Die Vorgabe, ab wann Wasserstoff als „grün“ gezählt wird, könnte zu hoch liegen und dem Hochlauf der Wasserstoff-Wirtschaft im Weg stehen. Das berechnete das Energieberatungsinstitut Novaro in einer Studie. Dabei kam auch heraus, dass heute verfügbare AEL-Elektrolyseure wirtschaftlich eingesetzt werden können.
Da Windkraft und Photovoltaik fluktuierend einspeisen, gibt es einen Zusammenhang zwischen der Verfügbarkeit von Grünstrom und den Betriebszeiten von Elektrolyseuren. Damit Wasserstoff „grün“ ist, dürfen die Elektrolyseure nur laufen, wenn der Grünstromanteil im Netz über einem gewissen Schwellenwert liegt.
Daraus leitet sich folgende Frage ab: ab welchem Anteil erneuerbare Energie und den damit verbundenen möglichen Betriebsstunden ist ein Einsatz von Wasserstoff wirtschaftlich. Als Annahme für den wirtschaftlichen Einsatz setzen die Autoren zwölf Cent pro Kilowattstunde Wasserstoff oder vier Euro pro Kilogramm Wasserstoff voraus.
Im Entwurf des „Wasserstoffbeschleunigungsgesetz“ der Bundesregierung wird ein Schwellenwert von 80 Prozent festgehalten. Das sei zu hoch, halten die Autoren fest. Das wirtschaftliche Optimum sei bei einer Schwelle von 70 Prozent erreicht. Nur bei so einer Schwelle ergeben sich wirtschaftliche Betriebsweisen für die Elektrolyseure.
Die Autoren der Studie schreiben, dass dieser Zusammenhang bisher nur unter pauschalen Annahmen berechnet wurde. Novaro habe in diesem Fall aber die realen Werte von Grünstrom und Börsenpreisen für jede Stunde von Juli 2023 bis Juni 2024 ermittelt. Derzeit liegen auf Jahresbasis die Anteile des Grünstroms bei 60 Prozent. Auf Stundenbasis gerechnet ergibt sich, dass im Betrachtungszeitraum an 1.854 Stunden der Grünstromanteil bei über 80 Prozent lag.
Stündlicher Anteil Grünstrom | 50 % | 60 % | 70 % | 80 % |
Stunden pro Jahr | 5.251 | 4.051 | 2.907 | 1.854 |
Strompreis Day-Ahead Euro pro Megawattstunde | 59,04 | 50,71 | 38,86 | 26,37 |
Damit unter solchen Voraussetzungen Wasserstoff wirtschaftlich produziert werden kann, müssen die Kosten der Anlage bei unter 1000 Euro pro stündlicher Herstellungskapazität von Wasserstoff in Kilowattstunden liegen. Aktuell geht das nur mit alkalischen Elektrolyseuren (AEL). Diese seien nach Aussagen des Instituts jedoch ungeeignet, um entsprechend der Verfügbarkeit von Grünstrom gesteuert zu werden. Ihre Kosten betragen aktuell 750 Euro pro Kilowattstunde Wasserstoff pro Stunde. Deutlich besser geeignet wären dafür Proton-Austausch-Membran-Elektrolyseure (PEM). In diesen kommen aber teure Edelmetalle zum Einsatz, wodurch ihr Preis bei etwa 2000 Euro pro Kilowattstunde Wasserstoff pro Stunde liegt. Ein wirtschaftlicher Betrieb zu solchen Preisen ist nicht möglich. Die Autoren schätzen die Anion-Austausch-Membran-Elektrolyse (AEM) als Hoffnungsträger ein. Sie ist günstiger als die PEM-Technologie, aber dennoch regelbar. Derzeit liegen die Kosten bei etwa 1750 Euro pro Kilowattstunden Wasserstoff pro Stunde.
