DIHK, bne und EEX sprechen sich vehement gegen Kapazitätsmarkt aus

Windräder, Windkraftanlagen, Strommasten, Stromnetz, Illustration BMWK zur Kraftwerksstrategie

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„Die Instrumente der Kapazitätsförderung sind in einem dynamischen Strommarkt mit hoher Erneuerbaren-Durchdringung nicht geeignet, die Versorgungssicherheit zu organisieren.“ Dies ist eine der Kernaussagen der Studie „Die Ordnung der Transformation – Versorgungssicherheit im Strommarkt“, die das Berliner Beratungsunternehmen Connect Energy Economics für den Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne), die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) und die Leipziger Energiebörse European Energy Exchange (EEX) erstellt hat.

Hintergrund ist die von der Bundesregierung geplante Kraftwerksstrategie sowie die hiermit verbundenen Pläne für einen bis 2028 greifenden Kapazitätsmarkt im Stromsektor – also, verkürzt formuliert, einen Markt, auf dem nicht gelieferte Kilowattstunden vergütet werden, sondern die Bereitstellung Leistungskapazitäten. In der seit Jahren kontrovers geführten Diskussion, in der zum Beispiel verschiedene Energiekonzerne gegensätzliche Positionen vertreten und auch verschiedene Studien zu Pro- oder Contra-Resultaten führten, reihen sich bne, DIHK und EEX damit bei den Kapazitätsmarktgegnern ein.

Connect Energy Economics legt in der 240 Seiten starken Studie schwerpunkmäßig dar, warum ein Kapazitätsmarkt dem von der Europäischen Union in der jüngsten Reform der europäischen Strommarktrichtlinie definierten Instrument der Absicherungspflicht unterlegen ist. Letzteres besagt, wiederum verkürzt formuliert, dass alle am Strommarkt handelnden Akteure eingegangene Lieferverpflichtungen zuverlässig absichern müssen. Dies ist nach Einschätzung der Studienautoren „die kostengünstigere und robustere Maßnahme für eine sichere Stromversorgung – und hat zugleich den geringsten Umsetzungsaufwand.“ Die Richtlinie sieht allerdings auch die Möglichkeit von Kapazitätsmärkten vor.

Die Kritik an Kapazitätsmärkten bezieht sich insbesondere auf selektive Kapazitätsmärkte, die nur ausgewählte Technologien fördern – konkret auf die Überlegungen zur Ausschreibung von Erzeugungskapazitäten für Gaskraftwerke, die später auf Wasserstoffbetrieb umgestellt werden. Dies gilt als wichtiges Instrument zur Absicherung gegen Dunkelflauten. Die Studie hält in diesem Rahmen die unter anderem die Instrumente Absicherungspflicht für effektiver und auch schneller umsetzbar als einen Kapazitätsmarkt für Erdgas- beziehungsweise Wasserstoffkraftwerke. „Es kann nicht sein, dass wir den marktlichen Aufwuchs verschiedener Flexibilisierungsangebote zugunsten der Förderung von Erdgaskraftwerken mit einer bestenfalls ungewissen Wasserstoffhypothek verdrängen“, erklärt bne-Geschäftsführer Robert Busch. Er warnt zudem vor einem hierbei absehbaren „Förderwettlauf zwischen erneuerbaren Energien und neuen Kraftwerken“.

Die von den Auftraggebern sowie in der Studie selbst kritisierte Festlegung auf eine Technologie ist allerdings keineswegs zwingend Merkmal eines Kapazitätsmarktes. Auf bestehenden Märkten in den USA, Großbritannien, Belgien, Italien oder Polen nehmen etwa auch große Batteriespeicher teil. Ihr Anteil am gehandelten Gesamtvolumen ist allerdings bislang gering. Die Studie führt zudem an, dass sich die Vorgaben der bestehenden Kapazitätsmärkte an den Eigenschaften thermischer Kraftwerke orientieren. In Großbritannien – dem ältesten Kapazitätsmarkt in Euopa – habe sich beispielsweise gezeigt, dass die Marktchancen von Stromspeichern mittel- bis langfristig sinken. Dies wiederum führe zu einer geringeren Flexibilität des gesamten Strommarktes und damit zu einem sinkenden Marktwert von Strom aus Windkraft und Photovoltaik.

Diese Energieträger hätten deshalb einen höheren Förderbedarf – einer von mehreren Gründen, aus denen die Studie einem Kapazitätsmarkt deutlich kostensteigernde Effekte für die Gesamtversorgung attestiert. Marco Nicolosi, Geschäftsführer von Connect Energy Economics, sieht deshalb einen „wettbewerblichen Strommarkt“ – zu dem er Kapazitätsmarktmodelle offenkundig nicht zählt – als bessere Gewährleistung einer kostengünstigen und sicheren Versorgung: „Statt über Förderprogramme für Kraftwerke zu diskutieren, die – wie im Falle von Kapazitätsmärkten – zu einer dauerhaften Fördernotwendigkeit führen, sollten Anreize gesetzt werden, um den Strommarkt zu stärken.“ Auch Peter Reitz, CEO der Stromhandelsbörse EEX, votiert eindeutig für die Absicherungspflicht. Wenn der Gesetzgeber diese konsequent ausgestalte, würden „am Strommarkt die passenden Produkte zur Absicherung von Preisrisiken gehandelt, die den Wert von Versorgungssicherheit berücksichtigen. Das erlaubt Stromerzeugern sichere Einnahmen zur Finanzierung ihrer Investitionen“.

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