Die europäische Photovoltaik-Branche traf sich und ihr wohlgesonnene Teile der EU-Verwaltung und Abgeordnete in Brüssel zum Solarpower Europe Summit. Als roter Faden zog sich durch die Diskussionen der zwei Tage, dass der Ausbau der Photovoltaik Europa energieunabhängiger, sicherer und billiger machen würde. Was ungefähr die Ziele des Clean Industrial Deal sind, mit der die im vergangenen Herbst gebildete neue EU-Kommission den EU Green Deal ablösen will und in dessen Rahmen wieder viele Pläne gemacht werden.
So warb Dan Jørgensen, jetzt EU-Kommissar für Energie und Wohnungswesen (genauer: für bezahlbares Wohnen und bezahlbare Energie), mit drei Zahlen für einen schnellen Ausbau der Photovoltaik. 2.5 Billionen Euros könnten durch den im Februar angekündeten Affordable Energy Action Plan bis 2040 eingespart werden. 47 Millionen Europäer könnten es sich nicht leisten, zu heizen. Und eine Millionen Menschen könnten im Jahr 2027 vor allem im Photovoltaik-Installationssektor arbeiten.
Der Affordable Energy Action Plan, der wiederum auf den letztes Jahr verabschiedeten REPowerEU Plan aufbaut, enthält in den umfangreichen Anregungen für Programme und Gesetzesänderungen zum Beispiel das Ziel, Genehmigungsverfahren zu beschleunigen, „bei nicht so komplizierten Projekten auf maximal sechs Monate“, so Jørgensen, bei komplizierten auf maximal zwei Jahre.
Nicht zuletzt will der Action Plan die Flexibilität im Stromnetz erhöhen, weil auch das die Energiepreise senkt. Eine Forderung, die Solarpower Europe auch hat und daher die Veranstaltung unter dem Motto „Let’s flex“ stellte.
In Brüssel war Gelegenheit zu feiern – nicht nur wiederholt eine der Branche aufgeschlossene Kommission zu haben, sondern auch den 40sten Geburtstag des Solarverbandes. Ältere werden sich erinnern; früher trug er den eher spröden Namen EPIA, European Photovoltaic Industry Association. Spröde ist der Verband mit seinem agilen Team schon lange nicht mehr. Mit nach eigenen Angaben mehr als 500 Teilnehmern hat er auch einen neuen Besucherrekord erreicht. Beim Start-up Award flog das Konfetti, er ging im Übrigen an das Unternehmen Heliup, das flexible Module produzieren will. Und auch sonst gab es viel sichtbare Aktion auf der Bühne.
Während des Summits veröffentlichte Solarpower Europe zwei Studien, eine zu Vorteilen von Photovoltaik-Speicher-Hybridsystemen und eine zur Erhöhung der Flexibilität in Gebäuden. Interesse der Mittgliedunternehmen und Message an die Politik: um die Flexibilität zu heben, muss man Preissignale setzen und Smart-Meter einbauen.
Photovoltaik-Produktion in Europa
Auch das Thema Produktion in Europa steht wieder auf der Tagesordnung. Einmal in der Diskussion um das Thema Cybersecurity, was im Zusammenhang mit der heimischen Leistungselektronik-Industrie interessant ist. Allerdings ist die EU bekanntermaßen oft zu langsam. Die Halbleiterindustrie lässt sich über IPCEI-Programme fördern. Auch im so genannten Draghi-Report steht, dass es schnellerer IPCEIs bedürfe, sagt Emir Demircan vom Halbleiterhersteller Infineon.
Dieser Eindruck, dass die EU oft zu langsam ist, lässt sich auch bei dem Net Zero Industry Act bekommen. Als Reaktion auf den Einmarsch Russlands in die Ukraine zur Förderung heimischer Produktion im Jahr 2022 initiiert, wurde auch dieses Jahr wieder auf einem Panel die Umsetzung diskutiert. Das Gesetz gibt es zwar seit einem Jahr. Allerdings benötigt es noch drei weitere so genannte „secondary legislative Acts“, auf deutsch Ausführungsgesetze. Sie werden nun vor der Sommerpause erwartet, auch zu den Nicht-Preis-Kriterien, mit denen in öffentlichen Ausschreibungen heimische Produkte gefördert werden sollen. Zum Vergleich: in diesem Zeitraum hat die chinesische Solarindustrie von Perc- auf Topcon-Module umgestellt und von 400 Gigawatt jährliche Modulproduktionskapazität auf 1440 Gigawatt weiter stark skaliert.
