Die Abteilung Klimapolitik im Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) Berlin hat in einer Studie einen Weg „zu stabileren und geringeren Stromkosten“ dargelegt. Das Konzept mit dem Namen „Erneuerbare-Energien-Pool“ (EE-Pool) lasse Stromkunden „finanziell von der Energiewende profitieren“, sagt Leon Stolle, wissenschaftlicher Mitarbeiter am DIW und einer der Studienautoren. Gleichzeitig erleichtere es auch die Finanzierung neuer Windkraft- und Solarprojekte: „Sie werden günstiger und können verlässlicher umgesetzt werden“, so Stolle.
Das Konzept beruht auf drei Elementen. Das erste ist eine staatliche beziehungsweise öffentliche Agentur, die langfristige Verträge mit Erzeugern von Strom aus erneuerbaren Energien abschließt. Letztere erhalten dabei durch Differenzverträge (Contracts for Difference, CfD) einen festen Abnahmepreis garantiert. Liegt der tatsächlich auf dem Markt erzielte Erlös unter dem Garantiebetrag, wird die Differenz ausgeglichen. Liegt der Erlös darüber, müssen wiederum die Energieerzeuger die Differenz erstatten. Das DIW hat bereits 2022 für solche CfD plädiert.
Das zweite Element ist das Bündeln (englisch „Pooling“) der Verträge: Erneuerbare-Energien-Anlagen unterschiedlicher Technologien, Standorte und Inbetriebnahmezeitpunkte sollen in einem solchen Pool die Stromproduktion diversifizieren und damit gegen Schwankungen absichern.
Der dritte Schritt ist die Übertragung der Vertragskonditionen an private und gewerbliche Kunden. Wer Strom aus einem EE-Pool bezieht, deckt damit einen Teil seines Bedarfs zu einem langfristig sicheren Preis und ist – damit dieser Anteil möglichst groß ist – von sich aus daran interessiert, seinen Verbrauch mit dem Angebot zu synchronisieren. Während beim Aufbau des Pools aufgrund anfangs eher kleiner Mengen entschieden werden müsste, wer daran teilhaben darf, dürfte den Erwartungen der Autoren zufolge bei weiterem Erneuerbaren-Ausbau „das Volumen der Verträge im Pool stetig steigen und damit die Preise sinken“.
Ersatz für die Direktvermarktung
Mit dem Konzept komme der schon jetzt vorhandene und perspektivisch weiter zunehmende Kostenvorteil der Erneuerbaren direkt bei den Verbrauchern an, erläutert Mats Kröger, ebenfalls Autor der Studie: „Dies wirkt Ängsten und Verunsicherung entgegen und schafft Akzeptanz für die Energiewende.“ Außerdem reduziere sich der Druck auf die öffentliche Hand, in Phasen hoher Strompreise preissenkend in den Markt einzugreifen. Die Planungssicherheit wachse, private Haushalte könnten beispielsweise den Kauf einer Wärmepumpe besser kalkulieren und Unternehmen ihre Investitionen in Elektrifizierungsprozesse sicherer planen.
Ein „EE-Pool“ wäre im Falle seiner Einführung Ersatz für das aktuelle System der Marktprämien, an dem beispielsweise Photovoltaik-Anlagen ab 100 Kilowatt Leistung verpflichtend teilnehmen müssen. Dieses System orientiert sich an den Börsenstrompreisen, die ihrerseits von den Aufträgen der Stromversorger nach dem Merit-Order-Prinzip (Vergabe der Aufträge in der Reihenfolge der Grenzkosten) geprägt sind und bei denen das jeweils teuerste zu einem bestimmten Zeitpunkt noch benötigte Kraftwerk den Preis für alle anderen bestimmt. Dies wiederum führte während des Energiepreisschocks kurz vor und in den Monaten nach dem russischen Überfall auf die Ukraine dazu, dass auch erneuerbarer Strom zu unsagbar hohen Preisen gehandelt wurde.
