichtig die höhere Planungssicherheit für diese Unternehmen ist. Die haben als eigentlichen Unternehmenszweck ja nicht den Stromhandel, sondern eine ganz andere Wertschöpfung. Dadurch, dass man die Stromlieferung so vereinfacht, kann man mit viel einfacheren Verträgen operieren. Das ist vielleicht sogar die wichtigste Verbesserung, weil man damit das Thema PPAs für mehr Industriekunden verdaubar und abschließbar macht.

Das war der Blick auf die Stromabnehmer, also die Industriebetriebe, die über PPA Solarstrom oder Windstrom beziehen möchten. Was bedeutet das Modell für die Solarstromerzeuger?

In dem hier vorliegenden Fall ändert sich für die Photovoltaik-Produzenten nichts. Sie schließen einen ganz normalen As-Produced-Vertrag zum Beispiel mit der Axpo ab. Jede Megawattstunde, egal wann sie produziert wird, bekommt einen fixen Preis. Wir nehmen den Strom aus den dahinterstehenden Anlagen und liefern ihn als fixen Fahrplan an den Abnehmer weiter, in dem Fall 60 Gigawattstunden im Jahr an Siltronic. Natürlich wird sich dieser fixe Fahrplan, den wir heute schon für die nächsten zehn Jahre definiert haben, in jeder Stunde ein kleines bisschen unterscheiden von dem, was wir tatsächlich von den dahinterliegenden Anlagen erhalten. Das sind Abweichungen von nur wenigen Prozent.

Im Augenblick nehmen also Sie diesen Ausgleich vor zwischen dem, was produziert wird, und dem, was Sie dem Abnehmer für die nächsten zehn Jahre versprochen haben. Der feste Fahrplan könnte aber auch auf die Solarstromproduzenten zukommen, oder?

Ja, genau. Das wäre zumindest eine logische Weiterentwicklung. Durch diesen fixen Fahrplan kann man viel mehr Industriekunden für das PPA-Thema interessieren als mit den heutigen Angeboten, weil sich die Abwickelbarkeit für die Kunden vereinfacht. Bei dem Beispiel verbleiben bestimmte Risiken bei der Axpo, nämlich die Abweichungen in den einzelnen Stunden zwischen der Ist-Erzeugung und dem vorher definierten Fahrplan. Auch wenn eine Anlage ausfällt müssen wir den fixen Fahrplan weiter bedienen. Das Risiko können wir als Axpo bewerten und übernehmen. Man kann aber eben auch darüber nachdenken, ob nicht der Produzent zumindest einen Teil dieser Risiken bei sich für im Gegenzug bessere PPA-Konditionen übernehmen will.

Letztes Jahr haben wir über die Entwicklung berichtet, bei der Photovoltaik-Produzenten Baseload, also eine kontinuierliche Erzeugung verkaufen. Die Differenzen zur tatsächlichen Erzeugung müssten sie an der Börse beschaffen oder verkaufen. Ihr Vorschlag ist eine abgeschwächte Version davon, richtig?

Ja, genau. Der Betreiber muss selbst natürlich keinen Strom aktiv zukaufen. Die Unterschiede werden anhand der Spotpreise verrechnet. Aber diese Abweichungen und die daraus entstehenden Geldflüsse sind viel kleiner, als wenn er einen Baseload-PPA abschließt.

Bei der Diskussion um Baseload-PPAs geht es darum, dass die Erzeuger dadurch das Kannibalisierungsrisiko übernehmen, da das für die Versorger irgendwann zu groß wird. Bei dem festen Fahrplan-PPA bleibt das Kannibalisierungsrisiko aber bei Ihnen, oder?

