von Ina Röpcke
Für Thomas Hartmann, Geschäftsführer der Hartmann Energietechnik GmbH in Rottenburg-Oberndorf bei Tübingen, kam das EEG nicht aus heiterem Himmel. „Es gab ja vorher schon Gerüchte und es gab die Pioniere mit der kostendeckenden Vergütung in Aachen und Freising“, blickt er zurück. Als das EEG dann am 1. April 2000 in Kraft trat, sei es auf einen Schlag losgegangen. „Es war aber auch nicht so easy, wie heute viele meinen.“
pv magazine-Serie: 25 Jahre EEG
Hartmann hat 1994 mit Sammelbestellungen für solarthermische Anlagen angefangen und im April 1995 seine erste Firma Energie & Natur gegründet. Im Jahr 2000 war er mit Gerhard Weiße zusammen Gründungsmitglied des Verbandes der Solar-Einkaufsgemeinschaften e.V. (2006 in Verband der Solar-Partner e.V. umbenannt), ein paar Jahre später wurde aus seiner Firma die Hartmann Energietechnik.
Mutige erste Kunden
Sein erster Auftrag war eine Photovoltaik-Anlage mit 4,5 Kilowatt Leistung auf einem Wohnhaus in Rottenburg. Danach ging es mit 24 Kilowatt auf der Grundschule in Rottenburg-Oberndorf weiter, der ersten Photovoltaik-Gemeinschaftsanlage im Landkreis. Aber die Skepsis war groß. „Es hat ja keiner gewusst, ob das Material 20 Jahre durchhält“, sagt Hartmann. Entsprechend kritisch sei auch der Lokalreporter gewesen. „Das ist ja alles subventioniert. Das rechnet sich doch im Leben nicht“, sei dessen Kommentar bei der Einweihung gewesen. Der Artikel aber „war dann doch wunderschön.“ Und das Projekt habe ihm geholfen, bekannter zu werden.

Foto: Hartmann Energietechnik
Ein Unternehmensberater aus dem Ort fing Feuer. Er mietete Dächer in einem Schuppengebiet, ließ den Solarpionier dort Anlagen mit 37 Kilowatt Leistung bauen und wenig später, ein paar Dörfer weiter, noch eine 61-Kilowatt-Anlage. „Danach ging es Schlag auf Schlag“, so Hartmann, meist mit Anlagen zwischen zwei und fünf Kilowatt. „Eine 5-Kilowatt-Anlage auf einem Wohnhaus war schon mutig.“
Hartmann fallen unzählige EEG-Anekdoten ein, darunter diese: Die damalige Bundesjustizministerin Hertha Däubler-Gmelin, Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis Tübingen, hatte ihren Kabinettskollegen, den damaligen Wirtschaftsminister Werner Müller, nach Oberndorf eingeladen, damit er die Früchte des EEG besichtigen konnte – zu dessen Freunden er bekanntermaßen nicht zählte. „Surreal war das“, erzählt Hartmann: Müller landete mit einem Helikopter auf dem Sportplatz, schaute sich die Anlagen im Schuppengebiet und auf der Grundschule an, „und schwebte anschließend wieder davon.“
Höhen und Tiefen
Fünf Mitarbeiter hatte das Unternehmen im Jahr 2000, in der Hochphase waren es 15. Heute sind es zehn, dazu kommt ein Netzwerk an freien Solarberatern und anderen Firmen.
Das Geschäft lief zunächst so gut, dass Hartmann bald beschloss, in Oberndorf das „Sonnenzentrum“ mit einer Kollektorfertigung, Büros, Wohnung und dem Restaurant „Sonne – die feurige Gastronomie“ zu bauen. Das 2006 eingeweihte Gebäude wurde zu einem Leuchtturm für erneuerbare Energien in der Region. Doch 2011 drehte sich das Blatt. Sieben magere Jahre kamen: „Es gab Zeiten, da hat die Gastronomie uns über Wasser gehalten.“ Klein beigeben kam für den heute 63-jährigen aber nie infrage.

Foto: Hartmann Energietechnik
Er hätte sich gewünscht, dass der Gedanke des EEG in den Medien besser kommuniziert worden wäre. „Die Vergütungen gingen runter, aber die Preise ja auch. Renditemäßig war Photovoltaik immer darstellbar.“ Er selbst leistet unermüdlich Öffentlichkeitsarbeit, unter anderem mit dem regelmäßigen „Solarspaziergang“ zu Photovoltaik-, Solarthermie- und Biomasse-Anlagen, den es schon genauso lange gibt wie das EEG – seit April 2000.
