Die EnPV GmbH, eine Tochtergesellschaft des Energieversorgers EnBW Energie Baden-Württemberg, hat eine Solarzelle vorgestellt, die auf der mit n-Typ-Silizium umgesetzten Topcon-Technologie in Verbindung mit einer neuartigen Rückkontakt-Architektur basiert. Das Unternehmen spricht von einer „selbstausrichtenden“ Rückkontakt-Technologie (Self-aligned back-contact, SABC).
„Herkömmliche Solarzellen mit verschränkten Rückkontakten (Interdigitated rear contact, IBC) erfordern ein entsprechendes Kontaktmuster, das von Natur aus nicht homogen ist. Die Waferrückseite muss deshalb während einiger Herstellungsschritte teilweise abgedeckt werden“, sagt Massimo Centazzo, CEO von EnPV, im Gespräch mit pv magazine. „Bei der Herstellung unserer SABC-Zellen wird diese Maskierung zur Strukturierung der Rückseite vermieden. Stattdessen wird die Phasenisolierung mittels Laserstrukturierung ohne zusätzliche spezielle Prozessschritte durchgeführt.“ Centazzo zufolge erfolgt die Phasenisolierung, indem die p- und n-Phase als Nebeneffekt anderer Prozessschritte „zuverlässig“ voneinander isoliert werden – daher der Begriff „selbstausrichtend“.
„Der Einsatz beider Techniken – Laserverfahren zur Strukturierung und selbstausrichtende Phasenisolierung – führt zu einer drastischen Vereinfachung des Herstellungsprozesses im Vergleich zu allen anderen Rückkontakt-Verfahren“, erklärt der CEO. „Obwohl sie immer noch einen höheren Zellwirkungsgrad ermöglichen, lassen sich SABC-Zellen zu niedrigeren Kosten als Topcon- und Heterojunction (HJT)-Zellen herstellen.“
EnPV gibt an, die neue Technologie lasse sich problemlos in bestehenden Topcon-Zellproduktionslinien einsetzen. Erforderlich sei das Hinzufügen eines nasschemischen Prozesses, eines Prozessschritts zur Laserstrukturierung, das Auftragen einer Sperrschicht und das Abscheiden von dotiertem amorphem Silizium für den n-Kontakt mittels physikalischer Gasphasenabscheidung (Physical vapour deposition, PVD).
Der Prozess im Detail
„Unser Ansatz erfordert keinen speziellen Graben, der die Siliziumschichten mit entgegengesetzter Polarität voneinander isoliert“, so Centazzo weiter. „Stattdessen trennt das Unterschneiden der Grabenwand die beiden Polaritäten, wobei die p-Typ-Siliziumschicht oben auf der Grabenoberfläche liegt, während sich die n-Typ- Siliziumschicht am Boden des Grabens befindet.“
Unterhalb des Einschnitts, der durch nasschemisches Ätzen erfolgt, wird während des PVD-Prozesses kein Silizium abgeschieden. Das n-Typ-Silizium bedeckt auch den p-Typ-Silizium-Emitter und bildet einen niederohmigen Tunnelkontakt, da beide Materialschichten hoch dotiert sind (Dotierstoffkonzentrationen über 1.020 Kubikzentimeter). Die n-Typ-Schicht bedeckt die gesamte Oberfläche und ermöglicht die Verwendung desselben Metallisierungsschemas für beide Polaritäten, so der Hersteller.
Centazzo erläutert weiter, der SABC-Prozess beginne mit der Texturierung und der Bor-Diffusion auf der Vorder- und Rückseite. Einseitiges Ätzen von Borosilikatglas (BSG), gefolgt von einem alkalischen Ätzen des Bor-Emitters auf der Rückseite, bereite die Oberfläche für die Beschichtung mit Polysilizium vor. Anstelle der Bor-Diffusion zur Bildung des Front Floating Emitter (FFE) lasse sich auch eine Phosphor-Diffusion für ein Front Surface Field (FSF) oder eine nicht-diffundierte Oberfläche für den SABC-Prozessablauf verwenden.
