Der Photovoltaik-Zubau in der Schweiz hat im vergangenen Jahr einen neuen Rekord von 1641 Megawatt erreicht. Dies sei ein Marktwachstum um 51 Prozent gegenüber 2022 und das vierte Jahr in Folge eine Steigerung um mehr als 40 Prozent, berichtet der Verband Swissolar unter Berufung auf die „Statistik Sonnenenergie“ des Bundesamts für Energie (BFE). Die kumuliert installierte Photovoltaik-Leistung in der Schweiz stieg damit zum Jahresende 2023 auf 6375 Megawatt. Die Jahresproduktion von 4624 Gigawattstunden Solarstrom deckte dabei im vergangenen Jahr 8,25 Prozent des Strombedarfs des Landes.
Swissolar geht davon aus, dass in diesem Jahr erstmals die Marke von zehn Prozent überschritten wird. „Der Solarausbau liefert derzeit jedes Jahr 2 bis 3 Prozent mehr an den Schweizer Strombedarf. Damit wird Solarstrom neben der Wasserkraft zur zweiten tragenden Säule unserer Stromversorgung. Bis 2050 kann Solarstrom trotz steigendem Verbrauch 50 Prozent des Jahresbedarfs decken“ sagt Swissolar-Geschäftsführer Matthias Egli.
Die Zahlen aus der „Statistik Sonnenenergie“ zeigen auch, dass der Schweizer Photovoltaik-Markt in fast allen Größenbereichen wächst. Besonders markant mit 65 Prozent sei der Zuwachs im Segment Gewerbe und mit 59 Prozent bei Mehrfamilienhäusern gewesen. Insgesamt sind in der Schweiz im Vorjahr rund 58.000 neue Photovoltaik-Anlagen mit einer durchschnittlichen Leistung von 28,2 Kilowatt neu installiert worden. Die Durchschnittsleistung erhöhte sich damit um zwölf Prozent gegenüber 2022. Für Swissolar ein Zeichen, dass die Dächer zunehmend vollständig für die Photovoltaik-Anlagen genutzt werden. Dieser Trend zu größeren Anlagen sei sehr positiv, da dadurch der Preis pro produzierter Kilowattstunde weiter sinke, erklärte David Stickelberger, Leiter Markt und Politik bei Swissolar.
Auch die Nachfrage nach Batteriespeichern steigt weiter an. Die Anzahl neu installierter Systeme habe sich im vergangenen Jahr um 73 Prozent erhöht. Die durchschnittlich installierte Speicherkapazität liegt nach der Statistik bei 14,1 Kilowattstunden. 42 Prozent der neuen Photovoltaik-Dachanlagen auf Einfamilienhäusern sind demnach mit einem Heimspeicher kombiniert worden. Vermehrt würden Speicher auch in Kombination mit Photovoltaik-Anlagen im Gewerbe und auf Mehrfamilienhäusern installiert. Die insgesamt installierte Speicherkapazität stieg bis Ende 2023 auf 607.000 Kilowattstunden an.
Für das laufende Jahr rechnet Swissolar mit einem etwas schwächeren Wachstum als in den Vorjahren. So erwartet der Verband einen Zuwachs um etwa zehn Prozent und damit eine Steigerung des jährlichen Photovoltaik-Zubaus auf 1800 Megawatt. Gebremst werde das Wachstum unter anderem durch die Unsicherheit bezüglich der neuen politischen Rahmenbedingungen, durch die wieder sinkenden Strompreise und durch den weiterhin hohen Fachkräftebedarf. Allerdings scheint der Engpass erst einmal behoben. „Die Lage hat sich gemäß unserer Branchenumfrage vom letzten März deutlich entspannt“, so Stickelberger auf Anfrage von pv magazine. „Heute können Anlagen in den meisten Fällen innerhalb von sechs Monaten erstellt werden. Viele neue Firmen sind auf den Markt gekommen, neue Fachkräfte konnten gewonnen werden“, so seine Einschätzung
Allerdings ist aktuell weit weniger Dynamik im Schweizer Photovoltaik-Markt, wenn man auf die Wachstumsraten schaut. „Auch nächstes Jahr könnte es vorübergehend ein schwaches Wachstum geben, da sich die neuen gesetzlichen Regelungen erst noch einspielen müssen“, sagte Stickelberger. Denn im Juni gab es in einer Volksabstimmung ein Ja zum Stromgesetz in der Schweiz. Darin ist ein ehrgeiziges Ausbauziel für die Erneuerbaren definiert. Neue Instrumente müssten dafür geschaffen werden, etwa die lokalen Elektrizitätsgemeinschaften (LEG), um den Verbrauch des Solarstroms im Quartier zu fördern. Auch die Befreiung der Batteriespeicher vom Netzentgelt sowie die einheitlich geregelte Abnahmevergütung für ans Netz abgegebenen Strom gehören dazu.
