Joseph-von-Fraunhofer-Preis 2024 für Entwickler der „MorphoColor“-Beschichtungstechnologie

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Oliver Höhn, Thomas Kroyer und Andreas Wessels, Entwickler der MorphoColor-Technologie vom Fraunhofer ISE
Oliver Höhn, Thomas Kroyer und Andreas Wessels vom Fraunhofer ISE sind für die Entwicklung der MorphoColor-Technologie mit dem Joseph-von-Fraunhofer-Preis 202 ausgezeichnet worden.

Foto: Piotr Banczerowski/Fraunhofer ISE

Am Mittwochabend sind die Forscher des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE, Oliver Höhn, Thomas Kroyer und Andreas Wessels, mit dem Joseph-von-Fraunhofer-Preis 2024 ausgezeichnet worden. Sie werden für die Entwicklung der „MorphoColor“-Technologie geehrt. Diese ermöglicht die Herstellung farbiger Solarmodule, die eine winkelstabile und gesättigte Farbgebung bei minimalem Wirkungsgradverlust aufweisen – ganz nach dem Vorbild des Morpho-Schmetterlings. Das Fraunhofer ISE hat diese Module in Grün an der Fassade eines ihrer Gebäude am Hauptsitz Freiburg installiert.

Der Joseph-von-Fraunhofer-Preis wird seit 1978 von der Fraunhofer-Gesellschaft verliehen. Er ist mit 50.000 Euro dotiert und zeichnet herausragende wissenschaftliche Leistungen zur Lösung anwendungsnaher Probleme aus.

Mit den farbigen „Morpho-Color“-Solarmodulen lassen sich noch mehr Photovoltaik-Anwendungen realisieren. Sie können etwa eingesetzt werden, wenn Denkmalschutzvorgaben den Einsatz herkömmlicher blauer oder schwarzer Solarmodule verbieten. Zum Wirkungsgrad erklärt Wessels: „Unabhängige Messungen bestätigen, dass die farbigen PV-Module mit MorphoColor-Beschichtung circa 95 Prozent der Leistung eines vergleichbaren unbeschichteten Moduls erbringen.“ Nach dem biologischen Vorbild des Morpho-Schmetterlingsflügels ist es den Wissenschaftlern vom Fraunhofer ISE gelungen, eine ähnliche Oberflächenstruktur durch einen Vakuumprozess auf die Rückseite des Deckglases ihrer Photovoltaik-Module aufzubringen. Je nach Feinstruktur lassen sich somit Deckgläser in verschiedenen Farben herstellen. Inzwischen weist das Schichtsystem für farbige Photovoltaik wesentlich bessere Eigenschaften als das biologische Vorbild auf, heißt es von den Forschern.

Als Plug-in-Lösung lässt sich die „MorphoColor“-Technologie in alle gängigen Photovoltaik-Technologien einsetzen. Besonders geeignet seien Zell- und Modultechnolgien, die einen homogenen optischen Eindruck lieferten, wie etwa die Matrix-Schindeltechnologie. Auch seien die Module industriell kostengünstig herstellbar. Bisher hat das Fraunhofer ISE, das die Marke „MorphoColor“ bereits der Schweiz, China, USA, Japan und Korea registriert hat, eine Lizenz für die Herstellung an das Schweizer Photovoltaik-Unternehmen Megasol Energie erteilt. Doch nicht nur für den klassischen Photovoltaik-Markt, sondern auch als Autodachgläser oder auf Motorhauben seien die farbigen Module denkbar. Das Interesse der deutschen Autobauer sei groß, nachdem das Fraunhofer ISE seine Technologie auf der Automobilmesse IAA präsentierte, hieß es weiter.

