von Ina Röpcke
Der Blick aus dem Vorlesungssaal auf das Windrad der Stadtwerke Lemgo: Für Norbert Sasse war das während seines Studiums nicht selten eine verlockendere Perspektive als die in Richtung Tafel. Seine Ausbildung hat er beim Fernmeldeamt Münster (heute Telekom) gemacht und anschließend in Lemgo Nachrichtentechnik studiert. „Erneuerbare Energien haben mich aber schon bald mehr interessiert“, erinnert er sich.
pv magazine-Serie: 25 Jahre EEG
Unbestritten aber ist, dass mit dem EEG das Fundament für den Photovoltaik-Boom in Deutschland gelegt wurde. Und indem es einen für damalige Verhältnisse riesigen, von Herstellern aus aller Welt belieferten Markt schuf, war es auch ein enormer Impuls für die globale Solarindustrie.
Getragen wurde dieser Markt von vielen kleinen Betrieben, die das Wagnis eingingen, sich auf den Bau von Photovoltaik-Anlagen zu spezialisieren. pv magazine erinnert deshalb an das historische Datum, oder besser: Wir fragen andere nach ihren Erinnerungen und veröffentlichen sie hier in kurzen Beiträgen.
Wir fragen andere nach ihren Erinnerungen und veröffentlichen sie hier in kurzen Beiträgen.
Alle in unserer Serie erschienenen Porträts von Photovoltaik-Pionieren und noch weitere Beiträge zum 25-jährigen EEG-Jubiläum finden Sie hier.

Foto: Mittelpunkt Innovations-Zentrum/Solarwerkstatt Lemgo
Der Einstieg in diese Branche war seine Diplomarbeit, die er bei den Stadtwerken Lemgo schreiben konnte. Darin drehte es sich um eine Photovoltaik-Anlage mit 10 Kilowatt Leistung auf einem Laborgebäude der Fachhochschule Lippe, bei der Montage1995/96 durfte Sasse selbst mit Hand anlegen. Die Stadtwerke bauten zu der Zeit die ersten Anlagen auf Basis der kostenorientierten Vergütung nach dem Aachener Modell.
Nach seinem Studium begann Sasse seinen Berufsweg bei der LTL Maschinenbau und war dort in der Abteilung Photovoltaik tätig. Mit Kollegen gründete er dann 1997 die Solarwerkstatt Lemgo GmbH. Das Inkrafttreten des EEG am 1. April 2000 hat die Jungunternehmer nicht sonderlich überrascht. „Wir kannten die kostenorientierte Vergütung ja schon vorher“, so Sasse. „Die 99 Pfennig, die es dann gab, waren lokal eine Verschlechterung.“ In Lemgo gab es 1996/97 bereits 1,19 D-Mark je Kilowattstunde. Ein paar umliegende kleine Stadtwerke und Kommunen hatten ebenfalls vor 2000 eine kostenorientierte Vergütung eingeführt. Für alle, die nichts in der Richtung hatten, sei der EEG-Tarif aber eine große Verbesserung gewesen.
Meilensteine der Photovoltaikbranche
Um die Jahrtausendwende herum hatte die Solarwerkstatt Lemgo drei bis vier Mitarbeiter. Maximal waren es fünf, gelegentlich arbeitete Sasse mit externen Dachdeckern oder Elektrikern zusammen. In den ersten Jahren des EEG installierte er vor allem kleine Photovoltaik-Anlagen auf Einfamilienhäusern.

Foto: Solarwerkstatt Lemgo
Ein damals außerordentlich großes Projekt war eine Anlage mit 108 Kilowatt Leistung auf dem Fußballstadion Bielefelder Alm (heute Schüco-Arena). Die Solarwerkstatt Lemgo hat sie installiert, im EEG-Jahr 2000 ging sie in Betrieb und war damals die zweitgrößte Photovoltaik-Anlage weltweit auf einem Stadiondach. Die größte gab es Sasse zufolge auf dem damaligen Dreisam-Stadion in Freiburg.
