Seit dem 1. Dezember gilt die Gewinnabschöpfung unter anderem für Photovoltaik-Anlagen größer einem Megawatt. Sie war mit der Strompreisbremse im vergangenen Jahr beschlossen worden und soll Mehrerlöse, die die Betreiber an der Strombörse durch die hohen Marktwerte erzielt haben, bis zu 90 Prozent abschöpfen. Diese will die Regierung dann zur Refinanzierung der Strompreisbremse nutzen. Die Regelung ist zunächst bis Ende Juni 2023 gelten. Nach den EU-Vorgaben ist eine Verlängerung bis zum April 2024 möglich. Doch dazu wird es wohl nicht kommen.
Auf einer Veranstaltung in Cottbus erklärte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nach übereinstimmenden Medienberichten, dass er die Gewinnabschöpfung im Juni auslaufen lassen wolle. Eine offizielle Bestätigung aus dem Bundeswirtschaftsministerium gab es zunächst nicht. Eine entsprechende Anfrage von pv magazine beantwortete das Ministerium wie folgt: „Das Strompreisbremsengesetz zielt darauf ab, krisenbedingte Zufallsgewinne in angemessenem Umfang abzuschöpfen. Über einen Wälzungsmechanismus werden die Einnahmen zur Finanzierung der Entlastungsmaßnahmen verwendet. Die Abschöpfung in der Strompreisbremsengesetz setzt damit die EU-Notfallverordnung um. Das Gesetz hat von Anfang an eine Befristung der Abschöpfung bis Ende Juni 2023 vorgesehen. Für eine mögliche Verlängerung wäre eine Rechtsverordnung der Bundesregierung erforderlich.“
Die Strommärkte hätten sich wieder beruhigt, so Habeck in seiner Rede weiter. Auf dem aktuellen Marktpreisniveau werden voraussichtlich gar keine Mehrerlöse abgeschöpft werden. Trotz alledem sind die Betreiber der Photovoltaik-Anlagen größer einem Megawatt verpflichtet, eine Meldung bis zum 31. Juli über ihre erzeugten Strommengen abzugeben, wie Matthias Karger, Geschäftsführer von Node Energy, kürzlich in einem pv magazine Webinar erklärte.
„Ein bürokratisches Instrument, das keinen Effekt mehr hat, brauchen wir nicht mehr. Deswegen können wir es meiner Ansicht nach Mitte des Jahres auslaufen lassen“, zitiert die Zeitung für kommunale Wirtschaft aus der Habeck-Rede. Zum weiteren Verfahren erklärte eine Ministeriumssprecherin pv magazine, dass nun zunächst die EU-Kommission bis Ende April an den Rat zur Frage der Verlängerung der EU-Notfallverordnung berichten werde. Bis Ende Juni werde die Bundesregierung dann die Notwendigkeit prüfen, die Gewinnabschöpfung zu verlängern. Dazu werde es einen Bericht an den Bundestag geben. „Mit einer Verordnung kann die Bundesregierung den zeitlichen Anwendungsbereich der Abschöpfung verlängern, höchstens jedoch bis zum 30.4.2024“, so eine Sprecherin weiter.
„Es ist völlig richtig, dass Wirtschaftsminister Robert Habeck die Erlösobergrenze Mitte des Jahres auslaufen lassen will“, kommentierte Robert Busch, Geschäftsführer des Bundesverbands Neue Energiewirtschaft (bne) die Ankündigung. „Ebenso folgerichtig wäre es, auch die Preisbremsen auslaufen zu lassen und für Neuverträge sofort abzuschaffen.“ Die Strom- und Gaspreise seien seit Herbst massiv gesunken. Nach Ansicht des bne würde eine Rückkehr zum Wettbewerb die Weitergabe der Preissenkungen an die Kunden beschleunigen. „Bei allem Verständnis für die Notwendigkeit, auf die kriegsbedingten Verwerfungen zu reagieren: Die Instrumente haben im Ergebnis ein Bürokratiemonster erschaffen, das zu erheblichen Mehraufwänden bei den Energielieferanten geführt und bei Investoren viel Vertrauen zerstört hat“, so Busch weiter. „Dieses Kapitel kann und muss jetzt beendet werden.“
Anmerkung der Redaktion: Die Rückmeldung des Bundeswirtschaftsministeriums ist nachträglich am 3.3.2023, 10:15 Uhr, eingefügt worden.