„Gerade individualisierbare Produkte wie farbige Module können ein Nukleationskern für eine Renaissance der Photovoltaik-Industrie in Europa sein“

Im Zuge der Auszeichnung antwortete Andreas Bett, Institutsleiter des Fraunhofer ISE, einige Fragen, die über den Glanz der Preisverleihung hinausgehen. So haben die Einschnitte bei der Forschungsförderung direkte Auswirkungen auf sein Institut. Auch die Solarindustrie hat es in Europa derzeit mehr als schwer, dabei könnte gerade solche Sonderentwicklungen wie die „MorphoColor“-Solarmodule neue Wettbewerbsmöglichkeiten für deutsche und europäische Photovoltaik-Hersteller sein. 

pv magazine: Was bedeutet ihnen die Auszeichnung mit dem Joseph-von-Fraunhofer-Preis in diesem Jahr?

Andreas Bett, Leiter Fraunhofer ISE, Freiburg
Institutsleiter Prof. Dr. Andreas Bett

Foto: Fraunhofer ISE

Andreas Bett: Mit dem Joseph-von-Fraunhofer-Preis werden innovative Technologieentwicklungen ausgezeichnet, die bereits erste erfolgreiche industrielle Umsetzungen aufweisen können. Den Kollegen aus dem Fraunhofer ISE und der Firma Megasol Energie AG ist es gelungen, als neues Produkt farbige Module mit höchsten Wirkungsgraden auf den Markt zu bringen – das erfüllt mich und das gesamte Fraunhofer ISE mit Stolz. Es zeigt, dass sich unsere Arbeit lohnt, wir mit unseren angewandten Forschungsergebnissen dazu beitragen, dass die Energiewende vorankommt und wir immer wieder neue Innovationen hervorbringen. Es zeigt die Bedeutung der Forschung im Feld der Photovoltaik.

Die drei Fraunhofer ISE-Wissenschaftler werden für die Entwicklung der „MorphoColor“-Beschichtungstechnologie ausgezeichnet. Die Entwicklung ist das eine, wie sieht es denn mit der Technologie in der Massenfertigung aus?

Die Marktreife ist ein wichtiges Auswahlkriterium beim Joseph-von-Fraunhofer-Preis: Der Transfer in den Markt muss gelungen sein. Ab wann man von Massenfertigung spricht, ist sicherlich zu diskutieren. Noch wird das Produkt nicht im Gigawatt-Maßstab produziert, aber mit der Firma Megasol, welche die Technologie lizensiert hat, ist ein Anfang gemacht und unsere Entwicklung steht damit als innovatives Produkt auf dem Markt zur Verfügung. Ich bin sicher, dass die Nachfrage für ästhetisch ansprechende Module steigen wird.

Sie würden sich sicher wünschen, dass mehr Modulhersteller in Europe ihr Patent nutzen, aber ist das realistisch für die Zukunft, da ja immer mehr Unternehmen hierzulande die Produktion einstellen?

Es ist sehr bedauerlich, dass gerade in den letzten Monaten deutsche Modulhersteller die Produktion einstellen mussten, wo doch die Photovoltaik so gute Zubauzahlen erreicht. Die MorphoColor-Technologie bietet aber gerade Möglichkeiten für Anwendungsfelder außerhalb der Massen-Standardprodukte. Ich sehe das als Chance, für Modulhersteller, neue Marktsegmente zu erschließen. Auch die noch bestehende Glasindustrie in Europa bekommt dadurch eine Gelegenheit, neue Kundengruppe zu finden und so die hiesige Produktion zu erhalten. Gerade individualisierbare Produkte wie farbige Module können ein Nukleationskern für eine Renaissance der Photovoltaik-Industrie in Europa sein.

Was würde helfen, dass wir in Deutschland es schaffen, solche Produkte auch wettbewerbsfähig auf den Massenmarkt zu bringen?

