25 Jahre EEG: Weihnachtsfeier mit Folgen

Solarpark, Freifläche, Bürger Energie Genossenschaft Freisinger Land

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von Ina Röpcke

Es gibt Zahlen, die vergisst man nicht. 550 Watt Leistung hatte die erste Photovoltaik-Anlage, die Andreas Henze aus Freising baute, 1994 war das. Als er sechs Jahre später, nach Inkrafttreten des EEG, eine 70 Kilowatt-Anlage installieren sollte, erschien ihm das fast „undenkbar groß“.

pv magazine-Serie: 25 Jahre EEG

Erfolgs- oder Auslaufmodell? Wohl kaum ein Gesetz hat seit der ersten Fassung so viele Änderungen erfahren wie das Erneuerbare-Energien-Gesetz, das am 25. Februar 2000 vom Bundestag verabschiedet wurde und am darauffolgenden 1. April in Kraft trat. Und nur wenige Gesetze wurden derart kontrovers diskutiert.

Unbestritten aber ist, dass mit dem EEG das Fundament für den Photovoltaik-Boom in Deutschland gelegt wurde. Und indem es einen für damalige Verhältnisse riesigen, von Herstellern aus aller Welt belieferten Markt schuf, war es auch ein enormer Impuls für die globale Solarindustrie.

Getragen wurde dieser Markt von vielen kleinen Betrieben, die das Wagnis eingingen, sich auf den Bau von Photovoltaik-Anlagen zu spezialisieren. pv magazine erinnert deshalb an das historische Datum, oder besser: Wir fragen andere nach ihren Erinnerungen und veröffentlichen sie hier in kurzen Beiträgen.

Wir fragen andere nach ihren Erinnerungen und veröffentlichen sie hier in kurzen Beiträgen.

Alle in unserer Serie erschienenen Porträts von Photovoltaik-Pionieren und noch weitere Beiträge zum 25-jährigen EEG-Jubiläum finden Sie hier. 

In den 1990er-Jahren studierte Henze Elektrotechnik und wurde 1992 Mitglied im Verein Sonnenkraft Freising. Den ersten – und bis heute aktiven – Solarverein Bayerns hatten begeisterte Solarier schon 1989 gegründet. 1993 erwirkte der Verein eine kostendeckende Vergütung für Solarstrom – laut Vereinschronik die erste in Bayern und, nach Aachen, die zweite in Deutschland.

Henze beschloss, eine der ersten Photovoltaik-Anlagen mit dieser Vergütung zu bauen. Er holte die Erlaubnis seiner Vermieterin ein, die sich sogar finanziell an dem Projekt beteiligte. In einem Baukurs für Privatleute installierte Sonnenkraft Freising zehn Siemens SM 55-Module mit den bereits erwähnten 550 Watt Gesamtleistung auf dem Haus.

Keimzelle Freising

Aber der Verein – viele Jahre unter Federführung von Ernst Schrimpf, damals Professor an der Hochschule Weihenstephan – wollte mehr und begann, das Vergütungsmodell deutschlandweit bekannt zu machen. Ende der 1990er-Jahre entwickelte man zusammen mit Hans-Josef Fell (ab 1998 Bundestagsabgeordneter, davor Stadtverordneter in Hammelburg) und einer Rechtsanwaltskanzlei Vorentwürfe für ein Bundes-EEG. Auch der Solarenergie-Förderverein (SFV) in Aachen war sehr früh dabei. Und dann kam die Weihnachtsfeier 1999.

Die Vereinsmitglieder saßen zusammen und überlegten: „Wenn wir wissen, dass es das EEG geben wird, müssten wir doch eigentlich als einer der ersten Anlagen bauen.“ Ein Mitglied hatte ein großes Dach, ein zweites meldet sich. Schon stand die Planung für fünf Anlagen mit insgesamt 130 Kilowatt auf zwei Dächern. Henze selbst hat auf einem davon 10 und auf dem anderen 30 Kilowatt installiert. Bei der Kreditanfrage habe seine Hausbank ihn ausgelacht. „Das rechnet sich nicht, war die Antwort“. Die Umweltbank war mutiger und gewährte den nötigen Kredit. „Ein Kilowatt kostete damals circa 10.000 D-Mark. Das war viel Geld für jemanden, der nur ein kleines Sparbuch hat“, erinnert sich der heute 58-Jährige.

Vom Software-Programmierer zum Solarinstallateur

Wenig später fragte ein Bekannter, ob Henze bei ihm eine Anlage bauen könne. Und so beschloss er, den Unternehmenszweck seiner schon zu Schulzeiten und eigentlich für Softwareentwicklung gegründeten Firma SolAH zu ändern. Die Buchstaben AH stehen für Andreas Henze.