Die Autoren von Novaro nahmen die Kosten und führten unter der Annahme der verfügbaren Betriebsstunden im Jahr und einem Erlöspreis von zwölf Cent pro Kilowattstunde beziehungsweise vier Euro pro Kilogramm. Eine Wirtschaftlichkeitsberechnung durch.
Kosten Elektrolyseur: 750 Euro pro Kilowattstunde-Wasserstoff pro Stunde | |||
Stündlicher Anteil Grünstrom in Prozent | 60 | 70 | 80 |
Betriebsstunden pro Jahr | 4.051 | 2.907 | 1.854 |
Strompreis Euro pro Megawattstunde | 50,71 | 38,86 | 26,37 |
Amortisation in Jahren | 13,4 | 9,8 | 10,6 |
Rendite in Prozent | 0,8 | 3,6 | 2,8 |
Mit der verfügbaren AEL-Elektrolyse lässt sich bereits ein wirtschaftlicher Betrieb darstellen, wie die oben stehende Tabelle zeigt. Allerdings sei das Optimum eher bei 70 Prozent erneuerbarer Energien im Netz als Schwellenwert erreicht. Dann kostet der Strom im Schnitt 3,9 Cent pro Kilowattstunde und der Elektrolyseur könnte 2.900 Stunden im Jahr laufen. Steigen die Kosten für Elektrolyseure auf über 1000 Euro pro Kilowattstunde-Wasserstoff pro Stunde, werde die Rendite negativ.
Die Hürden in der 37. Bundesimmissionsschutzverordnung setzen die Latte für grünen Wasserstoff zu hoch, so das Fazit der Energieberater. So sollen mindestens 90 Prozent Grünstromanteil für Elektrolyseure während des Betriebs verfügbar sein. Mindestens für die Zeit des Hochlaufs ist der Wert für den Einsatz von Wasserstoff in der Industrie zu hoch angesetzt. Die Autoren sprechen sich daher für einen Wert von 70 Prozent Grünstromanteil und eine schrittweise Anhebung des Wertes bei fortschreitendem Ausbau erneuerbarer Energien aus.
Der Text wurde am 17.9. geändert, um den Namen der Energieberatungsagentur zu berichtigen.
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Wenn man den Prozentsatz niedrig ansetzt, ist zu befürchten, dass polemisiert wird von der Sorte „Braunkohle wird mit schlechtem Wirkungsgrad verbrannt, um mit schlechtem Wirkungsgrad daraus Wasserstoff herzustellen.“ . Vermeiden könnte man das nur, wenn man doch bei den höheren Anteilen bleibt, und die Einnahmeausfälle mit Subventionen kompensiert. Wäre ja zeitlich begrenzt, bis die Elektrolyse billiger ist, und die Erneuerbarenanteile höher sind.
Die können doch weiter Wasserstoff produzieren, es ist dann eben nur kein „grüner“ Wasserstoff.
THA:
Die Elektrolyseure werden, aber nicht billiger, wenn sie nicht auf den Markt kommen.
Es braucht dezentrale, kleinere Elektrolyseure, damit die Windräder an den Wochenenden nicht abgestellt werden müssen. Der produzierte Wasserstoff kann bis 10% in die Gasnetze eingespeist werden. Somit ist der Markt und das Verteilernetz vorhanden.
Es fehlt am politischen Willen und dafür gibt es zuviel Überregulierung und zuviel Perfektion, anstatt zu machen.
Wie schaut es mit lokaler PV Freifläche + lokale Windanlagen + lokale Speicher + lokale Elektrolyseur im Inselbetrieb ohne einen Netzanschluss, ohne Netzentgelte, ohne Steuern, ohne Abgaben etc.
Ich könnte mir vorstellen, dass so ein Betrieb deutlich wirtschaftlicher sein könnte und bürokratisch einfacher wäre.
Die Betriebsstunden der Elektrolyseure müsste bei ausgewogenem PV und Wind und Speicher am höchsten liegen.