Joanna Drake, Deputy Director-General of Research and Innovation, machte klar, dass auch Sie hinter der Idee der EU-Produktion steht. Photovoltaik sei ein Pfeiler des zukünftigen Energiesystems, Europa müsse sich als „technology Leader“ wiedererfinden und energieautonom werden. In den letzten Jahren sei das Bestreben dazu im Bereich Photovoltaik dadurch überschattet gewesen, dass die Strompreise hoch gewesen seien und dass es unfaire Praktiken im Wettbewerb gegeben habe. Jetzt müsse man halt dort starten, wo man gerade sei. Sie und Walburga Hemetsberger, CEO von Solarpower Europe, haben ein Memorandum of Understanding unterschrieben, mit dem sie eine Europäische Partnerschaft für Innovation im Bereich Photovoltaik starten wollen, bei der es um 240 Millionen Euro geht. Solarpower Europe tat dies im Namen der Europäischen Technologie- und Innovationsplattform für Photovoltaik (ETIP PV).
Beihilferechtliche Genehmigung der Agri-Photovoltaik-Förderung
Langsam ist die EU auch bei der beihilferechtlichen Genehmigung des Osterpakets, das der deutsche Bundestag vor knapp einem Jahr verabschiedet hat. Damit hängen in Deutschland die Erhöhung der Marktprämie im Gewerbesegment, das Repowering im Gewerbesegment und die Förderung der Agri-Photovoltaik nach wie vor in der Luft. Gerade letzteres entwickelt sich zu einem großen Problem für die in dem Bereich aktiven Unternehmen, die sich auf die Förderung eingestellt haben und nun seit einem Jahr ihre geplanten und vorbereiteten Projekte nicht umsetzen können. Dabei hat sich die EU ja auch die Förderung der Agri-Photovoltaik auf die Fahnen geschrieben.
Offizielle Begründungen gibt es dazu nicht. Man hört, die EU ziere sich mit der Genehmigung, weil Deutschland endlich auf die aktuellen EU-Rahmenbedingungen umstellen soll, die eine Erlösabschöpfung vorschreiben. Im Freiflächensegment wären das zum Beispiel so genannte Differenzverträge (CfD) statt der Zuschläge der Marktprämie – etwas, was eigentlich erst für 2027 vorgesehen ist. Jetzt hängt eventuell auch das Solarspitzengesetz in der Genehmigungsschleife. David Wedepohl, Geschäftsführer Internationales im Bundesverband Solarwirtschaft, bat auf dem Panel, die Kommission solle es doch bitte schnell umsetzen. Die politische Einigkeit in Deutschland ist groß, dass dies schnell nötig, da sonst weiter unflexible Anlagen zugebaut werden.
Es gibt also viele Pläne. In den nächsten Wochen, Monaten und vermutlich Jahren steht die harte Arbeit an, eine Einigung über das Vorhaben mit den Mitgliedsländern im Rat und mit den Abgeordneten im Parlament zu finden. Insbesondere die Stimmung im neu gewählten Parlament sehen Branchenvertreter als Herausforderung – es scheint deutlich weniger freundlich gegenüber den Vorstellungen der erneuerbaren Branche eingestellt zu sein als während der vorhergehenden Legislatur.
So ist nicht gesagt, dass die Ziele, die die Kommission setzt auch erreicht werden. Man denke nur an die im Jahr 2000 verabschiedete Lissabon-Strategie, die die EU bis 2010 zur „wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaft der Welt“ zu machen, was offensichtlich verfehlt wurde.
Allerdings war die Stimmung auch so, dass es dieses Mal auf jeden Fall klappen muss. „Wir treffen uns hier in einer Zeit, in der Europa an einem Scheideweg steht. Und es gibt nur eine Richtung: Europas Sicherheit, Wettbewerbsfähigkeit und Klimaschutz schnell vorantreiben”, sagt Walburga Hemetsberger. Wenn es um Sicherheit gehe, säßen die Erneuerbaren jetzt mit am Tisch. „Das war nicht immer so“.
In der Feierlaune war auch Mutmachen angesagt. Die Welt gehe in die falsche Richtung, sagte Teresa Ribera, Exekutiv-Vizepräsidentin der Kommission und zuständig für den Green Deal, und strahlte Optimismus aus. Europa habe zum Beispiel eine gebildete Bevölkerung und eine gute Infrastruktur. In einer anderen Session fasste ein Teilnehmer die Diskussion damit zusammen, es fehle also nur das Selbstvertrauen.
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