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Herr Habeck ist im Gegensatz zu vielen anderen Ministern wirklich an der Sache interessiert und möchte obsolet gewordene Gesetzte einkassieren. Das sollte auch in anderen Bereichen Schule machen und den immer dichter werdenden Gesetzesdschungel etwas lichten.
„Die Strom- und Gaspreise seien seit Herbst massiv gesunken“, schreiben Sie. Mein Stromanbieter scheint davon nichts mitbekommen nzu haben. Ich muß weiter für Wärmestrom 45,29 Ct/kWh und für Haushaltsstrom 50,81 Ct/kWh bezahlen bzw. 40Ct für 80%. Wann ist damit zu rechnen, dass die Preise wieder abgesenkt werden? Können Stromanbieter eigentlich verlangen, was sie wollen?
Warum wechseln Sie nicht einfach den Anbieter? Heute gibt es Strom für ca. 32-36 ct/kWh. Außerdem wäre natürlich eine PV Anlage noch besser, der Strom dort kostet ca. 6-8 ct/kWh, wenn sie aus einem Speicher kommt immerhin noch knapp 30 ct.
„Die Instrumente haben im Ergebnis ein Bürokratiemonster erschaffen, das zu erheblichen Mehraufwänden bei den Energielieferanten geführt und bei Investoren viel Vertrauen zerstört hat“
„Monster“ ist hier wirklich noch extrem diplomatisch formuliert. Die Aktion hat um ein Haar zu „Unverwaltbarkeit“ von Energieabrechnung generell geführt, zu einem Verwaltungs-GAU.
Absehbar (ist halt blöd, wenn man nicht einmal die Datenformate definiert hat und ein Gesetz dann innerhalb von 2 Wochen in Kraft tritt). Es dürfte „Abermillionen“ gekostet haben, alleine die Software und die Schnittstellen auf allen Ebenen und in allen beteiligten Unternehmen und staatlichen Organisationen anzupassen, völlig unproduktive Bindung von den ach so raren IT-Fachkräften in staatlichen, sorry, Schwachsinn. Das kann sich kaum einer im Alltag vorstellen, was da im Hintergrund passiert. Es ist extrem komplex und hochvernetzt. Wenn in diesem Geflecht etwas „falsch“ läuft oder nicht funktioniert, dann möge der Himmel uns allen gnädig sein oder es Geld vom Himmel regnen.
Jeder dieser staatlichen direkten Preiseingriffe war, ist und wird auch in Zukunft ein Boomerang sein. Die Wirtschaft ist immer schneller und schlauer als die Politik. Ausnahmslos immer. Wollen die Damen und Herren in Berlin das nicht verstehen, oder ist das Vorsatz? Der nächste Kandidat steht schon in den Startlöchern. 0% USt. auf Obst und Gemüse. Was da wohl passieren wird? Hmm…. lassen Sie uns alle mal raten.
Ja, Uniper war ein Extrem-Beispiel, genauso die Speicherverwaltung durch Gazprom. Und ja, da musste man vermutlich kurzfristig eingreifen. Abgesehen von Extremausnahmen wird hier wieder einmal Gewinn privatisiert und Verlust sozialisiert, es ist immer das gleiche Spiel. Der ganz große fossile Knall steht uns noch bevor bis 2030. Da bin ich ja gespannt, was dann passiert.
Die Liste der fragwürdigen Subventionen (vor allem für die fossile Industrie) der letzten Jahrzehnte ist wieder um ein berühmtes Beispiel länger geworden.
Mit vermeintlich guten Willen werden da Milliarden an Steuergeld an die Privaten umgeschaufelt. Es ist immer das gleiche Spiel, nur der Name und die „Argumente“ verändern sich.
-> End the winner is: „The Privatwirtschaft“, Helau, welch ein Wunder. And the Depp ist: Der Steuerzahler, helau.
In Krisensituationen ist unsere Politik durch wiederkehrende Verhaltensmuster vorhersehbar und erpressbar geworden. Die Marktakteure wissen das ganz genau und spielen diese Karte, wann immer ein Event es ermöglicht.
Ah, der Abschluss fehlte:
Es ist natürlich gut, wenn der Wirtschaftsminister dieses „Monster“ wieder abschaffen möchte. Man muss sich aber fragen lassen, ob man noch ganz bei Sinnen ist. Ich fühle mit jedem/jeder Entwickler/in, der/die hier „kein Bock“ mehr hat auf diesen Unsinn.