Die Stadtwerke Emmerich wollen ihre Industrie- und Privatkunden bald mit Wasserstoff aus der Leitung beliefern. Ein entsprechendes Kooperationsabkommen mit dem Fernleitungsnetzbetreiber Thyssengas unterzeichnete der regionale Energieversorger am Montag. Die Bocholter Energie und Wasserversorgung wird bei dem Projekt den Industriepark Bocholt an das Wasserstoffnetz anbinden.
Konkret geht es um eine bestehende Erdgasleitung des Konzern Thyssengas, die zwischen Bocholt und Emmerich verläuft. Den Angaben von Thyssengas zufolge kann diese auf den Transport von Wasserstoff umgerüstet werden. Der Wasserstoff soll für die örtlichen Unternehmen aus Industrie und Mittelstand bereitgestellt werden. Zudem solle auch die kommunale Wärmeplanung daraus profitieren.
Ampel macht Weg frei für Wasserstoff
Erst vergangen Dienstag machte die Ampel den Weg frei für Wasserstoff in der Wärmeversorgung. In dem Papier zum Gebäudeenergiegesetz des Koalitionsausschusses heißt es, dass „die diskriminierenden technischen Anforderungen an die Heizung und die Infrastruktur gestrichen“ werden sollen. Außerdem soll zunächst eine kommunale Wärmeplanung durchgeführt werden. In Emmerich soll das unter Berücksichtigung der Verfügbarkeit von Wasserstoff in der Wärmeversorgung geschehen.
„Wir kennen das große Interesse der Unternehmen in Emmerich, künftig Wasserstoff für die Produktion zu nutzen“, sagt Steffen Borth, technischer Leiter und Prokurist der Stadtwerke Emmerich. „Auch für die sogenannte Wärmewende spielt Wasserstoff eine wichtige Rolle, wir wollen unser Wärmenetz in Zukunft auch mit Wasserstoff betreiben. Deshalb ist es aus unserer Sicht wichtig, mit dem Partner Thyssengas als kompetenter Fernleitungsnetzbetreiber frühzeitig die Weichen für den Einstieg Emmerichs in das Wasserstoff-Zeitalter zu stellen.“
Elektrolyse und Import
Der Wasserstoff werde zum Teil aus den Niederlanden importiert und zum anderen Teil auch aus Elektrolyse aus Windstrom an der Nordsee stammen. Vorab hat Thyssengas in seinem Netzgebiet in Norddeutschland sechs Regionen mit voraussichtlich höherem Wasserstoffbedarf identifiziert. Diese Regionen erstrecken sich im Emsland, Münsterland, Ruhrgebiet und Rheinland. Der Leitungsnetzbetreiber von 4.400 Kilometer Gasnetz in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen attestiert besonders Regionen mit emissions- und energieintensiver Industrie einen hohen Bedarf an Wasserstoff aus der Leitung.
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Sehr gut, da wir ja nun fast 100% unseres Stroms aus Erneuerbaren beziehen, können wir ja jetzt die Überschüsse für Elektrolyse aufwenden.
Oh, Moment! Wir sind ja noch gar nicht in der Nähe von 100%. Na ja, macht ja nichts. Produzieren wir eben mehr Strom aus Erdgas. Sicher ist das eine Konsequenz, die Thyssengas so nicht beabsichtigt haben würde.
Das ist falsch gedacht: Wenn wir erst mit dem Bau einer Wasserstoffinfrastruktur anfangen würden, wenn 100% des Stroms erneuerbar produziert werden, dann wäre das zu spät. Es muss alles parallel laufen.
Leuten, die so denken, kann man es sowieso nie recht machen: Schafft man erstmal die Kapazitäten um H2 zu produzieren, meckern sie, dass es keine Verwendung dafür gibt, Schafft man erstmal die Verbraucher, gibt es Genöle, weil ja noch gar kein grüner Wasserstoff dafür da ist. Und macht man beides auf einmal, wird gemeckert, es wäre zu wenig. Hauptsache gemeckert.
