Wie sich die negativen Strompreise auf Erlöse verschiedener Photovoltaik-Anlagenkonfigurationen auswirken

Sonnenuntergang, Solarpark, Pixabay, AI generiert

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Seit 2023 reduziert sich jedes Jahr der Zahlungsanspruch von Photovoltaik-Freiflächenanlagen mit EEG-Vergütung bei auftretenden Negativstunden (EEG §100 Abs.1; §3 Nr.42a EEG). In diesem Jahr ist dies weiterhin bei drei aufeinanderfolgenden Stunden der Fall. Ab 2027 sinkt nach geltendem EEG der Zahlungsanspruch für all diese Anlagen null, wenn der Sportmarktpreis für die Dauer von mindestens einer Stunde negativ ist (§51 Abs. 1 EEG). Allerdings gibt es in der Politik Bemühungen, diesen Zeitpunkt vorzuziehen.

Denn über die letzten Jahre ist die Anzahl der Stunden, an denen der Strompreis an der Börse negativ ist, immer weiter gestiegen. Ursache dafür ist hauptsächlich die Überproduktion von Energie an Zeitpunkten, an denen das Angebot höher ist als die Nachfrage, was zumeist mit Phasen zusammenhängt, in denen Photovoltaik- oder Windkraftanlagen auf Hochtouren produzieren. Dabei stellt sich für Betreiber die Frage, ob man mit einer technischen Optimierung, etwa bestimmten Ausrichtungen oder Neigungswinkel der Photovoltaik-Anlage den Einfluss der auftretenden Negativstunden auf die eigenen Erlöse verringern oder vielleicht ganz vermeiden kann.

Analyse Auftreten und Verteilung von Negativstunden

In einem ersten Schritt muss die Entwicklung der Häufigkeit sowie der Häufigkeitsverteilung von Negativstunden historisch und zukünftig eingeordnet werden. Abbildung 1 zeigt die historische Entwicklung der Negativstunden in den letzten acht Jahren in grün.

Anzahl negative Preisstunden, 2020-2027
Abbildung 1 Anzahl Negativstunden (Daten: Netztransparenz.de; eigene Aufbereitung: Kumandra Energy)

Grafik: Kumandra Energy

Die rot markierten Balken illustrieren die extrapolierte Entwicklung des Negativstundentrends für die Jahre 2025 und 2026. Langfristig erwarten wir, dass sich der Stromverbrauch an das Überangebot anpassen wird. Verschiedene Maßnahmen wie dynamische Stromtarife, der Ausbau von Speichern, die Optimierung und der Ausbau der Netze sowie die Sektorenkopplung werden ihre Wirkung zeigen. Daher wird sich der Trend zunehmender Negativstunden ab 2027 voraussichtlich nicht weiter fortsetzen.

Abbildung 2 zeigt den Verlauf der Negativstunden über das Jahr. Bei Betrachtung der Mittelwert-Kurve fällt auf, dass die Monate Mai und Dezember besonders stark von Negativstunden beeinträchtigt werden.

Verteilung negative Preisstunden
Abbildung 2: Verteilung der Negativstunden über das Jahr (Daten: Netztransparenz.de; eigene Aufbereitung: Kumandra Energy)

Grafik: Kumandra Energy

Abbildung 3 zeigt die Verteilung der Negativstunden in dem für die Solarstrom-Produktion relevanten Zeiträumen. Für die Abbildung wurden die Daten im Zeitraum von Januar 2016 bis Dezember 2024 berücksichtigt. Erwartungsgemäß ergibt sich eine Häufung der Negativstunden zwischen 11 und 16 Uhr. Der in Abbildung 3 dargestellte Prozentsatz zeigt die Relation der aufgetretenen Negativstunden zu den jährlichen Negativstunden.

Verteilung negative Preisstunden
Abbildung 3:Verteilung der Negativstunden über den Tag (Quelle: Daten: Netztransparenz.de; eigene Aufbereitung: Kumandra Energy)

Grafik: Kumandra Energy

Analyse der Varianten

Wie sich die Verteilung der Negativstunden auf die Erträge und Erlöse von Anlagen in den verschiedenen Anlagenkonfigurationen auswirkt, wird nun im Folgenden beschrieben. Zur Beantwortung der Frage, ob man mit einer technischen Optimierung, also einer bestimmten Ausrichtung oder Neigung der Photovoltaik-Anlage den Einfluss der auftretenden Negativstunden verringern oder vermeiden kann, haben wir insgesamt neun verschiedene Varianten betrachtet. Alle Varianten sind hierbei mit einer Leistung der Anlage von drei Megawatt an einem spezifischen Standort in Oberbayern simuliert und es wurde der stündliche Energieertrag ausgelesen. Alle Anlagen sind mit denselben bifazialen Modulen ausgestattet. Die durchgeführten Simulationen sind gutachterfähig und erfolgten mit PVCase & PVSyst unter Berücksichtigung der neuesten SolarGis Einstrahlungsdaten (1994 – 2023). Nach einer internen Nutzwertanalyse entschieden wir uns für SolarGis als Anbieter der Wetterdaten.

Varianten, Kumandra Energy

 

 

Im nächsten Schritt wurden die individuellen Produktionsprofile der einzelnen Varianten den historischen negativen Stunden gegenübergestellt. Negative Strompreise werden ab der ersten Stunde berücksichtigt, entsprechend der Regelung, die ab 2027 gelten soll. Falls eine Negativstunde auftritt, gilt die zu dieser Stunde produzierte Energie als verloren/nicht vergütbar. Daraufhin wurde die vergütbare Energiemenge der verlorenen Energiemenge gegenübergestellt. Als Ergebnis erhält man die nicht-vergütete Energiemenge in Prozent sowie auch als spezifischen Energieertragsverlust (in Kilowattstunde/Kilowattpeak). Unsere Analyse bezieht sich dabei auf die bis Ende Dezember 2024 verfügbaren Daten.

