Dieser Tage wird die Politik nicht nur von streikenden Lokführern und aufgebrachten Bauern bedrängt, sondern auch in unserer Branche gibt es lautstarke Forderungen nach mehr Geld. Allen voran die letzten verbliebenen Modulproduzenten. Sie fordern sofortige Subventionen für ihre Produkte, sonst würden Entlassungen von 500 Menschen drohen.
Die Argumente sind alt: Erstens seien ihre Produkte, obwohl sie höhere Qualität hätten und „besser“ seien gegen die asiatischen Anbieter nicht wettbewerbsfähig, da diese unlauteren Wettbewerb betrieben. Zweitens würde eine Förderung ihrer Produkte durch den Bonus Europa resilienter, also unabhängiger, gegenüber China im Falle eines Konfliktes machen. Daher auch der Name. Drittens stünde die gesamte Solarwirtschaft hinter dem Bonus und würde davon profitieren.
Alle drei Punkte sind aus Sicht vieler, die diese Bemühung schon länger verfolgen, schlicht falsch und spiegeln eine überholte Denkweise mit Blick auf staatliche Förderungen wider, die der Branche sowie der Energie-, Wärme- und Mobilitätswende mehr schaden als nützen.
Erstens, die geförderten Produkte wären nicht resilient. Alle europäischen Photovoltaik-Hersteller können derzeit ohne die Zulieferer aus China nicht produzieren. Die wenigen Kapazitäten an Wafern sind nicht nur zu gering, sondern die letzten Hersteller sind insolvent. Am Ende würde man also Steuergelder dafür verwenden, bestimmte Hersteller besser zu stellen, obwohl auch deren Produkte auf Vorprodukten aus China basieren. Dazu kommt, dass die Kapazität europäischer Hersteller nicht mal für ein Prozent des Bedarfs reichen würde. Resilienz kann nur erreicht werden, wenn auch die Vorprodukte wie Polysilizium und Wafer im großen Stil und zu guten Preisen hier in Europa produziert werden. Das Bundeswirtschaftsministerium hat dies bereits erkannt und plant deshalb zielgerichtet die Unterstützung der Ansiedlung der vorgelagerten Produktion, dieser Prozess wird aber Jahre dauern. Bis dahin wäre die geplante Subvention also kein Resilienz-Bonus, sondern eben nur ein direkter Markteingriff zu Gunsten einiger Nischenhersteller.
Mehr im pv magazine Podcast
Philipp Schröder spricht im pv magazine Podcast über seine Einschätzung der Marktentwicklung. Außerdem erläutert er, warum er sich gegen Resilienzboni wendet und wie er zum Thema Resilienz steht.
[soundcloud url="https://api.soundcloud.com/tracks/1726523268" params="color=#ff5500&auto_play=false&hide_related=false&show_comments=true&show_user=true&show_reposts=false&show_teaser=true" width="100%" height="166" iframe="true" /]Zweitens, und viel gravierender ist: Es gibt keinen erkennbaren technologischen Vorteil der europäischen Hersteller, der ein Eingreifen trotzdem rechtfertigen würde. Das ist schade und natürlich keine Nachricht, die irgendjemand gerne hört. Doch hilft es weder der Energiewende noch unserem Standort, wenn wir uns in die Tasche lügen. Nur eine Technologie mit echten Zukunftschancen sollte Fördergeld bekommen, nicht Technologie, die ohnehin objektiv chancenlos ist. Es gibt also keine Begründung für einen Eingriff. Für die parallel stattfindende Mobilitäts-, Wärme- und Mobilitätswende entstünden schlicht höhere Kosten, die am Ende die Allgemeinheit trägt.
Auch würde hier wieder einmal das „gestern“ subventioniert, was eventuell die Chance nimmt, wirklich den nächsten Technologiesprung in Europa erfolgreich zu machen. Also Technologie, die im Labor bereits existiert, aber ohne vorgelagerte Wertschöpfung selbiges nie verlassen wird – zumindest nicht in Europa. Industriepolitik ist eben kein emotionaler Gerechtigkeitssausbruch, der kurzfristig ein paar hundert Jobs rettet, sondern eine sachliche und langfristige Kalkulation, die mittel- oder langfristig Tausende Arbeitsplätze schaffen und nachhaltig aufbauen kann. Darin müssen wir besser werden, damit es wieder „Made in Germany“ heißt.