@JCW
Für die Industrie ja, aber doch nicht zum Verheizen!
Habe ich auch zuerst gedacht, als ich das vom Heizen gelesen habe. Wenn man daran dächte, das H2 einfach zu verbrennen, wäre das wirklich eher bedenklich. Wenn man aber in Wärmenetzen
1. stromgeführt H2 in Wärmekraftkopplung verbrennt und
2. ausreichend große Speicher betreibt um ggf. zu viel erzeugte Wärme zwischenzuspeichern, wäre es vertretbar.
Das Entscheidende wäre, dass der Strom nur produziert wird, wenn er im Netz gebraucht wird.
Eine andere Lösung, als Stromlücken mit Wasserstoff zu füllen, sehe ich nicht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass je so große Wind- und PV-Leistungen installiert sein werden, dass sie im Zusammenspiel mit Batteriespeichern den Strombedarf zu 100% abdecken können. Batteriespeicher, die nur einmal im Jahr zur Bewältigung der dreiwöchigen Dunkelflaute gebraucht werden, wären nicht wirtschaftlich zu betreiben. Die Romantiker hier glauben, dass man dreiwöchige Dunkelflauten mit Demand-Side-Management überbrücken könne, das erscheint mir aber ebenfalls illusorisch. DMS kann den Stromverbrauch meist nur weniger als 24 Stunden verschieben. Sonst fährt das E-Auto nicht, und die wärmepumpenbeheizte Wohnung kühlt langsam aber sicher aus.
Kraft-Wärmekopplung ist durchaus interessant, wird aber aus meiner Sicht nicht aus der Nische herauskommen, weil das Problem des Transportes bestehen bleibt. 100% Wasserstoff durchzuleiten ist nicht einfach und am Ende mit aufwändigen Heizungen und ggf. Tanks viel zu unsicher und teuer, wenn sich zudem nur ein paar Menschen am H2-Netz anschließen. Am Ende kann nur Fernwärme oder die immer noch sehr viel effizientere Wärmepumpe die breite Masse bedienen, sie ist sehr einfach im Aufbau und wird auch in wenigen Jahren nicht mehr teurer sein, als heute Gas… und bald schon nur noch Mainstream sein.
Sie denken meines Erachtens in viel zu weit entfernte Bereiche hinein. DMS kann zusammen mit Batteriespeicherung sehr wohl einen guten Teil der EE-Überschüsse abdecken… natürlich nicht für alle Zeiten, aber bis in die Anfangsjahre der Dreißiger sehe ich da noch nirgends Wasserstoff im größeren Stil. Denn es sind bereits für eine gute EE-Abdeckung im Jahr die 12-24 Stunden Pufferzeit völlig ausreichend, das alleine kann ja schon im Strommix für eine Abdeckung von 80% und mehr im Jahr ausreichen. Und das ist bei weitem günstiger… selbst wenn man einen Teil EE wegschmeißt… als alles viel zu früh viel zu ineffizient in Wasserstoff wandeln zu wollen. Mit Wasserstoff bleibt es wie immer eine zentral gemanagte Energiewende und der Bürger kann nicht von dezentralen günstigen Überschussphasen mit dynamischen Tarifen profitieren… diesen spirit brauchen wir aber meines Erachtens dringend, damit die Energiewende eine Akzeptanz und eine ordentliche Dynamik von unten erfährt.
Für die Versorgungssicherheit und für die Ablösung der Kohle benötigen wir dann natürlich bis 2030 noch einige hochflexible Gaskraftwerke, die die Lücken bis zu einem Vollbackup decken können. Für „wirtschaftliches“ Wasserstoff ist danach mit „echten“ Überschüssen immernoch genügend Zeit, diesen schrittweise in die Kraftwerke einzubringen…
JCW schrieb:
Wenn wir erst mit dem Bau einer Wasserstoffinfrastruktur anfangen würden, wenn 100% des Stroms erneuerbar produziert werden, dann wäre das zu spät. Es muss alles parallel laufen.
