Ich gebe es zu. Ich habe sie immer unterschätzt, die kleine Solarzelle. Immer, wenn ich dachte, ich hätte eine mutige Prognose, wurde sie von der Realität überholt. Auch im letzten Jahr. Statt 400 Gigawatt sind es BloombergNEF zufolge dann sogar 444 Gigawatt geworden.
Also gut. Ein neuer Anlauf mit 1000 und 3000 Gigawatt in diesem Blog, der weiter in die Zukunft schaut.
Wo stehen wir? Der globale Zubau der Photovoltaik verändert bereits heute die Energiewelt. Wir befinden uns inmitten einer energietechnologischen Revolution mit großen ökonomischen und ökologischen Auswirkungen.
Der erste Teil des Blogs analysierte ich noch die atemberaubende Photovoltaik-Entwicklung der Gegenwart. Der zweite Teil schaut in die Zukunft.
Mit welcher Größenordnung werden wir es in naher Zukunft zu tun haben? Und was bedeutet das, wenn wir die Photovoltaik mit konventionellen Energien vergleichen?
Wir betreten das Terawatt-Zeitalter
2023 soll die Zellproduktionskapazität je nach Schätzung bei 1000 (CEA) bis 1300 Gigawatt (InfoLink) gelegen haben.
Im „PV-Outlook 2024“ von Infolink wird für 2024 von einer globalen Modulproduktionskapazität von über 1400 Gigawatt ausgegangen, die bis 2028 auf über 1800 Gigawatt steigen soll.
Trotz stark steigender Nachfrage fallen seit über einem Jahr die Preise für Solarmodule, da das Angebot noch stärker gewachsen ist. Viele Hersteller wetten auf weitere Nachfragezuwächse und erweitern ihre Produktionskapazitäten für immer effizientere Solarmodule.
Damit rücken 1000 Gigawatt jährlich installierte Leistung in wenigen Jahren in Sichtweite. Solarpower Europe geht davon aus, dass noch in diesem Jahrzehnt – also quasi morgen – ein Zubau von einem Terawatt per anno erreicht wird. Dies entspricht dann jährlich dem, was bis 2022 weltweit insgesamt an Photovoltaik installiert worden ist. Die Photovoltaik-Energierevolution treibt sich damit immer weiter selbst voran. Höhere Produktion führt zu niedrigeren Kosten und diese zu größerer Nachfrage.
Was bedeuten 1000 Gigawatt jährlicher PV-Zubau?
Folgend ein Vergleich von 1000 Gigawatt(dc)/Jahr Photovoltaik im Vergleich mit Kohle- und Kernkraftwerken?
Ein Vergleich, der zeigt, wie wichtig die Photovoltaik bereits für den Klimaschutz gerade wird: 2020 waren weltweit 6620 Kohlekraftwerksblöcke mit durchschnittlich 375 Megawatt in Betrieb. Selbst wenn der Photovoltaik-Zubau künftig bei jährlich einem Terawatt stagnieren sollte, würden die neuen Photovoltaik-Anlagen nach zehn Jahren mehr Strom erzeugen als alle Kohlekraftwerke zusammen.
Im Terawattmaßstab wird die Photovoltaik die entscheidende Technologie zur Bekämpfung der Erderhitzung werden. Das geschieht in einem atemberaubenden Tempo – einem Tempo, das auch erforderlich ist, um das Problem in den Griff zu bekommen.
Christian Breyer von der finnischen LUT University zufolge sind bis 2035 dann drei Terawatt jährlich möglich. Und das soll noch nicht das Ende der Fahnenstange sein. Breyer hatte auch bereits 2012 noch gemeinsam mit dem PV-Think-Tank für 2025 einen Photovoltaik-Zubau von 300 Megawatt prognostiziert. Er gehört damit zu jenen, die das Tempo beim Zubau noch am Wenigsten unterschätzt hat.
Drei Terawatt im Jahr bis 2035 bedeutet, den Zubau im Vergleich zu 2023 nochmal um das 6,8-fache zu erhöhen. Dann würde täglich eine Photovoltaik-Leistung zugebaut, die rund 18 Kohlekraftwerksblöcken entspricht beziehungsweise der Strom-Erzeugung von rund 6,5 Blöcken. Der aktuelle Bestand an Kohlekraftwerken wäre in weniger als drei Jahren abgefrühstückt – siehe folgende Grafik.
Ein weiterer Vergleich zur Kernkraft:
Bereits bei jährlich rund 2,1 Terawatt Zubau werden die in einem Jahr installierten PV-Anlagen soviel Strom zusätzlich erzeugen wie 2023 alle Kernkraftwerke zusammen.