Ohne das Gesetz, resümiert er, „wären wir heute nicht da, wo wir sind, trotz aller Leidensgeschichten“, Und was wäre, wenn das EEG abgeschafft würde? „Dann werden wir das wahrscheinlich auch überleben. Es gibt jetzt schon viele Projekte, wo kein EEG mehr nötig wäre, zum Beispiel bei größeren Anlagen auf Gewerbedächern.“
Und es gibt eine neue Anekdote: In diesem Monat durfte Hartmann Energietechnik der inzwischen 81-jährigen Hertha Däubler-Gmelin als Ergänzung zu ihrer Solarthermie- auch noch eine Photovoltaikanlage installieren.
Grundwissen EEG – eine nicht ganz vollständige Geschichte des Gesetzes (1)
In Deutschland gab es beim Inkrafttreten des EEG rund 50 Kommunen mit Einspeisevergütung, den Anfang hatten Aachen, Hammelburg und Freising gemacht.
Ein Gesetz von Rot/Grün? Nachdem das EEG ein international beachteter Erfolg geworden war, reklamierte bisweilen sogar die CDU die Urheberschaft unter Berufung auf das 1991 unter ihrer Ägide eingeführte Stromeinspeisungsgesetz – von dem allerdings insbesondere die Photovoltaik wegen viel zu geringer Vergütungssätze keinen Impuls erhielt.
Aber auch in der 1998 ins Amt gekommenen rot-grünen Bundesregierung hatte das EEG nicht nur Anhänger, insbesondere der gemeinsam mit dem Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) zuständige, von der SPD gestellte Wirtschaftsminister Werner Müller galt als entschiedener Kritiker. Und als Grund dafür, dass die Europäische Kommission ungewöhnlicherweise schon wenige Tage nach Inkrafttreten das EEG kritisch hinterfragte, gilt ein gezielter Hinweis aus Berliner Regierungskreisen.
In Wahrheit wurde das Gesetz denn auch nicht von der Regierung, sondern vom Parlament initiiert und durchgesetzt. Treibende Kräfte waren die SPD-Abgeordneten Hermann Scheer († 2010) und Dietmar Schütz sowie ihre Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen, Hans-Josef Fell und Michaele Hustedt.
Jochen Siemer
Weitere Beiträge zum EEG-Jubiläum veröffentlichen wir in den nächsten Tagen.
Dieser Inhalt ist urheberrechtlich geschützt und darf nicht kopiert werden. Wenn Sie mit uns kooperieren und Inhalte von uns teilweise nutzen wollen, nehmen Sie bitte Kontakt auf: redaktion@pv-magazine.com.
Die Antwort auf die Frage, was passieren würde, wenn das EEG ersatzlos entfiele, führt etwas in die Irre: Es mag ja sein, dass es den kurz vor dem Rentenalter stehenden Herrn Hartmann nicht stark tangieren würde, weil ihm das auch ohne EEG rentierliche Geschäft für seine Restjahre reichen würde. Insgesamt würde aber der EE-Zubau stark in Mitleidenschaft gezogen werden. Die Schwierigkeiten, die wir im Augenblick haben, liegen darin, dass sich die Politik nicht an das Strommarktdesign herantraut. Das ist mit Base-Load und Peak-Load immer noch auf die Zeit der nuklear-fossilen Kraftwerke maßgeschneidert.
Der Strommarkt der Zukunft muss auf Speicher maßgeschneidert werden, weil die die entscheidende, intelligente, flexible Rolle zur Stabilisierung des Stromnetzes spielen müssen. Die volatilen Erzeuger PV und Wind sind ziemlich dumm und total unflexibel. Mehr als billigen Strom zu produzieren, können die nicht. Erst mit Speichern kann man das Netz in der gewohnten Zuverlässigkeit betreiben.
JCW schreibt.
Die Schwierigkeiten, die wir im Augenblick haben, liegen darin, dass sich die Politik nicht an das Strommarktdesign herantraut. Das ist mit Base-Load und Peak-Load immer noch auf die Zeit der nuklear-fossilen Kraftwerke maßgeschneidert.