Das ist zu kurz gedacht. Es könnte so funktionieren, wenn nicht die Grundregel aller Ökonomie wäre, dass Ressourcen begrenzt sind. Hast du schon einmal versucht, gleichzeitig in den Urlaub zu fahren und dabei die dringend benötigten Reparaturen in deiner Wohnung durchzuführen?
Oder aber dir ein paar kühle Biere zu gönnen und das gleiche Geld statt dessen an die Ukraine zu spenden, wo es sinnvoller gebraucht würde?
Geht auch nicht?
Ahh, aber dann es geht doch bestimmt, Milliarden an Investments für Wasserstoff aufzuwenden und gleichzeitig das Geld (und andere Ressourcen) für die Installation von erneuerbarer Energie aufzuwenden?
Nein? Doch nicht? Ohh. Sehr gut, Energiewende aufgehalten, Fossilbrennstoffe gefördert, läuft wie geschmiert (eigentlich nicht nur wie geschmiert, geschmiert wird da meist ordentlich).
In einem Punkt stimme ich zu, wir sollten parallel den bisherigen Wasserstoff aus der Dampfreformation mit grünem Wasserstoff ersetzen. Das allerdings hat niemand vor, aus irgendwelchen Gründen. Das hätten wir schon seit Jahrzehnten in Angriff nehmen können.
Warum genau noch einmal haben wir das noch nicht getan und welche Projekte sind dir bekannt, die dies doch vorhaben?
Wasserstoff, wie er geplant ist, ist nicht grün. Selbst nach Anwendung der neuen Richtlinien nicht, nach denen Wasserstoff nur ein bisschen grün sein muss, um grün zu sein. Da ist es schlicht besser, den Wasserstoff nicht zu entwickeln, als als „Übergangslösung“ einfach mehr fossile Brennstoffe zu verbrauchen.
Das Schlimmste daran ist, dass diese „Übergangslösungen“ nicht nur eine Verdrängungswirkung haben, sondern auch noch eine Lebenserwartung von mehreren Jahrzehnten. Wir stellen damit sicher, dass wir „zum Übergang“ weiterhin massenhaft fossile Brennstoffe brauchen. Niemand investiert in solche Übergangslösungen ohne Profitabsicht.
JCW schrieb weiterhin:
„Die Romantiker hier glauben, dass man dreiwöchige Dunkelflauten mit Demand-Side-Management überbrücken könne, das erscheint mir aber ebenfalls illusorisch.“.
Hier empfehle ich einfach einmal wieder das Übliche: Wissen statt glauben. Ich hatte gehofft, dass du irgendwann einmal anfängst, dich mit der Thematik zu beschäftigen und auch die Funktionsweise von Erneuerbaren Energien anfängst zu verstehen.
Wie waere es denn einmal damit, einen Graphen zu zeichnen, welcher zum einen den Demand und zum Anderen Supply aus Photovoltaic darstellt. Mach mal eine Maximum- und ein Minimumkurve für Solar. Nutze dazu aktuelle Daten (Dezember 2022, Juni 2023). Dann skaliere diese Kurven (Solar skaliert direkt über installierte Leistung) um verschiedene Faktoren. Vielleicht hilft es dir ja, die Datenlage zu sehen, um einen Einstieg zu finden.
Addiere Wind.
Dann finde bitte die geringste verfügbare Leistung aus Erneuerbaren in Deutschland während der letzten 12 Monate. Wende ebenfalls Skalierung an.
