Am Mittwoch (29. Mai) hat das Bundeskabinett eine gesetzliche Verpflichtung beschlossen, wonach große Tankstellenunternehmen ab dem 1. Januar 2028 an jeder ihrer Tankstellen jeweils einen Schnellladepunkt mit mindestens 150 Kilowatt Ladeleistung vorhalten müssen. Auf diese Weise sollen bundesweit rund 8000 zusätzliche solche Ladepunkte entstehen. Dies sei „eine Maßnahme für den flächendeckenden Ausbau der Ladeinfrastruktur und damit für mehr Vertrauen in die Elektromobilität“, heißt es in einer Mitteilung der Bundesregierung.
Das Angebot an Schnellladepunkten sei derzeit noch nicht flächendeckend und zudem regional unterschiedlich. Im März dieses Jahres boten demnach erst sieben Prozent der deutschen Tankstellen die Möglichkeit zum schnellen Laden mit mindestens 150 Kilowatt. Dies sei „im Hinblick auf das Ziel von 15 Millionen E-Autos im Jahr 2030“ nicht ausreichend, und deshalb „braucht es aus Sicht der Bundesregierung eine gesetzliche Verpflichtung, die das Angebot an Lademöglichkeiten perspektivisch sichert.“
Deutlich anders schätzt der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) die Lage ein. Die geplante Verpflichtung „braucht es nicht“, sagt Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung. Es gelte, sich beim Umstieg auf Elektromobilität „von bestehenden Denkmustern zu lösen: Laden ist nicht Tanken, der Lademarkt ist ein ganz anderer als das Tankstellen-Geschäft mit Kraftstoffen.“
Elektroautos, so der BDEW, würden schließlich nicht nur an Tankstellen geladen, sondern überall, wo sie längere Zeit stehen – etwa auf dem Supermarkt- oder Firmenparkplatz oder zu Hause. Die Ladeinfrastruktur werde erkennbar marktgetrieben und bedarfsgerecht ausgebaut. Wo es sinnvoll sei, würden Tankstellenbetreiber auch jetzt schon in Eigeninitiative Ladesäulen aufbauen, eine Verpflichtung aber sei „weder zielführend noch bedarfsgerecht“.
Zudem habe Deutschland „bereits doppelt so viel Ladeleistung installiert, wie die europäischen Mindestziele vorgeben.“ Die Unternehmen würden trotzdem weiter ausbauen, und angesichts einer solchen Entwicklung „fehlt die notwendige Begründung für eine derart harte ordnungsrechtliche Maßnahme.“ Die Bundesregierung solle statt dessen „endlich einen Fokus auf die Fahrzeugseite legen. Wir brauchen dringend mehr bezahlbare E-Pkw-Modelle, um das 15 Millionen-E-Pkw-Ziel zu erreichen.“
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Das Bundeskabinett hat keine gesetzliche Verpflichtung beschlossen, sondern eine solche in das Parlamentarische Verfahren einzubringen.
Sofern die Ampel mal nicht streitet, sollte das dank Stimmenmehrheit der Regierungsfraktionen zwar auch dort bestand haben, aber bei der FDP weiß man ja nie…
Wenn man sich vor Augen hält, dass die Tankstellen oft ein Supermarkt mit Zapfsäulen sind, ist das eigentlich ein no-brainer.
Hier wird letztlich eine Pflicht beschlossen, die für langfristig denkende Tankstellenbetreiber ohnehin ein No-Brainer sein sollte: denn wenn sie ihre Standorte erhalten wollen, brauchen sie halt Ladesäulen, ansonsten wird sich das Geschäft mehr und mehr ausdünnen.
Insofern teile ich in gewisser Hinsicht die Einschätzung, dass eine Pflicht nicht notwendig sein sollte, andererseits sollte sie aber auch tatsächlich in keiner Weise schädlich sein.
Tankstellen sind eine gute Infrastruktur für den Straßen- und Autobahn-Verkehr und bieten den Reisenden nicht nur Kraftstoffe, sondern fast alles, was man außerdem unterwegs benötigt: sanitäre Einrichtungen, einen Imbiss, Zeitschriften und oft auch Blumen, die man am Ende einer Fahrt zu einem Gastgeber erwerben sollte, damit sie am Ziel noch frisch sind. – An den meisten Elektro-Ladesäulen findet man leider keine dieser zusätzlichen Angebote. Da Kraftfahrzeuge mit Verbrennungsantrieben nicht zukunftsfähig sind, ist es naheliegend, diese Tankstellen-Infrastruktur durch Schnell-Ladesäulen zu modernisieren und damit zu erhalten.
Damit hat auch das Personal der Tankstellen eine gute Perspektive für die Zukunft.
Die großen Schutzdächer der Tankstellen können mit PV- bzw. PVT-Solarkollektoren belegt werden, um einen Teil des Ladestroms vor Ort zu erzeugen. An Lärmschutzwänden oder in Städten auf großen Dächern sind weitere Solaranlagen für diese Ladesäulen möglich; einige Betreiber von Tankstellen haben schon entsprechende Geschäftsmodelle.
Mit PVT wird gleichzeitig noch Wärme gewonnen. Wenn die in der Erde liegenden Kraftstofftanks der Tankstellen nich mehr benötigt werden, bietet es sich an, diese für die sommerlichen Wärmeüberschüsse zu Wärmespeichern umzurüsten.
Wer sich gegen eine Pflicht der Tankstellenbetreiber zur Installation von Ladesäulen wehrt, will keinen Umstieg auf erneuerbare Energien und keinen Klimaschutz.
Ich fahre seit einigen Jahren elektrisch und steuere Tankstellen deswegen nur zum Autowaschen oder Luftnachfüllen an.
Ladesäulen an Supermärkten, Restaurants, sonstigen Punkten wo man länger steht und vor allem beim Arbeitgeber, sehe ich somit als viel wichtiger an!
Aber in der Tat bieten Tankstellen heute schon (abgeschriebener Bestand!) auch Imbiss, (meist teurer) Minisupermarkt und Überdachung der Zapfsäule/beheizten Aufenthalt/sanitäre Anlage und damit wichtige Pluspunkte, die vielen Schnellladesäulen fehlen. Somit sichert die Verpflichtung mind. einen 150 kW Ladepunkt an Tankstellen anzubieten letztlich auch die notwendige/angenehme Begleitinfrastruktur.
Wir müssen beides tun: Ladepunkte dort fordern (und fördern?)/verpflichtend machen, wo sie natürlicherweise im Tagesablauf am sinnvollsten sind, wo das E-Auto ohnehin eine Weile steht, man „Warteinfrastruktur“ gar nicht braucht, eben weil man ja gar nicht wartet UND dort, wo diese schon jetzt vorhanden ist. 150 kW Ladeleistung dort und sonstig marktübliche kWh-Preise sollten dann aber das Mindeste sein. Für clevere Tankstellenbetreiber sind einige Ladepunkte ohnehin ein nobrainer…