Das, was Sie Kannibalisierung nennen, besteht aus zwei Teilen. Der eine, deutlich größere Teil, ist die wahrscheinlich abnehmende Wertigkeit eines Photovoltaik-Einspeiseprofils über die nächsten zehn Jahre, weil einfach immer mehr Photovoltaik hinzugebaut wird. Das ist der sogenannte deterministische Teil. Dazu kommt der stochastische Teil, also dass es in manchen Stunden sonniger ist als man im Normalfall erwarten würde, oder dass eine Wolkendecke die Einspeisung unter das für diese Jahreszeit übliche Maß absenkt. Wenn der Betreiber an uns einen PPA mit fixem Fahrplan statt as-produced verkauft, dann überträgt er das deterministische Risiko an uns. Bei ihm verbleibt der kleinere, stochastische Teil.

Wo steht der Photovoltaik-PPA-Markt zurzeit?

Es gibt momentan ein großes Angebot an Projekten, die aber immer als erste Variante in die EEG-Vergütung versuchen zu kommen. Das ist auch nachvollziehbar, denn durch die Anpassung der Ausschreibungsförderhöhen ist das über 20 Jahre auf jeden Fall attraktiver als das, was sich über 20 Jahre mit einen PPA erreichen lässt. Für Projekte, die diesen Zuschlag dann aber nicht bekommen haben oder die zusätzlich zu diesem Zuschlag noch für eine kürzere Laufzeit die Konditionen optimieren möchten, kommen auch PPAs in Betracht.

Wie entwickeln sich die Preise?

Die PPA-Preise definieren sich anhand der Marktpreise für Grundlaststrom. Die sind jetzt deutlich gefallen, was ja auch eine gute Nachricht für den Industriestandort Deutschland ist. Am 13. Juni [Vortag des Interviews, Anm. der Red.] lag der Preis für das Jahr 2024 bei 143 Euro pro Megawattstunde. Für die Folgejahre sinkt er aber bis auf 85 Euro. Das heißt, der Mittelwert der Jahre 2024 bis 2033 lag bei 99 Euro pro Megawattstunde. Das ist für die Grundlast, also gesicherte konstante Baseload-Lieferung. Der Wert eines Photovoltaik-Profils liegt über zehn Jahre mit allen Ausfallrisiken und nach Abzug aller Kosten als Daumenregel bei eher nur 50 Prozent davon. Das heißt, der Photovoltaik-PPA-Preis liegt dann ungefähr bei 50 Euro pro Megawattstunde. Ein Förderpreis von 72,50 Euro in der EEG-Ausschreibung ist also auf jeden Fall interessanter.

Das ist deswegen interessant für uns, weil wir auch die Diskussion über Produktion von Modulen in Europa führen. Da gibt es Stimmen, die einen etwas höheren Strompreis für gerechtfertigt halten, um die Produktion anzureizen. Bekomme ich etwas mehr für einen PPA, wenn ich europäische Module nutze?

Da muss man schauen, ob es auf der Abnehmerseite ein Interesse daran gibt, dass der bezogene Strom aus einem mit europäischen Modulen gefertigten Photovoltaik-Park stammt. Das Thema ist zu neu, um dazu schon seriös etwas sagen zu können, aber ich erwarte das überhaupt nicht. Strom ist ein homogenes Gut. Wenn man will, dass die PPAs, die aus solchen Projekten stammen, einen höheren Preis erzielen, muss man das auf andere Weise anreizen. Fördertatbestände haben wir aber gerade im Strommarkt schon ausreichend, deswegen würde ich dazu nicht raten.

In Brüssel wird derzeit über eine Neugestaltung des Energiemarktes diskutiert.  Worum geht es da?