Nun füge noch Speicher hinzu und beobachte den Effekt auf die Kurven. Nutze einfach bestehende Daten, zum Beispiel aus häuslichen Installationen. Auch hier kannst du beide Enden des Spektrums berücksichtigen (Minimalinstallation und Quasiautarkie)
Wenn du dann ein gewisses Verständnis für das Verhalten erreicht hast, denke ich (hoffe ich), dass die Diskussion weniger ermüdend und repetitiv sein kann. Dann musst du auch nicht mehr den Kneipenslogan von der energielosen Dunkelflaute ausgraben, ohne ihn zu verstehen. Oder irgendwas von Romantik faseln. Ich nehme an, dass dich Romantik fasziniert, hier solltest du dich aber ausnahmsweise mal auf Fakten und nicht Fiktion stützen.
Da sind in den Antworten ein paar (ich nehme mal an, ungewollte) Mißverständnisse, wie auch ungenannte Voraussetzungen drin, die aber keineswegs so selbstverständlich sind, wie der Schreiber glaubt.
Mißverständnis (Detlef K.): Wenn man ein Wärmenetz hat, muss das H2 nicht mehr zu den Verbrauchern geleitet werden. Man braucht nur ein Nah- oder Fernwärmenetz. Ein Gasnetz zu den einzelnen Haushalten braucht man dann nicht.
Voraussetzung (ebenfalls Detlef K.): Wer sagt denn, dass dezentral immer besser ist? Das ist reine Ideologie. Der Erfolg unserer Wirtschaftsweise mit hohem Wohlstand bei hoher Versorgungssicherheit entsteht durch die Arbeitsteilung. Natürlich sehen wir, dass dieser Erfolg gefährdet ist, wenn einer (Putin, Xi, …) nicht mehr mitmachen will. Aber bisher ist die Menschheit trotz aller zeitweiligen Rückschläge immer schlauer geworden. Arbeitsteilung ist deshalb ein Erfolgsmodell, weil jeder nur das tut, was er am besten kann. Auf die Energieversorgung bezogen heißt das: Der Verbraucher verbraucht, der Erzeuger erzeugt, der Netzbetreiber leitet durch, der Speicherbetreiber betreibt seine Speicher. Der Staat als Gemeinschaft aller beschäftigt sich damit, die Geschäftsbeziehungen zwischen den Parteien so zu regeln, dass jeder leben kann, und keiner über den Tisch zieht oder gezogen wird. Von diesem Idealbild sind wir noch etwas weg, auch weil die Geschäftsstruktur nicht statisch ist und immer wieder neue Probleme auftreten, für die gerechte Lösungen gefunden werden müssen. Die Lösung „my home is my castle“, in dem man selber erzeugt, speichert und verbraucht, mag der eine oder andere attraktiv finden, die meisten wollen es aber billig und bequem haben. Für beides ist die Arbeitsteilung die bessere Lösung.
Für Dirk Schiller mit seinen Vorschlägen zum Rechnen: Für einzelne Monate kann das ja gut hinhauen mit den nur kurzen zu überbrückenden Erzeugungslücken. Der Juni 2023 hatte z.B. sehr schönes, klares Wetter zusammen mit immer wieder ergiebigen Winderträgen. Im Dezember 2022 hatten wir an mehr als drei viertel der Tage sehr viel Wind. Die Lösung, die wir brauchen, muss aber auch in KW 3-4 im Januar 2019 funktionieren, oder in KW 47+50 Ende 2018, oder die jämmerliche EE-Produktion in den Kalenderwochen 3-7 (=5 Wochen) im Jahr 2017: Die Produktion lag da im Durchschnitt unter 10% des installierten Potentials. Nehmen wir mal den geplanten Ausbaustand von 2030: 140 GW Wind und 220 GW PV. Das macht im Durchschnitt 36 GW, bei einem Bedarf von mindestens 50 GW. Und das über 5 Wochen! Das geht nur mit Wärmekraftwerken, die auf gespeichertes H2 zurückgreifen können. Und wenn es diese Kraftwerke geben muss, weil sie im ungünstigen Fall gebraucht werden, dann setzt man sie sinnvollerweise auch ein, wenn es vielleicht nicht so zwingend, aber doch viel bequemer und billiger ist, als bei kleinen Verbrauchern die einzelnen kWh an Lastverschiebungspotential zusammenzuklauben.
