Der Strommarkt ist im Umbruch. Bis spätestens 2027 muss die Bundesregierung Kapazitätsmechanismen einführen. So will es die EU. Doch wie diese aussehen werden, darüber gibt es noch Diskussionen. In der am Dienstag veröffentlichen Studie „Die Ausgestaltung der Absicherungspflicht – Marktwirtschaftliche Organisation der Versorgungssicherheit im Strommarkt“ der Berliner Beratung Connect Energy Economics geht es dabei um eine sogenannte Absicherungspflicht. Sie wird den Optionen von Kapazitätssubventionen in Form von Ausschreibungen und Kapazitätsmärkten gegenübergestellt. Auftraggeber ist der Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne) mit Unterstützung von weiteren Verbänden, zahlreichen Photovoltaik- und Speicherunternehmen sowie der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) und der European Energy Exchange (EEX). Letztere hatten gemeinsam mit dem bne bereits im Juli 2024 Vorschläge dazu vorgelegt.
Eine effektive Absicherungspflicht integriert nach Ansicht der Autoren die energiepolitischen Ziele Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Umweltgerechtigkeit. Dabei müssten nicht einzelne Ziele im Laufe der Zeit stärker gewichtet werden, sondern alle drei könnten gleichmäßig umgesetzt werden. „Dadurch lassen sich kostenintensive Anpassungsnotwendigkeiten vermeiden. Subventionen für Gaskraftwerke, wie sie derzeit diskutiert werden, stehen im Widerspruch zu einer integrierten Zielverfolgung. Unabhängig davon, ob sie über Ausschreibungen oder Kapazitätsmärkte organisiert werden“, heißt es in der Studie weiter. Im Gegensatz zu den beiden Ansätzen wären für eine Absicherungspflicht keine staatliche Mengen- sowie Technologievorgaben erforderlich. Die Gesamtsystemkosten würden demnach mit der Absicherungspflicht nicht steigen. Auch würden Innovationen und Wettbewerb nicht verhindert und somit hätten auch Speicher und andere Flexibilitätsoptionen faire Teilhabechancen.
Nach Ansicht der Studienautoren sollte die Absicherungspflicht die bestehenden Marktprozesse ergänzen, indem eine frühzeitige Absicherung der Stromnachfrage die Vorhaltung steuerbarer Leistung in einem technologieoffenen Wettbewerb anreizt. Sie sollte dabei auf einem gut eingespielten Stromhandel aufbauen und Investitionen in steuerbare Leistung anreizen.
Die Ausgestaltung der marktbasierten Absicherungspflicht
Die Absicherungspflicht sollte so ausgestaltet werden, dass Stromverbraucher kein Preisrisiko mehr haben. Dafür müssten ihre Lieferanten die Stromnachfrage frühzeitig an der Strombörse, im bilateralen Handel oder über die Eigenerfüllung mithilfe einer Vielzahl passender Produkte absichern. Diese stünden in einem technologieoffenen Wettbewerb und könnten sich aus angebots- und nachfrageseitigen Technologien zusammensetzen. Neben Kraftwerken kämen somit auch Batterien und flexible Verbraucher ins Spiel.
Die Absicherungspflicht sollte dabei weitestgehend bestehende Regeln für das Risikomanagement und für Marktprozesse aus der Strombinnenmarktrichtlinie und den Transparenzvorgaben des Stromhandels nutzen, wie es weiter heißt. Nach diesen Vorgaben sind Stromhändler verpflichtet, zusätzlich zu allen Handelsaktivitäten, auch ihre nicht abgesicherte Positionen mitzuteilen.
Die Absicherungspflicht müssen alle Verbraucher und Lieferanten verpflichtend erfüllen, die eine Nachfrage über Bilanzkreise bewirtschaften. Dabei müsse die absehbare Nachfrage jeder Viertelstunde des Jahres abgesichert werden. Die Absicherung könne dabei drei Jahre vor dem Erfüllungszeitpunkt starten und graduell bis zum Vortag des Erfüllungszeitpunkts ansteigen. Dabei stehe eine Vielzahl von Erfüllungsoptionen zur Auswahl, darunter der Wettbewerb zwischen den Marktsegmenten (Börse, bilateraler Handel, Eigenerfüllung – durch eigene Erzeugungsanlagen oder flexible Verbräuche), zwischen den Absicherungsprodukten, den Technologien und den Lieferanten. Dies ermögliche eine individuelle Portfoliooptimierung.
Nach Ansicht der Studienautoren wird die Versorgungssicherheit damit effizient gewährleistet, da die Nachfrage durch einen intensiven Technologiewettbewerb frühzeitig abgesichert werde. Zudem schaffe die Absicherungspflicht Anreize für die effiziente Vorhaltung steuerbarer Leistung. Der Wettbewerb führe letztendlich zu einer Versorgungssicherheit bei möglichst niedrigen Gesamtsystemkosten.
In der Studie wird eine zentrale Stelle vorgeschlagen, die die Einhaltung überwacht. Bei mangelnder Absicherung soll sie Strafzahlungen erheben. Die Autoren schreiben weiter, dass aufgrund der marktwirtschaftlichen Ausgestaltung die Absicherungspflicht nach Einschätzung des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages keine beihilferechtliche Genehmigung durch die EU-Kommission benötigt. Daher könnte sie zügig eingeführt werden – im Gegensatz zu anderen diskutierten Maßnahmen wie Kraftwerkssubventionen. Angesichts einer schnellen Umsetzungszeit ließen sich zügig die Versorgungskosten und -risiken senken. „Die Absicherungspflicht schafft somit die Grundlage für eine Steigerung des gesellschaftlichen Wohlstands und ist daher Kapazitätssubventionen in Form von Ausschreibungen und Kapazitätsmärkten deutlich überlegen“, so das Fazit der Autoren.
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Ok, jetzt werden diese Studien immer lächerlicher.
Hier wird also das seit Jahrzenten parktizierte hedgen von Preisen über den Terminmarkt und andere langfristige Lieferkontrakte als Allheilmittel gepriesen.
Das ändert natürlich alles ^^
Zitat aus der Studie.
Die Absicherungspflicht umfasst die folgenden Elemente: •
Wer wird verpflichtet? Alle Verbraucher und Lieferanten, die eine Nachfrage bewirtschaften. Diese Bewirtschaftung wird über sogenannte Bilanzkreise organisiert. Zitat Ende.
Und schon wieder tritt der faule Eiergeruch im System zutage. Seit 2010 werden die Erneuerbaren zwar in den Bilanzkreisen eingespeist und verbraucht, aber nicht mehr bewirtschaftet.