Bei der Preisrallye entstanden im Vergleich zu den im Direktvermarktungsmodell gesetzlich garantierten Vergütungssätzen enorme Mehreinnahmen, welche die Anlagenbetreiber im Gegensatz zum CfD-Modell nicht erstatten müssen. So stieg etwa der für die Direktvermarktung von Photovoltaik-Anlagen maßgebliche „Marktwert Solar“ auf fast 40 Cent je Kilowattstunde; davor lag er meist unter fünf Cent, erst im März 2024 sank er wieder auf dieses Niveau – was wiederum den Nachteil hat, dass Solarstrom hier deutlich unter Wert verkauft werden muss. Derartigen Kapriolen soll der „EE-Pool“ – in beiden Richtungen – entgegenwirken.
Das Konzept wird in einem Beitrag für den „DIW Wochenbericht“ genauer erläutert.
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Meiner Meinung nach komplett falsch rum gedacht.
Wir wollen doch, dass die EE immer billiger werden, ja sogar sich anfagen zu „kannibalisieren“
Derzeit ist doch im EEG schon geregelt das es blad (2027, mMn zu spät)keine Vergütung für mehr negative Strompreise gibt. Damit schaffen wir doch Raum für neue innovative Marktmodelle.
Den EE-Pool gibt es doch schon…nennt sich PPA. Dann noch „virtuelle Kraftwerke“ usw.
Das CfD-Modell macht vielleicht bei Residualkapazitäten Sinn. Sowas in der Art wird ja auch kommen.
Letztens war Herr Müller beim Geladen Batterie Podcast, das war sehr interessant.
Für Mitte des Jahres sollen ja der Kapazitätsmarkt-Mechanismus vorgestellt werden.
Frankreich hat sich ja bei der EU-Strommarktreform durchgesetzt und somit können ja auch staatliche CfD-Verträge abgeschlossen werden.
Das ist für die natürlich sehr toll. Damit können die ihr AKW-Grundlast-Strommarkt schön quersubventionieren. Aber das haben wir halt nicht, wir brauchen billige Residuallast.
Was wir halt noch brauchen ist eine dynamische Netzentgelt-Komponente ……(keine starre Bandumwälzung Herr Diehl ^^)
Und dafür brauchen wir ja halt erstmal intelligente NEtze. Das fängt ja jetzt endlich an.
D. Hutter schreibt.
Wir wollen doch, dass die EE immer billiger werden, ja sogar sich anfangen zu „kannibalisieren“
@ D Hutter
Billiger aber für die Allgemeinheit und nicht nur für die großen Player, wie es seit 2010 der Fall ist.
Siehe hier https://www.ee-news.ch/de/article/27409
und hier.
https://www.handelsblatt.com/unternehmen/energie/energieerzeuger-rwe-steigert-gewinn-um-mehr-als-100-prozent/29499236.html
Die niedrigen Preise am Spotmarkt, mit denen die ihre Erträge optimieren entstehen nämlich, weil seit 2010 die Erneuerbaren nicht mehr mit Ökobändern in die Bilanzkreise der Versorger gewälzt werden, sondern zum separaten vermarkten an den Spotmarkt der Börse verbannt wurden, Dort als Überschuss anfallen, und sich seit dem schon lange „kannibalisieren“.
Wenn es Sie interessiert, können Sie ja mal im Folgenden den Dialog zwischen Frau Enkhardt und mir verfolgen, wo es darum geht.
https://www.pv-magazine.de/2024/04/08/marktwert-solar-faellt-im-maerz-unter-5-cent-pro-kilowattstunde/
Guter Ansatz. Fehlt noch ein „Junk-„Markt f. Fossile (Gas ggf. z.T. extra).
D.Hutter schrieb:
„Was wir halt noch brauchen ist eine dynamische Netzentgelt-Komponente“
Interessanter Gedanke und derzeit bereits in einigen Gebieten in Erwägung/potentieller Umsetzung.
Könntest Du dazu noch ein paar mehr deiner Gedankengänge (pro/contra) bereitstellen?
Ich persönlich bin ja fasziniert von der potentiellen Möglichkeit, dass Haushalte in Gebieten mit hoher Produktion (nennen wir es Norden) und vergleichsweise niedrigem Verbrauch durch günstige Verbraucherpreise schneller elektrifizieren würden. Das Effizienzpotential ist enorm.
