Das Jahr 2023 verspricht das Jahr der Photovoltaik zu werden.
Mit fallenden Modul- und Wechselrichterpreisen werden Investitionen immer interessanter. Das trifft auch für das Repowering vorhandener Solarparks zu. Im Herbst 2022 wurde das Repowering-Verbot für Solarparks endlich gestrichen. Ich bin zuversichtlich, dass in Kürze auch das Repowering-Verbot für Dachanlagen fallen wird. Das Bundeswirtschaftsministerium hat am 10 März in seinem Entwurf zur Phototovoltaik-Strategie eine Prüfung des Verbots bereits angekündigt. Das Repowering eröffnet ganz neue Chancen sowohl für die vorhandenen Standorte als auch für die Nutzung der gebrauchten Module bis hin zur Unterstützung für die Ukraine.
Erstaunlicherweise waren einige Anläufe nötig, bis das Verbot endlich gefallen ist. Wir hatten beim Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne) eigentlich gehofft, dass das schon im Rahmen des Osterpakets im Frühsommer klappen würde. Aber es war offenbar noch einige Aufklärungsarbeit nötig, wie der grundlegende Blog-Beitrag von Karl-Heinz Remmers sowie mein Twitter-Thread vom September 2022 zeigen.
Die Erlaubnis kam dann im Rahmen einer Novelle des Energiesicherungsgesetzes (EnSiG). Die Anhörung im Wirtschaftsausschuss bot noch mal die Möglichkeit, vorhandene Einwände auszuräumen. So gab es Sorgen, dass nicht genügend Module auch noch für das Repowering vorhanden seien. Oder es wurde hinterfragt, was denn mit den alten Modulen geschehe. Kurz danach kam dann der positive Beschluss, für den sich der bne eingesetzt hatte. Mit Inkrafttreten der Gesetzesänderung am 1. Januar kann es jetzt endlich losgehen.
Ich bin sehr gespannt, wann die ersten Repowering-Projekte kommen werden. Das Schöne ist, dass weder lange dauernde Genehmigungsverfahren beim Solarpark-Repowering, noch Flächenfragen, noch Fachkräfteknappheit relevante Limits darstellen. Maßgeblich ist vor allen die Wirtschaftlichkeit von Repoweringprojekten sowie standortabhängig Netzanschlussfragen. Die vorübergehende Erlösabschöpfung im Kontext der Strompreisbremse könnte einzelne Repoweringprojekte verzögern, da sie die Wirtschaftlichkeit reduziert.
Der Ersatz alter Dünnschichtmodule verspricht besonders hohe Effizienzverbesserungen und damit Mehrerträge. Auf vorhandenen Flächen kann deutlich mehr Leistung installiert werden. Je nach Projekt lassen sich Leistung und Ertrag sogar verdoppeln oder verdreifachen. Dies hatte Remmers in seinem Blog-Beitrag anschaulich dargestellt. Die Potenziale liegen in Deutschland im zweistelligen Gigawattbereich. Damit eröffnet sich jetzt ein ganz neues Feld des Photovoltaik-Zubaus in Deutschland mit Vorbildfunktion für ganz Europa.
Der zusätzliche und schnell umsetzbare Kapazitätszubau ist aber nur einer von zwei sehr spannenden Folgen, die sich aus dem Repowering ergeben. Ein weiterer Aspekt ist die Zweitnutzung der gebrauchten Module. Im Batteriejargon würde man von Second Life sprechen. Hinzu kommt noch das Upcyling nicht mehr funktionsfähiger Module als Rohstoffquelle für neue Module mit deutlich höheren Wirkungsgraden.
Aber mit welcher Größenordnung haben wir es hier überhaupt zu tun? Eine grobe Daumenrechnung: Ein Gigawatt gebrauchter klassischer 230 Watt-Silizium-Module entspricht rund 5 Millionen (!) Modulen – unter Berücksichtigung dessen, dass nicht mehr alle Module voll funktionsfähig sind, abgebaute Dünnschichtmodule für eine Zweitnutzung weniger geeignet sind und ein Teil aussortiert werden muss. Es liegt auf der Hand, dass wir es hier schnell mit Millionenvon Solarmodulen zu tun haben werden, die sich ihre Abnehmer suchen werden.
Werden funktionsfähige alte Siliziummodule ersetzt, ergeben sich interessante Anwendungen – zumal funktionierende gebrauchte Module bei Abnehmern auf großes Interesse stoßen. In Deutschland werden diese seit langem genutzt, wenn kaputte Module ausgetauscht werden. In jüngerer Zeit sind Gebrauchtmodule in Balkonsolaranlagen sehr beliebt geworden. Garten-Photovoltaik könnte das nächste Anwendungsfeld werden. Und warum nicht einen Elektroheizstab in einem Warmwasserspeicher direkt mit Solarstrom aus gebrauchten Modulen erhitzen? Secondsol hat bereits einen kostenlosen Marktplatz für gebrauchte Module angekündigt.