Drittens ist daher auch die Angabe falsch, die ganze Branche stünde hinter dem Vorschlag. Der Bundesverband Solarwirtschaft behauptet dies zwar, aber faktisch repräsentiert auch er vorwiegend Produzenten, während es große Widerstände gibt, die sich bis zuletzt bemühen, den Blick auf die gesamte Wertschöpfungskette in der Solarwirtschaft und die ebenfalls vom Photovoltaik-Leitpreis abhängigen Branchen der Wärme und Elektromobilität zu lenken. Letztlich gibt es nun zwei Lager – einmal die unmittelbaren Profiteure und dann alle anderen. Unternehmen, die sehr wohl noch wettbewerbsfähig sind, würden unter höheren Kosten und komplexen Eingriffen leiden. Bei der Herstellung von Wärmepumpen, Ladeinfrastruktur, Stromspeichern, Energiemanagementsystemen, Smart Meter, Handwerk oder bei virtuellen Kraftwerken. Sie alle brauchen möglichst günstigen und möglichst sauberen Strom.
Hauptgrund unserer Kritik ist aber die Art des Eingriffs an sich. Nach dem Debakel mit dem KfW-Förderprogramm im Herbst 2023 und nach der kontraproduktiven Kommunikation des Heizungsgesetzes sollten wir eins gelernt haben: Eingriffe im Markt auf Ebene des Endkunden sind kaum zu steuern und führen oft zum Gegenteil des gewünschten Ergebnisses. 2023 wurden weniger Wärmepumpen verkauft, die Elektroautos stehen vermehrt im Lager und auch Kunden, die auf das KfW-Programm gewartet haben oder ihre Aufträge zurückgezogen haben, nachdem sie leer ausgegangen sind, haben den Markt stark gebremst. Der vorliegende Vorschlag zur Struktur des Resilienzbonus ist zudem extrem kompliziert und für den Verbraucher kaum zu durchschauen. Ein Resilienzbonus würde also zu einer weiteren Verunsicherung der Bürger führen: In Europa endmontierte Produkte einiger weniger Hersteller, deren Produktionskapazität nur einen kaum messbaren Teil der europäischen Nachfrage abdecken kann, und die zum überwiegenden Teil aus chinesischen Vorprodukten gefertigt werden, bremsen die so dringend notwendige Elektrifizierung von Strom, Mobilität und Wärme mit erneuerbarer Energie.
Wenn man trotz allem helfen will, wäre es besser, statt eines Resilienzbonus Resilienz-Ausschreibungen einzuführen. Resilienz-Ausschreibungen bieten einen einfachen Hebel, um gezielt größere Dachanlagen zu fördern. Das stärkt den Wettbewerb und trägt gleichzeitig dem Kostenanstieg Rechnung. Schon heute gestattet das EEG, Dachanlagen-Ausschreibungen und Eigenverbrauch zu kombinieren. Dieses erprobte System ließe sich problemlos um ein Resilienzsegment erweitern. Entscheidend für den Erfolg ist, dass die Administration schlank gehalten und voll digitalisiert wird.
Die Energiewende braucht weniger Planwirtschaft, mehr Langfristigkeit und Konstanz, damit hier ein echter und nachhaltiger Markt entsteht. Deshalb bitten wir alle demokratischen Parteien, dem Resilienzbonus nicht zuzustimmen.
PS: Mit Stiebel Eltron, Mennekes, Wallbox, Enphase, Solaredge und Sonnen setzen wir fast ausschließlich auf deutsche, europäische und US-amerikanische Unternehmen, unser Photovoltaik-Modul stellen wir selbst mit deutschem Polysilizium und natürlich mit Hilfe von chinesischen Vorprodukten – mangels Alternativen – her. Wir kaufen eben gerade nicht einfach billige Überschussware. Unser Energiemanagement wird ebenfalls in Deutschland hergestellt. Unsere eigene Software wird von Festangestellten in Deutschland entwickelt. Ganz unabhängig vom Ort der Produktion halten aber alle Elemente immer einer Preis-Leistungs-Prüfung stand.