„Der Erfolg dieser Instrumente hängt jedoch stark von der konkreten Ausgestaltung der Verordnungen ab, die erst im November bekannt sein werden“, heißt es von Swissolar. Angesichts der Entwürfe seien noch klare Nachbesserungen notwendig. „Unsere wichtigsten Kritikpunkte an den Verordnungen waren die ungenügenden Anreize für die LEG sowie die deutlich zu tiefen Minimal-Abnahmevergütungen“, erklärt Stickelberger. „Bei den LEG erwarten wir, dass das gesetzliche Maximum von 60 Prozent bei den Rabatten zur Netzgebühr genutzt wird, und bei den Minimalvergütungen fordern wir (je nach Anlagegröße) Werte von vier bis acht Rappen pro Kilowattstunde.“ Zudem ist es nach seiner Ansicht wichtig, dass das Gesetz möglichst vollständig per 2025 zur Anwendung kommt. Dabei könnten auch Batteriespeicher durch die geplante Befreiung von der Netznutzungsgebühr weiter an Attraktivität gewinnen.
Eine Verlängerung ist aus Sicht des Verbands für den „Solarexpress“ notwendig. Darin enthalten ist die Förderung von alpinen Photovoltaik-Projekten. Diese müssen dafür aber bis 2025 mindestens zehn Prozent der geplanten Leistung ans Netz bringen. Diese Zeit sei zu knapp bemessen, denn aktuell dauern die Genehmigungsverfahren für solche Projekte noch sehr lange. Erste Bewilligungen für größere Projekte seien bereits erteilt worden. Swissolar rechnet mit weiteren in Kürze. Dennoch sei eine Verlängerung des „Solarexpress“ über 2025 hinaus notwendig.
Auch bei den Netzanschlüssen sieht Swissolar dringenden Handlungsbedarf. „Vor allem in ländlichen Gebieten kommt es zu Engpässen und damit zu langen Verzögerungen beim Netzanschluss neuer Anlagen – oder sogar Meldungen, man dürfe nichts einspeisen“, erklärt Stickelberger. Aus seiner Sicht besteht für die Netzbetreiber über Tarifmodelle die Möglichkeit, Verbrauch und Produktion besser aufeinander abzustimmen. Oft seien auch deren Netzmodelle zu konservativ oder defensiv ausgelegt. „Dynamische Berechnungen würden zusätzliche Netzanschlüsse erlauben“, so Stickelberger weiter. (unter Mitarbeit von Hannah Bergler)
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Das sind äußerst beachtliche Zubauzahlen für so ein kleines Land. Bereits in 2023 war das mehr als bei uns in den 2010er Jahren unter der GroKo.
Deutschland und die Schweiz kann man kaum vergleichen.
Die Schweiz hat bereits einen großen Anteil an Erneuerbarer Stromerzeugung, alleine in Form von Wasserkraft >50%. Sie hat allerdings das Problem, dass die im Spätwinter schwach ist, und aufgrund der schwindenden Gletscher in Zukunft weniger gleichmäßig zur Verfügung stehen wird. Die zahlreichen, sehr effizienten Pumpspeicherwerke können das nicht ausgleichen.
