Forum „Solar Plus“: Habeck wirbt für mehr Markt, mehr Steuerbarkeit und mehr Flexibilisierung

Robert Habeck, Forum Solar plus, Berlin 2024

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Robert Habeck (Grüne) war lange – auch lange vor dem Platzen der Ampel-Bundesregierung – als Keynote-Sprecher für das „Forum Solar Plus“ in Berlin angekündigt. Und er kam und blickte in seiner etwa 30 Minuten langen Rede in die Vergangenheit, auf die Gegenwart und in die Zukunft.

In punkto Vergangenheit zeigte sich Habeck durchaus stolz auf das erreichte. So machen die Erneuerbaren mittlerweile einen Anteil von mehr als 50 Prozent, in diesem Jahr vielleicht schon 60 Prozent an der Stromversorgung aus. Auch der Netzausbau ist in seiner Amtszeit als Wirtschaftsminister seit 2021 deutlich beschleunigt worden, die Zahl der neu genehmigten Windräder ist stark gestiegen und auch beim Photovoltaik-Zubau läuft es deutlich besser als noch vor seinem Amtsantritt.

Zwar ist der Weg bereitet, doch nicht alle Herausforderungen sind gemeistert. „Wenn wir bald 80 Prozent Erneuerbare erreichen, braucht es steuerbare Lasten und deren Flexibilität, die auch vorgehalten werden muss“, sagte Habeck. Noch zu frisch sind die Erinnerungen an die ersten Novembertage in diesem Jahr, als die Dunkelflaute zu stark steigenden Strompreisen führte und die Versorgungssicherheit vor allem durch konventionelle Kraftwerke gesichert wurde.

Er sagte, die Versorgungssicherheit habe für ihn die höchste Priorität und müsse auch für zwei bis vier Wochen gesichert sein, wenn nicht genügend Erneuerbare verfügbar seien. „Daher better safe than sorry“, sagte Habeck, und verteidigte die eher großzügig veranschlagten Reservekapazitäten. Wenn die Versorgungssicherheit nicht gewährleistet sei, würde wieder über die Erneuerbaren diskutiert und vermutlich wäre es das Ende der Energiewende in Deutschland, so Habeck vor den mehr als 600 Teilnehmern des Forums.

Und so kam der Bundeswirtschaftsminister dann auch zur Gegenwart. Nach dem Bruch der Ampelkoalition vor drei Wochen sei völlig unklar, welche Gesetze vom Bundestag noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet würden. Ob die EnWG-Novelle dabei sein wird, ist auch für Habeck noch nicht zu prognostizieren. Klarer sehen werde man da wohl erst, nachdem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Dezember die Vertrauensfrage gestellt und den Weg für Neuwahlen somit freigemacht habe.

Habeck appellierte jedoch an die anderen demokratischen Parteien im Bundestag, notwendige und zukunftsfähige Gesetze noch miteinander zu beschließen. Auch wenn er leise Zweifel äußerte, ob das in einer aufgeheizten Wahlkampfsituation wirklich gelingen werde. Habeck verteidigte die Vorschläge aus der EnWG-Novelle, die unter anderem vorsieht, die Zahlung der EEG-Förderung bei negativen Preisen an der Strombörse auszusetzen und die entsprechenden Zeiträume dann an die 20-jährige Förderzeit anzuhängen. „Alle Anlagen müssen künftig digital und steuerbar sein. Wenn jemand etwas anderes will, wäre es wie die Verteidigung des Faxgeräts“, sagte Habeck. „Wir müssen mehr Markt in die Systeme bekommen und mehr Steuerbarkeit und Flexibilisierung.“

Zudem ging Habeck auf die noch ausstehende beihilferechtliche Genehmigung des „Solarpaket 1“ durch die EU-Kommission in Brüssel ein. Auch für ihn sei nicht absehbar, wann die Notifizierung erfolge. Er hoffe, noch bis Februar. Allerdings wolle die EU-Kommission von der deutschen Regierung wissen, wo es bezüglich der EU-Vorgaben lang gehe und da könne die deutsche Regierung derzeit nicht richtig liefern, so Habeck. Dazu komme, dass auch die neue EU-Kommission aktuell noch in der Findungsphase sei, was den Genehmigungsprozess ebenfalls nicht beschleunige.

Die Frage nach der Zukunft ist auf dem Forum „Solar Plus“ eine durchaus zentrale. Viele Referenten und Teilnehmer fragen sich, wie es nach der Bundestagswahl, die voraussichtlich im Februar 2025 erfolgen wird, mit der Energiepolitik weitergehen wird. Befürchtungen einer Abkehr von der Energiewende sind spürbar und werden auch geäußert. Habeck sagte in seiner Rede, es dürfe keinen erneuten Fadenriss beim Ausbau der Erneuerbaren geben.

„Die Grünen sind die Erfinder der Wende, etwa Energiewende, Finanzwende und so weiter“, sagte Habeck. Wenn aber nach einer Wende eine gleich weitere folge, drehen man sich im Kreis. „Jetzt ist auch genug gewendet. Die Energiewende muss weitergehen. Wir dürfen nicht wieder über den Ausbau diskutieren.“

Worüber aber wohl direkt nach der Wahl diskutiert werden muss, ist wie Deutschland die EU-Vorgaben für die künftige Finanzierung von Erneuerbaren-Anlagen umsetzt. „Wir müssen das EEG und die Einspeisevergütung ab 2027 reformieren“, so Habeck. Derzeit sei ein Investitionszuschuss der Favorit für die Nachfolgeregelung, aber noch nichts entschieden. Habeck warb für die Idee, in sogenannten Reallaboren in den nächsten ein, zwei Jahren verschiedene Möglichkeiten zu testen, wie künftig Anreize für den Ausbau der Erneuerbaren gesetzt werden sollten.

Ob es dazu kommt und wie es mit der Energiepolitik im Land wirklich weitergeht – keiner weiß es. Auf dem nächsten Forum „Solar plus“ im November 2025 sind wir sicher etwas schlauer und auch wenn es dann politisch vielleicht für die Photovoltaik-Branche nicht mehr viel zu feiern geben sollte, die Veranstaltung wird mit ihrem dann 25-jährigen Jubiläum ein Anlass sein.

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