Ab 2003 kam eine Phase, in der aufgrund der wirtschaftlichen Situation der Geschäftsführer auch der einzige Angestellte der Solarwerkstatt war. Dann ging es wieder bergauf, bis ab 2014 erneut „eine stramme Zeit“ kam. Im letzten Solar-Boom vor drei Jahren hat Sasse kurzfristig aufgestockt, arbeitet nun aber schon länger mit zwei Mitarbeitern. „Wir bleiben ein kleines Team, das passt so“, sagt der 60-Jährige und ergänzt: „Ich bin zufrieden.“ Er macht alles selbst, von der Planung bis zur Montage. „Bei schönem Wetter bin ich gern auf dem Dach, bei schlechtem Wetter im Keller oder im Büro.“ Er schätzt gerade diese Abwechslung an seinem Beruf. Von anderen Solarfirmen weiß er, dass sie gerade Mitarbeiter entlassen müssen. „Den Stress habe ich nicht.“ Solange die Gesundheit mitspielt, will er weitermachen. Seine unerschütterliche Begeisterung für die erneuerbaren Energien hält bis heute an.
Grundwissen EEG – eine nicht ganz vollständige Geschichte des Gesetzes (5)
Kostentreiber EEG-Umlage? Die Finanzierung der Einspeisevergütung durch eine Umlage auf den Strompreis und die daraus resultierenden Kosten waren zunächst überhaupt kein Thema – 2020 betrug die EEG-Umlage 0,19 Cent je Kilowattstunde. Bis 2009 stieg sie zwar auf 1,32 Cent, doch auch hierüber hielt sich der Unmut in Grenzen.
Es war aber keineswegs nur der steil ansteigende Zubau der Erneuerbarem, vor allem der Photovoltaik, der die Umlage von 2010 bis 2017 auf 6,88 Cent hochschnellen ließ. Ebenso wichtige Faktoren waren die seit 2010 mit der so genannten Ausgleichsmechanismusverordnung geänderte Vermarktung des EEG-Stroms, die teilweise oder gänzliche Umlagenbefreiung von immer mehr (Groß-) Verbrauchern und vor allem die Erneuerbaren selbst: Weil EEG-Strom seit 2010 an einer Strombörse vermarktet werden muss, gleichzeitig aber durch seine geringen Grenzkosten die dortigen Preise drückt, stieg die Differenz zwischen EEG-Vergütungszahlungen und Vermarktungserlösen lange Zeit kontinuierlich an.
Kompliziert? Allerdings! Es lohnt sich trotzdem für alle Interessierten die Lektüre einer 2019 von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen- Nürnberg (FAU) vorgelegten Studie („Deutschland ohne erneuerbare Energien?“). Sie kommt zu dem Resultat, dass die Erneuerbaren trotz der für sie enorm ungünstigen Mechanismen eine Verringerung der Strombeschaffungskosten bewirk haben, deren senkender Effekt auf die Verbraucherpreise die EEG-Umlage sogar leicht überkompensiert hat.
Jochen Siemer
Weitere Beiträge zum EEG-Jubiläum veröffentlichen wir in den nächsten Tagen.
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Weil‘s grad wieder soweit war: kann man mal analysieren, inwiefern eine dauerhafte Normalzeit (=keine Sommerzeit) für die PV-Stromproduktion vorteilhaft wäre? Gewissermaßen wird doch mittlerweile das alte Argument des Strom sparens dank PV-Strom in sein Gegenteil verkehrt: wie oft hab ich als Hausbesitzer und Anlagenbetreiber gedacht: „wäre nicht schlecht, wenn jetzt die Sonne schon eine Stunde früher aufgestanden wäre – dann würde Kaffee und Toaster schon voll über PV-Strom laufen…“
Der „Schein“ trügt
https://www.pv-magazine.de/2018/02/26/dauerhafte-sommerzeit-bringt-betreibern-von-photovoltaik-anlagen-am-meisten/