2019 errichteten Doppelernte und Schletter im bayrischen Althegnenberg auf einem zwei Hektar großen Acker eine 750 Kilowatt Agri-Photovoltaik-Anlage mit einem Tracker. Als die Anlage im März 2020 ans Netz ging, war sie ein Pionier-Projekt: Die erste kommerzielle Agri-Photovoltaik-Anlage mit einem Nachführsystem in Deutschland. In vier Jahren Betrieb haben der Landwirt und die Eigentümer nicht nur eine Menge Strom geerntet, sondern auch viel Erfahrung gesammelt. Sechs Lehren aus einem wegweisenden Projekt.
- Nachführsysteme bringen deutlichen Mehrertrag an Strom
Ein Tracking-System erleichtert nicht nur die landwirtschaftliche Bewirtschaftung: Bei Aussaat, Bodenbearbeitung und Ernte werden die Tische in ihre maximale Senkrechtstellung gebracht, und ermöglichen die Durchfahrt von Landmaschinen. Dabei kann durch variabel wählbare Reihenabstände sowohl Bio- als auch konventionelle Landwirtschaft betrieben werden. Module auf einem Nachführsystem erzeugen zudem deutlich mehr Strom als jene in fest aufgeständerten Photovoltaik-Anlagen.
Insbesondere kann dadurch der Stromertrag über den Tag hinweg besser verteilt werden. So erzeugt das Nachführsystem durch seinen steilen Anstellwinkel morgens früher und abends länger Strom. Auf diese Weise entstehen bis zu 30 Prozent Mehrertrag im Vergleich zu einer klassischen Freiflächenanlage Hinzu kommt, dass sich der erzeugte Strom deutlich besser vermarkten lässt. Denn die Ertragskurve wird flacher und breiter. Dadurch speist die Anlage vor allem in den Morgen- und Abendstunden Strom ins Netz ein, also dann, wenn der Mangel an Photovoltaik-Strom am größten ist.
- Erhöhter Ertrag bei trockenheitsempfindlichen Feldfrüchten
Vor allem in Phasen mit wenig Niederschlag konnte bei einigen Kulturen ein erhöhter Ertrag pro Quadratmeter Anbaufläche erzielt werden. Dies betrifft vor allem trockenheitsempfindliche Feldfrüchte wie etwa Winterweizen und Hafer. Hintergrund ist, dass die Teilverschattung durch die Solarmodule zwischen den Reihen für ein Mikroklima sorgt, das feuchtigkeitsregulierend wirkt. So geht nicht nur der Wasserbedarf zurück. Auch Bodenfeuchte und Lufttemperatur, zwei entscheidende Faktoren für den Wachstumsprozess, konnten verbessert werden. Zudem trägt der Schattenwurf in der Mittagszeit, wenn die Sonnenintensität am höchsten ist, zu einer geringeren Verdunstungsrate bei.
- Schattentolerante Pflanzen eignen sich gut – Mais weniger
Grundsätzlich kommen alle Kulturpflanzen für den Anbau unter einer Agri-Photovoltaik-Anlage infrage. Bei der Fläche, die nach Prinzipien des ökologischen Ackerbaus bewirtschaftet wird, ist die Einhaltung bestimmter Fruchtfolgen erforderlich, damit sich der Boden möglichst natürlich wieder mit Nährstoffen anreichern und regenerieren kann. Dadurch ist die Entscheidung, welche Feldfrüchte angebaut werden, stärker eingeschränkt als in der konventionellen Landwirtschaft.
Generell hat sich gezeigt, dass schattentolerante Pflanzen, die tendenziell etwas feuchtere Bedingungen bevorzugen, besonders geeignet sind. Dazu zählen etwa Kartoffeln. Auch mit verschiedenen Getreidearten wie Dinkel und Weizen konnten quantitativ und qualitativ sehr gute Ergebnisse erzielt werden. So lag der Ertrag bisher auch in schlechten Erntejahren immer bei mehr als 70 Prozent des so genannten Referenzertragswerts, also des Drei-Jahres-Durchschnittsertrags auf derselben Fläche reinen Ackerlandes. Das EEG fordert für Agri-Photovoltaik-Anlagen einen Mindestertrag von 66 Prozent.
