Bertelsmann Stiftung sieht unter Dachdeckern Defizite bei der Photovoltaik-Kompetenz

Teilen

Kernaufgabe von Dachdeckern ist seit jeher, Dächer wetterfest zu machen. Doch sind in Solarunternehmen beschäftigte Dachdecker auch ausreichend qualifiziert, Photovoltaik-Anlagen zu installieren? Nicht unbedingt, meint die Bertelsmann Stiftung: In der neuen Studie „Klima-Jobs erfordern zusätzliche Kompetenzen“ kommen die Experten zu dem Ergebnis, dass hier oft eine Kompetenzlücke besteht. Klassischerweise stehen bei diesen Handwerkern das Dachdecken und Abdichten im Vordergrund. In der Solarbranche sind aber andere Kompetenzen gefragt.

Zwar können Auszubildende seit 2016 als einen von fünf Schwerpunkten „Energietechnik an Dach und Wand“ wählen, sagt Arbeitsmarktexpertin Jana Fingerhut von der Bertelsmann Stiftung. „Aber das reicht nicht. Auch Dachdecker, die ihre Ausbildung vor 2016 abgeschlossen haben und Solaranlagen installieren wollen, müssen zusätzliche Kompetenzen erwerben.“

Bertelsmann Stiftung fordert mehr Weiterbildungen

Die Bertelsmann Stiftung sieht auch bei anderen Aufgaben der Energiewende eine Kompetenzlücke, etwa in der Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik oder im Bereich der Bauelektrik. Die starken Unterschiede bei den Kompetenzanforderungen innerhalb eines Berufes zeigen, dass der Blick auf die Zahl der Arbeitskräfte allein nicht ausreicht, sagt Fingerhut. „Wir brauchen nicht nur mehr Fachkräfte. Sie müssen eben auch die richtigen Kompetenzen für die Aufgaben in der Wind- und Solarbranche mitbringen. Diese Kompetenzen müssen erst erlernt werden.“

Daher bräuchten die Branchen der Energiewende mehr gezielte Weiterbildungen, die sich sowohl an Personen mit abgeschlossener Berufsausbildung richten als auch an diejenigen mit Berufserfahrungen, aber ohne einen anerkannten Abschluss. „Für Ungelernte sollten Teilqualifizierungen zum Beispiel im Bereich Montage von Solaranlagen angeboten werden“, schlägt Fingerhut vor. Zu prüfen wäre außerdem eine Bündelung von Kompetenzen aus bestehenden Berufen zu einem neuen Beruf ‚Fachkraft für Erneuerbare Energien‘ oder ‚Klimafachkraft‘. „Dieser Schritt könnte für Jugendliche die Ausbildung im Bereich der Energiewende deutlich attraktiver machen“, so die Arbeitsmarktexpertin.

Dachdeckerverband hält Methodik der Studie für fragwürdig

Der Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH) weist die Ergebnisse der Studie entschieden zurück. Die in der Studie geäußerte Behauptung, dass Dachdecker nicht automatisch für die Installation von Photovoltaik-Anlagen qualifiziert seien und zusätzliche Kompetenzen erwerben müssten, entspreche nicht der Realität.

So betont der ZVDH, dass die Ausbildungsordnung des Dachdeckerhandwerks die Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten zur Montage von Photovoltaikanlagen für jeden Auszubildenden im Dachdeckerhandwerk umfasse. Überdies eröffnet die Ausbildungsverordnung seit 2016 die Möglichkeit, sich im Rahmen der Auswahl eines Schwerpunktes maßgeblich auf das Thema Energietechnik zu konzentrieren. Mit dem speziell dafür entwickelten Modul „Energietechnik an Dach und Wand“ würden Auszubildende umfassend auf die Herausforderungen der Energiewende vorbereitet. Diese Qualifikation werde darüber hinaus in der Meisterausbildung vertieft, sodass Fachkräfte bestens für die Montage von Photovoltaik-Anlagen gerüstet seien.

„Die Studie verkennt die Realität in unserem Handwerk. Die Kompetenz zur Installation von Photovoltaikanlagen ist bereits seit Jahren fester Bestandteil unserer Ausbildung und wird kontinuierlich weiterentwickelt“, betont Jan Voges, Vizepräsident des ZVDH.

Auch nach der formalen Ausbildung werden Dachdecker dem Verband zufolge regelmäßig weiterqualifiziert. Seit der Einführung des Weiterbildungsangebots zum ZVDH-zertifizierten Photovoltaik-Manager wurden über 3.500 Dachdeckerbetriebe geschult. Das entspreche etwa der Hälfte aller Innungsbetriebe.

Der Verband weist darauf hin, dass die Studie der Bertelsmann Stiftung auf einer computerlinguistischen Analyse von Online-Stellenanzeigen basiert. Daraus auf Kompetenzbedarfe zu schließen sei fragwürdig. Zudem kritisiert der ZVDH, dass er nicht zu einem Experten-Workshop eingeladen worden war, bei dem die Ergebnisse der Untersuchung vor Veröffentlichung der Studie diskutiert wurden.

Dieser Inhalt ist urheberrechtlich geschützt und darf nicht kopiert werden. Wenn Sie mit uns kooperieren und Inhalte von uns teilweise nutzen wollen, nehmen Sie bitte Kontakt auf: redaktion@pv-magazine.com.

Popular content

ZNT-Marktübersicht: Sechs der elf größten europäischen Anbieter für private Photovoltaik-Anlagen kommen aus Deutschland
31 Dezember 2024 Das Berliner Zentrum Nachhaltige Transformation hat eine Übersicht der im Geschäftsjahr 2023 nach Umsatz und Installationszahlen größten Unternehmen e...