25 Jahre EEG: Von der Solarthermie zum Photovoltaik-Großhändler zur Stiftung

Biohaus, Firmengebäude

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von Ina Röpcke

Willi Ernst ist ein Urgestein der Solarbranche. Sein wechselvoller Berufsweg begann schon lange vor Inkrafttreten des EEG, als er 1981 seinen ersten Sonnenkollektor baute. Das Engagement hatte den Ursprung in der Anti-Atomkraft-Bewegung, den Kollektor „habe ich aus einem Heizkörper gebastelt und gezeigt, wie man auch Wasser erwärmen kann“, erzählt er und lacht. Das wird er noch häufiger tun, wenn er Anekdoten aus seiner Solar-Vergangenheit erzählt.

pv magazine-Serie: 25 Jahre EEG

Erfolgs- oder Auslaufmodell? Wohl kaum ein Gesetz hat seit der ersten Fassung so viele Änderungen erfahren wie das Erneuerbare-Energien-Gesetz, das am 25. Februar 2000 vom Bundestag verabschiedet wurde und am darauffolgenden 1. April in Kraft trat. Und nur wenige Gesetze wurden derart kontrovers diskutiert.

Unbestritten aber ist, dass mit dem EEG das Fundament für den Photovoltaik-Boom in Deutschland gelegt wurde. Und indem es einen für damalige Verhältnisse riesigen, von Herstellern aus aller Welt belieferten Markt schuf, war es auch ein enormer Impuls für die globale Solarindustrie.

Getragen wurde dieser Markt von vielen kleinen Betrieben, die das Wagnis eingingen, sich auf den Bau von Photovoltaik-Anlagen zu spezialisieren. pv magazine erinnert deshalb an das historische Datum, oder besser: Wir fragen andere nach ihren Erinnerungen und veröffentlichen sie hier in kurzen Beiträgen.

1985 gründeten Mitbewohner seiner WG die Biohaus Gesellschaft für Baubiologie, Solar- und Umwelttechnik. Ernst stieg 1988 ein, um Solarthermieanlagen zu bauen. Ab 1995 wollte er auch Photovoltaik-Anlagen installieren, stieß damit aber nicht auf Begeisterung. Die Zustimmung erfolgte nur unter der Bedingung, dass er trotzdem keinen Quadratmeter Solarthermie weniger baut: „PV stand nicht oben auf der Agenda zur Weltverbesserung.“ Ernst knüpfte den Kontakt zum spanischen Modulhersteller Isofoton und importierte dessen Module nach Deutschland. Im ersten Jahr waren es 20 Kilowatt, im zweiten Jahr 64, dann wurden es ein paar Hundert Kilowatt.

Willi Ernst 1989
Von der Anti-Atomkraft-Bewegung zur Solartechnik: Willi Ernst 1989

Foto: privat

Die Mengen waren klein, doch das Geschäft lief gut. 1999 gründete er aus dem Kollektiv-Unternehmen heraus die Biohaus Photovoltaik Handels GmbH und montierte nur noch Photovoltaik-Anlagen. Und dann kam das EEG.

Einstieg als Großhändler

Als das Gesetz im Bundestag beschlossen wurde, war Willi Ernst gerade auf dem Photovoltaik-Symposium in Bad Staffelstein. Als er wieder ins Büro kam, lag eine Bestellung über Module mit einem Megawatt Leistung im Faxgerät. „Die Bestellung habe ich euphorisch bestätigt, nachdem Isofoton mir zugesichert hatte, ich solle mir keine Sorgen machen.“ Das klappte allerdings nicht wie geplant und auch der Kunde hielt nicht Wort. Anstelle des Solarparks, für den er die Module angeblich haben wollte, verkaufte er sie weiter. Biohaus stoppte die Lieferung, der Kunde klagte, Jahre später musste Ernst hohe Zahlungen leisten. „Zum Glück hatten wir das Geld zwischenzeitlich verdient“, erzählt er mit einem Schmunzeln. „Das war damals die Zeit, als man einen Auftrag über ein Megawatt Leistung noch auf einem DIN A4-Blatt bestätigt hat.“

Ab 2000 beschäftigte Willi Ernst keine Monteure mehr, sondern war nur noch als Großhändler sowie als exklusiver Vertriebspartner von Isofoton in Deutschland tätig. Und er fokussierte sich auf gebäudeintegrierte Anlagen, weil die seiner Meinung nach den Zubau beschleunigen konnten. Deshalb begann er, mit Biohaus ein System für Solardachziegel zu entwickeln, das 2001 auf den Markt kam. Das Konzept ist bis heute im Markt, sagt Ernst nicht ohne Stolz.

