Eigentlich will die Schweiz Dächer und Fassaden von Bundesgebäuden flächendeckend bis 2034 mit Photovoltaik ausstatten und insgesamt mit einer Solarpflicht für Neubauten den Photovoltaik-Zubau vorantreiben. Bei Gebäuden, die höher als elf Meter sind, gibt es jetzt allerdings ein Problem: An deren Fassaden bewilligt die Zürcher Gebäudeversicherung – zumindest vorerst – keine Photovoltaik-Anlagen mehr. Der Grund: Brandgefahr, da Photovoltaik-Komponenten wegen Kunststoffsteckern und Folien nicht länger als „nicht brennbar“ gelten, sondern als „schwer brennbar“.
Beispielhaft hatte der „Tagesanzeiger“ am Wochenende über den Architekten Roman Legler berichtet. Dieser hatte ein Gebäude zu einer „energetischen Vorzeigesanierung“ inklusive Fassaden-Photovoltaik machen wollen, hatte dafür jedoch von der Zürcher Gebäudeversicherung keine Genehmigung erhalten. Der Branchenverband Swissolar kennt das Problem. Vizepräsident David Galeuchet zufolge hat die Versicherung bereits mehrere Vorhaben für Photovoltaik-Fassaden zurückgewiesen.
Die Vereinigung Kantonaler Feuerversicherungen (VKF) kann die Kritik an diesem Vorgehen nicht nachvollziehen. „Dabei wird übersehen, dass von Photovoltaik-Anlagen an Fassaden eine erhebliche Brandgefahr insbesondere bei hohen Gebäuden ausgehen kann“, teilte die VKF am Montag mit. Umso wichtiger sei das Einhalten der schweizweit geltenden Brandschutzvorschriften. Für die Montage auf Dächern existiere eine akzeptierte Branchenlösung, ein Stand-der-Technik-Papier von Swissolar. Für Photovoltaik-Anlagen an Einfamilienhäusern und Gebäuden unter elf Metern Höhe bestünden keine erhöhten Brandschutzanforderungen. Und bei brennbaren Fassaden an Gebäuden mit über 11 bis 30 Metern gehöre es zu den Brandschutzvorschriften, dass sich der Brand nicht übermässig ausbreiten kann. „Die Vorschriften gelten für sämtliche Fassadensysteme. Dabei bilden Photovoltaikmodule keine Ausnahmen“, so die VKF.
Der Vereinigung zufolge wird das Brandverhalten von Photovoltaik-Anlagen an Fassaden aktuell untersucht. Basierend auf den Erkenntnissen und Ergebnissen dieser Versuche arbeite Swissolar momentan ein Stand-der-Technik-Papier für diese Anlagen aus. Bis dieses Papier vorliege, sei durch die Planenden ein individuelles, schutzzielorientiertes und auf das Gebäude abgestimmtes Konzept bei den kantonalen Brandschutzbehörden einzureichen.
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Sicherheitsaspekte sollte man nicht leichthin abtun, wenn man meint, dass sie die Energiewende behindern. Wenn es zu realen Vorfällen kommt, würde das die Energiewende noch viel mehr behindern.
Häuser über 11m Höhe haben ja keinen so hohen Anteil am Baubestand. Und auch Kompromisse mit reduzierter Fassadenbelegung wären denkbar. Schließlich ist die Brandlast sehr gering, wenn es tatsächlich nur um die Stecker geht. Auch da sind sicher technische Lösungen möglich, um sie weiter zu verringern.
Es geht nicht alleine um die Stecker. Diese können nach Bauordnung als Kleinteile gelten, die nicht zur Brandausbreitung beitragen. Die größere Brandlast macht bei PV Modulen die Rückseitenfolie und die Kunststoffeinbettung zwischen Glas und Folie aus. Aber grundsätzlich geht es hier um die Gefahr einer Weiterleitung eines Brandes durch PV Module und nicht um die Entstehung eines Brandes durch PV Module.
Im Kanton Bern hat die Gebäudeversicherung Bern GVB eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe beauftrag einen Leitfaden für PV Fassaden an Hochhäusern (>30 m) auszuarbeiten. Der Entwurf des Leitfadens wurde am 24.4. 2023 an einem Workshop in Bern vorgestellt. Zwei 50 m hohe PV Fassaden in Bern West die analog dem Leitfaden erstellt werden, durch die Fambau Genossenschaft Bern, wurden vorgestellt. Der definitive Leitfaden erscheint im Sommer 2023 und beschreibt das Bewilligungsprozedere im Detail. Er kann bei der GVB in Ittigen bei Bern bezogen werden.