@ JCW
Eben.. .. das ist doch jahrelang mein Thema hier, weshalb Sie mich als rückwärtsgewandt bezeichnen, und angeblich meine Kommentare nicht lesen. Das Strommarktdesign muss dahingehend geändert werden, dass die Erneuerbaren wieder „zwingend“ in den Bilanzkreisen der Versorger verbraucht werden müssen, wie das bis 2010 Gesetz war.
Für neu hinzugekommene Leser siehe im Folgenden unter Auswirkungen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Ausgleichsmechanismusverordnung.
Mit dem von H.D. propagierten Konzept würde man noch mehr zurück in die Vergangenheit geraten, als wir heute sind. Dank der von ihm beklagten Vermarktungsreform von 2010 war es immerhin möglich, außer lokalen Flexibilitäten auch noch relativ preiswert verfügbare im Ausland nutzbar zu machen. Dass das bei weiterem Zubau bei uns wie im Ausland keine Lösung auf Dauer sein kann, war damals schon klar. Langsam ist es auch für den Ignorantesten nicht mehr zu übersehen.
Wir brauchen deshalb die nächste Stufe, nämlich den großtechnischen Aufbau eigener Flexibilitäten. Die werden natürlich lokal aufgestellt. Solange sie sich aber in der einheitlichen Preiszone befinden, müssen sie zentral gesteuert werden um systemdienlich (Begriff entsprechend der Definition der BNA) zu arbeiten. Und es braucht ein radikal neues Strommarktdesign.
JCW schreibt.
Der Strommarkt der Zukunft muss auf Speicher maßgeschneidert werden, weil die die entscheidende, intelligente, flexible Rolle zur Stabilisierung des Stromnetzes spielen müssen. Die volatilen Erzeuger PV und Wind sind ziemlich dumm und total unflexibel. Mehr als billigen Strom zu produzieren, können die nicht.
@ An Alle
Maßgeschneidert, heißt beim JCW alles auf „zentrale“.. Speicher ausgerichtet. Dezentrale Heimspeicher sind für ihn asozial gegenüber der Solidargemeinschaft. PV Erzeugung ist für ihn dumm, weil er sich entweder nicht mit Geschäftsmodellen wie z.B von „1Komma5°“ beschäftigt, oder diese bewusst hier kleinredet, weil sie nicht in das Konzept passen, für das er hier unterwegs ist.
JCW schreibt
Mit dem von H.D. propagierten Konzept würde man noch mehr zurück in die Vergangenheit geraten, als wir heute sind
@ An alle
Da der JCW immer nur hilflos so nichts sagende Bemerkungen zu meinem Konzept in den Raum stellt, möchte ich für all diejenigen die hier neu dazugekommen sind mein Konzept kurz vorstellen. Bis 2010 wurden die Erneuerbaren mit sogenannten Ökobändern den Versorgern zwingend zugeteilt, und wurden somit in deren Bilanzkreisen vorrangig verbraucht. Das ist das Konzept, das ich hier propagiere. Das Strommarktdesign war noch in Ordnung, weil die EE integriert waren.
Ab 2010 sind die Erneuerbaren aus den Bilanzkreisen der Versorger raus genommen worden und müssen von da an, an der Börse separat quasi als Überschuss, verramscht werden.
Das Strommarktdesign ist total Energiewende kontraproduktiv geworden, was der JCW im folgenden ja auch richtig erkannt hat, wo er schreibt
Zitat JCW…Schwierigkeiten, die wir im Augenblick haben, liegen darin, dass sich die Politik nicht an das Strommarktdesign herantraut Zitat Ende.
Nun müsste der JCW mal erklären, warum wir mit meinem Konzept, wo die EE wieder im Versorgungssystem integriert sind noch mehr in die Vergangenheit geraten sollen.
Ich nehme an diese Erklärung wird er wieder aussitzen, um später an anderer Stelle mit den gleichen substanzlosen Kommentaren wieder aufzutauchen.
„Ich nehme an diese Erklärung wird er wieder aussitzen, um später an anderer Stelle mit den gleichen substanzlosen Kommentaren wieder aufzutauchen.“
Lieber H.D.: So etwas nennt man in der Psychologie „Projektion“. Der Projezierende glaubt, wie er selbst sei, seien auch die anderen. Bei zahlreichen Akteuren in der Politik kann man das gleiche beobachten, wenn beispielsweise Putin Selenski „Faschismus“ vorwirft, Trump den Europäern „Schnorrertum“ oder – auf einer provinzielleren Ebene – Söder den Grünen Unfähigkeit.