Mais hingegen, eine der meistangebauten Nutzpflanzen in Deutschland, erwies sich als nur bedingt geeignet. Selbst kleinere Maissorten, die nur auf eine Wuchshöhe von knapp zwei Metern kommen, sorgen im Herbst für eine Verschattung der Modul-Ränder und damit für einen Rückgang der Stromerträge. Davon abgesehen wachsen in den an die Module angrenzenden Maisreihen weniger Kolben, da die Pflanzen an diesen Stellen zu wenig Sonnenlicht abbekommen.
- Stromerträge sind deutlich höher als Erträge aus Ackerbau
Zwar gehen durch die Installation einer Photovoltaik-Anlage zunächst etwa zehn Prozent der Gesamtackerfläche verloren. Doch die daraus resultierenden Ernteeinbußen können durch die erwirtschafteten Stromerträge mehr als ausgeglichen werden. So lag der durchschnittliche landwirtschaftliche Jahresertrag bei circa 1000 Euro pro Hektar. Bei einer installierten Photovoltaik-Leistung von 500 Kilowattpeak pro Hektar erzeugte die Anlage je Kilowatt Leistung rund 1350 Kilowattstunden Strom im Jahr. Auf Grundlage einer Einspeisevergütung von 8,2 Cent konnten damit rund 55.000 Euro Stromertrag pro Hektar und Jahr erzielt werden. Insgesamt überstieg der wirtschaftliche Ertrag aus der Stromvermarktung den landwirtschaftlichen Ertrag also um mehr als das 50-fache.
Hinzu kommt: Der etwa 70 bis 100 Zentimeter breite Streifen entlang der Aufständerungen ist keineswegs „verschenkter“ Platz: Er eignet sich für Biotope, Ausgleichsmaßnahmen oder für andere landwirtschaftliche Nutzungen, etwa Spalierobst.
- Ausgewogene Verträge und Aufgabenteilung als Erfolgsfaktor
Bei der Planung der Anlage in Althegnenberg standen von Anfang an zwei Dinge im Vordergrund: Erstens wollte der Landwirt die Anlage selbstbetreiben und von den Erträgen profitieren (und nicht, wie üblich, sein Land an einen externen Betreiber verpachten). Zweitens sollte sich bei dem Projekt jeder auf das konzentrieren, was er am besten kann: Der Landwirt auf die Landwirtschaft und ein Solarprofi um die Projektentwicklung und den Betrieb.
Die Planung und Umsetzung lag daher federführend bei Doppelernte als Projektentwickler, der sich um sämtliche technischen und administrative Themen kümmerte. Dazu zählten unter anderem die Flächenauswahl, das Einholen der notwendigen Genehmigungen, die Auswahl des Montagesystems sowie Auslegung, Installation und Wartung. Darüber hinaus übernimmt Doppelernte auch den Betrieb der Photovoltaik-Anlagen und kümmert sich um die technische Wartung sowie bürokratische Sachverhalte wie Steuernachweise und Ausgleichszahlungen.
Nur eine Konstellation, in der der Landeigentümer den Großteil der Anlage besitzt, garantiert, dass die Wertschöpfung auch bei diesem ankommt. Dies stärkt die regionale Wirtschaft und schafft eine zusätzliche Einnahmequelle, die gerade in Jahren mit schlechter Ernte dazu beiträgt, die Verluste auszugleichen. Die Landwirte profitieren davon, indem sie die Marge für sich behalten können – statt lediglich die Fläche gegen eine Pachtzahlung bereitzustellen.
- Man lernt nie aus
Eine wichtige Erkenntnis aus dem Projekt ist, dass es stets Möglichkeiten gibt, eine Anlage noch effizienter zu gestalten. Besonders im Bereich der Anlagensteuerung zeigt sich dies deutlich: Aktuell arbeiten wir bei Doppelernte an einer neuen Software, die durch die Integration von Wetterdaten eine Optimierung der Modul-Ausrichtung ermöglicht. Bei anhaltendem, diffusem Tageslicht, wie es unter konstanter Wolkendecke vorkommt, richtet die Software die Module nicht nach astronomischen Gegebenheiten aus, sondern positioniert diese in einer optimalen Stellung, um den Energieertrag zu maximieren. Parallel dazu wird eine App entwickelt, die das Monitoring der Anlage erleichtert. Diese ermöglicht es den Anlagen-Besitzern wichtige Daten, wie Stromertrag und Bodenfeuchtigkeit in Echtzeit zu überwachen, was eine effizientere Bewirtschaftung und Steuerung der Anlage gewährleistet. Bei Ausfällen von Modulen, Wechselrichtern oder Kabeln, sowie bei einer Abschaltung der Anlage oder bei Unterbrechungen des Trackings, sollen die Anlagen-Besitzer umgehend eine Benachrichtigung erhalten, was eine schnelle und effektive Optimierung der Betriebsabläufe ermöglicht.
