Wettbewerbszentrale beanstandet Werbung von 1Komma5° für „kostenlosen Strom“

Schreibmaschine, Abmahnung

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„Kostenloser Strom für Braunschweig“ mittels dynamischen Stromtarif und Smart-Meter. Das versprach 1Komma5° auf einem Flyer, der als Postwurfsendung an die Haushalte verteilt wurde. Der Wettbewerbszentrale stießen jedoch mehrere Angaben auf dem Flyer auf, und sie forderte 1Komma5° zur Unterlassung auf.

Konkret geht es den Wettbewerbshütern um das Versprechen des „kostenlosen Stroms“. Dies sei irreführend. Beim Verbraucher würde diese Botschaft so ankommen, dass sie per Saldo nichts für ihren Strom zahlen müssten, da die Schwankungen der Strompreise durch 1Komma5° genutzt würden, damit keine Kosten entstehen.

„Diese Erwartung wird jedoch nicht erfüllt“, kritisiert die Wettbewerbszentrale und mahnt diesen Claim ab. Aufgrund von Netzentgelten, Steuern und Abgaben sei der Strom für Privathaushalte auch bei negativen Preisen an der Strombörse mit bestimmten Kosten verbunden. Die Stromkosten blieben weiterhin mindestens zweistellig. Darüber hinaus merkt die Wettbewerbszentrale an, dass es jährlich nur eine begrenzte Zahl an Stunden mit negativen Börsenstrompreisen gebe und diese nicht ausreiche, um den Verbrauch eines Durchschnittshaushalts zu decken.

Des Weiteren beanstandete die Wettbewerbszentrale die mangelnde Transparenz des Angebots. Denn der vermeintlich kostenlose Strom könne erst bezogen werden, wenn die Endkunden bei 1Komma5° eine Photovoltaik-Anlage, einen Heimspeicher, eine Wärmepumpe, eine Wallbox oder mehrere dieser Komponenten gekauft hätten. Die Investitionen dafür beliefen sich in der Regel auf einen fünfstelligen Betrag, was aber aus dem Flyer nicht ersichtlich sei. Die Wettbewerbszentrale beanstandete daher, „dass dem Verbraucher wesentliche Informationen vorenthalten werden, die er für eine informierte geschäftliche Entscheidung benötigt (§ 5a Abs. 1 UWG)“.

1Komma5° reagierte bereits auf die Beanstandungen der Wettbewerbszentrale.  „Wir nehmen die Kritik an, wo sie gerechtfertigt ist: Die Kommunikation wurde bereits auf ‚nahezu kostenlosen Strom‘ und ‚mit Heartbeat AI und PV-Anlage‘ angepasst und um weitere Klarstellungen ergänzt, um Missverständnissen vorzubeugen“, erklärte das Unternehmen auf Nachfrage von pv magazine. Die geforderte Unterlassungserklärung habe 1Komma5° bislang jedoch noch nicht abgegeben.

„Das Werbeversprechen von ‚Strom ab 0 Cent pro Kilowattstunde‘ und ‚kostenlosem Strom‘ bezieht sich auf echte Daten, die zeigen, dass wir für jeden Dritten unserer Kundinnen und Kunden dieses Ergebnis im Schnitt über bestimmte Zeiträume erreichen, inklusive Einspeisevergütung und Investitionskosten für die Photovoltaik-Anlage“, betont 1Komma5° weiter. Dies sei auf den „individuellen, effektiven Heartbeat-Preis“ bezogen, der eine Mischkalkulation aus solarem Gestehungspreis, Erträgen des eingespeisten Solarstroms und des Netzbezugs sei. Die Zusammensetzung werde auch auf der Website des Unternehmens erläutert.

Als eine Reaktion auf die Abmahnung habe 1Komma5° kürzlich seine „verbesserte Strompreisgarantie“ gegeben. Diese sieht eine Garantie für die Kunden vor, dass Kunden jährlich 10.000 Kilowattstunden Strom für 10 Cent pro Kilowattstunde beziehen könnten. Darin enthalten sind neben den Netzentgelten auch Mehrwertsteuer und Abgaben sowie die Investitionskosten der Photovoltaik-Anlage. „Wir wollen es noch einfacher und sicherer machen. Deshalb unterscheiden wir auch nicht mehr nach Netzbezug, Verkaufserlösen oder Stromeigenerzeugung, sondern fassen all das in einem ganzheitlichen Preis zusammen, unserem Heartbeat-Preis”, erklärt Philipp Schröder, CEO und Co-Founder von 1Komma5°.

Die Wettbewerbszentrale bestätigte ebenfalls, dass die Verhandlungen über die Unterlassungserklärung zwischen beiden Seiten noch liefen. Sie zeigte sich jedoch zuversichtlich, dass der Rechtsstreit bald gütlich beigelegt werden könne. „Natürlich darf man für dynamische Stromtarife werben, solange die Werbung nicht irreführend oder intransparent ist“, so Syndikusrechtsanwalt Martin Bolm von der Wettbewerbszentrale. „Mit der zunehmenden Verbreitung von Smart-Metern werden wir sicherlich viele interessante Geschäftsmodelle sehen“, so Bolm weiter. Er forderte die Anbieter der dynamischen Tarife jedoch auf, auch die hohen Investitionen, die mit der Teilnahme verbunden sind, für die Endkunden transparent darzulegen. „Der Bereich nachhaltiger Stromversorgung ist aktuell sehr umkämpft. Umso wichtiger ist aus unserer Sicht, dass niemand unlautere Vorteile hat“, sagte Bolm.

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