Für Ende Februar hatte Meyer Burger seine finale Entscheidung über den Fortbestand der Modulproduktion im sächsischen Freiberg angekündigt. Wenig überraschend: Das Schweizer Unternehmen beginnt mit den Vorbereitungen zur Schließung seines Modulwerks in Freiberg. Bislang konnten sich die Regierungskoalition von SPD, Grünen und FDP nicht auf die Aufnahme von Resilienzmaßnahmen im „Solarpaket 1“ einigen. Es kann nun frühestens im März vom Bundestag verabschiedet werden. Damit kommt es zu spät für das Unternehmen, das lange auf schnelle Unterstützung aus der Politik in Form von Resilienzboni und -auktionen gehofft hatte.
In einem ersten Schritt werde Meyer Burger die Produktion in Freiberg in der ersten Märzhälfte einstellen. Ab April solle dies zu erheblichen Kosteneinsparungen führen. Die Vertriebsaktivitäten in Europa sind davon nicht betroffen und werden fortgesetzt, wie es weiter hieß. Die volle Produktgarantie von bis zu 30 Jahren bleibe erhalten.
Einberufung einer außerordentlichen Generalversammlung
Gleichzeitig mit der Ankündigung der Produktionsschließung in Freiberg zu Ende April berief Meyer Burger eine außerordentliche Generalversammlung für den 18. März ein. Dort sollen die Aktionäre eine Bezugsrechtsemission zur Finanzierung der Fertigstellung der Werke in den US-Bundesstaaten Colorado und Arizona genehmigen. Der angestrebte Bruttoerlös der Kapitalerhöhung soll 200 bis 250 Millionen Schweizer Franken betragen. In Colorado Springs baut Meyer Burger aktuell eine Fertigung für seine Heterojunction-Solarzellen auf und in Goodyear für seine Module. Die Fabriken sollen jeweils eine Produktionskapazität von zwei Gigawatt jährlich erreichen.
In den USA besteht mit dem Inflation Reduction Act (IRA) ein umfassendes Programm zur Unterstützung von Photovoltaik-Produktionskapazitäten. Daher fokussiert sich Meyer Burger seit einiger Zeit auf den Bau seiner dortigen Zell- und Modulfertigung. Mit der Ausgabe neuer Bezugsrechte will Meyer Burger die Finanzierungslücke von 450 Millionen Schweizer Franken – umgerechnet etwa 472 Millionen Euro – für den Aufbau der Standorte in den USA schließen. Mittelfristig soll es dem Unternehmen dann möglich sein, einen positiven Cashflow zu erzielen, wie es weiter hieß.
Finanzierungsmöglichkeiten für den schnellen Aufbau der US-Standorte
Parallel habe die deutsche Regierung nach einer detaillierten Due-Diligence-Prüfung eine Exportkreditgarantie für die Finanzierung durch eine Geschäftsbank mit einem Umfang von bis zu 95 Millionen US-Dollar genehmigt, wie es von Meyer Burger weiter hieß. Der Exportkredit habe eine Laufzeit von zehn Jahren. Darüber hinaus strebe der Photovoltaik-Hersteller eine Finanzierung durch einen Advanced Manufacturing Production Tax Credit (45X) in Höhe von bis zu 300 Millionen US-Dollar mit einer Laufzeit von fünf bis sechs Jahren an. Dieser soll Meyer Burger zufolge von einer globalen Investmentbank kommen. Ein erstes unverbindliches Angebot liege bereits vor. Die erste Auszahlung sei dabei für das Ende des zweiten Quartals 2024 vorgesehen, vorbehaltlich der Due-Diligence-Prüfung und des Abschlusses der erforderlichen verbindlichen Vereinbarungen. Angesichts geschätzter 1,4 Milliarden US-Dollar an zukünftigen US-Steuergutschriften aus dem IRA geht Meyer Meyer davon aus, dass die 45X-Finanzierung zustande kommt.
Darüber hinaus würden weitere Finanzierungsmöglichkeiten für den schnellen Aufbau der US-Standorte verfolgt. So strebe Meyer Burger nach einem vom US-Energieministerium (DOE) garantierten Darlehen in Höhe von 200 bis 250 Millionen US-Dollar. Nach erfolgreichem Abschluss des ersten Teils des DOE-Verfahrens sei Meyer Burger in diesem Monat förmlich aufgefordert worden, den zweiten Teil des Antrags für ein entsprechendes Darlehen einzureichen. Dies sei aber noch keine Garantie, dass das Geld wirklich fließen wird. Dies wird das US-Energieministerium nach einer umfassenden Due-Diligence-Prüfung entscheiden.
Finanzierungslücke auch ohne angestrebte Maßnahmen schließbar
Meyer Burger betonte weiter, auch wenn nicht alle angestrebten Finanzierungen klappen, könne die Lücke von 450 Millionen Schweizer Franken geschlossen werden. Das Unternehmen gehe davon aus, dass die Erlöse aus der bereits genehmigten Kreditgarantie der Bundesregierung gemeinsam mit der Kapitalerhöhung und den weiteren potenziellen Finanzierungsquellen es ermöglichen werden, die US-Modulfertigung im zweiten Quartal und die Zellfertigung um das Jahresende 2024 in Betrieb zu nehmen. Wenn dieser Zeitplan eingehalten wird, könnte mittelfristig ein EBITDA von rund 250 Millionen Schweizer Franken in den USA generiert werden.