Globale Stromnachfrage
Ein wichtiger Faktor, wieviel Photovoltaik-Leistung künftig zugebaut werden wird, wird die Entwicklung der Stromnachfrage durch die Sektorenkopplung sein.
Wenn die anderen Energiesektoren sowie die Industrieprozesse dann direkt (Wärmepumpe, Elektrofahrzeuge) oder indirekt (Wasserstoff sowie Wasserstoff-Derivate) elektrifiziert werden, wird dies die Dekarbonisierung massiv beschleunigen. Dafür wird sehr viel Strom aus erneuerbaren Energiequellen wie Photovoltaik benötigt werden.
Wir sehen hier den zentralen Bestandteil einer erfolgversprechenden Klimaschutzstrategie im Einklang mit den Bedürfnissen der Wirtschaft.
Die Speicherproduktionskapazitäten boomen
Nachts scheint keine Sonne, aber nachts wird Solarstrom eingespeist und verbraucht werden, so wie ein Smartphone auch funktioniert, wenn es nicht am Ladegerät hängt.
Die Speichertechnologie macht gerade große Fortschritte – sowohl bei den Kosten als auch bei den Produktionskapazitäten.
Mit den Speichern wird künftig auch nachts Solarstrom zur Verfügung steht: Speicher werden die Nacht zum Tag machen.
Research Gate erwartet für dieses Jahr eine globale Batteriefertigungskapazität in Höhe von 2,2 Terawattstunden.
Eindrucksvolle Zahlen kommen diesbezüglich wieder einmal aus China. Laut CRU-Group beträgt die Gigafactory-Pipeline alleine von China im Jahr 2030 schon 4,2 . Diese zur Produktion von Speichern werden vor allem für die Elektromobilität genutzt, stünden bei Bedarf auch für stationäre Batteriespeicher zur Verfügung.
Damit könnten dann theoretisch jährlich 1000 Gigawatt Photovoltaik mit jeweils 4 Stunden Speicherzeit versehen werden oder 8 Stunden, wenn während der Stromerzeugung nur die Hälfte eingespeichert wird.
Oft wird übersehen, dass die Batterieproduktion für den stationären Bereich deutlich geringeren Umfang hat als für den Mobilitätssektor. Mengen für stationäre Anwendungen könnten bei steigendem Bedarf jedoch sehr schnell hochskaliert werden.
Und perspektivisch sind große Mengen Second-Life-Speicher im stationären Bereich zu erwarten, also Speicher, die ihr Geld zuvor bereits im Pkw oder Lkw verdient haben und danach Wind- und Solarstrom einspeichern.
Batteriekosten im Sinkflug
Die Kosten für Batterien gehen stark runter, aktuell insbesondere bei Lithium-Eisenphosphat (LFP)-Batterien. Damit müssen wiederum die neuen Natrium-Ionen-Batterien konkurrieren, die ohne Lithium auskommen – ein spannender Wettkampf.
Entwicklung der Preise für LFP-Batterien bei Elektrofahrzeugen in US-Dollar pro Kilowattstunde ($/kWh):
Anfang 2023: | 110-124 $/kWh |
Anfang 2024: | 70 $/kWh |
Mitte 2024: (Ankündigung CATL) | 56* $/kWh |
Im Jahr 2025: (Projektion NextBigFuture https://nextbigfuture.com/2024/01/ev-lfp-battery-price-war-w-55-in-six-months.html ) | 36 $/kWh |
202X | 30 $/kWh |
Natürlich werden neben Kurzzeitspeicher auch Langzeitspeicher wie Wasserstoff benötigt. Auch diese sind trotz aktueller Anlaufschwierigkeiten technologisch keine Hexerei. Die Technologien wie Elektrolyseure zur Wasserstofferzeugung sind vorhanden. Auch hier geht es um die Hochskalierung der Produktion. Auch die Rückverstromung des Wasserstoffs ist keine große Kunst.
Die Produktion von Elektrolyseuren dürfte – wenn auch zeitlich verzögert – in vergleichbaren Schweinzyklen ablaufen, wie diese bei der Photovoltaik sowie bei Batterien beobachtet werden können. Häufig wird übersehen, dass die Wasserstoffmengen für den Stromsektor überschaubar sind, insbesondere dann, wenn ein relevanter Teil des Speicherbedarfs bereits über Kurzzeitspeicher abgedeckt wird.