Der Wille zur Veränderung ist groß. Aber immer, wenn man sich konkrete Alternativvorschläge anschaut, sieht man unerwünschte Nebenwirkungen. Man muss die richtige Balance zwischen drei Zielen finden. Zum einem braucht man einen immer noch liquiden Terminmarkt für Strom, der ist wertvoll für Erzeuger und industrielle Verbraucher. Man braucht das Instrument PPA, das man ja erklärtermaßen seit einigen Jahren fördern will, um nicht alle Kosten und Risiken des einem Erneuerbaren-Ausbaus über die Fördersysteme zu sozialisieren. Drittens besteht der Wunsch, die bestehenden Fördersysteme unter dem Eindruck dessen nachzubessern, was wir in den letzten anderthalb Jahren gesehen haben. Da sind die Strompreise aus anderen Gründen wie zum Beispiel dem Gaspreisschock infolge des Ukraine-Krieges krass nach oben gestiegen. Im Design der bisherigen Fördersysteme waren dadurch deutlich erhöhte Gewinne für die Produzenten von erneuerbarem Strom und auch für andere Stromproduzenten möglich. Dem will man beikommen durch die so genannten Contracts for Differences (CfD), die aber leider, je nachdem wie man sie ausgestaltet, im Widerspruch stehen mit der zweiten Fördersäule, nämlich den PPAs. Wenn man hier zu scharf agiert, würde man den gerade begonnenen PPA-Boom abwürgen. Da muss man in der Wahl der Mittel vorsichtig sein.

Könnte der PPA-Markt wirklich stark beeinträchtigt werden?

Ja. Wenn Sie das zu krass machen und Sie zum Beispiel vorschreiben, dass Neubauten von Anlagen einen CfD bekommen, der sich genau an einem Preispunkt entzündet und Erlöse, die darüber liegen, abgeführt werden müssen, dann ist ein PPA nicht sehr sinnvoll.

Das ist doch dann eigentlich wie eine feste Einspeisevergütung?

Ja. Das derzeitige Marktprämienmodell ist asymmetrisch. Das heißt, nach unten sind die Erlöse gefloort, aber nach oben kann man höhere Marktpreise mitnehmen. Wenn man die Marktprämie symmetrisch gestaltet wie bei einem CfD und genau auf den anzulegenden Wert anlegt, muss man jedes Upside abführen. Dann ist es ähnlich wie bei der festen Einspeisevergütung. Der Betreiber hat keinen Anreiz mehr, den Referenzmarktwert zu schlagen, also bedarfsgerecht einzuspeisen. Ein enormer Rückschritt meines Erachtens.

Dann muss ein Betreiber auch nicht mehr versuchen, den Strom per PPA zu verkaufen?

Ja, genau. Und das würde übrigens auch zulasten der ersten Säule, nämlich des liquiden Terminmarkts gehen, denn diese Mengen hätten dann keine Terminvermarktung.

Gibt es einen Ausweg?

Wenn man auf CfDs wechseln will, könnte man zum Beispiel Preiskorridore vorsehen. Produzenten unter einem CfD würden dann bei einem Strompreiserlös, der einen bestimmten Mindestpreis unterschreitet, eine Förderung bekommen. Wenn der Strompreiserlös einen deutlich höher liegenden Maximalpreis überschreitet, müssten sie diese Gewinne abführen. Innerhalb dieses Preisbandes, das vielleicht 30 bis 40 Euro pro Megawattstunde breit sein könnte, kann man immer noch sinnvoll einen PPA abschließen. Das könnte ein Kompromiss sein.

Reicht ein Preisfenster von vier Cent pro Kilowattstunde aus?

Für einem Entwickler machen vier Cent mehr oder weniger einen großen Unterschied. Auch für seine finanzierende Bank ist das relevant. Stellen wir uns einen Photovoltaikstrom-Produzenten vor. Er bekommt ein Förderregime angeboten, wo alles unter vier Cent pro Kilowattstunde ausgeglichen wird und alles, was über acht Cent pro Kilowattstunde geht, abgeführt werden muss. Dann macht es einen großen Unterschied, wenn er mit der Axpo einen PPA abschließt, der zum Beispiel innerhalb dieses Korridors einen Preis von 7 Cent absichert. Diese Floors und Ceilings, wie man das auf Englisch nennt, würde man in so einem PPA natürlich auch berücksichtigen.

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