Auf der anderen Seite würden dann allerdings die Verbraucher im (nennen wir es Süden) entsprechende Preiserhöhungen sehen. Klingt erst einmal unfair, sorgt aber aber sehr wahrscheinlich für einen gesteigerten Aufbau an Generationskapazität.
Die starre Bandumwälzung wäre ja nichts anderes als eine Bevorzugung der Erneuerbaren. Ist das nicht genau das was wir eigentlich wollen? Oder wollen wir tatsächlich dass die derzeitige Bevorzugung von fossilen Brennstoffen weitergeht, mit all ihren Nachteilen und Kosten?
Wie allerdings eine Kannibalisierung bei den Erneuerbaren derzeit hilfreich sein soll, dass müsstest Du eventuell noch erläutern? Wir sind meilenweit von unseren Zielen entfernt und der Abstand nimmt mit jeder Minute zu. Auf absehbare Zeit ist Kannibalisierung meiner Meinung nach das Letzte was wir bei den Erneuerbaren benötigen.
Dirk Schiller schreibt.
Die starre Bandumwälzung wäre ja nichts anderes als eine Bevorzugung der Erneuerbaren. Ist das nicht genau das was wir eigentlich wollen?
@ Dirk Schiller
Natürlich wollen wir das. Der „vorrangige Verbrauch“ der Erneuerbaren ist doch Sinn und Zweck der gesamten Energiewende, wurde aber leider 2010 abgeschafft, als die Erneuerbaren aus den Bilanzkreisen der Versorger raus genommen wurden, und als Überschuss zum Verramschen an die Börse verbannt wurden. Nun, wo die Erneuerbaren sich immer mehr als die Billigmacher erweisen, dürfen sie nicht mehr länger als Schnäppchen nur für wenige zur Verfügung stehen, sondern müssen wieder mit sogenannten Ökobändern gleichmäßig in die Bilanzkreise der Versorger verteilt werden.
Vom billigen Anteil im Strommix wollen schließlich alle was haben, sie haben das ja auch jahrelang mit der EEG Umlage finanziert.
Ich erinnere an 1998, da hatten wir den Umgekehrten Fall.
Siehe hier:…https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/preussenelektra-will-klagen-569896.html
Damals ging es um den „Teuren“ Anteil im Strommix. Die Preußen Elektra, heutige EON wollte klagen weil sie im Norden wegen der vielen Windräder überproportional Windstrom vergüten mussten. Die Klage wurde verhindert, in dem kurzfristig dahingehend geändert wurde, dass die Vergütungszahlungen – entsprechend deren Versorgungsvolumen – übers Land verteilt in die Bilanzkreise der Versorger verteilt wurden.
So wie das damals mit der „Teuren“ Komponente im Mix ohne Klage geregelt wurde, muss das meiner Meinung nach, gegenwärtig mit den „Billigmachern“ geschehen. Sonst könnten dieses mal die Verbraucherverbände Gerichte in Anspruch nehmen wollen.
Meiner Meinung nach sieht man in dieser Diskussion wieder die Mängel der inzwischen zu kompliziert gewordenen ‚freien‘ Marktwirtschaft , die inzwischen zu stark von nicht mehr kontrollierbaren Aktiengesellschaften (Lobbyismus, geheime Preisabsprachen etc) dominiert wird. Zu Preiskartellen: dafür braucht man heutzutage keine Geheimtreffen in Hinterzimmern mehr es genügt ein ‚goodwill-agreement‘ bei einem Managertreffen und genaue gegenseitige Preisbeochtung und -reaktion per Computersteuerung, wie wir es schon lange bei Triebstoffen beobachten können…wenn dann auf lange Frist ein Supergewinn für alle angeblichen Konkurrenten herauskommt, kann das Kartellamt doch nichts dagegen haben!
