ODH fordert nach EuGH-Urteil Klarstellungen für Mieterstrom und gemeinschaftliche Gebäudeversorgung

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Überall auf der Welt gibt es Stromnetze, die nicht zum öffentlichen Netz gehören, aber auch nicht dem jeweiligen Stromabnehmer: die „letzten Meter“ innerhalb von Grundstücken, auf denen hinter dem Anschluss ans Verteilnetz mehrere Kunden versorgt werden, etwa in Wohnsiedlungen, Industrie- und Gewerbegebieten, Einkaufszentren und ähnlichen Objekten. In aller Regel werden solche Strukturen im Energierecht nicht gesondert definiert; in Deutschland aber wurde hierfür der Begriff der „Kundenanlage“ im Energiewirtschaftsgesetz (Paragraph 3 Nr. 24a und 24b) eingeführt.

Diese Praxis hat nun der Europäische Gerichtshof (EuGH) als zumindest partiellen Widerspruch zum EU-Recht, genauer: zur Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie gewertet. Im Kern geht es darum, dass der deutsche Gesetzgeber die Kundenanlage zwar als Teil des Versorgungsnetzes definiert, sie aber nicht den hierfür geltenden Regularien unterwirft. Heikel wird dies insbesondere dann, wenn innerhalb der besagten Kundenanlage auch Strom erzeugt und an die Anschlussnehmer verteilt wird. Konkret ging es vor dem EuGH um ein Blockheizkraftwerk, das rund 200 Wohnungen versorgen soll. Hierin sieht der Gerichtshof einen Widerspruch zu der im EU-Recht geforderten Entflechtung zwischen Stromerzeugung und Netzbetrieb.

Seit dem am 28. November ergangenen Urteil gibt es eine rege Diskussion auch um die Frage, was dies für dezentrale Erzeugungsanlagen bedeuten könnte, darunter auch solche im Mieterstrommodell oder als gemeinschaftliche Gebäudeversorgung. Der Open District Hub (ODH), ein Netzwerk von Organisationen und Unternehmen aus der Energie- und Immobilienwirtschaft mit dem Ziel, gemeinschaftliche Versorgungskonzepte für Quartiere zu fördern, sah sich zur Herausgabe einer Mitteilung genötigt. „Mieterstrommodelle und gemeinschaftliche Gebäudeversorgung“, so der ODH, seien „weiter möglich“. Allerdings werde man voraussichtlich „voraussichtlich erst konkret abschätzen können, wer von welchen Auswirkungen betroffen sein wird, wenn Bundesnetzagentur und Bundeswirtschaftsministerium klarstellen, dass viele Modelle weiter bestehen können und einige angepasst werden müssen.“

Grundsätzlich, so der ODH, lasse der EuGH-Urteil durchaus einen Spielraum bei der Abgrenzung von Netzen, die nicht zum Verteilnetz gehören. Nationale Gesetzgeber dürften aber keine weitergehenden Kriterien für solche Netze einführen, was in Deutschland aber teilweise gegeben sei. Nach Einschätzung des ODH betrifft das Urteil aber nur Kundenanlagen beziehungsweise die Energielieferung aus dezentralen Erzeugunsanlagen ab einer bestimmten Größe. „Die Wohnungswirtschaft ist bei weiter Auslegung und entsprechender Modellierung also voraussichtlich von diesem Urteil nicht betroffen, genauso wenig die privaten Vermieter bei Mieterstrommodellen und der gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung“, so ODH-Geschäftsführer Frank Brachvogel. Allerdings gibt es hierzu unter Juristen auch andere Positionen. So sieht etwa der Fachanwalt Sebastian Helmes in seinem Beitrag für pv magazine „auch Mieterstrommodelle und die gemeinschaftliche Gebäudeversorgung nicht außen vor“.

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