Ich denke in viel zu weit entfernt liegende Bereiche (Detlef K.)? Das ist doch die Krux, wenn man immer nur bis zur eigenen Nasenspitze denkt. Wir müssen die Energiewende vom Ende her (also von den 100% Erneuerbar) denken. Alles was dazu gehört, müssen wir besser heute als morgen beginnen, auch wenn vielleicht noch nicht alles zusammenpasst. Bei einem integrierten System ist es falsch, wenn jeder darauf wartet, dass der andere zuerst anfängt. Sonst geht es quälend langsam, wenn überhaupt, wie in den letzten 20 Jahren.
Dass wir ein wenig mehr Spirit brauchen in der Energiewende, das sehe ich genauso. Dass die meisten Menschen erst aufmerken, wenn sie das Gefühl haben, für sich einen Vorteil herausschlagen zu können, ist wohl eine menschliche Tatsache, mit der wir leben müssen. Aber mit Spirit hat das nichts zu tun. Spirit schweißt die Menschen zusammen, gemeinsam ein Ziel zu erreichen, statt sie in die Vereinzelung des Individualvorteils zu treiben.
JCW schrieb:
„muss aber auch in KW 3-4 im Januar 2019 funktionieren, oder in KW 47+50 Ende 2018“
Denk da noch einmal drüber nach. Glaubst du wirklich, dass wir die mittlerweile installierten Assets abbauen und nichts mehr hinzu bauen?
Nehmen wir einmal an, wir steigern tatsächlich den Zubau um 30+% pro Jahr. Bei Solar tun wir das immerhin teilweise. Zeichne das als als Graph.
Natürlich kann das Wetter wieder einmal schlecht sein. Aber eben auch bei schlechtem Wetter haben wir Generation, nur eben weniger. Wenn wir 10x soviel Peak-Leistung installiert haben, bekommen wir >10x soviel Generation an den schlechtesten Tagen.
Wir hatten vor ein paar Tagen einen so schlechten Tag für Windgeneration, dass man die Kurve noch nicht einmal von 0 abheben sah. 2018 hatten wir kaum Tage, an denen wir mehr erzeugt haben als an einem extrem schlechten Tag heute. Wir schalten heute mehr Windkraft ab als wir 2018 generierten.
Ich kann nur noch einmal eindringlich nahelegen, endlich einmal mit echten Zahlen zu rechnen und nicht immer ins Blaue zu raten. Ich habe nicht ohne Grund Skalierung ans Herz gelegt.
Deutschland ist nicht gerade ein Musterbeispiel für verfügbare Daten, andere Länder sind da deutlich besser. Such doch mal nach UK Daten. Da findest du sehr viel schon grafisch aufbereitet und musst dir nicht selbst die Mühe machen.
@JCW
Es gibt genügend Verbraucher und 99.99% vom heutigen H2 werden aus Gas oder Kohle hergestellt.
Klar hat H2 einen platz in der Zukunft.
Aber dieses Projekt ist ein SCAM. Ist ja so offensichtlich. Die wollen sich ne neue Gas pipeline subventionieren.
Schade das immer noch so viele Leute die es gut meinen drauf rein fallen.
