Die Regierung der Schweiz, der Bundesrat, hat heute einen Bericht mit dem Titel „Beiträge der Schweiz an den Aufbau einer europäischen Solarindustrie“ vorgelegt. Dieser wurde vor fast genau drei Jahren, am 17. Juni im Nationalrat (der Großen Kammer des Parlaments) beantragt. Der Bundesrat solle aufzeigen, „wie die Schweiz bisher die Bestrebungen zum Wiederaufbau einer europäischen Photovoltaikindustrie unterstützt hat, wie dies zukünftig noch verstärkt getan werden könnte und welche ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen dies hätte“.
Die massive Abhängigkeit von der chinesischen Solarindustrie, hieß es damals zur Begründung, „ist nicht nur aus Gründen der Versorgungssicherheit bei der wichtigsten Stromquelle der Zukunft problematisch, sondern auch aufgrund der Berichte über Zwangsarbeit in der chinesischen Siliziumindustrie und wegen des Einsatzes von billigem subventioniertem Strom aus Kohlekraftwerken bei der Siliziumherstellung in China“. Mit dem Wiederaufbau einer integrierten, über die gesamte Wertschöpfungskette reichenden europäischen Solarindustrie „könnten diese Probleme angegangen werden“. Eine Produktion in Europa könne aufgrund der Automatisierung „zu ähnlichen Kosten wie in Fernost erfolgen“.
Der nun vorgelegte Bericht, der auch die in den vergangenen drei Jahren erfolgte Entwicklung berücksichtigt, kommt zu einem anderen Ergebnis. Die große Abhängigkeit der Schweiz und aller anderen Länder von der chinesischen Solarindustrie wird durchaus anerkannt, der Bericht weist aber auch darauf hin, dass die Schweiz bei ihrem Photovoltaik-Ausbau „von günstigen Preisen, ausgelöst durch ein massives Überangebot auf dem europäischen Markt“ profitiere; das Land verzeichnet einen schnellen Anstieg der Neuinstallationen. Subventionen zum Aufbau einer einheimischen Modulproduktion „wären in einem solchen Umfeld teuer“, heißt es im Bericht, und zugleich sei „keine relevante Reduktion der Abhängigkeiten zu erwarten, da die Schweizer Photovoltaik-Modulproduzenten auf Ausgangsstoffe aus dem Ausland angewiesen wären“. Außerdem sei zu beachten, dass Solarmodule „im Gegensatz zu lebenswichtigen Gütern wie Nahrungs- oder Arzneimitteln“ nicht zwingend jederzeit verfügbar sein müssten. Gleichwohl sei es für den mittel- und langfristigen Ausbau wichtig, „allfällige Risiken einer möglichen Verknappung der Technologie abzusichern“.
Diese Absicherung sieht der Bericht vor allem im Aufbau einer europäischen Solarindustrie. Nur auf dieser Ebene lasse sich auch eine integrierte Produktion aufbauen. Der Beitrag der Schweiz liege hier vor allem auf dem Gebiet der Forschung und Entwicklung, sowohl grundlagen- als auch anwendungsorientiert. Das Land investiere hier „vergleichsweise viel“. Zudem sei diese Forschung stark international versetzt, knapp die Hälfte der vergebenen Fördermittel würden in europäischen Projekten eingesetzt.
Der Bericht verweist auch auf die Industrieförderung in den USA, insbesondere den Inflation Reduction Act, sowie auf „verschiedene Bestrebungen in diese Richtung“ in der EU. Schon in einem „Lagebericht zur Schweizer Volkswirtschaft 2024“ vom 22. Mai werde aber festgehalten, „dass sich die negativen Auswirkungen der ausländischen industriepolitischen Maßnahmen auf den Wirtschaftsstandort Schweiz in Grenzen halten“.
Bereits im September letzten Jahres hatte die Grünen-Fraktion im Nationalrat in Anspielung auf den industriepolitischen Plan der EU einen „Green Deal für die Schweizer Solarindustrie“ gefordert. Der Bundesrat erklärte hierzu im November, er habe entschieden, „auf entsprechende industriepolitische Maßnahmen zu verzichten“ und sprach sich für die Ablehnung des Grünen-Antrag aus. Die Industriepolitik der Schweiz ist traditionell sehr wirtschaftsliberal. Allerdings hat sich das Parlament im vergangenen Herbst dafür ausgesprochen, die heimische Metallbranche zu unterstützen – diese müsse sich gegen die Konkurrenz behaupten, die in großem Umfang von Subventionen der EU profitiere.
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Den Hinweis “ dass Solarmodule im Gegensatz zu lebenswichtigen Gütern wie Nahrungs- oder Arzneimitteln nicht zwingend jederzeit verfügbar sein müssten“ sollte man immer im Hinterkopf behalten, und Nahrungs- und Arzneimittel könnte man gedanklich noch durch Kohle, Öl und Gas ersetzen. Hier bricht nicht gleich alles zusammen, wenn wir ein bis zwei Jahre nichts neues installieren könnten. Die Projektentwickler und Installateure würde es dennoch schwer treffen.
Im Übrigen kann man die Erkenntnisse für die Schweiz nicht für Deutschland oder Europa verallgemeinern. Die Schweiz ist ein kleines Land und kann nicht alles in unserer hoch arbeitsteiligen Welt selber machen. Man muss dafür sorgen, dass man genug gute Freunde hat, die aber nicht so gut sind, dass man von ihnen als Alleinlieferant abhängig wird. Europa hingegen sollte schon schauen, dass alle notwendigen Fähigkeiten auch mehrfach in der EU vertreten sind. Einen Marktanteil von 10% sollten die Hersteller haben, und zwar bei allem, einschließlich des Maschinenbaus und der Rohstoffe (Indium, Silber Kupfer, …)