Andreas Henze
Andreas Henze

Foto: privat

Er spezialisierte sich auf Photovoltaikanlagen für landwirtschaftliche Gebäude. „Die Landwirte haben schnell erkannt, dass sie eine Ressource haben: das Dach. Außerdem bekamen einige so einen leistungsstärkeren Stromanschluss auf den Hof, der damals noch finanziert wurde. Und sie hatten das Kapital.“ Mit seinen eigenen Anlagen konnte Henze beweisen, dass „mehr Geld reinkommt als rausgeht“. Das habe sich dann schnell herumgesprochen. Henze selbst wollte die Energiewende voranbringen und beschloss, dass große Anlagen hierfür am wirkungsvollsten seien.

Bis 2012 baute er fast ausschließlich Anlagen mit 20 bis 50 Kilowatt Leistung bei Landwirten. Mitarbeiter hatte er nie, stattdessen montierten die Landwirte und ihre Helfer mit. Dann kam die folgenschwere Kürzung der Einspeisevergütung: „Zwischen 2010 und 2012 wurde das EEG kaputt reformiert. Das hat damals einer Masse von Solarfirmen das Geschäft zerstört.“

Energiegenossenschaft als Antwort

Auch er musste überlegen, wie es weitergehen könnte und entschied, nicht mehr zu installieren. Als Ingenieur wollte er sich mehr um die Anlagenplanung kümmern. Da traf es sich gut, dass die Brüder Werner und Martin Hillebrand zusammen mit Ernst Schrimpf als Antwort auf die EEG-Änderung schon eine neue Idee entwickelt hatten: die Bürger Energie Genossenschaft Freisinger Land EG. Henze war 2013 als einer der Gründungsvorstände mit dabei. „Die maximale Rendite war nicht das Ziel, eine schwarze Null reichte – es ging um das Weiterführen der Energiewende“, erinnert er sich. Heute nennt die Genossenschaft Dachanlagen und Solarparks mit einer Gesamtleistung von 4,6 Megawatt ihr Eigen und zählt 1909 Mitglieder, darunter auch Stadtwerke, Unternehmen und kommunale Einrichtungen. Das zweite Standbein sind Windenergieanlagen. Ein „Bürger-Windrad“ mit drei Megawatt gibt es bereits, zehn weitere mit insgesamt 64 Megawatt sollen gebaut werden, vier davon wurden Anfang März genehmigt. Zudem betreibt die BEG ein Ladenetz mit 73 Ladepunkten. Und sie verkauft an 1.300 Kunden regenerativen Strom. Seine Entscheidung, Solaranlagen zu bauen, anstatt Software zu programmieren, hat Andreas Henze nicht bereut.

Grundwissen EEG – eine nicht ganz vollständige Geschichte des Gesetzes (70)

Politik contra Freiflächen? Die Ampel-Koalition definierte das Ziel, den angestrebten Photovoltaik-Zubau zur Hälfte auf Freiflächen zu realisieren. Unter anderem deshalb schuf sie 2023 verschiedene planungsrechtliche Erleichterungen wie die Privilegierung solcher Anlagen auf bestimmten Flächen. Damit, so der allgemeine Tenor, korrigierte sie eine jahrelange systematische und politisch gewollte Benachteiligung von Freiflächenanlagen unter den Bundesregierungen von Union und SPD 2005 bis 2009, von Union und FDP 2009 bis 2013 und dann wieder von Union und SPD 2013 bis 2021.

Das aber entspricht nicht den Fakten. Zwar wurden in der Tat reihenweise Handicaps für Freiflächen-Photovoltaik in die verschiedenen EEG-Fassungen eingebaut. Doch keine davon war in dieser Hinsicht so restriktiv wie die von der rot-grünen Koalition geschaffene Urfassung des Gesetzes. Sie nahm Freiflächenanlagen ab 100 Kilowatt kurzerhand von jeglichem Vergütungsanspruch aus; für Anlagen an oder auf Gebäuden hingegen galt eine damals in der Praxis noch nirgends erreichte Grenze von 5 Megawatt. Allerdings fanden Projektierer schnell heraus, dass sich die Beschränkung durch Unterteilung von Anlagen in mehrere Blöcke zu je 100 Kilowatt leicht umgehen ließ.

Jochen Siemer

Weitere Beiträge zum EEG-Jubiläum veröffentlichen wir in den nächsten Tagen.

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