Der Erfolg veranlasste ihn, 2004 ein „spektakuläres Bürogebäude“ zu bauen. Ernst erinnert sich, dass er 2005 zehn Megawatt Photovoltaik-Leistung mit einem Jahresumsatz von 40 Millionen Euro umgesetzt hat. „Das Zeug war ja so teuer.“ In dem Jahr bahnte sich aber auch schon eine große Veränderung an.

Centrosolar übernimmt Biohaus

Auf der Intersolar 2005 sprach Centrosolar ihn an und bekundete Interesse an seinem Unternehmen. „Zuerst habe ich die ausgelacht: Von einem Ein-Mann-Betrieb zu dem, was ich aufgebaut hatte – das sollte ich verkaufen?“ Aber gewisse Umstände bewegten ihn dann doch dazu: dass er es nicht geschafft hatte, eine zweite Management-Ebene aufzubauen, dass ein wichtiger Mitarbeiter das Unternehmen verließ, und nicht zuletzt gesundheitliche Probleme. Aus lockeren Gesprächen wurden konkrete Verhandlungen. 2006 fand der Merger zwischen Biohaus, zu dieser Zeit mit 40 Mitarbeitern, und Centrosolar statt. Ernst hat den Schritt nicht bereut: „Das war die richtige Entscheidung für den Standort Paderborn. Er ist weiter gewachsen und ich habe auf strategischer Ebene mitgearbeitet.“ 2013 musste Centrosolar allerdings Insolvenz anmelden. Das Unternehmen hat den Markteinbruch aufgrund der drastisch gekürzten Einspeisevergütung im EEG 2012 nicht überstanden.

Biohaus-Stiftung, Modullieferung, Ukraine
Etwas Vernünftiges machen“: Entladung einer durch die Biohaus-Stiftung organisierten Lieferung von Solarmodulen in Trostjanez, Ukraine.

Foto: Biohaus-Stiftung

Mit dem Verkaufserlös hätte Ernst sich auch zur Ruhe setzen können, aber das kam für ihn und seine Familie nicht infrage. „Wir wollen nicht reiche Leute werden, sondern etwas Vernünftiges machen“, lautete der Beschluss. Und so gründeten sie Ende 2009 die Biohaus-Stiftung für Umwelt und Gerechtigkeit. Vorstand Willi Ernst und zwei weitere Personen sind in der Stiftung angestellt, sieben Personen aus der Familie und dem Freundeskreis bilden den Aufsichtsrat.

Zwei Monate nach der Stiftungsgründung wurde Haiti von einem schweren Erdbeben erfasst und das erste Ziel war klar: Die Stiftung organisierte ab 2010 die Lieferung von gespendeten Photovoltaik-Anlagen für die Insel. Auch in Nicaragua war sie aktiv, und aktuell bildet die Ukraine einen Schwerpunkt: 2024 brachte die Stiftung 700 Kilowatt Modulleistung in das Land, im laufenden Jahr wurden bereits 650 Kilowatt gespendet. Empfänger sind in der Regel regionale Betreiber von Krankenhäusern. „Unsere Anlagen haben nicht nur die Funktion der Nothilfe. Wir betrachten sie auch als Samenkorn für den solaren Wiederaufbau. Dezentrale Energieerzeugungsanlagen sind schwieriger zu zerstören als zentrale.“

Grundwissen EEG – eine nicht ganz vollständige Geschichte des Gesetzes (4)

Photovoltaik-Weltmarktführer? Eine oft gehörte Erzählung ist, dass mit dem EEG das Fundament für eine weltweit führende deutsche Solarindustrie gelegt wurde, die dann aber verspielt worden sei. Tatsächlich hat allerdings die Produktion von Solarzellen in Deutschland zu keinem Zeitpunkt auch nur den Inlandsbedarf gedeckt. Wichtigstes Herkunftsland von Importen war zunächst Japan, ab 2007 dann China.

Wirtschaftsförderungsgesetz? Trotzdem hat das Gesetz einen enormen Schub für die heimische Solarwirtschaft ausgelöst, denn natürlich profitierten Hersteller – nicht nur von Solarzellen und Modulen, sondern auch von Wechselrichtern, Montagesystemen und anderen Komponenten – enorm von dem Markt vor ihrer Haustür. Noch weitaus mehr Arbeitsplätze entstanden in den Bereichen Vertrieb, Planung und Installation von Photovoltaik-Anlagen. Zur Veranschaulichung: 2005 umfasste der Weltmarkt rund 1,8 Gigawatt, der deutsche Markt machte mit gut 900 Megawatt mehr als die Hälfte davon aus. 2024 waren es weltweit knapp 600 Gigawatt, davon knapp 17 Gigawatt in Deutschland.

Jochen Siemer

Weitere Beiträge zum EEG-Jubiläum veröffentlichen wir in den nächsten Tagen.

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