Die Schweiz ist nicht EU-Mitglied und muss deshalb ständig darum fürchten, dass die EU ihre Teilnahme am europäischen Stromverbund von Zugeständnissen auf anderen Gebieten (beispielsweise der Liberalisierung des Bahnverkehrs) abhängig macht. Deshalb will die Schweiz prinzipiell eine autarke Insel sein können.
Wenn man die installierte PV-Leistung pro Kopf rechnet, hat die Schweiz gegenüber Deutschland noch Nachholbedarf:
installierte Leistung in W/Einwohner: D 1060, CH: 727
Neuinstallation 2023 in W/Einwohner: beide 181
Pro Kopf ist also noch deutlich weniger installiert, als in Deutschland, beim Zubau pro Kopf liegen beide Länder gerade mal gleichauf. Wenn das ein paar Jahre so bleibt, wird der relative Unterschied kleiner, und die Schweiz hat – wie gesagt bereits sehr viel Wasserkraft zur Verfügung. Andererseits sind die Möglichkeiten zur Windkraftnutzung in dem dicht besiedelten Land sehr eingeschränkt.
Was wirklich besser funktioniert: Die Bevölkerung unterstützt die Energiewende, wahrscheinlich weil Superqualitätsblätter wie in Deutschland die BLÖD-Zeitung weniger Einfluss haben, oder weniger verlogen sind.
Ich denke der Zubau wird jedoch die nächsten Jahre wieder schrumpfen. Der Grund ist in der Schweiz werden keine fixen Rückliefervergütungen wie in Deutschland über 20Jahre bezahlt. Es werden Investitions Beiträge nach dem Bau bezahlt.
Im Juni wurde bei der Abstimmung unter anderem eine Vereinheitlichung der Rückliefervergütungen beschlossen. Diese orientiert sich ab 2025 am Referenz-Marktpreis für Photovoltaikanlagen und wird vom Bundesamt für Energie berechnet. Im 2.Quartal 2024 betrug diese noch 3.5Rp./kWh.
Für kleine Anlagen bis 30kW gibt’s eine Mindestvergütung von 4.6Rp./kWh. Für Anlagen zwischen 30 und 150kWp beträgt diese 0Rp. Sprich es darf nicht negativ werden.
Durch diese Regelung wird der Eigenverbrauch gefördert. Ich halte diese Regelung für wesentlich intelligenter als die deutsche. Dadurch wird weniger Netzausbau benötigt und keine Fehlanreize für „nutzlose“ Überschussenergie gemacht, die am Schluss abgeregelt und vergütet werden muss.
Der Kommentar von Herrn Eberl ist ziemlich entlarvend: „Ich finde das System der Schweiz wesentlich besser. Der Zubau wird in den kommenden Jahren schrumpfen.“ (Zitat jeweils sinngemäß)
Wenn man schrumpfenden Zubau will, dann wälzt man das Vermarktungsrisiko auf die Anlagenbesitzer. Wenn man weiter kräftigen Zubau möchte (und nur der ermöglicht eine 100%-Erneuerbar-Welt) muss das Vermarktungsrisiko bei den Verbrauchern bleiben, wegen deren Wunsch nach Strom überhaupt Stromerzeuger gebraucht werden.
Vor der Abregelung (mit Vergütung der abgeregelten kWh) muss man nicht so Angst haben. Bei Erzeugungskosten von 5ct kann man sich locker 50% Abregelung leisten – der Strompreis steigt dann gerade mal auf 10ct. Eine andere Frage ist, ob man so viele Erzeugungsanlagen überhaupt bauen kann. Aber in der Schweiz ist das gar nicht nötig. Die haben so viel Speicher, dass nur geringe Mengen abgeregelt werden müssen. Allenfalls eigene und französische Kernkraftwerke könnten diese Speicher verstopfen, oder auch mal Windstromüberschüsse aus Deutschland. Aber wenn den Kernkraftwerken endlich mal ihre wahren Kosten zugeordnet würden (vor allem Versicherungskosten), dann würde die auch niemand mehr betreiben wollen, weil sie nicht konkurrenzfähig sind.