— Der Autor Philipp Schröder ist CEO und Gründer von 1Komma5°, das Unternehmen bietet aus einer Hand Photovoltaik, Wärmepumpe und Ladeinfrastruktur inklusive Handwerksleistung und eigener Software an und beschäftigt rund 1900 Mitarbeitende in 6 Ländern. Vor der Gründung in 2021 wurde Schröder branchenweit als Länderchef von Tesla und Geschäftsführer von Sonnen bekannt. —
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Die fetten Jahre sind vorbei Herr Schröder/1,5 und co.! Schluss mit Endkundenausbeutung!
Herr Erfurt von Meyer Burger hat in seinem Antwort (auf LinkedIn) sehr gute Argumente gegen 1,5 und co:
(Übrigens wurde Herr Erfurts Gegenargumente sofort von 1,5 Schröder auf LinkedIn blockiert (sehr demokratisch). Und ich auch als ich Gegenargumente gepostet habe.
Hier Herr Erfurts sehr relevante Kommentar:
„ Nachdem mich Philipp Schröder, CEO von 1KOMMA5° nach meiner Entgegnung auf seinen heutigen Post zum unten stehenden PV Magazine Artikel sofort geblockt hat (das erste Mal, dass mich jemand bei LinkedIn blockt), kommt die Entgegnung hier noch einmal. Philipps Post unten als Screenshot als Referenz.
Here we go again – meine originale Kommentierung:
1. Die „führenden“ CleanTech Unternehmen repräsentieren ca. 10% des deutschen Marktes. Der BSW – Bundesverband Solarwirtschaft e.V. vertritt die gesamte Solarindustrie und hat das Resilienzkonzept entwickelt.
2. Der Resilienzbonus geht im „Rauschen“ des EEG unter. In diesem Jahr ca. 50 Mio innerhalb 11 Mrd., d.h. eine Art „Versicherungsprämie“, , mit der wir eine in Deutschland entwickelte Schlüsseltechnologie hier halten.
3. Fehlende Resilienz und ein Problem in der Lieferkette aus dem einzigen Herkunftsland China ist volkswirtschaftlich ein nicht tragfähiges Risiko und im Ernstfall viel zu teuer. Im Übrigen: laut Welt-Artikel vor ein paar Tagen verkauft ihr bei 1KOMMA5° Made in China Anlagen für 3,65€/Wp. Ich garantiere, dass eine Anlage mit Meyer Burger und anderen Europäern in vielen Fällen günstiger ist. Das altruistische Argument der „verteuerten Energiewende“, das du gerne anführst verdeckt doch eigentlich das hier: im Hausdachbereich wird auf Basis gedumpter Billigware aus China auf Kosten der Endkunden gerade ein gutes Geschäft gemacht. Damit das nicht aufhört, darf es natürlich keinen Resilienzbonus geben, der das nämlich im Endkundenmarkt sichtbar machen wurde.
4. Es ist keine „Hau-Ruck-Aktion“, sondern als Konzept am Net Zero Industry Act angelehnt und mit allen wesentlichen Stakeholdern und wird von Größen wie WACKER, RWE, BayWa r.e. Global, EnBW und vielen anderen ausdrücklich unterstützt.
5. Die vorgelagerten Wertschöpfungsstufen brauchen nicht
„Jahre“, es gibt sie bereits. Poly-Silizium wird hier produziert, Wafer in Norwegen bzw. ggf. bald auch in Deutschland (NexWafe). Das Argument ist also Unsinn. In unseren Produkten sind große Teile bereits europaisch und grundsätzlich skalierbar.
6. Das Solarmodul ist das eigentliche Energieerzeugungselement einer Anlage – quasi das Herzstück. Ohne Herz kein Leben, vor allem nicht in der gegenwärtigen weltpolitischen Lage. Außer Europa haben alle Regionen mit großen Solarmärkten diese Logik erkannt und Abhilfe geschaffen (Indien, USA). Für Europa sieht die Lage aufgrund fehlender Industriepolitik anders aus: bildlich gesprochen gibt es zukünftig de facto eine „OPEC“ für Solarmodule. Problem dabei: sie hat nur ein Mitglied – China.
Die europäische Energiewende, die großteils auf Solar basiert, ist abhängig.