Second Life-Module für die Energieversorgung der Ukraine – bne vermittelt Kontakt
Wenn wir über die Landesgrenzen hinausschauen, gibt es wichtige weitere Nutzungen. Ganz aktuell werden kostengünstige und kostenlose Module in großer Menge in der Ukraine benötigt, da dort ein Teil der Energieversorgung zerbombt wurde und wird. Kostengünstige Photovoltaik-Anlagen können dort unter anderem einen Beitrag zur Energieversorgung in Krankenhäusern, Flüchtlingsunterkünften, Schulen leisten.
Wir wollen dazu beitragen, dass die repowerten Module in der Ukraine einen Beitrag zur Stromerzeugung leisten können. Daher wollen wir bei der Kontaktvermittlung helfen. Kontakte zu Hilfsorganisationen bestehen bereits. Jetzt ist es wichtig, dass Solarpark-Betreiber mit Repowering-Vorhaben, die gebrauchte Module abgeben wollen, frühzeitig Kontakt zu uns aufnehmen. Dann können die Kontakte rechtzeitig hergestellt und die Transporte vorbereitet werden.
Der bne hatte sich bereits im Frühjahr 2022 für die Ukraine engagiert. Gemeinsam mit einigen Mitgliedern, dem Access to Energy Institute und dem WWEA konnten wir dazu beigetragen, dass 1300 Mini-Photovoltaik-Systeme mit 10-Watt-Modulen und Powerbanks an den ukrainischen Katastrophenschutz geliefert wurden. Das klingt vielleicht viel, ist aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Die Lieferung von hunderttausenden oder Millionen Modulen wäre eine große Hilfe in vielen einzelnen Projekten, die auf Solarstrom angewiesen sind. Mit den gebrauchten Modulen aus Solarparks könnten tausende Projekte bestückt werden.
Fazit: Millionen von Solarmodulen werden in den nächsten Monaten und Jahren freigesetzt werden, zunächst in Solarparks und auch das Repowering von Dachanlagen muss bald möglich werden. Diese werden sich neue Anwendungsfelder erschließen und einen relevanten Beitrag zur Erfolgsgeschichte beitragen. Solarmodule haben zwar nicht neun Leben wie Katzen, aber dafür stecken sie auch im Second Life voller Energie.
—- Der Autor Carsten Pfeifer ist Leiter für Strategie und Politik beim Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne). Die gleiche Position hatte er zuvor bis Oktober 2019 im Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) inne. Von 1998 bis 2012 war er 14 Jahre Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Büroleiter im Bundestag. Er arbeitete 1999/2000 aktiv an der Erarbeitung des EEGs sowie später an mehreren Novellen mit und veröffentlichte 2006 gemeinsam mit dem Grünen-Bundestagsabgeordneten Hans-Josef Fell das Buch „Chance Energiekrise”. In den 90er Jahren war er Inhaber eines Solarunternehmens sowie Vorstandsmitglied bei der Energiewende Saarland. —-
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Halte ich für eine wirklich gute Idee – durch die bald massenhafte Verfügbarkeit von günstigen Gebrauchtmodulen werden ganz neue Anwendungsfelder erschlossen. Und mit weiter sinkenden Preisen werden diese Anwendungsfelder in einigen Jahren auch für Neumodule attraktiv.
ENDLICH sind Politiker etwas vernünftig geworden
Eine Sache würde mich dann doch noch näher interessieren:
Wie sieht es aus mit den Kosten aus für gebrauchte Anlagen-Komponenten?
Meine Erfahrung ( ich habe schon vor über 10 Jahren repowert) zeigt: der Aufwand zum Rückbau, Reinigung und die Instandsetzung sowie upgrading der Module (jedes Modul muss einzeln neu elektrisch vermessen , ggf. repariert werden…ganz zu schweigen v. WR) ist letztlich so kostenintensiv, dass die Gebrauchten am Ende teurer werden als Neue. Selbst in entlegendsten Regionen Afrikas würde niemand Gebrauchte Anlagenteile kaufen; und was mit geschenkter Technik passiert, ist, denk‘ ich, weitgehend bekannt. Ganz abgesehen davon: wie soll die Exportware deklariert werden? Bestenfalls als Elektroschrott!
Bleibt also der Binnenmarkt – Flohmarktware für Gartenhausausstatter. Big business…
Ich bin ein absoluter Befürworter des Repowering, um nicht missverstanden zu werden, aber auf diese, meiner Meinung nach entscheidende Frage, fehlt mir bisher eine schlüssige Antwort.
Mit sonnigen Grüßen
Claus Scheuber
Grundsätzlich eine gute Sache, aber die hier beworbenen positiven Aspekte sind ja nicht sicher:
Wenn ich das doppelte bis dreifache auf die Flächen bekomme, muss ich die Netzanschlüsse neu berechnen lassen und neue Trafostationen und Wechselrichter installieren.
Die Unterkonstruktion muss auf den Klemmbereich der neuen Module umgebaut und die Statik muss neu bestimmt werden.
Mit veränderter Tischkonfiguration, Statik und größeren Modulen plus neue Trafostation muss auch die Baugenehmigung angepasst werden.
Es Bedarf auch hier Fachkräfte für die Änderung der Anlage.
Stellen diese Überlegungen keine relevanten Limits dar, wenn ich auch einfach auf ne neue Fläche gehen kann?