Sehr ich genauso. Ist aber politisch nicht gewollt. Nach meinen Kenntnissen darf man in EU keinen selbst produzierten Strom speichern, um ihn dann später zu Kosten ins Netz zu stellen.
( u.a. Aussagen von Speicherhersteller auf der Hannover Messe)
Inselbetrieb mit PV-Freifläche (ohne DC-AC-Wandler), Windkraftanlage + Speicher ohne öffentliches Netz. Alles DC + Elektrolyseur wäre die effizienteste Art H2 zu produzieren.
Normaler PV-Strom wird erst DC zu AC gewandelt und im Elektrolyseur AC wieder in DC gewandelt. Diese Transformationsverluste würden entfallen.
Ebenso lange leitungswege, Netzentgelte, Abgabe und Steuern würde im Inselbetrieb wirtschaftlich günstiger ausfallen.
Warum ist kann man keinerlei Informationen über Novaro finden? „Energieberatungsinstitut Novaro“ auf Google findet genau einen Treffer. Diesen Artikel.
Gibt es zu der Veröffentlichung eine Quelle? Zum Energieberatungsinstitut Novare gibt es jedenfalls keine Website oder Ergebnisse auf Google.
Einen direkten Link gibt es nicht. Das Unternehmen heißt Novaro. Den Tippfehler habe ich im Artikel geändert, danke für den Hinweis. Unter dem Namen findet man auch eine Seite, wo sich gegen Kontaktdaten auch eine Studie sehen lässt.
Schließe mich der Meinung von Martin G an. Im Norden mit Windkraft Wasserstoff erzeugen und in bereits vorhandene Gasleitungen einspeisen. Nicht noch mehr Milliarden an die Netzbetreiber fließen lassen.
Ich komme mit der hier verwendeten finanz-technischen Mathematik nicht klar:
70 Euro pro kWh — ok.
Aber 70 Euro pro kWh pro h —
was soll ich mir -bitte- DA-runter vorstellen ?!
Herzlichen Dank im Voraus fürs Aufklären !
Alles Gute – und Glück auf !
Wolfgang Gerlach
Wie wäre es , statt teurer Umwandlung bei günstigen Strompreisen erst einmal direkt Wärmepumpen und Ladestationen zu versorgen?
Tom Iltmann hat den Finger genau auf der richtigen Stelle.
Wir tun die naheliegendsten Dinge nicht und wollen aus strategischen Gründen schon losrennen, bevor wir überhaupt Schuhe angezogen haben. Man könnte ja Wasserstoff irgendwann mal gebrauchen, vielleicht.
Aber die vorhandenen Ressourcen zu nutzen und zu bedienen? Ist einfach irgendwie nicht in, ist ja kein Gas, was man verbrennen kann.
Grüner Wasserstoff wird primär für die Stahl- und Chemische Industrie benötigt um dort grauen Wasserstoff zu ersetzen. Rückverstromung macht gar keinen Sinn so lange noch fossile Kraftwerke am Netz sind und wir an anderen Stellen noch grauen Wasserstoff oder Folgeprodukte daraus verwenden.
Wasserstoffproduktion ist nie wirtschaftlich, weil mehr Energie reingesteckt wird, als unterm Strich wieder rauskommt. Es gibt Situationen, wo Wasserstoff die einzige Alternative zu anderen Energieträgern ist, aber man kann mit Strom sowohl kinetische als auch thermische Energie erzeugen, und diese ist immer günstiger als der Umweg über den Wasserstoff.
Korrekt, Wasserstoff ist immer Energie-negativ. Wenn wir wenigstens den grauen Wasserstoff ersetzen würden, aber ausgerechnet an dieser Front passiert so richtig viel – gar nichts.
Aufgrund der Energie-Negativität kann Wasserstoff nur grün sein, wenn ein entsprechender Ausbau an grünen Energiequellen _voraus_geht. Hintenanstellen füllt nur die Taschen von fossilen Kriegstreibern.