7. Ohne faire Wettbewerbsbedingung wird eure TOPCon Fabrik keinen Erfolg haben. Auch du wirst in Europa mit ehrlicher Arbeit nicht gegen 10ct/Wp Module konkurrieren können. Du widersprichst dir also.
Danke für den Post, mir ist der Kamm geschwollen und konnte das Geschwafel nicht fertig lesen.
Das mit den Resilienz Ausschreibungen wäre für 1komma5 total praktisch, es würde ihr Geschäft überhaupt nicht tangieren, sehr durchschaubar 😉
Wollte nicht 1K5 ein Modulwerk in Deutschland bauen?
Enpal, 1K5 und Co. wollen doch nur noch schnell Ihre Anteile an der Firma verkaufen, denn im harten Wettbewerb werden diese Unternehmen mit ihren völlig überzogenen Preisen und hohen Kosten gegenüber einem gut durchorgansierten Installateur keine Chance mehr haben.
Derzeit verlieren wir Millionen an Arbeitsplätze wegen der katasrophalen Rahmenbedingungen in Deutschland. Die Firmen gehen einfach oder sterben leise.
Gleichzeitig feiert sich die Ampel weil sie 2000 Arbeitsplätze mit Milliardenbeträgen schafft (IBM ), schafft es aber nicht selbst kleinste bürokratische Hürden abzubauen.
In 2 Jahren werden wir uns keine der Subventionen mehr leisten können. Deutschland verarmt.
Ein Modulwerk wird wird dauerhaft Subventionen brauchen, wer soll das bezahlen ? Werden die Beamten auf ihre Pension verzichten ?
Gegen die Fertigungspreise in China gibt es keine Möglichkeit auf Dauer anzukämpfen.
Das ist sinnlos. Der Zug ist abgefahren.
Die Argumente sind leider eine alte Leier. Gegen die Fertigungspreise in China können wir schon ankämpfen, es wird aber schwierig gegen die Verkaufspreise, die sind leider stark gestütz von der Chinesischen Regierung, da müssen wir entgegen halten. Wenn es keine Fertigung in Europa mehr gibt, werden die Preise aus China sicher stark anziehen, dann sind wir auf Gedei und Verderb davon abhängig. Und eigentlich wollten / sollten wir uns von der bisherigen Abhängig von Opec und anderen Ländern (Öl, Gas, Kohle …) frei machen
M.E. sind die Modulpreise in China deswegen so billig, weil sie mit Hilfe von EEn – Strom produziert werden – standortsnah! Dafür hat die chin. Führung schon vor Jahrzehnten mit Diektsubventionen gesorgt. Produktsubventionen wie oft vermutet sind in C also in diesem Fall nicht mehr nötig. Die Resilienzboni stellen ebensolche Produktsubventionen dar, aber hier sollte doch der Dachverband BSW lieber DIREKTSUBVENTIONEN fordern, wie sie ein ital. Werk nach meiner Kenntnis jetzt schon erhält. Wenn das der’Bund‘ aus moralischen Gründen nicht stemmen will, könnten ja auch reiche Bundesländer und sonstige Regionalverbände helfen. Wenn die Werke über eigene Windanlagen, Batterien und PVanlagen verfügen, könnten auch sie konkurrieren – so wie die Werke in C!
Es schon sehr bedenklich wenn Personen wie Philipp Schröder, nicht wollen das Wert Schöpfung in Europa entsteht. Wir könnten alle Module selber fertigen, und sogar einiges besser als die bleihaltigen Chinamodule. Müsste jeder Unternehmer für Vorprodukte haften, auch für Zwangsarbeit würde wohl ihre 1.5 Bude geschlossen.
Artikel: „Resilienz kann nur erreicht werden, wenn auch die Vorprodukte wie Polysilizium und Wafer im großen Stil und zu guten Preisen hier in Europa produziert werden.“
Stimmt, das sollte zur Voraussetzung werden, den (vollen) Resilienzbonus zu bekommen. Aber wieso soll das ein Gegenargument sein?
Monkeytrap, Herr Schröder. Try again later.
Sehr unterhaltsam und durchschaubar.
Wo ist denn hier die Asymetrie, welche Sie uns eloquent unterjubeln?