pv magazine highlight top innovation: Batteriespeicher und die Dunkelflaute

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Amadeus Teuffel zeigt, was heutige Batteriespeicher können – und wozu sie nicht in der Lage sind. „In Gesprächen haben sich Branchenvertreter gewünscht, dass man einen Eindruck davon gewinnt, ohne eine 270 Seiten starke Studie lesen zu müssen“, sagt der promovierte Maschinenbauingenieur und Leiter des Data-Science-Teams beim Batteriespeicher-Projektentwickler Eco Stor. Er bewegt auf dem „Dashboard Dunkelflaute“, das er programmiert hat, den Schieberegler von 1 auf 25 Gigawatt Speicherleistung und stellt an einem anderen Eingabefeld die Speicherdauer von einer Stunde auf vier Stunden.

In der Ausgangssituation mit ­ einem Gigawatt an Speichern würden bei Annahmen zu Stromverbrauch, Solar- und Wind­kraft­ausbau, die den Zielen der Bundesregierung für das Jahr 2030 entsprechen, die erneuerbaren Energien im Winter sechs Tage lang weniger als die Hälfte der benötigten Energie erzeugen (siehe Grafik). Um diese Dunkelflaute zu überbrücken, sind – so das Dashboard – 100 Gigawatt an Kraftwerksleistung notwendig.

Highlights und spotlights

Preis für gute Ideen: Nachdem es in der September-Runde keinen Preis gab, hagelt es nun gleich vier. In der November-Runde zeichnet pv magazine zwei Einreichungen als highlight top innovation und zwei Einreichungen als pv magazine spotlight aus. Das sagt die Jury zur Auszeichung für Eco Stor:

Eco Stor: Dunkelflaute-Dashboard zeigt Speichervorteil

Der Begriff Dunkelflaute ist bisher vor allem von Stammtischen bekannt. Wirklich fassbar ist er für die wenigsten. Mit einer Webseite erlaubt der Batteriespeicher-Projektentwickler nun jedem Interessierten, den Effekt von Speichern abzuschätzen, wenn es darum geht, möglichst wenig Backup-Kraftwerke vorzuhalten und möglichst wenig CO2-freien Strom zu verschenken. Die Jury zeichnet das Dashboard daher als pv magazine highlight top innovation aus.

Die Juroren: Volker Quaschning ist Professor für regenerative Energiesysteme an der HTW Berlin. Hans Urban ist langjähriger Experte und Consultant für Photovoltaik, Speicher und E-Mobilität. Winfried Wahl ist seit 15 Jahren im Bereich erneuerbare Energien tätig.

Mehr Infos, bisherige Preisträger (seit 2014) und alles zur Bewerbung unter: www.pv-magazine.de/highlights

Einsendeschluss für die nächste Runde: 15. Januar 2025

Der Begriff Dunkelflaute, von dem das Online-Tool seinen Namen hat, ist dabei vor allem plakativ. „Ich habe keine sinnvolle Definition gefunden“, sagt Teuffel. Prinzipiell ist gemeint, dass weder Photovoltaik- noch Windkraftanlagen nennenswert über einen bestimmten Zeitraum den Bedarf decken können. Die Krux liegt in den Begriffen „nennenswert“ und „bestimmter Zeitraum“. Sie lassen sich kaum eindeutig definieren.

Teuffel klickt auf „Energiesystem optimieren“. Damit vollzieht er den Speicherzubau, wie er bis 2030 eventuell geschieht. Mit dann 25 Gigawatt an Vier-Stunden-Speichern reduziert sich die notwendige Back-up-Kraftwerks-Kapazität um zehn Gigawatt, die mit ihnen zu erzeugende Energie um 19 Terawattstunden. Die Abregelung der Erneuerbaren geht um den gleichen Betrag zurück. Der grüne Strom wird durch die Speicher besser genutzt.

Optimierungsrechnung im Hintergrund

Im Energiesystem des Jahre 2045 würden bei Wetterdaten aus 2023 die erneuerbaren Erzeuger 5 Tage hintereinander nur weniger als die Hälfte des Strombedarfs decken.

Grafik: pv magazine/Harald Schütt

Das „Dashboard Dunkelflaute“ erstellt die Szenarien, indem es die erneuerbare Erzeugung aus dem Jahr 2023 hochrechnet. Es lassen sich auch die Jahre 2020 bis 2022 als Referenz auswählen, so dass man ausprobieren kann, welchen Einfluss die Wetter­änderungen haben. Das Programm errechnet einen Einsatzfahrplan für die Kraftwerke und Speicher sowie die benötigte installierte Leistung an Back-up-Kraftwerken und optimiert das Energiesystem. „Es berücksichtigt allerdings keine anderen Flexi­bilitäten als Batteriespeicher“, sagt Teuffel.

Das limitiert die Aussagekraft. Im Winter, wenn zu wenig erneuerbare Erzeugung am Netz ist, wird es möglich sein, Last zu verschieben, so dass nicht ganz so viel Back-up-Kraftwerke notwendig sind. Auch der Stromhandel mit den Nachbarländern und die räumliche Verteilung der Kraftwerke wird vernachlässigt. Einen größeren Wert als die absoluten Zahlen haben daher die relativen Veränderungen. „Das Tool gibt dadurch einen guten Eindruck, wie sich Batteriespeicher auswirken“, sagt Teuffel. Aus diesem Grund verleiht ihm die Jury das Prädikat pv magazine highlight top innovation.

Wenn man in das Jahr 2045 springt, das im Netz­entwicklungsplan beschrieben ist, werden nach der Berechnung des Dashboards bei 141 Gigawatt an Zwei-Stunden-Speichern noch 124 Gigawatt Back-up-Kraftwerke nötig sein und 58 Terawattstunden aus Back-up-Kraftwerken eingespart.

Und was sagen wissenschaftliche Studien dazu? Nach einer Arbeit des Fraunhofer ISE von 2021, die bald aktualisiert wird, sind in den 2040er-Jahren rund 150 Gigawatt konventionelle Erzeugung vorgesehen. Agora Energiewende kommt für 2045 auf eine notwendige Back-up-Leistung von 79 Gigawatt. Davon sind 70 Gigawatt mit Wasserstoff betriebene Gaskraftwerke.

Es sieht also so aus, dass man nicht auf Back-up-Kraftwerke verzichten kann. Das Dashboard von Eco Stor zeigt unabhängig davon, wie Batteriespeicher helfen können, diese Kraftwerksleistung zu verringern, und auch die Stunden, in denen teure Brennstoffe verbrannt werden.

Das Dashboard Dunkelflaute finden Sie unter https://dashboards.eco-stor.de/dunkelflaute

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