Erzeugung, Varianten, Kumandra Energy

 

In Tabelle 2 wurde die mögliche Erzeugung der jeweiligen Varianten aufgelistet. Dabei erzeugen die Tracker-Anlagen mit Abstand die meiste Energie und die Ost-/West-Anlagen am wenigsten.

Im Jahr 2024 haben nach unserer Analyse die Varianten Ertragseinbußen durch Negativstunden in der Höhe von 150 bis 215 Kilowattstunde pro Kilowattpeak verbucht. Solche Ertragseinbußen sollten unbedingt in den Wirtschaftlichkeitsberechnungen der Anlagenbetreiber und finanzierenden Banken berücksichtigt werden.

Abbildung 5 zeigt historisch, wie stark die einzelnen Varianten durch die Negativstunden beeinflusst wurden. 2016 bis 2019 hätte die nicht-vergütete Energiemenge aufgrund von Negativstunden üblicherweise zwischen 1,5 und 3 Prozent der erzeugten Energie betragen. Seit 2020 – mit Ausnahme der Zeit der Energiekrise – ist festzustellen, dass der prozentuale Anteil an nicht verfügbarer Energie auf bis zu 16 Prozent gestiegen ist. Dieser Faktor wird somit nun maßgeblich für die Bewertung der Wirtschaftlichkeit von Photovoltaik-Projekten.

Anteil nicht vergüteter Stunden, Kumandra Energy
Abbildung 4: Prozentualer Anteil der nicht vergütbaren Energie, verursacht durch Negativstunden

Grafik: Kumandra Energy

Mit steigenden Negativstunden ist festzustellen, dass sich zwischen den verschiedenen Varianten auch größer werdende Unterschiede ergeben. Zum Beispiel waren im Jahr 2024 Ost-West ausgerichtete Zaun-Photovoltaik-Anlagen am wenigsten stark beeinträchtigt (11,91 Prozent des Gesamtertrags), während Freiflächenanlagen mit einer Ost-West-Ausrichtung am stärksten (15,97 Prozent des Gesamtertrags) beeinträchtigt sind. Nach Süden ausgerichtete Photovoltaikanlagen sind mit 15,74 Prozent beeinträchtigt (siehe Tabelle 2).

Obwohl die Varianten ähnlich stark von den Negativstunden betroffen sind, hat jede Option je nach den örtlichen Gegebenheiten ihre eigenen Vor- und Nachteile. Eine Entscheidung über die Ausrichtung der Anlage kann daher nicht allein auf der Vermeidung von Negativstunden basieren. Zusätzlich müssen folgende Einflussfaktoren berücksichtigt werden:

  • Möglichkeiten zur Erhöhung des spezifischer Energieertrags (Modultechnologie & Nachführsysteme)
  • Möglichkeiten zur Optimierung des Netzverknüpfungspunkts (Abstand zur Fläche, zugesagte Netzanschlussleistung und Überbauung)
  • Möglichkeiten zur Reduktion von Investitionskosten und Betriebskosten der Systeme
  • Flächenbedarf der Systeme (Pachtkosten)
Variation im Tagesverlauf, Kumandra Energy
Abbildung 5: Beispielhafte Produktionskurve dreier Varianten mit Andeutung des Zeitraums mit den meisten Negativstunden.

Grafik: Kumandra Energy

Die Frage aus der Einleitung kann man mit einem Nein beantworten. Nur aus dem Gesichtspunkt „Vermeidung von negativen Strompreisen“ lässt sich kein klarer Vorteil in der Vermarktung erreichen. Der Grund dafür ist der Zeitraum, in dem die meisten Negativstunden auftreten. Aus den Daten ergibt sich der Zeitraum für die meisten Negativstunden von 11:00 bis 16:00 Uhr, das Problem hierbei ist, dass auch Photovoltaik-Anlagen in diesem Zeitraum die höchste Produktion haben und das unabhängig ihrer Ausrichtung oder Technologie. Dieser Effekt ist in Abbildung 5 nochmals beispielhaft veranschaulicht.

 Über die Autoren

Moritz Moser, Christian Mayr, Kumandra EnergyMoritz Moser (links) ist seit 2024 Teil von Kumandra Energy und seit 2025 als Werkstudent für Energietechnik tätig. Durch sein Studium der Energie- und Gebäudetechnik an der Technischen Hochschule Rosenheim sowie seine praktische Tätigkeit bei Kumandra Energy hat er ein tiefes Verständnis für die technischen und wirtschaftlichen Herausforderungen moderner Photovoltaik-Anlagenkonfigurationen entwickelt.
Christian Mayr (rechts), seit 2023 Geschäftsführer von Kumandra Energy, verfügt über langjährige Erfahrung im Bereich erneuerbarer Energien und der Netzplanung. In seiner Karriere hat er bereits in führenden Positionen bei international agierenden Unternehmen gearbeitet und bringt ein umfassendes Fachwissen in die Themengebiete Wirtschaftlichkeit und Systemoptimierung ein. Kumandra Energy hat sich auf innovative Lösungen für die Planung, Optimierung und Umsetzung von Photovoltaik-Anlagen spezialisiert und setzt Maßstäbe in der Entwicklung nachhaltiger Energiekonzepte. https://www.kumandra-energy.de/

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