Hier hilft nur eins: Alle Netze in Eigentum der Allgemeinheit überführen nach dem Vorbild der früheren TENNET Gesellschaft (Niederlande)! Und ich muss hier beteuern: ich bin kein Kpmmunist, sondern nur überzeugter Keynesianer. Auf dem Energiesektor hat der freie Spekulatiosmarkt mit seiner Bevorzugung von kommerziellen Superstrukturen schon lange versagt. Energieversorgung ich genauso wie das Verkehrswesen Staatsaufgabe, auch wenn der aktienfreundliche Kanzler es nicht wahrheben will
PS
Manchrr Befürworter der freien Marktwirtschaft auf dem Energiesektor könnte gegen meinen obigen Beitrag argumentieren: früher, zu Zeiten der Kanzlerschaft von Schröder und Merkel hatten wir ja wegen des freien Marktes niedrige Energiepreise, aber dieses Argument ist m.M. falsch: schon damals war der Energiesektor stark subventioniert, wenn auch nicht von unsere Regierung, sondern durch PUTIN, der sich dadurch ein Stillhalten deutscher Politik bei seinem Expansionsdrang erhofft hatte. Bei Schröder hat das ja auch gut funktioniert
Der Vorschlag wird am eigentlichen Problem nichts bewirken: Dass die EE nämlich weiter am Subventionstropf des Staates hängen bleiben. Die Erlöse betragen heute nicht mal 10% der an die Betreiber gezahlten garantierten Preise. Und jedes Jahr kommen weitere unverkäufliche Strommengen an den Markt.
Was das bedeutet, lässt sich an den Börsenpreise schon heute ablesen: Entweder der Strom ist nichts wert oder gar im Minus, oder aber er richtet sich nach dem Angebot der Nicht-EE-Erzeuger, zunehmend aus dem Ausland, also Strom aus Co2-freien Quellen wie Kernkraft und Wasserkraft. In-/Ausländische Speicherkapazitäten (Batterie/H2) werden hier auch nichts bewirken, sie werden nämlich die erwartbaren gigantischen Überkapazitäten gar nicht mehr aufnehmen können.
Ein subventionsfreies Geschäftsmodell fehlt überall. Am Ende zahlt dafür der Stromverbraucher oder der Steuerzahler.
Energetiker schreibt.
Der Vorschlag wird am eigentlichen Problem nichts bewirken: Dass die EE nämlich weiter am Subventionstropf des Staates hängen bleiben. Die Erlöse betragen heute nicht mal 10% der an die Betreiber gezahlten garantierten Preise.
@ Energetiker
Sie haben Recht, am eigentlichen Problem wird das nichts ändern. Wir haben weiterhin die Situation, je billiger die Erneuerbaren werden, desto „Teurer“ wird die Energiewende. Unbezahlbar schreiben die einschlägigen Medien.
Haben Sie schon mal drüber nachgedacht, was da eigentlich mit Milliarden subventioniert wird ??
Fakt ist, seit 2010 sind die Erneuerbaren aus unserem Versorgungssystem raus genommen worden, und müssen seitdem separat als Überschuss an der Börse verramscht werden. Dort senken sie die Börsenpreise, bis hin zu negativ, womit andere lukrative Geschäfte machen.
Siehe hier. https://www.ee-news.ch/de/article/27409
Zitat:..Billig an der Börse Das steigende Angebot an erneuerbaren Energien – so beleuchtet die Studie – lässt die Preise am Spotmarkt der Strombörse sinken. Betreiber von konventionellen Kraftwerken, die ihren Strom schon lange vorher zu hohen Preisen verkauft haben und termingerecht liefern müssen, können ihren Gewinn aber noch steigern, indem sie den Strom nicht selbst erzeugen, sondern billig an der Börse kaufen. Ausgerechnet die schmutzigen Kraftwerke werden so zu Gewinnern der Energiewende. Zitat Ende.
Auf dem EEG Konto gehen deswegen weniger Erlöse ein der Saldo wird größer und der Staat muss mit Milliarden ausgleichen.
Eindeutig werden da vom Staat lukrative Geschäftsmodelle der Stromwirtschaft finanziert.
Schauen Sie mal im Folgenden
https://www.pv-magazine.de/2024/04/08/marktwert-solar-faellt-im-maerz-unter-5-cent-pro-kilowattstunde/#comments
Beginnend mit meinem Kommentar vom 08 April um 20.45 Uhr, wo ich den Begriff „Marktwert Solar“ unter die Lupe genommen habe.