Beim alkalischen nasschemischen Ätzen wird das Silizium auf der Vorderseite bis zur BSG-Schicht abgetragen und auf der Rückseite das p-Typ-Silizium in den exponierten Bereichen geätzt. Das Ätzen auf der Rückseite entfernt nicht nur die Siliziumschicht, sondern ätzt auch die Siliziumbasis vertikal und lateral, wodurch ein Unterschnitt der Oberfläche entsteht. Nach der Entfernung der Ätzbarriere und des BSG sowie dem Aufwachsen eines zweiten Grenzflächenoxids bedeckt das anschließend per PVD abgeschiedene n-Typ-Silizium nicht die gesamte Oberfläche auf der Rückseite. „Bei der hochgradig gerichteten Abscheidungstechnik lagert sich das dotierte Silizium hauptsächlich auf vertikal exponierten Flächen ab, die nicht durch den Unterschnitt abgeschattet werden“, so Centazzo. „Daher bildet das n-Typ-Silizium am Boden des Grabens einen passivierenden Kontakt, aber es gibt auch n-Typ-Silizium oberhalb des p-Typ-Siliziums, das einen Tunnelübergang zum Emitter bildet. Der abgeschattete Teil der Grabenwand isoliert beide passivierenden Kontakte, ohne dass zusätzliche Prozessschritte wie Strukturierung, lokales Ätzen oder Maskierung erforderlich sind.“
Der Herstellungsprozess wird dann mit Hochtemperatur-Tempern abgeschlossen, wodurch die Siliziumschichten kristallisieren und die Dotierstoffe aktiviert werden. Außerdem erfolgt eine Standardpassivierung mit Aluminiumoxid (AlOx) und Siliziumnitrid (SiNx) sowie eine Metallisierung durch Siebdruck. „Da das n-Typ-Silizium die Oberflächen beider Passivierungskontakte bedeckt, kann die gleiche Siebdruckpaste in einem einzigen Druckschritt für beide Polaritäten aufgetragen werden“, betonte Centazzo.
Suche nach Produktionspartnern über Europa hinaus
Der EnPV-Chef glaubt, dass SABC Topcon-Zellen preiswerter sein könnten als herkömmliche Topcon-Zellen. „Wir erwarten einen absoluten Effizienzgewinn von mehr als 0,5 Prozent auf Zellebene, wenn wir von Topcon auf SABC umstellen, und zusätzliche 0,7 Prozent auf Modulebene aufgrund der geringeren Zell-zu-Modul-Verluste von Back-Contact-Modulen gegenüber normalen Modulen“, fügt er hinzu. Die Produktionskosten für die Zellen würden von 10 auf 8,5 Cent je Watt sinken.
Das neuartige Zellkonzept hat einen Technology Readiness Level (TRL) von 6. Der TRL misst den Reifegrad von Technologiekomponenten für ein System und basiert auf einer Skala von eins bis neun, wobei neun für ausgereifte Technologien zur vollständig kommerziellen Anwendung steht. Der TRL-Grad 8 könne erst erreicht werden, wenn die Technologie in einer Pilotproduktionslinie in einer Massenproduktionsumgebung eingesetzt wird, so das Unternehmen.
EnBW hat sich derzeit verpflichtet, die Entwicklung von SABC-Zellen zu finanzieren, die Industrialisierungsstrategie ist jedoch noch in der Diskussion. „Da das Gebiet der unternehmerischen Aktivitäten von EnBW traditionell Deutschland und Europa ist, wo die Photovoltaikproduktion rückläufig ist, musste die Suche nach geeigneten Partnern für die Industrialisierung von SABC über Europa hinaus ausgedehnt werden“, sagt Centazzo und merkt an, dass EnPV derzeit die Möglichkeiten für die Einführung von SABC in Zellfabriken in den weltweiten Hotspots der Solarindustrie, nämlich den USA, Indien und China, bewertet. „Wir stellen uns vor, dass wir gegen Ende 2025 eine Pilotlinie in Betrieb nehmen. Es wurde noch keine Entscheidung darüber getroffen, mit welchem Partner.“
Dieser Inhalt ist urheberrechtlich geschützt und darf nicht kopiert werden. Wenn Sie mit uns kooperieren und Inhalte von uns teilweise nutzen wollen, nehmen Sie bitte Kontakt auf: redaktion@pv-magazine.com.
Wow !
Klingt sehr spannend! Aber gerade bei PV-Technologie ist Zeit der entscheidende Faktor. Wenn hier eine Pilotlinie eventuell Ende 2025 in Betrieb geht, befürchte ich, dass die Chinesen in der Zwischenzeit ähnliche Lösungen auch schon implementiert haben, und der Vorsprung sich in Luft aufgelöst hat.