Neben den etablierten Photovoltaik-Technologien wie Siliziumbasierten gibt es eine Reihe von weiteren Technologien, die alternative Materialien als Lichtabsorber verwenden. Weil sie kommerziell noch nicht etabliert sind, werden diese Technologien als “Emerging PV„ bezeichnet. Die bekanntesten hiervon sind die Organische Photovoltaik, die seit dem Jahr 2000 intensiv erforscht wird, und die noch deutlich jüngere Perowskit-Photovoltaik, bei der dies seit dem Jahr 2013 der Fall ist.
Beide Technologien haben die besondere Eigenschaft, dass sie sich aufgrund der verwendeten Absorbermaterialien (ein Gemisch von Kohlenwasserstoffen bzw. organisch-anorganische Salze) auch aus einer Tinte in einem Druckprozess herstellen lassen (illustriert in Abbildung 1). Durch die Druckbarkeit ergeben sich eine Reihe von Eigenschaften, über die herkömmliche Solarmodule nicht verfügen, wie zum Beispiel Transparenz und Flexibilität, die sie für neue Anwendungen wie Gebäudeintegration oder Gewächshäuser interessant machen.
Für solche Eigenschaften gibt es keine allgemein verwendeten Standards, und sie werden in den Effizienztabellen vom NREL (https://www.nrel.gov/pv/cell-efficiency.html) und in der halbjährlich aktualisierten Effizienztabelle der Zeitschrift „Progress in Photovoltaics“ nicht erfasst (https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/pip.3750). Dies erschwert den Vergleich der Resultate, die in unterschiedlichen Gruppen erzielt werden und damit den Überblick über den Fortschritt im gesamten Forschungsfeld.
Wir haben deshalb mit einem internationalen Konsortium die Emerging PV Initiative gegründet, die aus einer Datenbank sowie einer dazugehörigen Webseite besteht und Rekordwerte in unterschiedlichen Kategorien wie Effizienz und Lebensdauer erfasst. Wissenschaftler können ihre veröffentlichten Daten in die Datenbank hochladen, wobei die Daten automatisch auf Vollständigkeit und Konsistenz überprüft werden. Wenn diese Prüfung erfolgreich ist, werden die Daten auf der Webseite angezeigt. Zusätzlich werden die innerhalb eines Jahres erzielten Fortschritte jährlich in einer Publikation veröffentlicht (https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/aenm.202303173). Abbildung 2 zeigt als Beispiel für aus der Datenbank extrahierte Daten die Effizienzentwicklung von organischen Solarzellen (OPV) und Perowskit-Solarzellen (PPV) mit der Zeit. Zusätzlich erkennt man an der Farbgebung, mit welchen Bandlücken die höchsten Effizienzen erzielt wurden, nämlich etwa 1,4 Elektronenvolt für OPV und circa 1,55 Elektronenvolt für PPV.
Wir wollen mit dieser Initiative erreichen, dass Wissenschaftler ihre Resultate nach einheitlichen Kriterien veröffentlichen, um die Fortschritte besser erkennbar zu machen und die technologische Entwicklung zu beschleunigen. Dies gilt besonders für die Lebensdauer im Betrieb, die im Moment das größte Hindernis für die Kommerzialisierung von Emerging PV-Technologien darstellt, und die unter sehr vielen unterschiedlichen Bedingungen hinsichtlich Temperatur, Beleuchtung und Umgebungsatmosphäre getestet wird. Wir möchten außerdem die auf dem Gebiet forschenden Wissenschaftler dazu ermutigen, zur Initiative beizutragen, indem sie ihre eigenen Daten auf der Webseite der Emerging PV Initiative hochladen.
Veranstaltungshinweis: FAUinsights Vortragsreihe „Technologien für eine solare Welt“ vom 08.05. – 17.07.2024
— Die Autorin Karen Forberich ist Wissenschaftlerin am Helmholtz-Institut Erlangen-Nürnberg (HI ERN) in der Abteilung „Hochdurchsatzmethoden in der Photovoltaik“. Forberich absolvierte ihr Physikstudium an der Universität Konstanz und anschließender Promotion am Fraunhofer ISE/Universität Freiburg. Später arbeitete sie an der Universität Linz, bei Konarka Technologies, am Solar Research Institute of Singapore (SERIS) sowie von 2012 bis 2019 an der FAU Erlangen-Nürnberg, bevor sie 2019 an das HI ERN wechselte. Die Forschungsschwerpunkte der Abteilung „Hochdurchsatzmethoden in der Photovoltaik“ liegen in der Beschleunigung der Materialforschung für die Photovoltaik durch die automatisierte Herstellung, Charakterisierung von Solarzellen, ergänzt durch die Auswertung mit modellbasierten Simulationen und KI-Methoden. Im Rahmen dieser Arbeiten wurde auch die Emerging PV Initiative ins Leben gerufen, und das Institut ist Teil von weiteren Initiativen, die die einheitliche Speicherung von Daten zum Ziel haben. —
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Vielen Dank für die Betrachtung der emerging technologies. Ich erlaube mir zwei Eränzungen.
1. Die OPV wird mind. seit 1991 an der EPFL erforscht (s. https://www.nrel.gov/pv/assets/pdfs/best-research-cell-efficiencies.pdf). Erste Zelle deutlich früher.
2. BIPV und OPV: Die oft zitierte Anwendung von OPV, da flexibel und leicht, im Bereich BIPV entbehrt meines Wissens einer technischen Grundlage. Gebäude bewegen sich nicht und verändert auch nicht ihre Form. D.h. das Gewicht ist nicht besonders relevant und die Form ist meistens fixiert. Also kein Vorteil für die OPV.
p.s. der Vor- und Nachteil der Transparenz ist selbsterklärend 🙂