Bei der Hardware, das heißt dem verwendeten Nachführsystem von Schletter, kommt es vor allem auf Stabilität und zuverlässige Funktion an. Hier gab es in gut vier Jahren Betriebszeit keinerlei Ausfälle. Im Bereich der Feuchtigkeitsoptimierung testet DoppelErnte, wie Abtropfkanten vermieden werden können und das dadurch aufgefangene Wasser zielgerichtet eingesetzt werden kann. Eine mögliche Lösung sind Wasserspeicher, die in Dürreperioden zur Bewässerung genutzt werden können.
Eckdaten zur Agri-PV-Anlage in Althegnenberg | |
Montagesystem | Schletter Tracking System 2V |
Module | 3.996 Jinko 565 |
Wechselrichter | 12 Sungrow 250 |
Anzahl der Reihen | 14 |
Reihenlänge | 60 bis 220 Meter |
Reihenabstand | 14 Meter |
Durchfahrtsbreite | 12 Meter |
Höhe der Anlage | 4,4 Meter |
Über die Autoren:
Till Skudelny, Gesellschafter der Doppelernte GmbH, ist für Marketing und Software verantwortlich. Bei der Doppelernte GmbH fördert er die Entwicklung neuer, innovativer Technologien. www.doppelernte.de
Cedrik Zapfe ist CTO der Schletter Group und in dieser Position verantwortlich für die Produktentwicklung, Softwareentwicklung und Projekt-Engineering. www.schletter-group.com
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Interessante und ehrliche Betrachtung, danke. Was festzuhalten bleibt ist, dass die Wirtschaftlichkeit solcher Anlangen von der Solarseite bestimmt wird, nicht von der landwirtschaftlichen Seite. Somit stellt sich die Frage, ob und in wie weit man die Solaranlage der Landwirtschaft anpassen sollte und ob das derzeitige Subventionsschema nicht an der falschen Stelle ansetzt. Anstatt die Solarseite fuer AgriPV zu subventionieren, waere es nicht sinnvoller, die Landwirtschaft zwischen den Modulen zu unterstuetzen?
Ein klarer und deutlicher Erfahrungsbericht, der folgende Schlussfolgerung zuläßt:
Es ist betriebswirtschaftlich klüger, einen ertragsoptimierten Solarpark ohne Rücksicht auf landwirtschaftliche Belange zu erstellen und sich die Mühe des landwirtens in einem Solarpark zu ersparen!
Das wäre auch volkswirtschaftlich klüger, weil dann ein niedrigere Verkaufspreis pro Kilowattstunde ausreicht, um rentabel den Solarpark betreiben zu können.
Dem Einwand, dass wir aber Nahrungs- und Futtermittelanbaufläche benötigen, begegne ich mit dem Hinweis, dass aktuell ca. 13 % des Ackerlandes für den Anbau von Energiepflanzen verwendet werden. Dort wird pro Hektar ca. 50 mal weniger Energie pro Jahr erzeugt als in Solarparks. Für die vollständige Umstellung der Energieversorgung in Deutschland mit Solarparks (und Windparks plus Speicher) benötigen wir aber höchstens 2% der bewirtschafteten Agrarfläche. Bei den aktuellen Plänen der Bundesregierung sind es sogar nur 0,6% des Agrarlandes.
Die Notwendigkeit der agrarischen Doppelnutzung von Agrarfläche ist offenbar nicht gegeben, sondern nur vordergründig eine gute Idee, hintergründig verteuert sie unnötig den Strompreis,
Nüchtern betrachtet sicherlich ein zutreffende Analyse. Berücksichtigt man die Seelenlage unserer Landwirte, ist aber doch ganz offensichtlich, dass sehr viele davon weniger Probleme mit umweltschädlichem Energiemais als mit einem bodenschonenden Biodiv-Solarpark haben. Für diese große Gruppe ist die On-Top Acker-PV eine gute Lösung. Wenn dabei das Tracking wieder zu Ehren kommt, kann das eine gute Entwicklung für alle werden.