Um in der Provinz zu bleiben: Söder kann es Habeck nicht verzeihen, dass er von ihm gezwungen wurde, die 10h-Regel zu schleifen. Deshalb sein unversöhnlicher Hass auf die Grünen. Ich fürchte, wir werden die nächsten vier Jahre, wenn sich Union und SPD wieder in lähmender Besserwisserei gegenseitig blockieren, noch den Fähigkeiten eines Robert Habeck hinterhertrauern.
JCW schreibt.
Lieber H.D.: So etwas nennt man in der Psychologie „Projektion“. Der Projezierende glaubt, wie er selbst sei, seien auch die anderen.
@ JCW
Es geht doch nicht darum wie jemand ist, und glaubt andere müssten auch so sein. Es geht schlicht und einfach um eine Sache. Und um diese Sache machen Sie erneut wieder einen Bogen, weil Sie längst einsehen mussten, dass ich richtig liege wenn ich fordere, dass die Erneuerbaren wieder „zwingend“ ins Versorgungssystem, sprich Bilanzkreise der Versorger, aufgenommen werden müssen, wie das bis 2010 gesetzlich geregelt war. Es kann doch nicht sein, dass die Hauptakteure der Energiewende, nämlich die Erneuerbaren selbst, seit 2010 separat an der Börse als Überschuss verramscht werden müssen, und infolgedessen das gesamte Wendekonzept finanziell negativ gestalten. Um nochmal auf ihre Psychologie zurückzukommen, wissen Sie wie man es nennt, wenn jemand in der Lage ist zuzugeben, dass der Kontrahent Recht hat. ?
“ Eine 5 kW Anlage war schon mutig“
Ja, absolut! 1998 hatte ich die fixe Idee, die Welt retten zu müssen und lies mir eine 10 kW Anlage auf mein Hausdach bauen zu einem Preis von 116.000 DM. Die Zeitung berichtete über mich…diesem „Spinner“.
Alles halb so wild, dachte ich. Wenn man sich die Rechnung nämlich mal genau anschaut, war das Risiko gar nicht mal so groß. Zur damaligen Zeit gab es nämlich noch eine staatliche Förderung von 6500 DM je installierte kWh… für mich also 65.000 DM. Zieht man von der Rechnung auch noch die 16% Mehrwertsteuer ab, die ich als gewerblicher Energie erzeuger vom Finanzamt zurückerstattet bekam, dann bleiben unterm Strich eine Investition von 35.000 DM. Immer noch viel Geld, aber schon viel erträglicher.
Wer wagt, gewinnt! Mit Wegfall der Förderung, aber dafür gleichzeitiger Einführung der Vergütung von 1 DM/kWh, wurde ich dann praktisch doppelt belohnt. Die Anlage hatte sich innerhalb von vier Jahren nach Einführung der hohen Einspeisevergütung selbst bezahlt und mir in den folgenden 16 Jahren fette Gewinne in die Kasse gespült.
Auch eine kleine Begebenheit zum Jubiläum, allerdings schon mit Ursprung beim EEG Vorgänger, dem Stromeinspeisegesetz.
Als mein Sohn gerade sein Studium der E- Technik abgeschlossen hatte, bastelten wir gemeinsam mit seiner damaligen Freundin, die gerade mit einem Studium der Physikalischen Technik fertig war, im Jahre 1992 gemeinsam unsere erste PV Anlage aufs Dach. Eine Woche hats gedauert, bis wir eine passende Unterkonstruktion für die damaligen 1,48 kWp auf einer Gaube „Erfunden“ hatten. Fortan waren bei uns im Haus Studenten der Fachhochschule Wiesbaden anzutreffen. Als ich damals mit einem ins Gespräch kam, und von unserem kreisenden Einspeisezähler berichtete, der mich so faszinierte, erzählte der, dass er gerade dieser Tage bei einer Vorlesung was ganz anderes gehört habe. Wie sich beim nachhaken meinerseits herausstellte, handelte es sich um einen Gastdozent von RWE, der seine Ideologie da unter die Studenten brachte. Glücklicherweise hatten wir gerade Mittagszeit mit Sonnenschein, wir gingen in den Keller, und ich konnte den Betroffenen live vor einer pädagogischen Irreführung bewahren.