Lieber Dirk Schiller, Sie könnten wirklich etwas sorgfältiger lesen: Ich bin nicht davon ausgegangen, dass wir wieder so wenig installierte Anlagen wie in den genannten Jahren der Vergangenheit hätten, sondern habe die Erzeugungszahlen in diesen Jahren hochgerechnet für eine installierte Leistung, wie wir sie 2030 anstreben. Da kommt dann über 5 Wochen eine Unterdeckung von 30% raus. Und die Unterdeckung steigt, wenn man sich kürzere Abschnitte raussucht. Ich vermute, zwei Tage Unterdeckung von 60-70% wird man noch mit Batteriespeichern überbrücken können, so viel an nur teilweise ausgelasteten Batteriespeichern werden wir uns leisten können. Einen weiteren halben Tag wird man mit Demand-Side-Management bewältigen können. Das sind zugegebener Maßen nur Schätzungen, aber mit einfachen Graphen wird man die Lösung nicht finden: Da muss man schon mit Daten der Vergangenheit über Verbrauch und Erzeugung und Schätzungen der selben in der Zukunft Simulationen durchführen. Recht aufwendig und sicher eine Doktorarbeit wert. Vor allem, weil man beim Einsatz von Speichern ja noch deren Kosten und entsprechend ihre Einsatzbereitschaft kennen müsste. Die Erzeugungskosten von Strom in der Zukunft sind da noch vergleichsweise gut bekannt.
Das mit dem Verzehnfachen der PV-Leistung ist eine nette Idee, aber bisher ist das nicht geplant. Dann könnten wir ja mehr als den heutigen gesamten Strombedarf nur mit PV abdecken, vorausgesetzt, es gäbe genug Speicher, um die Sommerproduktion auch im Winter zu verbrauchen. Aber an auch nur annähernd wirtschaftlichen Speichern, die nur einmal im Jahr gefüllt und wieder entleert werden, sind bisher nur große Speicherseen bekannt und eben Wasserstoff.
Bitte zeichne die Kurven auf oder suche diese im Internet. Dann wirst du feststellen, dass eben notwendigerweise die Tagesspitze oberhalb des Demands liegt, auch an einem schlechten Tag. Hier kommt schlicht Intra-Day Speicherung oder Lastmanagement ins Spiel.
Zudem verschwinden die anderen Assets ja auch nicht einfach so, die spielen nur eine geringere Rolle. Dieser Prozess ist nicht abrupt. Schau doch mal nach Biblis zum Beispiel, wie schnell glaubst du wohl, verschwinden die derzeit im Bau befindlichen Gaskraftwerke?
Manchmal scheint mir, als ob du dich gar nicht mit der Materie auseinandersetzen möchtest, weil dir ein paar (schlecht gemachte) Polemikbrocken völlig ausreichen.
Und bitte bitte, endlich doch einmal über Demand Management informieren. Demand Management ist eben nicht nur kurzzeitiges Schieben. Bei Demand Management werden zum einen die Spitzen abgeschwächt aber ein Anteil des Nichtverbrauchs wird auch überhaupt nicht ersetzt und muss dies auch nicht mehr nachträglich.
Google doch mal „gridwatch templar“, da kannst du dir mal Daten, leider nur für Frankreich und UK, hübsch in Graphen verpackt anschauen. Zeig doch mal auf eine Dunkelflaute und schau dir an, was wirklich passiert. Dann mach eben doch noch die Übung mit dem Skalieren, welche du eindeutig noch nicht gemacht hast, sonst würdest du ein anderes Verständnis zeigen.
Da du dich hartnäckig weigerst, einmal simple Mathematik anzuwenden, werde ich das mal für dich übernehmen:
x * 1,3 = 1,3x (30% Jahreszuwachs)
x * 1,3^n =1,3x^n (30% Jahreszuwachs über n Jahre)
n=1 -> 1,3n; n=9 -> 10.6n
Oops,
n=1 -> 1,3x; n=9 -> 10,6x
Ich sollte wirklich aufpassen, was ich schreibe x*1,3^n != 1,3x^n, was ich meinte, war x*y , y=1,3^n. y ist hier der Zuwachsfaktor zu Jahr 0.