Interessant wäre es auch zu erfahren, wie das Kosten/Ertrags-Verhältnis der Anlage im Verhältnis zu einer ‚konventionellen‘ Agri-PV Anlage ohne Tracker aussieht, wobei man durchaus auch den landwirtschaftlichen Ertrag einbeziehen könnte.
Andersrum wird ein Schuh draus: Tracking kann auch ohne Acker-Nutzung von Vorteil sein, wenn die Systeme dank größerer Verbreitung günstiger werden und der Strom dank besserem Erzeugungsprofil teurer zu verkaufen ist. Auf dem Acker hat es dann noch einen Zusatznutzen, weil es die Bearbeitung erleichert. Da würden sich sicher mal Innovationsausschreibungen lohnen, die für eine größere Verbreitung entsprechender Anlagen sorgen. Dank des besser angepassten Erzeugungsprofils wären da höhere Einspeisevergütungen keine Kostensteigerung, sondern würden den Speicherbedarf, und damit einen anderen Kostenblock, verringern.
Bitte mal einen Monat nichts Essen und danach schauen was Wichtig ist 💰🍅👁️
@Hermann Wander – das ist eine gute Idee – nun ist die Fastenzeit fast rum, aber man könnte dennoch 40 Tage fasten und vielleicht gute Erkenntnisse dabei gewinnen. Vielleicht kommt dann irgendwann die Erkenntnis, dass unsere Art zu leben keine so coole Idee ist. Und zwar seit mehr als 10.000 Jahren. Wozu die Sesshaftigkeit samt Agrikultur geführt hat, sehen wir ja gerade.
Wenn ich die einschlägen Experten (Harari und Co.) korrekt lese, dann ist die Landwirtschaft der Grund allen Übels?
Sammler und Jäger zu bleiben, wäre dem Planeten offenbar zuträglich gewesen.
Aber – Das Leben wir vorwärts gelebt und rückwärts verstanden. Was als nun tun?
Auf jeden Fall mehr Genügsamkeit auf allen Ebenen – da könnte man beim Essen anfangen, beim Auto und Urlaub weitermachen und so weiter und am Ende könnten vielleicht 8 Milliarden Menschen auf diesem Planeten im Einklang mit der Natur leben?
Schon mal probiert, wie Energiemais schmeckt? Oder Holz, Flachs, Industriealkohol, Indigo, Kautschuk, Schlafmohn? Wir nutzen weltweit sehr viel landwirtschaftliche Fläche für die Produktion von nachwachsenden Rohstoffen oder Genussmitteln: Wer ernährt sich schon von Wein, Braugerste, Hopfen, Kakao, Kaffee, Tabak und ähnlichem? Das ist auch, soweit es sich nicht um schädliche Drogen handelt, ganz in Ordnung. Aber um etwas, das einem ein Dorn im Auge ist, polemisch zu diskreditieren wird immer so getan, als ob PV auf landwirtschaftlichen Flächen die Nahrungsmittelproduktion verdrängen würde.
Wir leisten uns einen riesigen Luxus in Deutschland durch die flächenintensive Produktion von zu viel ungesundem Fleisch, das wir dann noch in großen Mengen exportieren. Nehmen wir mal an, die PV verdrängt diese Fleischproduktion. Dann geht es allen besser.
Oder um an Polemik noch eins draufzusetzen: Nicht allen geht es besser. Die Fleischbarone wie Tönnies und Consorten, die müssen dann kleinere Schnitzel essen.
Die Landwirte merken gar nicht, wie sie von diesen Industriellen instrumentalisiert werden und dabei noch ihre eigene Gesundheit ruinieren, wenn sie im Pestizidnebel über die Äcker fahren, damit die Fleischpreise immer weiter fallen und die Fabriken immer größer werden.
Ergänzend noch zu nennen beim Flächenverbrauch wären etwa 600 Golfplätze mit jeweils 80 ha. Oder auch mehrere 100 tsd (Freizeit) Pferde; jedes einzelne davon benötigt etwa 1 ha Futterfläche.