25 Jahre EEG: „Eine 5 Kilowatt-Anlage auf einem Wohnhaus war schon mutig“

Grundschule Rottenburg-Oberndorf

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von Ina Röpcke

Für Thomas Hartmann, Geschäftsführer der Hartmann Energietechnik GmbH in Rottenburg-Oberndorf bei Tübingen, kam das EEG nicht aus heiterem Himmel. „Es gab ja vorher schon Gerüchte und es gab die Pioniere mit der kostendeckenden Vergütung in Aachen und Freising“, blickt er zurück. Als das EEG dann am 1. April 2000 in Kraft trat, sei es auf einen Schlag losgegangen. „Es war aber auch nicht so easy, wie heute viele meinen.“

pv magazine-Serie: 25 Jahre EEG

Erfolgs- oder Auslaufmodell? Wohl kaum ein Gesetz hat seit der ersten Fassung so viele Änderungen erfahren wie das Erneuerbare-Energien-Gesetz, das am 25. Februar 2000 vom Bundestag verabschiedet wurde und am darauffolgenden 1. April in Kraft trat. Und nur wenige Gesetze wurden derart kontrovers diskutiert. Unbestritten aber ist, dass mit dem EEG das Fundament für den Photovoltaik-Boom in Deutschland gelegt wurde. Und indem es einen für damalige Verhältnisse riesigen, von Herstellern aus aller Welt belieferten Markt schuf, war es auch ein enormer Impuls für die globale Solarindustrie. Getragen wurde dieser Markt von vielen kleinen Betrieben, die das Wagnis eingingen, sich auf den Bau von Photovoltaik-Anlagen zu spezialisieren. pv magazine erinnert deshalb an das historische Datum, oder besser: Wir fragen andere nach ihren Erinnerungen und veröffentlichen sie hier in kurzen Beiträgen.

Hartmann hat 1994 mit Sammelbestellungen für solarthermische Anlagen angefangen und im April 1995 seine erste Firma Energie & Natur gegründet. Im Jahr 2000 war er mit Gerhard Weiße zusammen Gründungsmitglied des Verbandes der Solar-Einkaufsgemeinschaften e.V. (2006 in Verband der Solar-Partner e.V. umbenannt), ein paar Jahre später wurde aus seiner Firma die Hartmann Energietechnik.

Mutige erste Kunden

Sein erster Auftrag war eine Photovoltaik-Anlage mit 4,5 Kilowatt Leistung auf einem Wohnhaus in Rottenburg. Danach ging es mit 24 Kilowatt auf der Grundschule in Rottenburg-Oberndorf weiter, der ersten Photovoltaik-Gemeinschaftsanlage im Landkreis. Aber die Skepsis war groß. „Es hat ja keiner gewusst, ob das Material 20 Jahre durchhält“, sagt Hartmann. Entsprechend kritisch sei auch der Lokalreporter gewesen. „Das ist ja alles subventioniert. Das rechnet sich doch im Leben nicht“, sei dessen Kommentar bei der Einweihung gewesen. Der Artikel aber „war dann doch wunderschön.“ Und das Projekt habe ihm geholfen, bekannter zu werden.

Thomas Hartmann
Thomas Hartmann

Foto: Hartmann Energietechnik

Ein Unternehmensberater aus dem Ort fing Feuer. Er mietete Dächer in einem Schuppengebiet, ließ den Solarpionier dort Anlagen mit 37 Kilowatt Leistung bauen und wenig später, ein paar Dörfer weiter, noch eine 61-Kilowatt-Anlage. „Danach ging es Schlag auf Schlag“, so Hartmann, meist mit Anlagen zwischen zwei und fünf Kilowatt. „Eine 5-Kilowatt-Anlage auf einem Wohnhaus war schon mutig.“

Hartmann fallen unzählige EEG-Anekdoten ein, darunter diese: Die damalige Bundesjustizministerin Hertha Däubler-Gmelin, Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis Tübingen, hatte ihren Kabinettskollegen, den damaligen Wirtschaftsminister Werner Müller, nach Oberndorf eingeladen, damit er die Früchte des EEG besichtigen konnte – zu dessen Freunden er bekanntermaßen nicht zählte. „Surreal war das“, erzählt Hartmann: Müller landete mit einem Helikopter auf dem Sportplatz, schaute sich die Anlagen im Schuppengebiet und auf der Grundschule an, „und schwebte anschließend wieder davon.“

Höhen und Tiefen

Fünf Mitarbeiter hatte das Unternehmen im Jahr 2000, in der Hochphase waren es 15. Heute sind es zehn, dazu kommt ein Netzwerk an freien Solarberatern und anderen Firmen.