Da ich schon solchen Unfug schrieb, versuche ich das noch einmal ausführlicher, dann ist wenigstens nachvollziehbar, was ich meinte:
30% Steigerungssrate
1 Jahr: y = 1,3
2 Jahre: y = 1,69
3 Jahre: y = 2.197
4 Jahre: y = 2.856
5 Jahre: y = 3.713
6 Jahre: y = 4.827
7 Jahre: y = 6.275
8 Jahre: y = 8.157
9 Jahre: y = 10.604 Hier haben wir schon eine Verzehnfachung
10 Jahre: y = 13.786
…
Das heißt, wenn wir nur 725MW (24h Durchschnitt) an einem sehr schlechten Tag in einer Dunkelflaute in der Vergangenheit hatten, dann stehen, ohne Effizienzsteigerung an einem identischen Tag nach 10 Jahren in einer Zukunft mit nur 30% Steigerungsrate, immerhin 10GW zur Verfügung. Tatsächlich sehen wir aber ständige Effizienzsteigerungen, welche höhere Generation bei geringer Insolation und/oder geringen Windgeschwindigkeiten aufweisen.
Nach 15 Jahren mit einer solchen Steigerungsrate bringt ein solcher Tag dann schon 37GW.
2022 hatte der schlechteste Tag nur 0,6TWh Ertrag aus Erneuerbaren, bzw. einen 24h Durchschnitt von 600GWh/24h = 24GW. Der Tagesdurchschnitt lag bei 195GW. 9 Jahre später bei 30% Steigerungsrate läge der Tagesdurchschnitt der Generation aus Erneuerbaren an einem solchen schlechtesten Tag im Jahr oberhalb von 254GW und damit oberhalb des derzeitigen Bedarfs.
Dazu brauchst du übrigens keine neue Doktorarbeit, es liegen genügend Daten vor, um solche simplen Hochrechnungen zu widerlegen (oder eben auch nicht), viel Spaß dabei. Die relevanten Papers (peer reviewed) liegen schon seit Jahrzehnten zum Lesen bereit, du müsstest eben nur einmal anfangen.
Aber wie Sie vielleicht der Diskussion entnehmen konnten, findet jedes exponentielle Wachstum irgendwann seine Grenze, weil unsere Erde, und insbesondere ihre habitable Zone, auch begrenzt ist. Darüber, wo diese Grenze ist, hat es schon reichlich Irrtümer gegeben, und man ist gut beraten, sich da nicht zu weit aus dem Fenster zu lehnen.
Wenn wir fleißig unsere Zubauzahlen steigern, wird es öfter zu Situationen kommen, in denen 100% oder mehr des Stromverbrauchs erneuerbar produziert werden. Dann gibt es für das über 100% hinausgehende prinzipiell zwei Möglichkeiten: Man regelt ab, oder man speichert es. Die dritte, derzeit bevorzugte Variante, dass man den Strom exportiert, wird nur noch eine kleine Rolle spielen, wenn unsere Nachbarländer selber fleißig zugebaut haben. Beide verbleibenden Varianten verteuern den Strom und es wird immer einen Optimalpunkt geben, wieviel man speichert und wieviel man abregelt. Die Variante, dass man überhaupt nichts längerfristig (d.h. über 24h) speichern muss, weil man dank sehr hoher Erzeugungskapazitäten immer innerhalb eines Tages mindestens 100% des Tagesbedarfs erzeugt, wird es sicher nicht werden. Innerhalb der 24h wird man mit Batteriespeichern ausgleichen können, oder alternativ mit Demand-Side-Management den Verbrauch zeitlich verschieben können. DSM spart dabei keinen Strom, sondern wird den Verbrauch sogar etwas erhöhen, weil er oft vorgezogen wird. Ein Haus wird dann etwas weiter geheizt, als es der Mindestwohlfühltemperatur entspricht, und in der Mangelzeit kühlt es dann wieder ab. Da aber ein wärmeres Haus mehr Wärme verliert, braucht es insgesamt mehr Wärme. Die Variante, dass man das Haus in der Mangelzeit unter die Wohlfühltemperatur sinken lässt, was dann tatsächlich Strom sparen würde, mag für den ein oder anderen reizvoll sein, Mainstream wird das allerdings nicht werden. Da muss es den BLÖD-Zeitungslesern schon sehr schlecht gehen, dass sie das akzeptierten.