Allerdings will das Photovoltaik-Unternehmen zunächst bestimmte Investitionen im Zusammenhang mit der Fertigstellung der Solarzellenfabrik in Colorado Springs so lange nicht tätigen, wie der Finanzierungsrahmen nicht gesichert ist. Die mögliche Anpassung des Zeitplans für die Inbetriebnahme der US-Zellfabrik würde jedoch die Modulproduktion in Goodyear nicht beeinträchtigen, da zwischenzeitlich die Solarzellen „aus anderen Quellen“, inklusive dem deutschen Werk in Thalheim, in die USA geliefert würden. Die Produktion in Sachsen-Anhalt wird Meyer Burger zunächst aufrechterhalten.
Im Zuge der Kapitalerhöhung hat der größte Aktionär von Meyer Burger, Sentis Capital Cell 3 PC, der 10,01 Prozent der Aktien hält, seine Absicht erklärt, bis zu 50 Millionen Schweizer Franken in die Eigenkapitalfinanzierung zu investieren. Die Investitionssumme von 50 Millionen Schweizer Franken würde durch die Ausübung aller Bezugsrechte von Sentis erreicht werden, und in der verbleibenden Höhe würde Sentis im Rahmen des Angebots zusätzliche Aktien erwerben, für die keine Bezugsrechte ausgeübt wurden, wie es zum möglichen Prozedere weiter hieß.
„Aufgrund des fehlenden europäischen Schutzes vor unlauterem Wettbewerb aus China ist die fast vierjährige harte Arbeit der herausragenden Beschäftigten in Europa gefährdet. Gleichzeitig nähert sich Meyer Burger mit hohem Tempo der Eröffnung ihrer Modulfabrik in Arizona und baut eine 2 Gigawatt Zellfabrik in Colorado“, erklärte der Sentis-Vorstand. „Das politische System der Vereinigten Staaten hat mehrfach bewiesen, dass es ein starkes überparteiliches Engagement gibt, um in den USA ansässige Unternehmen vor unlauterem Wettbewerb zu schützen.“
Solarpower Europe nahm die Bekanntgabe von Meyer Burger zum Anlass, um erneut auf die Dringlichkeit für Unterstützungsmaßnahmen für die europäische Solarindustrie hinzuweisen. „Dies unterstreicht nur die absolute Dringlichkeit, mit der die politischen Entscheidungsträger handeln sollten“, erklärte Walburga Hemetsberger, CEO von Solarpower Europe. „Wollen die Regierungen unsere Ziele für die Energiewende komplett in die Hände anderer legen?“
„Kein guter Tag für Freiberg“
Am Mittag stellte sich Gunter Erfurt, CEO von Meyer Burger, den Fragen der Presse. „Es ist kein guter Tag für Freiberg“, sagte er. Doch es gehe darum, die Verluste in Europa einzudämmen, da einfach kein fairer Wettbewerb in Europa möglich und absehbar sei. Zum weiteren Fortgang des Modulwerks erklärte Erfurt: In der ersten Märzhälfte wird die Produktion heruntergefahren. Es gebe aber noch die Option der Kurzarbeit, die den Mitarbeitern angeboten werden soll, sofern bis zum 14. März Klarheit über die weiteren politischen Entscheidungen in Deutschland herrsche. Im Klartext heißt dies: Wenn sich die Bundesregierung bis dahin auf Resilienzmaßnahmen im „Solarpaket 1“ einigt und auch ein klarer Zeitplan feststeht, gibt es noch etwas Hoffnung für die Modulproduktion in Freiberg.
Dagegen eine langfristige Standortgarantie gibt es für Hohenstein-Ernstthal mit seinen rund 300 Mitarbeitrn. Diese habe Meyer-Burger für die Euler-Hermes-Exportkreditgarantie der Bundesregierung abgegeben. Aber auch so werde der Standort als „technologisches Herzstück“ von Meyer Burger weiter erhalten, sagte Erfurt. An dem ehemaligen Roth&Rau-Standort produziert das Schweizer Unternehmen seine Maschinen für die Produktion der Heterojunction-Solarzellen. Zudem gebe es dort auch eine Pilotlinie und Laboratorien zur Weiterentwicklung der Technologie.
Gunther Erfurt warb auch nochmals für die auf dem Tisch liegenden Resilienzmaßnahmen. „Der Resilienzbonus ist ein kluges Tool im Gegensatz zu Zöllen“, sagte er. Mit ihrer sofortigen Einführung könnte Deutschland Vorreiter in der EU sein, denn mit dem Net-Zero Industry Act (NZIA) müssten die Mitgliedsstaaten perspektivisch solche Maßnahmen umsetzen.
*Anmerkung der Redaktion: Die Statements von Gunter Erfurt sind nachträglich im Artikel ergänzt worden.
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🤦 Deutschland hat nichts gelernt. Naja, im Grunde wissen wir ja, welche Blockade-Partei dafür verantwortlich ist. Mögen sie weiter unter 5% in den Umfragen bleiben.
@Rüdiger
Was hat die Schließung einer Fabrik eines Schweizer Konzerns damit zu tun das Deutschland nichts gelernt hat?
Kostenstruktur und Innovation des Unternehmens haben sich am Markt nicht durchgesetzt ! Das hat sich schon herauskristallisiert als die erste Preistabelle an uns Installateure versendet wurde. Und danach hat sich auch nichts geändert. Die Produkte haben im Markt nicht genügend Absatz gefunden. Dann ist es richtig wenn man den Schlüssel rumdreht. Die Fabrik an sich ist ja noch vorhanden!