Das Geschäft lief zunächst so gut, dass Hartmann bald beschloss, in Oberndorf das „Sonnenzentrum“ mit einer Kollektorfertigung, Büros, Wohnung und dem Restaurant „Sonne – die feurige Gastronomie“ zu bauen. Das 2006 eingeweihte Gebäude wurde zu einem Leuchtturm für erneuerbare Energien in der Region. Doch 2011 drehte sich das Blatt. Sieben magere Jahre kamen: „Es gab Zeiten, da hat die Gastronomie uns über Wasser gehalten.“ Klein beigeben kam für den heute 63-jährigen aber nie infrage.

Hartmann Energietechnik, Sonnenzentrum
Ein Leuchtturm für Erneuerbare: das 2006 eingeweihte „Sonnenzentrum“.

Foto: Hartmann Energietechnik

Er hätte sich gewünscht, dass der Gedanke des EEG in den Medien besser kommuniziert worden wäre. „Die Vergütungen gingen runter, aber die Preise ja auch. Renditemäßig war Photovoltaik immer darstellbar.“ Er selbst leistet unermüdlich Öffentlichkeitsarbeit, unter anderem mit dem regelmäßigen „Solarspaziergang“ zu Photovoltaik-, Solarthermie- und Biomasse-Anlagen, den es schon genauso lange gibt wie das EEG – seit April 2000.

Ohne das Gesetz, resümiert er, „wären wir heute nicht da, wo wir sind, trotz aller Leidensgeschichten“, Und was wäre, wenn das EEG abgeschafft würde? „Dann werden wir das wahrscheinlich auch überleben. Es gibt jetzt schon viele Projekte, wo kein EEG mehr nötig wäre, zum Beispiel bei größeren Anlagen auf Gewerbedächern.“

Und es gibt eine neue Anekdote: In diesem Monat durfte Hartmann Energietechnik der inzwischen 81-jährigen Hertha Däubler-Gmelin als Ergänzung zu ihrer Solarthermie- auch noch eine Photovoltaikanlage installieren.

Grundwissen EEG – eine nicht ganz vollständige Geschichte des Gesetzes (1)

Eine deutsche Erfindung? Im Prinzip hatte das EEG nur zwei wichtige Grundpfeiler: Die Pflicht der Netzbetreiber, Strom aus Erneuerbare-Energien-Anlagen abzunehmen und den Anspruch der Anlagenbetreiber auf eine Vergütung. Diese Idee stammt aber nicht aus Deutschland, sondern wurde erstmals 1989 im schweizerischen Burgdorf, also auf kommunaler Ebene praktiziert.

In Deutschland gab es beim Inkrafttreten des EEG rund 50 Kommunen mit Einspeisevergütung, den Anfang hatten Aachen, Hammelburg und Freising gemacht.

Ein Gesetz von Rot/Grün? Nachdem das EEG ein international beachteter Erfolg geworden war, reklamierte bisweilen sogar die CDU die Urheberschaft unter Berufung auf das 1991 unter ihrer Ägide eingeführte Stromeinspeisungsgesetz – von dem allerdings insbesondere die Photovoltaik wegen viel zu geringer Vergütungssätze keinen Impuls erhielt.

Aber auch in der 1998 ins Amt gekommenen rot-grünen Bundesregierung hatte das EEG nicht nur Anhänger, insbesondere der gemeinsam mit dem Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) zuständige, von der SPD gestellte Wirtschaftsminister Werner Müller galt als entschiedener Kritiker. Und als Grund dafür, dass die Europäische Kommission ungewöhnlicherweise schon wenige Tage nach Inkrafttreten das EEG kritisch hinterfragte, gilt ein gezielter Hinweis aus Berliner Regierungskreisen.

In Wahrheit wurde das Gesetz denn auch nicht von der Regierung, sondern vom Parlament initiiert und durchgesetzt. Treibende Kräfte waren die SPD-Abgeordneten Hermann Scheer († 2010) und Dietmar Schütz sowie ihre Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen, Hans-Josef Fell und Michaele Hustedt.

Jochen Siemer

Weitere Beiträge zum EEG-Jubiläum veröffentlichen wir in den nächsten Tagen.

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