Meine Vermutung ist, und jetzt lehne ich mich doch etwas aus dem Fenster, was die Grenze des Wachstums angeht, dass wir unsere Erzeugungskapazitäten nicht sehr weit über das hinaus ausbauen werden, was wir zur Deckung des Bedarfs benötigen, also insgesamt lieber speichern werden als abregeln. Aber das werden wir sehen, wenn wir uns diesem Punkt nähern. Den sehe ich noch ziemlich weit weg, denn bisher kommt nur etwa 19% unseres Bedarfs aus erneuerbaren Quellen, und dieser %-Satz steigt jedes Jahr um etwa ein halbes Prozent. Wir werden uns glücklich schätzen, wenn wir es schaffen, dieses Wachstum auf 2% zu bringen, insbesondere wenn jeder weitere Zubau erneuerbarer Kapazitäten weniger wert ist, weil mangels Speichern ein zunehmender Anteil seiner Produktion abgeregelt werden muss.
JCW schrieb:
„Die Variante, dass man das Haus in der Mangelzeit unter die Wohlfühltemperatur sinken lässt, was dann tatsächlich Strom sparen würde, mag für den ein oder anderen reizvoll sein, Mainstream wird das allerdings nicht werden. Da muss es den BLÖD-Zeitungslesern schon sehr schlecht gehen, dass sie das akzeptierten.“
Auch hier zeichnet sich ein Mangel an Neugier mal wieder ab. Berechne bitte einmal die Masse und thermische Kapazität von 1 Quadratmeter Ziegelwand, tue dies für Hohlziegel und Vollziegel. Wenn du nicht gerade in einem Haus mit Innendämmung wohnst, dann wirst du feststellen, dass zur Temperaturänderung von nur einem einzigen Grad Celsius mehrere kWh an Wärme notwendig sind.
In meinem Fall sind es wuchtige 0,5degC Temperaturänderung, welche notwendig sind, um ausreichend Wärme zu speichern. Der Temperaturunterschied ist fast schon spürbar ( <- bitte Sarkasmus erkennen).
Allerdings speichere ich den Löwenanteil in einem 330l Brauchwasserspeicher, so dass ich diesen auch für die Warmwassererzeugung nutzen kann.
JCW schrieb weiterhin:
"Wenn wir fleißig unsere Zubauzahlen steigern, wird es öfter zu Situationen kommen, in denen 100% oder mehr des Stromverbrauchs erneuerbar produziert werden. Dann gibt es für das über 100% hinausgehende prinzipiell zwei Möglichkeiten: Man regelt ab, oder man speichert es. Die dritte, derzeit bevorzugte Variante, dass man den Strom exportiert, wird nur noch eine kleine Rolle spielen, wenn unsere Nachbarländer selber fleißig zugebaut haben."
Hast du schon einmal über die vierte Möglichkeit, den Strom dann auch gleich zu verbrauchen, nachgedacht? Immerhin haben wir hier gerade eine Demandside-Management-Diskussion.
Davon abgesehen kann ich nur wieder an das Herz legen, einmal mit Zahlen herumzuspielen, dann wird dir auffallen, welche gigantischen Speicher wir bereits haben (und nicht nutzen). Überschlage doch einmal die Rohrleitungsvolumen von einer hypothetischen Fernheizung. Oder welche Speichermengen als Warmwasserspeicher in Deutschland bereits installiert sind. Welche Wärmemengen wohl bei nur 0,5K Temperaturänderung im deutschen Wohnbestand speicherbar wären?
Du willst Saisonspeicher? Schau doch mal in den Erdwärmepumpenbestand. Was passiert wohl, wenn solarer Überschuss in den Kollektor geleitet wird? Hier musst du nicht spekulieren, das kannst du alles nachlesen. Du musst nur einmal hinschauen.