Die farbigen Module werden eher nicht den Massenmarkt der Freiflächenanlagen bedienen. Auf Dächern und bei der Integration in die bebaute Umgebung dagegen können die farbigen Module durchaus bevorzugt zum Einsatz kommen. Hier ist der ästhetische Mehrwert marktfähig. Wenn die Produktionskapazitäten steigen, werden die Herstellungskosten weiter sinken. Wenn europäische Module im Massenmarkt gegen die chinesischen Produkte bestehen sollen, wird dafür eine irgendwie geartete Kompensationszahlung notwendig sein. Das Fertigungsmonopol in China hat dort zu mehr als 500 Gigawatt Produktionskapazitäten und einem sehr guten Ökosystem von Zulieferern vor Ort geführt – da können kleine Produktionseinheiten preislich nicht mithalten. Die MorphoColor-Technologie wurde gezielt für die Sonderanwendungen entwickelt. Sie erschließt neue Wettbewerbschancen in Deutschland und Europa.

Nun hat die Bundesregierung auch noch die Forschungsförderung geändert. Inwiefern betrifft Sie das?

Die Kürzung um 30 Prozent der Projektförderungsmittel im Bereich der erneuerbaren Energien – nicht nur der Photovoltaik – hat nicht nur auf unser Institut, sondern auch auf viele weitere Forschungseinrichtungen einen massiven Einfluss. Es bedeutet, dass wir Personal abbauen müssen, beziehungsweise geplante Neueinstellungen nicht durchführen können. Dies betrifft auch geplante Promotionen und Masterarbeiten. Es hat somit eine Auswirkung auf die Fachkräfteausbildung und betrifft konkret den Ansatz der Fraunhofer-Gesellschaft, „Transfer durch Köpfe“ zu leisten. Unsere Industriepartner sind ebenso stark betroffen. Wir entwickeln gemeinsam mit Unternehmen neue Produkte wie MorphoColor. Das wird künftig ohne die öffentlichen Forschungsmittel so nicht mehr stattfinden können. Eine derartig massive Kürzung der Projektforschungsmittel im Bereich erneuerbare Energien wird auch die Umsetzung der Energiewende tangieren. Die Technologien für den Ausbau sind zwar vorhanden, aber kontinuierliche Forschung bringt weitere Innovationen und Kostensenkungen. Diese Kette wird nun disruptiv unterbrochen. Wenn sie erst einmal abgerissen ist, muss sie mit viel Aufwand wieder aufgebaut werden, wenn wir weiter industrielle Produktion in Deutschland haben wollen.

Welche Auswirkungen werden die Forschungsförderungskürzungen auf die Industrie haben?

Bisher hatten wir in Deutschland ein sehr gutes, planbares und zuverlässiges Ökosystem für die Forschungskooperationen zwischen der Industrie und den Instituten, die angewandte Forschung betreiben. Im Dialog wurden die für die Industrie notwendigen Forschungsthemen entwickelt, gleichzeitig erlaubten die öffentlichen Forschungsmittel den Forschungsinstitutionen auch Entwicklungen voranzutreiben, die erst langfristiger zur Umsetzung kommen. Eine solche Balance war sehr erfolgreich und wurde von den Industriekunden sehr geschätzt. Durch die massive Kürzung der öffentlichen Projektforschung wird diese Balance gestört. Im besonderen Fall der Photovoltaik erleben wir zudem, dass aktuell Produktionslinien für Module geschlossen werden. Damit verlieren wir zunehmend die produzierende Industrie und die angewandte Forschung ihre Partner. Die Forschung dient dann zunehmend nur noch dem Know-how-Erhalt in Europa und nicht mehr dem Transfer. Gleichzeitig wird über den Net Zero Industry Act, NZIA, der kürzlich im EU-Parlament verabschiedet wurde, eingefordert, dass in der EU 30 Prozent des Bedarfs an Photovoltaik-Modulen auch in der EU produziert werden sollen. Die nationalen Umsetzungen dieser Entscheidung werden nun angegangen. Hierzu wird das Know-how der Forschungsinstitute dringend benötigt werden. Die Mittelkürzungen werden allerdings auch zu einem Verlust an qualifizierten Personen führen, was die fachlich-technologische Souveränität in der Photovoltaik bedroht. Eine Renaissance für die industrielle Fertigung wird so deutlich erschwert.

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