Sehr geehrter Magneto,
Du hast den Nagel auf den Kopf getroffen – und ich präzisiere noch etwas:
Bei !!jeder!! Energie-Gewinnung auf Mütterchen Erde (auch Wind/Wasser/Solar/Atom)
ensteht !!als Haupt-Produkt!! Wärme, welche als Abwärme benannt wird –
was sich bis jetzt noch so ganz einfach liest —
ABER die Ab-Wärmen sind -nach nicht diskussionsfähigen Naturgestzen- etwa 1,5-fach grösser als die jeweils gewonnene Nutzenergie. Was keiner unsrer massgeblicher Politiker bis jetzt auch nur zu ahnen scheint.
Weshalb ein wahnsinns grosser Anteil der politischen Energie-Wende-Manöver nur nach hinten losgehen kann —und der menschgemachte Anteil an der Klimaerwärmung -anstatt ab-zunehmen- im Gegenteil stetig weiter zunimmt !
Ein Wahnsinn – in der treffenden Sprache unserer Osiis:
eine stetige Verschlimmbesserung
– oder in altgeübter Wessi-Sprache
eine Schlange, die sich in den eigenen Schwanz beisst.,
Die „Schlange, die sich in den eigenen Schwanz beisst“ hat mittlerweile meine homopage „terminiert“, indem Jeder, der diese homepage aufrufen möchte, vor deren Gefahr gewarnt wird — und wers trotzem noch versucht, wird geblockt.
Alles Gute – und Glück auf !
Wolfgang Gerlach
Wie wäre es mal mit einem Physik Grundkurs bevor Sie hier so einen Dünnpfiff verbreiten?
Nach Ihrer 1,5 fachen Abwärmeregel läge der maximal erreichbare effektive Wirkungsgrad bei 40%.
Wie erklären Sie dann bitte GuD Gaskraftwerke die ca. 60% der chemischen Energie in Strom umwandeln, oder Elektromotoren/Generatoren die bei 95% liegen?
Ich nehme an, Sie meinen die 750 bis 2000 € pro kWh Wasserstoff pro Stunde – damit sind die Kosten des Elektrolyseurs gemeint. Ein Elektrolyseur, der 1 MW elektrische (Anschluss)Leistung hat, produziert ca. 700 kWh H2 (Heizwert) pro Stunde bei Volllast und würde als AEL 750 * 700 = 525.000 € kosten, als PEM 1,4 Mio€. Da AEL aber nicht für flexible Fahrweise je nach Grünstrom Verfügbarkeit taugt, muss was anderes günstiges her, die AEL, hier mit 1750 € pro kWh H2/h mir aber etwas teurer vorkommt. Vgl folgender Artikel mit Kosten von 500-600€/kW (nicht klar, ob elektrisch oder Heizwert H2) https://live.handelsblatt.com/gastbeitrag-schluesselfaktor-membran-fuer-eine-effiziente-und-wirtschaftliche-wasserstoffelektrolyse/
Unmittelbaren Klimaschutz bringt ein Elektrolyseur aber doch erst bei einem lokalen Überschuss (>100%) von Grünstrom. Es ist doch immer effizienter den Strom direkt zu nutzen, als daraus erst Wasserstoff herzustellen und den weiterzuverarbeiten (Wirkungsgrad ~30-40% wenn daraus wieder Strom werden soll). Wenn ich lokal keinen Überschuss an Grünstrom habe (sagen wir: 99% Grünstrom) und dann meinen Elektrolyseur anwerfe, muss doch irgendwo ein fossiles Kraftwerk diese Energiemenge bereitstellen. Mein Wasserstoff wurde dann zwar „aus 99% Grünstrom hergestellt“, aber dadurch habe ich anderswo gewaltige Opportunitätsemissionen erzeugt.
Rentabel ist das nur wenn es günstiger ist als Erdgas
und der Preis liegt derzeit bei 0,76 Cent/KWh ( 2,24 Euro pro MMBTu =293kwh )