Wie schnell der Photovoltaik-Zubau zunehmen wird, hängt von einer Vielzahl von Entwicklungen hab. Ich denke, dass die ein Terawatt pro Jahr bis 2028 und die drei Terawatt pro Jahr etwa 2035 erreicht werden. Wir werden sehen, ob die kleine Solarzelle wieder für positive Überraschungen gut sein wird.
Auf jeden Fall wird der Ausbau der Photovoltaik verbunden mit Speichern zu einem zentralen Bestandteil eines erfolgreichen globalen Klimaschutzes werden.
— Der Autor Carsten Pfeiffer ist Leiter Strategie & Politik des Bundesverbandes Neue Energiewirtschaft (bne). Er gehörte zu den Autoren des Ursprung-EEGs im Jahr 2000 und ist Gründungsmitglied des PV Think-Tanks. —
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https://aukehoekstra.substack.com/
Hier ist eindrücklich beschrieben wie das mit den Lernkurven bei den Speichern aussieht. Es wird so krass billig werden, daß sogar thermische Speicher in Wärmenetzen obsolet werden.
Die Kombi aus PV Wind und Speicher wird unausweichlich alles andere im Energiesystem an die Wand klatschen und das innerhalb der nächsten 10 Jahre.
Das einzige, was diese Entwicklung vielleicht aufhalten kann, ist der, vom Fossil getriebenen Kapitalismus gerade wieder hervor gekramte, Faschismus.
Hoffen wir, dass dies nicht gelingt und die bevorstehende Energie Disruption uns als Deus ex Machina vor der völligen Vernichtung unserer Biosphäre bewahrt.
Derzeit steigt die Zahl der Stunden mit negativen Strompreisen stark an. früher war das meistens im Winter der Fall, wenn die Windkraft und fehlende Netze ein crowding out verursachten.
nun treten diese Stunden aber gehäuft im Sommerhalbjahr auf, verursacht durch PV.
Das kann für die ganze PV Branche zum Problem werden und zu einem Einbruch der Zuwachsraten in Europa führen. Man sollte die bisher hohen Wachstumsraten nicht einfach blind fortschreiben. Das Ausbauwachstum gelingt nur, wenn auch Abnehmer da sind, die für eine Kostendeckung und einen kleinen Gewinn sorgen. Der einzige einigermassen selbsttragende Markt in der Schweiz ist derzeit der Eigenverbrauch dort, wo auch die Netzgebühgren weitegehend eingespart werden können. Dieses Marktsegment ist aber volumenmässig gedeckelt durch die örtliche Nachfrage und die Verfügbarkeit örtlicher Dach- und Fassadenflächen.
was die Vergütungen in Deutschland anbelangt, sei der Hinweis auf § 51 EEG hier angebracht, wonach bereits ab einer Stunde negativem Preis die vergütungen ausgesetzt werden. Eigentlich sollte dies zu einem Schub bei den Batterieninvestitionen führen, aber hier einfach einen Automatismus zu unterstellen, scheint mir etwas unterkomplex.
Für mich ist es rätselhaft, weshalb geeignete Speicherlösungen mittels Batterien in vielen Ländern hinsichtlich Regulierung und Planung nicht vertiefter analysiert und priorisiert werden. Es braucht für Speicher eine geographische Abstimmung mit Netzen, Netzknotenpunkten und Erzeugungskapazitäten, also eine etwas detailliertere Planung und Beschäftigung damit als bisher, sonst werden Netzengpässe und negative Preise zum Dauerproblem. Beim Bau von Speichern hinkt Europa der Entwicklung in China, Australien oder USA weit hinterher. Wo liegen die Gründe, dass wir das THema derart verschlafen? sind es die bestehenden Wasserkraft-Flexibilitäten, die aber nicht ausreichen, dass wir uns in Sicherheit wiegen?
Wenn es nicht genügend Speicher und Sektorkopplung gibt, bedeutet das einfach, dass bald einmal 10 bis 20% der PV Produktion abgeregelt werden wird, oder auch mehr…. und das muss man dann für Neuanlagen in der Planerfolgsrechnung einkalkulieren. Es verringert die Erträge der PV Anlagen, ausser dort, wo interne Verwendungen stärker greifen, etwa Wärmepumpen mit Wärmespeichern oder E-Mobile usw.
Negative Strompreise sind Preissignale, das bestimmte (fossile / atomare) Erzeuger obsolet werden.
Sie können einfach nicht flexibel.
Auch die in DE geplanten (sogenannten H2 ready) Gaskraftwerke sind Dino’s, die versuchen die fossile Energiewirtschaft in die Zukunft fortzuschreiben.
Diese Welten: „EE vs. fossil/atomar“ passen nicht zusammen, je schneller wir darüber hinweg kommen, umso besser für die Kosten und unsere Zukunft / Welt.
Energiespeicher liefern das Delta zwischen Bedarf und EE Erzeugung, dazu kommen noch abschaltbare Lasten (aber keine WP, Wallboxen, etc,) sondern nennenswerte industrielle Lasten. Ein Alu-Werk im Ruhrgebiet macht es seit Jahren vor. Und natürlich eAuto’s die mittels V2H eingebunden werden. Aber auch Elektrolyseure als zuschaltbare Lasten => Auch die Energiewelt wird „divers und bunt“.
Es sind die großen Linien die endlich konsequent verfolgt werden müssen. Das KleinKlein der <25 kWp Solaranlagen und sog. SmartMeter verunsichert die Haushalte – aber vermutlich ist dies auch der Sinn der Übung.
Wo bleibt die Elektrifizierung der Landwirtschaft, hier stecken riesige Potentiale in Gerät und Erzeugung (Agri-PV und Repowering der Dachflächen).
Zitat:
„Natürlich werden neben Kurzzeitspeicher auch Langzeitspeicher wie Wasserstoff benötigt. Auch diese sind trotz aktueller Anlaufschwierigkeiten technologisch keine Hexerei. Die Technologien wie Elektrolyseure zur Wasserstofferzeugung sind vorhanden. Auch hier geht es um die Hochskalierung der Produktion. Auch die Rückverstromung des Wasserstoffs ist keine große Kunst.“
Fakt ist: Wasserstoff ist kein Energiespeicher. Warum sehen Sie Wasserstoff als Stromspeicher, was Sie ja mit der Rückverstromung als kleine Kunst andeuten? Mit viel weniger Effizienz als mit dem Element Wasserstoff kann man Strom eigentlich gar nicht speichern. Ist Ihnen das bewußt?
Welche Arten von Energiespeicher für welche Zeiträume benötigt werden, werden uns die Länder vormachen, die in ähnlichen klimatischen Zonen mit ähnlichen Witterungsbedingungen wie Deutschland/Europa liegen und die rechnen können.
Vielleicht wäre es klüger, das abzuwarten und dann einfach zu kopieren, was andere tun?
Ich finde, es ist höchste Zeit,
dass „wir uns national und international “ ernsthaftest damit zu beschäftigen beginnen“
welcher MIX an Stroerzeugern aller möglichen Bauarten erstrebenswert ist:
Denn Solar und Wind sind nicht „hoch-“ – sondern nur „ab“-regelbar -bzw begrenzt speicherbar —
wodurch der noch sinnvolle Anteil an Solar und PV wohl bald limitiert ist/wird ?!?.
Alles Gute – und Glück auf !
Wolfgang Gerlach
Werden EE in Akkus gespeichert, sind sie beliebig regelbar. Mit immer günstigeren Speicher ist das abgesehen von Dunkelflauten (die mit Gas abgedeckt werden) eine hervorragende Option, das passt zeitlich und vom Volumen her sehr gut mit dem EE-Zubau noch 10 Jahre zusammen, danach erst muss man verstärkt an die chemische Wandlung der Energie gehen.
Eine weitere Option der Hochregelung erhält man durch die (freiwillige… unmerkliche) Drosselung der Verbraucher wie E-Auto oder Wärmepumpe und in der Industrie bei Prozessen, die ohnehin nicht 24/7 laufen, z.B. bei Kälte, Wärme oder Trocknung. Die Regelung kann über Strompreis, dem Preis der Netzentgelte und Paragraf 14A erfolgen.
Ich verstehe nicht, dass immer nur die Erzeugerseite gesehen wird. Über den flexiblen Verbrauch lässt sich genauso regeln, das ist meist billiger und effizienter und auch im Management mit digitalen Methoden keine Hürde mehr. Beim Erzeuger abzuregeln und das Ende des Zubaus herbeizureden, ist aus meiner Sicht jedenfalls die denkbar schlechteste aller Lösungen. Das Potenzial ist mit zig Millionen Wärmepumpen, Hausspeicher und E-Autos gigantisch. Die Party geht mit den extrem attraktiven Preissignalen in den EE-Phasen ganz aktuell bei den Großspeichern los, es stehen mittlerweile 161 GW in der Pipeline…
https://montelnews.com/de/news/8458570b-24b0-46c0-9fb4-e9c881de5660/unb-verzeichnen-161-gw-an-batterie-anschlussanfragen